Claude Anet
Männer – Frauen und . . .
Claude Anet

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Vorwort

Ich habe die folgenden kurzen oder längeren Betrachtungen, zwischen denen ich mir selbst und dem Leser die ermüdenden Übergänge ersparte, im Laufe mehrerer Jahre aufgezeichnet. Man setzt sich nicht eines schönen Tages an seinen Tisch, um ein Buch über die Liebe zu schreiben! Diese zusammenhanglosen Seiten, von Begegnungen und Beobachtungen, die das Leben mir bot, diktiert, fallen mir heute wieder in die Hand und ich glaube, daß sie Leserinnen und Leser, wie ich sie mir wünsche, eine Stunde lang beschäftigen können, ohne sie zu langweilen.

Ich zögerte nicht, häufig das ›Ich‹ zu gebrauchen, von dem man – ich weiß nicht, warum – behauptet, daß es verwerflich sei. Schon Stendhal, in seinem Vorwort zu De l'Amour entschuldigte sich wegen der Notwendigkeit, von sich selbst sprechen zu müssen. Diese Schwierigkeit läßt sich nicht vermeiden.

Und wenn man es überdenkt, ist es vielleicht bescheidener ›Ich‹ zu sagen, statt Urteile, die bloß persönliche Meinungen bilden, als allgemeine Wahrheiten hinzustellen.

*

Einen Einwurf wird man mir machen: »Wie konnten Sie dem, was man Ihnen erzählte, Glauben schenken? Wissen Sie denn nicht, daß jeder sich verstellt, um sich im vorteilhaftesten Lichte zu zeigen?

Es ist richtig, es gibt niemanden, der vollkommen aufrichtig wäre. Doch es gibt Stunden, in denen jeder, manchmal gegen seinen Willen, zum Bekennen der Wahrheit gedrängt wird.

Selbst die Frauen, die so viel Kunst darauf verwenden, sich zu schminken, haben Augenblicke der Offenheit. Diese entzückenden großen Kinder haben ein unwiderstehliches Bedürfnis, von sich zu sprechen. Es ist aber unendlich schwierig, stets und folgerichtig zu lügen. Wer ihnen mit Liebe und ein wenig Scharfsinn zuzuhören versteht, für den bleibt schließlich kein Schleier ungelüftet.

*

Wer sich entschließt, ein Buch über die Liebe zu veröffentlichen, muß die Frauen gewinnen.

Was aber habe ich getan, um sie auf meine Seite zu bringen?

Jetzt, da ich es überlege, erschrecke ich, denn ich habe von ihnen wie von uns Männern mit einer naiven und gefährlichen Aufrichtigkeit gesprochen und habe ihnen keines jener Zuckerplätzchen geboten, wie sie unsere beliebten literarischen Zuckerbäcker, um ihnen zu gefallen, so gut zu zu bereiten verstehen.

Man wird aber zugeben, daß in meiner Offenheit höhere Achtung liegt, als in den unwürdigen Schmeicheleien, die man ihnen sonst bietet. Ich bin der Meinung – habe ich unrecht? – daß die Frauen sich aus jenen, die ihnen schmeicheln, nicht viel machen, und daß sie den, der sich vor ihnen immer demütigt, verachten.

Zu meiner Verteidigung sage ich nur dies: Wer übertrifft die Frauen an Mut? Sind sie nicht kühner als wir? Vielleicht also werden sie mir verzeihen, daß ich freimütig von ihnen gesprochen habe, als – mutiger Mann.

*

Dies ist das Buch eines Mannes.

Und doch ist dies kein Grund, daß es den Frauen mißfalle.

 


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