Alexis / Hitzig
Der neue Pitaval - Band 9
Alexis / Hitzig

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Die beiden Markmann

1815-1825

Südlich von Berlin auf dem Höhenstrich, der gegen das Spreethal in einiger Erhebung sich hinzieht, sieht man auf älteren Karten noch vielen Wald verzeichnet, von dem heute auch die letzten Reste verschwunden sind, wenn man das zu andern Zwecken erhaltene Lustwäldchen, die Hasenhaide, ausnimmt. Doch existirte noch vor wenigen Jahren hinter demselben die britzer Haide, ein Kiefergebüsch, zum Rittergute Britz gehörig, welche in Berlin etwas berüchtigt war, weil man sich von einzelnen Anfällen, die in derselben vorgefallen sein sollten, erzählte. Indessen war seit langen Jahren kein Fall der Art vorgekommen, auch war die Beschaffenheit dieses Wäldchens, das von Jahr zu Jahr kleiner wurde, nicht von der Art, daß den Wanderer die Schauer in der Dunkelheit eines Urwaldes beschleichen oder in seinen Schatten und Schluchten Räuber ihr Versteck gefunden hätten. Allerdings konnte ein Gehölz, kaum in der Entfernung einer Meile von Berlin und seinen von mancherlei Gesindel bewohnten Vorstädten, und noch näher dem ebenfalls von vielen dürftigen Familien bewohnten Dorfe Rixdorf, Faullenzern und Tagedieben aus dem Pöbel wol zu lüderlichen Zusammenkünften und zum gelegentlichen Versteck dienen; auch ward ein Verbrechen hier vielfach verübt, aber grade dieses Verbrechen lichtete das Gehölz nur immer mehr, nämlich der Holzdiebstahl, der in allen Waldungen in der Nähe großer Orte, wo viele arme Familien sind, mit systematischer Ausdauer betrieben wird. Es war auch wol dieser Umstand, welcher den Besitzer des Gutes und der Haide von Britz mit veranlaßte, die letztere vor einigen Jahren ganz niederschlagen zu lassen und bis auf Stumpf und Stiel auszuroden. Die ganze, berüchtigte Haide ist jetzt in Cultur gelegt, und schon vor zwanzig Jahren, wo der nachfolgende Fall sich ereignete, war sie dermaßen licht, daß man von der Straße aus, welche sie durchschnitt, auf mehrere hundert Schritte durch ihre dünnen Kieferstämme sehen konnte, was sich im Innern begab. An einem heißen Julinachmittage 1825 ging ein Waldwärter, im Dienste des britzer Gutsbesitzers, von dem in der Haide gelegenen Buschkruge auf einem Schleifwege durch diese Haide nach Britz zurück, um auf Holzdefraudanten zu vigiliren. Er bemerkte, daß an mehrern Stellen das Moos vom Boden frisch ausgepflückt war. Darauf aufmerksam geworden, bemerkte er an einer andern Stelle in einer Vertiefung, wo wahrscheinlich früher ein alter Baum ausgegraben worden, das ausgerissene Moos zu einem kleinen Hügel zusammengehäuft. Bei der Nachsuchung fand er unter dem Moose zwei große, schwarzlederne Tornister und ein Paar lange Stiefeln. Niemand war weit umher zu sehen und auch sonst nichts Verdächtiges. Er schleppte sie daher mit sich nach dem Gute. Man öffnete sie, und was der Anschein schon sagte, es ergab sich, daß beide Tornister wandernden Hnndwerksburschen gehörten; man fand auch in dem einen das Wanderbuch eines Bäckergesellen Burchard. Schlimmer war eine andere Entdeckung, welcher der Brenner des Gutes machte. Er fand nämlich an dem Tornister sowol als an den Stiefeln Spuren von frisch angespritztem Blute. Die Sache schien bedenklich und erforderte eine augenblickliche Untersuchung. Der Brenner begab sich mit dem Waldwärter und noch einer Anzahl Arbeitsleuten in die Haide, und einige Schritte von dem Orte entfernt, wo die Tornister gefunden worden, entdeckten sie noch eine ähnliche Vertiefung, ebenfalls mit zusammengerafftem Moose bedeckt Das Moos ward leicht mit den Stöcken und Hacken fortgeschafft, und man gewahrte mit Entsetzen die Leichname zweier Männer, die nach allen Anzeichen erst vor kurzem ihr Leben verloren haben konnten. Beide sichtlich von fremder Hand auf den Rücken dicht nebeneinander gelegt. Ihre Schädel waren ihnen eingeschlagen; auch bemerkte man an jeder Leiche mehrere Stich- und Schnittwunden im Gesicht, am Halse und auf der Brust. Auffällig war, daß der eine Leichnam in einem blauen Ueberrock steckte, aber so, daß das Rückenblatt des Rockes ihm auf der Brust saß und der rechte Arm in den linken Aermel, der linke Arm aber in den rechten Aermel gesteckt war. Auf den Leichen lagen, wie eine Art Vehmzeichen, zwei Stöcke, ein sogenannter Ziegenhainer und ein spanisches Rohr. Jener war sehr stark, von 1½ Zoll Durchmesser, 3 Fuß Länge, unten stark mit Eisen beschlagen und im Gewicht von 1 Pfund und 18 Loth. Er war mit Blutflecken bedeckt und eine Menge Haare von blonder Farbe klebten daran.

Untersuchung und Augenschein ergaben, daß die Leichname nach der Grube, in welcher sie lagen, erst hingeschleppt wurden, und daß der wahrscheinliche Ort, wo sie getödtet oder ermordet worden, etwa 13 Schritte davon entfernt war. Dort waren nämlich, etwa 5 Schritte auseinander, zwei Stellen, wo man deutlich sah, daß jemand niedergesunken; im Sande und Grase aber sah man die Rinnen und Streifen, welche die Körper beim gewaltsamen Fortschleifen hinterlassen hatten; auch die Hacken eines Stiefelpaares, die sich tief in den Sand eingedrückt hatten, wie einer Gewalt sich entgegen zu stemmen, oder mit Gewalt etwas nach sich zu ziehen. Dazu Blutflecken, an den Bäumen und Sträuchern weit umher gespritztes Gehirn und wieder mit der Hand vom Boden aufgeraffter Sand, um die Blutflecken zu überdecken.

In der Westentasche der einen Leiche fand sich ein zusammengelegtes Taschenmesser und einige Groschen Courant lagen in der Grube. Beide Leichname waren mit frischem Blut besprengt. Die Glieder waren noch geschmeidig und kein Gelenk vom Tode erstreift. Als man sie aus der Grube nahm, rann sogar das Blut noch aus den Wunden.

Unter Anleitung eines sofort herbeigerufenen Polizeibeamten aus Berlin wurden die Leichen nach Britz in das dortige Spritzenhaus gebracht, und durch denselben ward der seiner Zeit sehr berühmte und viel erfahrene Diebesfänger, der Polizeirath Eckert, ein Genie in seinem Fache, der auch in größeren Sphären sich hervorgethan hat, von der Sache in Kenntniß gesetzt. Eckert gelang es noch am selben Abende und in der darauf folgenden Nacht, zu ermitteln, daß zwei Handwerksburschen, ohne Zweifel dieselben, deren Leichen in der Haide gefunden, in Gesellschaft eines Spielmannes vom zweiten Garderegiment am Morgen des 13. Juli (des Tages, wo die Leichen gefunden wurden), in einem Victualienladen vor dem cotbuser Thore eingesprochen und daß sie von dort aus mit einander den Weg nach Britz eingeschlagen hatten. Sie waren in die britzer Haide eingebogen. Am Nachmittage aber hatte man einen Spielmann von der Garde, mit einem Päckchen unterm Arm, vom britzer Wege herkommen gesehen. Sehr erschöpft oder erhitzt, hatte er sich in dem Wirthshause vor Berlin, dem wohlbekannten Rollkruge, ein Glas Bier geben lassen.

