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»Gesellen auf, zur edlen Jagd,
Ein Hirsch muß heut mir werden,
Wie hell und froh der Morgen tagt,
Greift hurtig zu den Pferden.
Die Sonn' erstand in goldner Pracht,
Sie glüht am Rhätikone;
Der alte Kuonz ist längst erwacht,
Frisch auf zur Alpenkrone.«
Der Junker gab dem Roß den Sporn,
Und hurtig flogs von dannen:
Er stieß ins helle Jägerhorn,
Laut tönt' es durch die Tannen.
Und eilig ging's, wie Windesflug
Durchs Thal beim Morgengrauen;
Es folgte ihm ein muntrer Zug
Durch Wälder und durch Auen.
Als hoch die Sonn am Himmel stand
Im Glühn der Mittagsstunden,
Da hielten Rast im Alpenland
Die Jäger mit den Hunden.
Und wie der Junker Jagens müd
Einschlief auf grünem Moose;
Erklang ein helles Alpenlied,
Tief aus des Waldes Schooße.
Es fährt der Junker aus dem Schlaf
Empor und lauscht den Tönen,
Und wie er lauscht und lauscht, da traf
Sein Herz ein wildes Sehnen.
Und heller, immer heller klang's
Und näher, immer näher;
Und tiefer, immer tiefer drang's
Ins Herz dem kühnen Späher.
»Wildschütze droben auf der Fluh,
Du meines Herzens Freude,
Es jauchzt den Morgengruß dir zu
Die Sennrin auf der Haide.
Komm', komm und schwenk mir froh den Hut,
Wo bleibst du denn so lange?
Wildschütze, treues Jägerblut,
Heut ist mir um dich bange.«
Der Ritter lauscht des Liedes Stimm,
Es lauschen Bäum' und Moose;
Er blicket auf, es steht vor ihm
Der Alpen schönste Rose.
Die schönste Maid im Prätigau
Mit wehnden, blonden Locken,
Die Augen quellenfrisch und blau,
Blüht vor ihm hold erschrocken.
Der Junker reckt nach ihr die Hand,
Er will die Maid umfangen;
Die Maid ist fort, die Maid verschwand,
Er glühet von Verlangen.
Er blickt ihr nach voll Lust und Wuth,
Und schwingt sich rasch zu Pferde.
»Der Hirsch, bei Gott hat scheuen Muth!
Fort, fort, daß er mir werde!«
Gesagt, gethan; erreicht im Lauf
War bald die Maid im Walde,
Er schwang sie auf sein Roß hinauf,
Und flugs hinab die Halde!
Sie sträubt sich, schreit um Hilf' und weint:
Er hält sie fest umschlungen;
Ob sie sich wehret, ob sie greint.
Sie bleibet doch bezwungen.
»Die Landquart rauscht, dort gähnt die Klus,
Wir nahen schon dem Schlosse;
Auf Fragstein, Sennrin, ha, dort muß ...«
Der Junker stürzt vom Rosse.
Er stürzt, er stöhnt: »Gerechter Gott,
Dein Arm hat mich erreichet!«
Die weiße Brust wird blutigroth,
Die Wangen sind erbleichet.
Der rasche Pfeil, er fand sein Ziel,
Er schwelgt in Junkers Blute;
Der Schütze schoß, der Ritter fiel,
Der Maid ward wohl zu Muthe.
Sie wußte, wer den Pfeil gesandt,
Der sie vor Schmach befreite;
Sie jauchzt empor zur Felsenwand,
Der Schütze baß sich freute.
»Grüß Gott, grüß Gott zu tausendmal!«
Er steigt zur Klus hernieder;
»Grüß Gott, grüß Gott, aus Angst und Qual
Hol' ich mein Liebchen wieder!«
Es lebt die That noch von der Klus
Im Thal seit jenen Tagen;
Silberne Pfeile seit dem Schuß
Im Haar die Jungfraun tragen.
Als zum ersten Mal die Hülle
Alter Nebel wich und Wonne
Scholl durch aller Welten Chor,
Sah in heitrer Frühlingsfülle
Zu dem Strahlenmeer der Sonne
Jungfräulich die Erd' empor.