Der muthmaßliche Thäter war also ein Soldat, ein Gardist von einem bestimmten in Berlin garnisonirenden Regimente, daher bei der strengen militairischen Controle, wenn er sich nicht etwa inzwischen aus der Stadt entfernt hatte, leicht zu ermitteln. Dennoch stieß die Polizeibehörde auf Schwierigkeiten, da das militairische Ehrgefühl einen solchen Verdacht ungern zuließ. Und bei der Disciplin in den preußischen Regimentern, die durch Sitte und Bildung schon mehr geworden ist als ein todter Organismus, konnten sich die Oberofficiere fast dafür verbürgen, daß in ihrem Regimente, welches sich durch musterhafte Aufführung aller Soldaten ohne Ausnahme hervorgethan, wenigstens kein Raubmörder zu finden wäre. Aber die Indicien waren doch so dringend, daß der Regimentscommandeur sich bewogen sah, sein ganzes Regiment am Morgen des 14. Juli schon früh um 7 Uhr im Casernenhofe aufzustellen.

Der Polizeirath Eckert erschien hier mit denjenigen Personen, welche am vorhergehenden Tage den Spielmann-Gardisten zuerst mit den beiden Handwerksburschen nach der britzer Haide gehen und dann am Nachmittage ihn allein zurückkehren gesehen hatten. Inzwischen war schon durch einen Unterofficier der Verdacht auf ein bestimmtes Individuum geleitet worden. Er hatte in Erfahrung gebracht, daß der Janitschar Markmann am Tage zuvor zweien seiner Landsleute das Geleit gegeben. Hingeführt zu diesem Markmann, erkannten auch die von Eckert mitgebrachten Zeugen in demselben den Mann, den sie am Tage vorher gesehen. Der Regimentscommandeur ließ ihn aus der Reihe treten und besichtigte seine Montur. Am Säbelgefäß und an der Koppel waren Blutflecke. Noch ein Indicium: der Regimentstambour berichtete, daß Markmann gestern Abend betrunken in die Caserne zurückgekehrt sei; in diesem Zustande habe er verschiedene verdächtige, wenigstens Gegenstände, die ihm nicht gehörten, als eine Tabackstasche mit dem Zeichen W. L., einen silbernen Pfeifenbeschlag und ein schwarzseidenes Halstuch auf den Hof geworfen. Endlich ward hinterbracht, daß Markmann am vorigen Abend im Besitz eines ausländischen Thalers, sowie einer Börse mit fünf Thalern gewesen sei.

Gegen Gustav Markmann war bis da nie eine Klage geführt worden, er galt für einen guten Soldaten, pünktlich im Dienst und war erst 18½ Jahre alt. Auch verrieth er bei den auffälligen Maßregeln keine Bestürzung, Angst oder Trotz. Aber die Indicien sprachen zu laut gegen ihn, er ward daher auf der Stelle verhaftet und zugleich eine gerichtliche Untersuchungscommission ernannt. Diese begab sich mit dem Verhafteten und dem Polizeirath Eckert sofort nach Britz, um den frischen Spuren des Verbrechens zu folgen. Der Ort in der Haide schien wenig geeignet, daselbst einen Mord zu begehen; denn obgleich etwa 160 Schritte von der Landstraße links in den Wald hinein, war dieser doch gerade an der Stelle so licht von halbstämmigen Fichten bestanden, daß man mit einiger Aufmerksamkeit von der Straße aus Menschen, die sich am Mordplatz befanden, sehen konnte. Letzterer lag etwas erhaben und war frei von Bäumen, dagegen mit mehrern Vertiefungen, wie die, in welcher die Leichen gefunden worden, und überall mit Moos bewachsen. In einer andern noch nicht untersuchten Vertiefung fand Eckert eine rothlederne Brieftasche und darin einen Taufschein und Paß auf den Namen Wilhelm Lange; ferner ein kleines Handbeil mit einer Scharte in der Schneide, auch war die untere Ecke abgesprungen. Das Beil war überdies mit Blutflecken bespritzt.

Markmann wurde zu den beiden Leichen geführt. Anfangs schien er zu schwanken; aber nachdem sie von Blut gereinigt waren, erklärte er: der eine sei sein Landsmann, der Hutmachergeselle Wilhelm Lange, der andere dessen Reisegefährte, ein Bäckergeselle, Namens Burchard. Er hatte Beiden Tages zuvor, als sie Berlin verließen, das Geleit gegeben. Von ihrem Tode wußte er nichts, aber auch keine Antwort dafür, wie die Blutflecke auf seine Kleider und Armaturstücke gekommen wären.

Nachdem die Leichname auch noch von andern Personen recognoscirt waren, schritt man zur gerichtlichen Obbuction derselben, deren Details für uns hier von keinem Interesse zur Sache sind. Das Gutachten im Obductionsberichte fiel dahin aus: daß es außer allem Zweifel sei, daß beide Verstorbene lediglich und ohne alle Mitwirkung anderer Ursachen an den sehr beträchtlichen Kopfverletzungen, die mit einem harten, aber stumpfen Werkzeug beigebracht und deren einige absolut tödlich gewesen, gestorben seien. Die Stichwunden am Halse und auf der Brust seien höchst wahrscheinlich sammtlich noch während des Lebens der Ermordeten beigebracht worden, weil nämlich beinahe alle mit Ergießungen von Blut in ihrem Umkreise begleitet gewesen, eine Erscheinung, die nur bei noch fortdauerndem Blutumlauf entstehen kann. Die Aerzte stellten daher die Vermuthung auf, daß der Mörder zuerst die beiden Opfer seiner Wuth durch einen Schlag auf den Kopf in einen betäubten Zustand versetzt und sie dadurch wehrlos gemacht, daß er ihnen hierauf die verschiedenen Stichwunden beigebracht und ihnen endlich den Kopf eingeschlagen und sie dadurch vollends getödtet habe.

Markmann wurde hierauf nach Berlin zurückgebracht, geschlossen in den Militairarrest gesetzt und die Criminaluntersuchung gegen ihn eröffnet.

Gegen einen 18jährigen Jüngling, der sich als Soldat, wenn nicht musterhaft, doch so bis da aufgeführt hatte, daß er niemals Anlaß zu einer Beschwerde, oder auch nur zu einer Rüge gegeben hatte, gegen den selbst seine Kameraden nichts anzubringen hatten! Sein Vater war früher schwedischer, dann preußischer Förster zu Jägernhof bei Wolgast gewesen. Er lebte noch, zwar emeritirt, aber mit einer Pension von 300 Thalern. Selten hat ein Unterförster im Preußischen ein Gehalt, welches dieser Pension gleich käme. Der Förster hatte zwar eine zahlreiche Familie von 15 Kindern gehabt, von denen jedoch nur noch 6 zur Zeit der That am Leben waren; und es scheint, daß er der Mittel war und des Willens, ihnen eine Erziehung zu geben, welche über seinem Stand war. Den einen Sohn hatte er studiren lassen. Im Hause hielt er sich einen eigenen Hauslehrer, den Candidaten Rohde, von welchem auch der jetzt Angeschuldigte, Gustav Heinrich Julius Markmann, den ersten Unterricht empfangen hatte im Lesen, Schreiben, Rechnen der Religion, auch in den Anfangsgründen der französischen und lateinischen Sprache. Es scheint sich aber ein musikalisches Talent früh in ihm gezeigt zu haben; denn im 14. Jahre ward er zum Stadtmusikus Pilz in Wolgast in die Lehre gegeben, bei welchem er die Flöte, Violine und noch mehrere andere Instrumente spielen lernte und außerdem noch Unterricht in der deutschen und italienischen Sprache erhielt. Im September 1824 hatte er ausgelernt, und es war auf seinen und den Wunsch seiner Aeltern, daß er nach Berlin kam und als Beckenschläger beim Musikchor des zweiten Garderegiments eintrat.

Von einem jungen Menschen, unter diesen Verhältnissen geboren und erzogen, von dem seine Richter selbst sagen, daß über seine bisherige Lebensweise nicht das mindeste Nachtheilige ermittelt worden, ließ eine That wie die vorliegende sich am wenigsten erwarten. Sollte er, der Sohn verhältnismäßig bemittelter Aeltern, einen Raubmord an zwei armen Handwerksburschen begangen haben? Wenn ein solches unnatürliches Gelüste in ihm aufstieg, würde er sich nicht andere Opfer erwählt haben? Als Soldat, als Spielmann besoldet, der auch durch seine Kunst gelegentlich noch andern Verdienst hatte, konnte ihn die Noth am wenigsten drücken, auf einen so kläglichen und gefährlichen Erwerb auszugehen. Und wenn es ein prämeditirter Raubmord war, würde er dazu, nicht eine andere Gelegenheit gesucht haben, würde er sie an einem Orte begangen haben, wo er der Entdeckung weniger ausgesetzt war? Würde er seine Opfer vor aller Augen zum Thor hinausbegleitet und nachdem er sie dort abgeschlachtet, auf derselben Straße, durch dasselbe Thor, den Raub unterm Arm zurückgekehrt, würde er noch in einem an der Straße liegenden, wohlbekannten Wirthshause eingekehrt sein, um, noch erhitzt, verstört von der That, ein Glas Bier in aller Gemächlichkeit zu trinken? Oder, wenn es eine That der Rache, des Zornes war, wie ließ es sich denken, daß ein junger Mensch, wie er, zwei wohlausgewachsene starke Männer zugleich niederschlagen, überwinden und ums Leben bringen sollen, ohne nur mit Wunden oder Verletzungen aus dem Kampfe zu gehen; denn von solchen bemerkte man nichts an seinem Körper. Wäre es nur ein Todtschlag gewesen, im Affect begangen, so stellten sich dieselben Zweifel, nur in erhöhtem Maße heraus.

Und dennoch war er der Thäter, und die That erschien, ja sogar durch sein Geständniß, als ein Raubmord, und als ein Raubmörder wurde er verurtheilt.

Schon im ersten Verhör, nachdem man auf sein Gemüth einzuwirken versucht, zeigte er sich befangen, erschüttert; er bat, daß die beisitzenden Offiziere abträten, und legte darauf, nach einem heftigen Kampfe mit seinem Innern und unter vielen Thränen dem inquirirenden Auditeur das Geständniß ab: ja er habe die That verübt, deren man ihn beschuldigte, er habe den Lange und den Burchard ums Leben gebracht. Er nahm dieses Geständniß auch vor dem vollständig besetzten Gerichte nicht mehr zurück und blieb im Wesentlichen in allen Verhören bei seinen Angaben, deren Inhalt im Hauptsächlichen folgender ist.

Als er aus der Aeltern Hause nach Berlin kam, hatte er noch kein Verbrechen, keine böse That verübt. »Bis zu da, sagte er, war mein Gewissen von jedem Vorwurfe frei. Aber ich habe als Knabe viel leichtsinnige Streiche gemacht und viel Geld ausgegeben. Schon sehr jung habe ich mit Karten und Würfeln gespielt, und bald verloren, bald gewonnen.« Er hatte auch schon in Wolgast gelegentlich getrunken und den Unwillen seines Vaters auf sich gezogen, der ihm einmal Geld gegeben, um seine Schulden zu bezahlen, aber auch erklärt hatte, das sei das erste und das letzte mal.

In Berlin fehlte es ihm nicht an denselben Verführungen; er spielte, verlor, sprach dem Branntwein zu und machte Schulden, die ihn sehr drückten, so gering sie auch im Ganzen waren. Er gerieth in die Hände eines Wucherers, der der Regimentstambour war (welcher bei dieser Gelegenheit ebenfalls zur Untersuchung gezogen und bestraft wurde) und ihm mit Klage und Anzeige drohte. Ein Soldat darf keine Schulden machen; daß ein Soldat aber auch nicht auf wucherische Zinsen leihen und demnächst sich davor hüten muß, durch eine Klage sich selbst zu denunciren, war ihm entgangen. Er hatte Angst vor seinem Gläubiger, dem Tambour.

In dieser Stimmung traf er mit einem Landsmanne und Jugendfreunde, dem Hutmachergesellen Lange aus Wolgast, am 9. Juli 1825 auf der Straße zusammen. Dieser war eben mit einem Bäckergesellen Burchard aus Schwerin eingewandert, und die drei verlebten einen vergnügten Tag. Die Gesellen hielten den Soldaten in ihrem Gasthof zur grünen Tanne vor dem neuen Königsthore zu Mittag frei, Nachmittags durchstreiften sie die Stadt, wo Markmann den Fremden als Führer diente, und Abends besuchten sie zusammen das Königsstädtische Theater. Sie nahmen dann Abschied, weil die Fremden schon am folgenden Tage, einem Sonntage, weiter wandern wollten.

An diesem Sonntage verdiente sich Markmann als Violinspieler in dem benachbarten Oertchen Teltow bei einem Kindtaufschmaufe einiges Geld. Als er am Montag zurückkehrte, traf er noch die beiden Freunde, die ihrer Passe wegen bisher nicht fortgekonnt. Sie trieben sich noch diesen und den folgenden Tag in der Stadt umher, besuchten abermals am Dienstag Abend das Königsstädtische Theater und trennten sich dann, um am Mittwoch Morgen Berlin zu verlassen. Markmann nämlich hatte den Freunden versprochen, ihnen das Geleit zu geben.

Auf dem Rückwege nach der Kaserne stieg Markmann zuerst der Gedanke auf, die Beiden zu ermorden. Warum? – Er hatte ungefähr sechs Thaler Schulden, und wurde von seinem Hauptgläubiger, dem Regimentstambour, heftig gedrängt. Er mußte ihm wucherliche Zinsen bezahlen, der Tambour machte sich durch Abzüge von seinem Tractamente und von dem außerordentlichen Lohn, wenn er im Theater oder sonst wo spielte, bezahlt. Noch an diesem Dienstage hatte er ihn öffentlich gemahnt: wenn er ihn und seinen Schwager nicht am folgenden Mittwoch bezahle, werde er die Sache dem Regimente anzeigen. Der Ingrimm über diese beschämende Mahnung mag in Markmann's Seele mitgewirkt haben; er durfte vielleicht hoffen, ob er es gleich nicht wußte, daß die beiden Handwerksburschen so viel Baarschaft zusammen besäßen, um damit jene Schulden zu decken. Aber waren sie so unerschwinglich für einen geschickten Musiker, der für sein Aufspielen oft einen, an jenem Sonntage sogar gegen zwei Thaler verdient hatte, daß er darum zwei harmlose Menschen, und noch dazu seine Freunde, mit denen er eben in herzlicher Vertraulichkeit gelebt, die ihn und die er wechselseitig freigehalten, daß er gerade sie darum todtschlagen sollte? Wenn er todtschlagen mußte und wollte, um zu rauben, bot sich ihm in der großen Stadt keine reichere Gelegenheit? Wenn der Groll gegen seinen Blutsauger und Wucherer mitwirkte, versprach ihm ein Mord, an demselben verübt, nicht reichere Beute? Die Gelegenheit aufzusuchen war er ja nicht verlegen, noch sehr bedenklich in den Mitteln, das Verbrechen zu verbergen. Wir finden darüber keine Antwort.