Nieder auf der Berge Krone
Strömte von des Lichtes Bronnen
Morgenfrohes Flammenroth,
Opferbrand vorm Aetherthrone
Dessen, der das Werk begonnen,
Der dem Nichts das Sein gebot.
Donnernd drang von Süd und Norden
Sturmgesang und Kampfestoben
An die Felsen rings heran;
Seine Wogen, Löwenhorden,
Deren Mähnen wild erhoben,
Trieb der stolze Ozean.
In der Alpen Zauberarme
Zog ein stürmisches Verlangen
Den gewalt'gen rastlos fort;
Und er pocht' in wildem Harme,
Bis des Westens Riegel sprangen
Oeffnend ihm der Erde Hort.
Welch ein Drängen, welch ein Stürmen
In die sonnentrunknen Lande
Durch Iberiens Felsenthor!
Von Trinakrias Felsenthürmen
Stieg in lichtem Flammenbrande
Ihm manch froher Gruß empor.
Jetzt erblickt er all' die Zinnen,
Die des Aethers Wellen trinken,
Vom Rhodan bis zum Strymon;
Er umbraust die Apenninen,
Die Pelasgergipfel winken
Und er stürmt nach Tänaron,
Fort zum Athos, weiter immer!
Zu des Ida wald'gen Hängen!
Dann zum Kaukasus hinan!
Welche Welt voll Pracht und Schimmer
Welche Wunderwerke drängen
Sich vor seine stolze Bahn!
Hundert blaue Ströme rollen
Ihre berggebornen Wellen
Dem Gewalt'gen an die Brust;
Er umarmt die Jugendtollen,
Hei wie aller Busen schwellen,
Jubelnd in Bachantenlust!
Rastlos vorwärts, immer tiefer
In das stolze Herz der Berge
Drängt's den Mächtigen hinein.
Abend wird's; nun ist's, als schlief' er;
Träume nur, du rascher Ferge.
In des Abends Purpurschein!
Welch ein götterselig Kosen!
Welch ein Glühen, Flüstern, Hangen!
Wie sich Fels und Welle küßt!
Was ihm träumt, dem Ruhelosen,
Von den Alpen keusch umfangen
Und vom Kaukasus begrüßt? –
Träumt von Völkern, die sich trennen
An dem fernen Ararate
Um die stolze Babylon.
Diese ziehn, wo Wüsten brennen,
Jene fort durch Steppenpfade,
Meerwärts trachtet Japhet's Sohn.
Denn er gleicht der raschen Welle:
Reges Schaffen ist sein Sehnen,
Nur am Meere blüht er auf;
Ob's im Ost, im Westen schwelle,
Wo sich seine Ufer dehnen,
Dahin geht's in raschem Lauf.
Und von Kämpfen träumts dem Alten,
Von gewalt'gen Völkerschlachten
Und von stolzem Heldensang;
Dann von Städten und vom Walten
Stolzer Herrscher, die verachten
Eines freien Volkes Drang.
Und ihm wird, als hört' ein Rauschen
Er von tausend Ruderschlägen
Und von Kielen schlank und kühn.
Angstvoll rings die Inseln lauschen;
Scharen Perserschiffe, trägen
Laufes, segeln zu dem Athos hin.
Plötzlich kommt ein Sturm gezogen;
Wild empören sich die Wellen,
Schäumend bricht am Fels die Flut.
Sie die Flotte! auf den Wogen
Treibt dem Berg sie zu; zerschellen
Wird sie dort des Sturmes Wuth.
Und sein Traum wird immer wilder,
Wuthentbrannte Perserhorden
Ziehn auf's neu nach Hellas hin;
Hell erglühn die Wappenschilder,
Der Spartaner Schwerter morden
Freiheitsmuthig, todeskühn.
Und ihm ist's, als säh im Westen
Er ein Felseneiland ragen
Und darauf ein Königshaupt,
Düster blickend nach den Resten
Seines Weltheers, das, geschlagen,
An der Freiheit Wunder glaubt.
Was dem Alten sonst sich zeigte
Durch des Traumes offne Pforten,
Das thun tausend Bücher kund.
Segnend sich der Weltgeist neigte
Auf die Völker aller Orten
Wo Gebirg und Meer im Bund.