Markmann konnte in der Nacht keine halbe Stunde schlafen. Am Morgen lag er mit offenen Augen im Bette. Beim Ankleiden fiel sein Auge auf ein kleines Holzbeil, das unter dem Tische lag. Ohne, wie er sagt, schon einen bestimmten Plan über die Ausführung seines Mordgedankens zu haben, dachte er nur daran, daß ihm das Beil wol nützlich sein könnte, den Lange und Burchard ums Leben zu bringen, knöpfte es rasch unter sein Montirungsstück auf die Brust und lief damit in die grüne Tanne zu seinen Freunden und Opfern.

Nachdem sie zusammen Kaffee getrunken und die beiden Handwerksburschen sich ihre Flaschen mit Schnaps füllen lassen, machten sie sich auf den Weg, indem sie außerhalb der Stadt an der Mauer entlang nach einem andern, dem stralauer Thore, gingen. Hier ward zum ersten male Halt gemacht. Sie tranken, unter einem Baum gelagert, von dem mitgenommenen Branntwein und eine Flasche Bier, welche Markmann aus einem Laden am Thore holte. Schon hier durfte er in seinem Vorhaben gestört werden, wenn er auf die Stimme der Vorsicht gehört hätte. Ein Unteroffizier an der Thorwacht, und zwar von seinem Regiment, bemerkte ihn und fragte, wo er hin wolle? Er antwortete: er gebe seinen Freunden das Geleit, die nach Leipzig wollten – ihre Wanderschaft sollte aber nach Dresden gehen. Sie traten nun durch das Thor in die Stadt hinein und wandten sich innerhalb der Stadtmauer nach dem cotbusser Thore, durch welches sie endlich sich ins Freie machten, aber nur um abermals in einem Branntweinladen vor dem Thore (dem Weinschenkschen; die Weinschenkschen Eheleute waren nachher die Hauptzeugen bei der Recognition) einzusprechen. Hier hielten sie sich nicht weniger als anderthalb Stunden auf, tranken zu etwas Semmel und Wurst wieder zwei Flaschen Bier und zwei Achtel Branntwein, und die beiden Handwerksburschen ließen sich noch einmal ihre inzwischen geleerten Reiseflaschen mit Pomeranzen und Kirschbranntwein füllen. Nur der Bäcker Burchard schien beim Fortgehen etwas aufgeräumt; den andern beiden, sagte die Wirthin, konnte man nichts der Art anmerken.

Aber kaum daß sie einige hundert Schritte auf dem Wege nach Britz fortgegangen waren, so ward schon wieder Halt gemacht. Sie setzen sich rechts am Wege auf der Wiese nieder und holten die eben gefüllten Flaschen hervor. Erst nachdem diesen tüchtig zugesprochen war, machten sie sich wieder auf die Beine, und es ist zu verwundern, daß sie an der Schenke zum Rollkruge nur vorübergingen, jedoch um gleich dahinter auf der Anhöhe, in der Nähe der Hasenhaide sich abermals auf die Erde zu werfen. Es ist indeß schon angeführt, daß der 13. Juli ein sehr heißer Tag war, daß die beiden Tornister der Wanderburschen sehr schwer waren, und sie sich vorgenommen hatten, an dem Tage nur bis Britz zu gehen. Indeß kommt dies faule Leben in der Geschichte der Wanderburschen auch sonst vor.

Endlich hatten sie die Haide erreicht, die sich jedoch nur auf der linken Seite des Weges hinzog; sie hatten auf demselben, im Sande watend, die ganze brennende Sonne zu ertragen. Markmann's Vorschlag, ihm tiefer in den Wald hinein zu folgen, wo es grün, und kühl sei, fand unter diesen Umständen sogleich Zustimmung, und er führte sie von der Ecke aus quer durch die Haide, gegen 400 Schritte weit bis zu dem Platze, den wir als die Mordstelle kennen gelernt haben. Alle Drei warfen sich erschöpft nieder, um auszuruhen oder zu schlafen. Die beiden Handwerksburschen zogen sich die Ueberröcke aus, um, sich damit zudeckend, gegen die summenden Fliegen geschützt zu sein.

Schon nach wenigen Minuten fing Markmann mit seinem Freunde Lange ein Gespräch über dessen Wanderstock, den starken mit Eisen beschlagenen Ziegenhainer, an. Sie stritten, ob so ein Stock oder ein Infanteristenfäbel besser sei. Wir setzen das Gespräch so wörtlich her, wie Markmann sich dessen erinnerte.

»Glaubst du denn«, sagte Lange, »daß du mir mit deinem Säbel etwas thun kannst gegen meinen Stock hier?«

»Das wollen wir doch einmal sehen«, erwiderte Markmann.

Sie standen beide auf, während Burchard, der Bäcker, ruhig liegen blieb. Der Soldat zog den Säbel und fing an mit dem Hutmacher zu fechten. Nachdem dies, wie es scheint, ohne Heftigkeit und blos als Spielerei, einige Minuten gedauert hatte, sagte Lange:

»Nun gib mir mal deinen Säbel und nimm meinen Stock.«

Sie wechselten die Waffen, wie Hamlet und Laertes die Rappiere. Markmann, dem die Säbelscheide immer um die Füße herumschlug, nahm sie sammt dem Bandelier ab und legte sie neben einem Baum auf die Erde. Dann fingen sie von Neuem zu fechten an. Die Schilderung des entscheidenden Augenblicks geben wir mit seinen eigenen Worten:

»Ich drang auf ihn und er auf mich ein; es wurde schon so halb Ernst. Ich weiß selber nicht, wie mir war; ich wollte ihm den Säbel mit aller Gewalt fortschlagen und traf ihn selbst mit dem dicken Eisenende des Stockes so gegen den Kopf, daß er auf die Erde fiel. Denn Lange und Burchard hatten gleich, als wir uns niederlegten, die Hüte abgenommen und neben sich gestellt. Da Burchard nun sah, wie der Lange auf den Schlag von mir niederstürzte, wollte er aufspringen. Ich ließ ihn aber nicht dazu kommen, sondern hieb nun mit dem Ziegenhainer dem Burchard so über den Kopf, daß er niederstürzte.«

Beide waren, nach des Mörders Angabe, gleich nach dem ersten Hiebe niedergestürzt, ohne auch nur einen Laut von sich zu geben. Dem Burchard aber gab der Mörder, sobald er niedergesunken war, noch mehre Schläge mit demselben Mordwerkzeuge, immer auf den Schädel; dann wandte er sich wieder zu Lange um, und that mit ihm dasselbe. Er glaubte, er habe den Stock dabei wie eine Keule mit beiden Händen gefaßt gehalten. Er warf ihn nun bei Seite und wollte das kleine Beil aus der Montirung hervorholen, als er ein Taschenmesser in der Weste fühlte. Dies Messer, das einem Kameraden in der Caserne gehörte, hatte er wol nicht als Mordwerkzeug mitgenommen, es war alt, stumpf und im Gelenk sehr beweglich; aber als er es in der Hand fühlte, ward es ihm zum Mordinstrument. Das Beil bei Seite schleudernd machte er sich an die Arbeit und versetzte dem Lange und dem Burchard mehre Stiche: »Ich stach ihnen theils nach der Brust, theils nach dem Halse. Wie viel Stiche ich jedem gegeben, weiß ich nicht. Ich hatte das Messer so in der rechten Hand; es ist etwas lose, und da habe ich damit gearbeitet. Wenn ich das Messer hineingestochen hatte und darauf drückte, so knickte es immer zusammen.«

Er betheuerte und blieb dabei, das Mordwerk nur mit dem Stocke und dem Messer vollbracht und das Beil gar nicht dabei gebraucht zu haben. Wenn es blutig sei, so möge das nachher oder während der That von den anspritzenden Blutstropfen geschehen sein. Dies stimmte nicht ganz mit den von den Aerzten in ihrem Gutachten geäußerten Muthmaßungen, indessen lag gar kein Grund vor, an der Angabe des Verbrechers über diesen Nebenumstand zu zweifeln. Die Ecke an der Schärfe des Beils konnte auch schon früher beim Holzspalten abgesprungen sein.

Als die Körper entseelt und regungslos vor ihm lagen, steckte er das Messer unter einem Baum in die Erde und fing an, die Leichen zu berauben. Aus Burchard's Westentasche nahm er ungefähr zwei Thaler, aus der des Lange außer dem sächsischen Thaler, der mit zu seiner Entdeckung beitrug, etwas über einen Thaler in kleinen Münzsorten, will aber die Kleider und Taschen der Ermordeten weiter nicht durchsucht haben.

Um einer schnellen Entdeckung vorzubeugen, beschloß er, die Leichen zu verbergen; er schleppte deshalb eine nach der andern bei den Füßen bis in die Grube, in der sie gefunden wurden, legte sie neben einander auf den Rücken und bedeckte den Lange mit seinem braunen Ueberrock in der seltsamen Weise, wie es oben angegeben ist, ohne daß der Mörder dafür einen Grund anzugeben wußte. Auch den Burchard wollte er in ähnlicher Art bedecken oder bekleiden, er fand aber nicht Zeit dazu, weil ein, auf der Straße vorüberfahrender Wagen ihn störte; er warf deshalb über Beide, nachdem er die Stöcke der Todten auf ihre Körper gelegt, alles Moos, was er in der Schnelle aufraffen konnte.

Darauf öffnete er die Tornister und nahm mehre Kleidungsstücke heraus, die wir hier nicht aufführen wollen, deren Taxwerth zusammen aber etwa 18 Thaler betrug. Statt eines bessern grünen Rocks, den er aus Burchard's Tornister nahm, hatte er die Ruhe, den alten braunen Reiserock desselben hinein zu stopfen, und warf dann die Tornister sammt Lange's Stiefeln in ein anderes Loch. Achtsam auf alles, fand und verscharrte er auch Lange's Brieftasche so wie das von ihm selbst mitgebrachte Beil im Sande. Mit losem Sande, den er mit den Händen aufraffte, bestreute er die Stellen, wo das Blut am dicksten hingespritzt war. Die blutigen Hände wusch er mit seinem Urin.

Wie lange er darauf, und wie lange er überhaupt bei dem Mordwerk und in der Haide zugebracht, wußte er selbst nicht. Als er den Wald verließ und den Rückweg nach Berlin auf der großen Straße einschlug, sagte ihm jemand, den er darum fragte, es sei um 4 Uhr Nachmittags. Die geraubten Kleidungsstücke trug er in einer aus dem Tornister entnommenen Schürze gewickelt, unter dem Arme und kehrte auf dem Rückwege noch einmal im Rollkruge ein, um sich durch ein Glas Bier zu erfrischen. Am Thor angelangt, setzte er sich in eine Droschke, um hin und her fahrend, einige der geraubten Kleidungsstücke zu verkaufen oder zu versetzen. Er stieß hier auf Schwierigkeiten. Der erste Trödler verlangte eine Legitimation des Soldaten, daß er Stücke, die ihm geständlich nicht selbst gehörten, verkaufen dürfe; ein anderer Pfandleiher, der ihn von ähnlichen Geschäften her schon kannte, lieh ihm endlich auf ein Paar Ueberröcke etwas über fünf Thaler. Marlmann unterhielt sich mit diesem Pfandleiher eine geraume Zeit, ohne irgend Unruhe oder Eile zu verrathen. Noch am selben Abende befriedigte er durch Zahlung von etwas über 4 Thaler drei seiner Gläubiger, und darunter den dringendsten, den Regimentstambour; alles übrige geraubte und erlöste Geld vertrank er in Branntwein oder hielt andere beim Trinken frei. Trunken kehrte er in der Nacht in die Caserne zurück, und als er am Morgen vom Rausche erwachte, um beim Trommelwirbel mit den blutbefleckten Kleidern vor dem ganzen Regimente sich zu gestellen und als Mörder erkannt zu werden, waren alles, was er von der That noch übrig hatte, zwei sächsische Zweigroschenstücke, die der Wirth vermuthlich am Abende nicht in Bezahlung hatte annehmen wollen.

So Markmann's Geständniß, welches, in sich folgerecht, mit allen anderweitigen Ermittelungen bis auf geringfügige Nebenumstände übereinstimmte. Er hatte nie den Versuch gemacht, es zurückzunehmen. Im Gegentheil that er, was er konnte, seine Aussage durch anderweitige Anzeigen zu bekräftigen. Als er später ein zweites mal mit der Untersuchungscommission nach Britz ging, führte er selbst seine Richter von der Waldecke den Weg durch die Haide, auf dem er seine Opfer geführt, bis zur Mordstelle und wies hier jeden Punkt, wo die That vorgefallen, wo er die Körper verscharrt, die Tornister, das Beil, die Brieftasche. Er gab Auskunft mit der Offenheit, die auch bei geständigen Verbrechern selten ist, weil die gemeine Natur immer handelt und mäkelt und durch Verschweigen, Verdrehen und Verkleinern des Strafwürdigen noch immer einen kleinen Vortheil für sich zu erringen sucht.

Ueber den Thatbestand des Verbrechens, sowie über die Thäterschaft konnte somit kein Zweifel sein, da auch alle übrige Zeugen Markmann recognoscirt hatten. Nur über die Qualification des Verbrechens und die Motive konnte ein solches obwalten. Sein Vertheidiger hatte eine schwierige Aufgabe. Sein Versuch, das Verbrechen als einen bloßen Todtschlag darzustellen, welcher noch dazu unter dem die Strafbarkeit mildernden Umstande, daß Markmann in trunkenem Zustande gehandelt, vollbracht sei, mußte von vornherein abgewiesen werden.

Zu entschieden hatte Markmann eingestanden, daß er mit der Absicht, beide umzubringen, ausgegangen, er hatte zu diesem Behuf das Beil eingesteckt, er hatte am Thore im Victualienladen fälschlich angegeben, seine Freunde wanderten nach Leipzig, statt, wie sie vorhatten, nach Dresden, offenbar in keiner andern Absicht, als um die Nachforschungen im schlimmern Falle zu erschweren. Er hatte endlich mehre male gesagt, er habe sie des Geldes wegen erschlagen, und auch gelegentlich angegeben, daß er wol vermuthet, sie hätten mehr Baarschaft bei sich, als er wirklich fand, weil einer von beiden sich gerühmt, daß er einen Dukaten verwechselt, auch wol sonst ruhmredig von seinem Gelde gesprochen, und endlich weil ihm bekannt, daß wenigstens der Vater des Hutmacher Lange ein wohlhabender Mann sei. Wenngleich aus den Acten diese Vermuthung des Markmann, oder vielmehr, daß er von dem größern Vermögen seiner Opfer überzeugt gewesen, nicht durchaus erwiesen ist, so hatte er selbst doch nirgends seine frühern Angaben, daß er sie um des Geldes willen erschlagen, zurückgenommen; dergestalt, daß der Richter vollkommen berechtigt war, einen prämeditirten Mord anzunehmen; und da kein anderes Motiv erwiesen, oder auch nur wahrscheinlich gemacht war, und das Factum, daß er die Leichen wirklich beraubt, mit seiner eigenen Angabe, er habe sie, weil sie Geld hatten, erschlagen, übereinstimmt, so mußte er das Verbrechen für einen Raubmord erklären.

Ebenso wenig konnte die Strafbarkeit des Verbrechers dadurch gemildert erscheinen, daß er an dem Tage viel getrunken hatte. Mit dem Vorsatz ausgehend, die beiden Freunde todtzuschlagen, hatte er unterwegs allerdings stark getrunken. Dies konnte aber geschehen sein, um sich zu der entsetzlichen That Muth zu machen. Er war übrigens dadurch nichts weniger als in einen Zustand versetzt, welcher die Zurechnungsfähigkeit ausschließt, oder auch nur mindert. Markmann selbst sagte, er sei nicht betrunken gewesen. Die Wirthe in der Schenke am Thore sagten nur aus, daß der eine Handwerksbursche beim Hinausgehen etwas im Kopf gehabt, dem andern und dem Soldaten sei aber nichts davon anzumerken gewesen. Auch verrieth Markmann's ganze Handlungsweise vor und nach der That durchaus nichts von einer Beschränktheit des Willensvermögens, im Gegentheil von einer großen Besonnenheit. Sobald die Reisenden die Haide erreicht, der einzige Ort, wo er die That möglicherweise und ohne sofort entdeckt zu werden, begehen konnte, führte er sie querein, ungefähr in die Mitte des Gehölzes; er ließ sie hier sich lagern, er fing ein Gespräch an, welches zu einem Scherzgefecht führen mußte. Mit sicherer Faust, mit wenigen Streichen vollbringt er den Mord. Nachdem er beide besinnungslos niedergeschlagen, geht er mit einer kannibalischen Geschicklichkeit daran, ihnen das Garaus zu machen, damit sie sich nicht länger quälen sollten. Denn nur in dieser Absicht, sagte er, zog er das Messer und stach ihnen in Hals und Brust. Nachher kann niemand besonnener und ruhiger zu Werke gehen als er, indem er die Leichen in die Grube schleift, sie bekleidet, bedeckt, ihre Sachen, die andern Effecten, verbirgt, und was ihm von Werth scheint und ansteht, an sich nimmt und die Blutflecken abwäscht oder mit dem Messer von seiner Säbelkoppel abschabt. Er selbst erinnert sich aller dieser Handlungen bis auf die kleinsten Umstände, was bei einem Betrunkenen selten oder niemals der Fall ist. Mit eben der Besonnenheit, ja mit einer heuchlerischen Ruhe und Verstellung sucht er noch an demselben Abende alle geraubten Sachen unterzubringen und, so vortheilhaft es geht, zu verkaufen oder zu versetzen. Trunken ward er erst am späten Abend, als er, sein Gewissen zu übertäuben, sein geraubtes Geld in Branntwein vertrank.

Aber der Defensor hob auch noch einen andern Umstand hervor, der schon während der Untersuchung zur Sprache gekommen, den wir indeß mit Absicht bis jetzt übergangen haben, weil wir das zum Grunde liegende Factum in einer besondern Ausführung zu diesem Criminalfalle erzählen wollten. Schon ein älterer Bruder des Verbrechers war drei Jahre früher als Raubmörder in Greifswalde hingerichtet worden. Der Vertheidiger stellte also die Behauptung auf, daß dle Idee des Mordens in der Markmann'schen Familie idiosynkratisch sei, daß der Fall demnächst einer ärztlichen Begutachtung zu unterlegen und Markmann eventuell wenigstens mit der Todesstrafe zu verschonen sei.

Mit völligem Rechte verwarf, nach Lage der Acten, das erkennende Gericht diesen Vertheidigungsgrund. Jene Thatsache hatte ihre Richtigkeit, ein Bruder des Markmann war um des angegebenen Verbrechens willen hingerichtet worden; davon aber, daß auch durch andere Individuen derselben Familie in frühern Generationen ähnliche Verbrechen verübt worden, war nichts bekannt geworden, es findet sich nicht einmal eine Andeutung davon, sodaß also von einer idiosynkratischen Neigung zum Morden in der Familie nicht die Rede sein konnte.

Der Richter führte aus, daß, wenn auch bisweilen durch Abstammung auf das Individum nicht blos eine körperliche, sondern auch eine moralische Aehnlichkeit übergehe, dadurch doch keinesweges die Zurechnungsfähigkeit eines Menschen bedingt werde. Diese dämonische Verwandtschaft ist in der Stärke undenkbar, daß sie die Freiheit des Willens ausschließe, welche das Gute vom Schlechten zu unterscheiden weiß. Zwar erscheine jedes Verbrechen als eine unfreie Handlung, weil die Leidenschaften den Sieg über die bessere Erkennntniß davongetragen haben; dies befreie aber den Verbrecher noch nicht von der Strafe, welche gerade dazu diene, die Leidenschaften in Zaum zu halten. Eine Befreiung von der Strafe könne nur dann eintreten, wenn jemand überhaupt nicht die Fähigkeit habe, das Rechte vom Unrechten, das Gute vom Bösen zu unterscheiden, und nicht im Stande sei, die Folgen seiner Handlungen zu übersehen. Durch seine ganze Handlungsweise, durch seine Erziehung, verhältnißmäßige Bildung, durch die Art, wie er das Verbrechen verübt, wie er nachher gehandelt, wie er es eingestanden und darüber Rechenschaft gegeben, erscheine Markmann aber als im Stande der vollkommensten geistigen Freiheit und der Herrschaft über seine Thaten und Gedanken.

Alles dies ist nicht zu bezweifeln, und ebenso wenig, daß, auch wenn jener Mordhang in seiner übrigen Familie wirklich existirt hätte, das Gericht um deshalb keinen Anstand nehmen durfte, einen Mörder, wie diesen, mit der vollen Strafe, die die Gesetze bestimmen zu belegen. Zugegeben, daß es solche mit dämonischen Neigungen unnatürlich ausgestattete Familien gäbe, so schlösse einerseits die Neigung nicht die Kraft und die Pflicht aus, ihr zu widerstehen, andererseits änderte aber diese Neigung nichts am Verhältnis des Individuums zur bürgerlichen Gesellschaft. Diese darf eine Sicherstellung verlangen, welche durch die Strafe für die That bezweckt wird. So lange eine solche Familie als menschlichfreie Individuen zu gleichen Rechten mit den Andern besteht, und nicht als eine Brut wilder Bestien, nur mit menschlicher Gestalt, in Ketten zur Schonung der Andern festgeschlossen wird, sind auch die einzelnen Glieder derselben den allgemeinen Gesetzen unterworfen. Diese subjective Unfreiheit eines prädominirenden Hanges darf das Gesetz nicht anerkennen, einmal weil Religion und Wissenschaft ihre Existenz ableugnen, oder die Mittel aufweisen, wie der Mensch dem Hange widerstehen und wieder frei werden kann; dann aber, weil in einem christlich gebildeten Staate weder die Berserkerwuth noch das Fatum geduldet werden dürfen. Die Glieder einer in Berserkerwuth rasenden Familie müßten, wenn keine Mittel und Rechte da wären, sie unschädlich zu machen, bei einem Ausbruche, der Anderer Leben kostet, zur Sicherstellung der Gesellschaft todtgeschlagen werden, auch wenn sie nicht dafür können sollten, daß sie gerast haben.

Das gesetzlich angeordnete und vereidete Kriegsgericht ging über den Antrag des Vertheidigers, ein ärztliches Gutachten einzuziehen, bevor es zur Aburtelung schritte, hinweg, indem es hinsichts der geistigen und vollkommenen Zurechnungsfähigkeit des Angeschuldigten keinen Zweifel hegte.

Für mit der preußischen Militairgerichtsverfassimg weniger bekannte Leser dürfte es bei dieser Gelegenheit von Interesse sein, das Verfahren bei einem kriegsgerichtlichen Erkenntniß kennen zu lernen; ein Verfahren, das in seinen Formen wenigstens eine Annäherung an das alte Volksgericht, oder das judicium parium, herstellt. Die Untersuchung erfolgte im Wege des alten Inquisitionsprocesses, durch den dazu bestellten Auditeur, welchem aber zwei Nichtjuristen, zwei Offiziere des Regiments, zugeordnet wurden, um allen Verhandlungen beizuwohnen und die Protokolle mit zu unterzeichnen.

Nachdem die Untersuchung geschlossen und der Defensor seine Verteidigungsschrift eingereicht hatte, wurde das Kriegsgericht bestellt und zusammenberufen. Es bestand aus drei Gemeinen des Regiments, drei Gefreiten, drei Unteroffizieren, drei Sergeanten, drei Secondelieutenants, drei Premierlieutenants, drei Capitainen, dem ernannten Präses, einem Major des Regiments und dem die Untersuchung führenden Auditeur.

Der Angeschuldigte ward (7. November 1825) fesselfrei vorgeführt, das Richterpersonal ihm vorgeführt und derselbe befragt, ob er gegen eines der versammelten Mitglieder einen Einwand zu machen habe? Es ward ihm bedeutet, daß solche Einwendungen anzubringen ihm vollkommen freistehe, und daß er, wenn er Grund habe, zu glauben, daß einer oder der andere Beisitzer nicht unparteiisch in seinem Urtheile gegen ihn sein werde, er dies ohne Rückhalt oder militairischen Respect gegen seine Vorgesetzten aussprechen dürfe. Markmann erklärte, daß er keinen Einwand gegen eines der Mitglieder zu machen habe. Erst darauf wurden sämmtliche Beisitzer, gleich den Geschworenen, zu diesem Gericht besonders beeidet.

Hierauf wurden in fünf aufeinander folgenden Sitzungen sämmtliche Acten in Gegenwart des Angeschuldigten, der indeß immer fesselfrei vorgeführt erschien, abgelesen; ebenso die angefertigte Vertheidigungsschrift. Der Angeschuldigte, welcher bei der Vorlesung stets ruhig und mit zur Erde gesenkten Blicken zugehört hatte, ohne ein Wort zu sprechen, oder auch nur ein einziges mal den Blick in die Höhe zu richten, erklärte auf Befragen, daß er nichts mehr zur Sache oder zu seiner Vertheidigung anzuführen habe und daß der Inhalt der Acten seine Aussagen so enthalte, wie er sie wirklich abgegeben habe.

Nachdem er jetzt abgeführt worden, hielt der untersuchende Auditeur einen schriftlichen Vortrag mit dem Votum: daß Markmann wegen Raubmords zuvörderst aus dem Soldatenstande auszustoßen und demnächst mit der Strafe des Rades von unten zu belegen sei.

Bei der Abstimmung wurden die Beisitzer klassenweis von unten herauf, in der oben angegebenen Ordnung vernommen und sämmtliche Klassen, mit Inbegriff des Präses, stimmten dem Antrage des Auditeurs bei.

Nur die Secondelieutenants stimmten für das Rad von oben, mit Rücksicht auf die große Jugend und Unerfahrenheit des Verbrechers; und ein Premierlieutenant, daß er aus demselben Grunde der Gnade des Königs zu empfehlen sei.

Das Urtheil ward demnächst in Gemäßheit dieses Beschlusses abgefaßt, ausgefertigt und erhielt die königliche Bestätigung.


Auf die Anträge, in Berücksichtigung der Jugend des Verbrechers, ihn der Gnade zu empfehlen, war keine Rücksicht genommen, und ebenso wenig machte sich die Gnade im Cabinet des Königs von selbst geltend, was bei der Scheußlichkeit des Verbrechens und dem allgemeinen Entsetzen, welches die That angeregt, sich wohl begreift.

Dennoch beschleicht uns, schon bei Durchlesung der Acten, ein Bedenken, was jedem, der von der That hörte, aufstieß, ob das Motiv derselben denn wirklich und allein die Habsucht, der Eigennutz gewesen?

Gustav Markmann war keine durchaus verderbte Natur, keine gemeine Seele, der man von vorn herein ein solches scheußliches Verbrechen, eines kleinen Gewinnstes willen, zutrauen konnte, und ebenso wenig waren die Umstände für ihn so dringend, daß er um deswillen sich zum Entsetzlichsten gezwungen fühlen sollte. Für jenen Umstand sprechen die Zeugnisse seiner frühern Lehrer, seiner Verwandten, seiner Vorgesetzten, es spricht dafür die ganze Art und Weise, wie er sich während der Untersuchung benahm.

Eine düstere Verschlossenheit, ein tiefes Schuldbewußtsein spricht sich in allen seinen Antworten aus. Sein Bekenntniß quillt nicht hervor wie das eines reuigen Sünders, der, von der Last der Schuld gedrückt, sie wieder gut machen, sie wenigstens sühnen will durch einen freien, gewissermaßen lyrischen Erguß der Selbstanklage. Er glaubt genng zu thun, wenn er auf keine Frage die Antwort schuldig bleibt; aber sie kommt immer nur kurz heraus, so wie der Richter sie fordert. Man kann annehmen, daß das Benehmen durch ein fürchterliches Schamgefühl dictirt sei; mit jeder Antwort sprach er ja sein eigenes Urtheil aus; man kann sich aber doch, beim Ueberlesen dieser Verhöre, des Gedankens nicht enthalten, daß er noch etwas im Hintergrunde zurückbehält, daß er dem weltlichen Gesetze genug zu thun glaubt, wenn er nur das bejaht, was der Richter ihm abfragt.

Schon im ersten Verhöre, als er mit dem Richter allein war, preßten sich ihm krampfhaft die Worte von den Lippen: »Ich bin's.« Weiter vermochte er nichts zu sagen. Erst auf die Frage: was er damit meine, erwiderte er in demselben Tone: »Ich habe sie erschlagen.« Nun erst stürzten ihm die Thränen aus den Augen, er hielt beide Hände vor das Gesicht und zitterte am ganzen Leibe. Als der Richter ihn darauf hieß, sich auf einen Schemel niedersetzen, reichte Markmann ihm von selbst die Hand und sagte: »Ich will alles bekennen.«

Das ist nicht die Art eines gemeinen Verbrechers, dem man zutrauen darf, daß er zwei Menschen, Freunde, darunter einen alten Jugendfreund, mit denen er noch eben durch viele Tage in herzlichem Verkehre, bei freundlichen Gelagen und Vergnügungen gelebt – um ein paar Thaler erschlagen werde. Es waren durchaus keine moralischen Torturen vorangegangen. Nur eine Nacht erst hatte er allein im Gefängniß verbracht und der Richter, der damalige Auditeur Nietner, hatte ihm nur vorgestellt: daß ein verübtes Verbrechen zwar nie wieder ungeschehen gemacht werden, daß aber der Verbrecher durch ein aufrichtiges Bekenntniß die Ruhe seines Gewissens wiederfinden möge, dessen Vorwürfe fürchterlicher seien, wie jede menschliche Strafe. Wenn er wirklich das Verbrechen verübt, sei er es schon seinen ermordeten Freunden schuldig, ein offenes Bekenntniß abzulegen, um sich mit ihnen und seinem Gewissen zu versöhnen. Auf diese einfache Vorhaltung sprach und bekannte er wie oben. Eine gemeine Seele, die auf Raub ausgeht, deren alleiniges Motiv zum Morde ein gemeiner Raub war, handelt nicht so.

Weil es zu unnatürlich erschien, daß Markmann, um ihrer geringen Habe willen zwei Handwerksburschen, im Widerstreite mit so vielen Motiven dagegen, ermorden sollen, hat man sich viele Mühe gegeben, darzuthun, daß er im Glauben gewesen, ihre Baarschaft sei weit größer, als sie wirklich sich fand. Die Zeugenaussagen dafür sind wenig erheblich. Was macht es aus, wenn er wirklich geglaubt, sie hätten nicht einen, sondern mehre Dukaten bei sich? Es blieb immer die Baarschaft zweier Wanderburschen, von denen nur der eine von verhältnißmäßig wohlhabenden Aeltern war. Konnte ihm dies eine so fürchterliche Lockung werden, ihm, dem seine Mutter schon einmal einige 30 Thaler geschickt, um seine Schulden zu bezahlen? Wenn ihm auch der Raub die Mittel gab, seine gegenwärtigen Schulden zu bezahlen – die, wie schon angeführt, nicht so überaus drückend waren, die er, bei einer guten Einnahme durch seine Musik, leicht ablösen konnte –, so konnte er doch vernünftiger Weise nicht denken, daß so viel übrig bleiben werde, um auch für die Folge sein lockeres Leben eine Weile fortsetzen zu können. Aber man hat sein eigenes Geständniß dafür, daß er – um des Geldes willen den Mord begangen habe. Die Art, wie dieses Geständniß in den Protokollen abgelegt ist, erscheint schon etwas bedenklich. Hören wir sein erstes Geständniß (im Verhöre vom 15. Juli) über den Moment, in welchem er den Mordgedanken gefaßt haben will.

Nachdem er mit seinen Freunden das königsstädtische Theater verlassen und auf dem Heimwege sich befand, sagt er: »Auf diesem Wege faßte ich zuerst den Gedanken, den Lange und Burchard ums Leben zu bringen.« – Bei diesen Worten verstummte er, und viele Thränen flossen ihm über die Wangen. Auf die Aufforderung des Richters, hier ein offenes Bekenntniß abzulegen und die geheimsten Gedanken auszuschütten, welche in jenem fürchterlichen Augenblicke seine Seele durchzuckt hätten, äußerte er, wieder unter Thränen, nur folgende Worte:

»Ich dachte, sie würden viel Geld bei sich haben – ich weiß selbst nicht.«

Damit verstummte er abermals, und die Thränen flossen fort. Ein Verbrecher, der sich innerlich gedrungen fühlt, seine ganze Schuld zu bekennen, sollte hier mehr gesprochen haben. Aber er sagte nur aus, was seine Richter erwarteten: um des vielen (vermutheten) Geldes willen könne er nur den Mord begangen haben, war die allgemeine Meinung; man erwartete, daß er das bekennen werde und er bekannte, was man forderte, aber mehr nicht. Und doch nimmt er gewissermaßen sogleich das Geständnis; zurück, er schwächt es wenigstens durch den Zusatz: »Ich weiß selbst nicht.« Sein Verstummen, der Gedankenstrich daran spricht etwas Dunkles, was wenigstens einer andern Auslegung fähig war.

Zwar wiederholt er jenes Bekenntniß, das man von ihm wünschte, noch mehrere male, aber die trockenen Worte, mit denen es geschieht und die gegen den Fluß seiner andern Bekenntnisse sehr abstechen, klingen bei der Vergleichung seltsam. So sagt er im Verhöre vom 19. Juli: »Ich habe weiter keinen Grund gehabt, wie das Geld. Ich habe bei dem Lange kein Geld weiter gesehen, als was er in Berlin in meiner Anwesenheit ausgegeben hat und was ich ihm abgenommen habe. Erzählt hat er mir aber zweimal, daß er einen Dukaten gewechselt hätte.« Zum Schluß des Verhörs sagt er noch: »Ich glaubte, sie hätten alle beide viel Geld bei sich, der Lange auch, weil sie so weit reisen wollten. Die Aeltern des Lange sind wohlhabende Leute.« Aber alle diese Geständnisse klingen uns wie abgerissene, hervorgestoßene Phrasen, denen sich ein armer Sünder, auf der Folter liegend, erledigt, weil es so sein muß, weil die Inquisitoren es so verlangen, weil er ohne sie nicht fort- nicht loskommt zu der Strafe, welche seine äußern und innern Leiden endigt. So mußte in hunderten, in tausend, in Hunderttausenden Processen die Hexe bekennen, daß sie mit dem Bösen sich abgegeben, sie mußte das widernatürlichste Bekenntniß ablegen, dessen Schema durch Jahrhunderte dasselbe blieb, dessen Sinn unserer Vernunft widerstrebt und an das doch die Erleuchtetsten in diesen vielen Jahrhunderten glaubten. Was dastand als eine unantastbare Wahrheit, vor der Weisheit und Macht sich beugten, wie durfte daran das arme Geschöpf zweifeln? Es gab sich gefangen, es bekämpfte die eigene Vernunft, die eigene Ueberzeugung als sündhaft, trügerisch; es bekannte, was man verlangte, sich selbst davon überredend, um nur loszukommen aus dem Irrsale und mit dem Tode ein Etwas zu büßen, dessen Sinn sie nicht begriff, das aber wie ein Alp auf ihr lastete.

Wie ganz anders klingen die eigentlichen Geständnisse seiner Schuldbarkeit, wo er alle Falten seines Innern zu erschließen scheint. Von dem frühen Morgen, wo er aufspringt, um die beiden abzuholen, sagt er: »Als ich (beim Anziehen) das Beil' bemerkte, nahm ich es, steckte es schnell unter meine Montirung, knöpfte sie zu und lief rasch fort. Ich hatte gar keine recht deutliche Idee im ersten Augenblick, als ich das Beil zu mir steckte. Ich dachte dabei zwar an den Lange und Burchard und daran, daß ich sie ums Leben bringen wollte, und ich hatte eine dunkle Vorstellung, daß mir bas Beil hierzu wol dienen könnte. Zur Klarheit kamen meine Gedanken aber nicht, denn ich war gar zu unruhig. – Unterwegs kam mir oft der Gedanke ein, umzukehren, aber es zog mich immer wieder vorwärts; ich weiß selber nicht was es war.« – Als er sie abgeholt hatte und sie auf dem Hinauswege aus der Stadt immer und immer wieder einkehrten, sagt er: »Wir haben alle Drei getrunken und ich besonders, um den Mordgedanken loszuwerden. Auch hier wollte ich das Beil immer wieder fortwerfen; indeß konnte ich es nicht, weil mich Lange und Burchard immer sahen.« –

Warum so ausführlich in diesen Bekenntnissen, während die über die Motive der That so kurz, abgebrochen klingen, so dürr und schroff, daß man unwillkürlich daran gemahnt wird, sie seien ihm nur abgefragt und er wiederhole mit innerm Widerstreben die Worte der Frage, weil es so sein muß, weil es sich nicht anders thun läßt? Nicht etwa, als hätte der umsichtige Untersuchungsrichter die Antwort ihm eingegeben, oder als habe er darauf gedrungen, daß Markmann so antworten solle, aber das Dringen und der Druck machten sich von selbst. Er hatte ja beim Morde geraubt, also mußte er gemordet haben, um zu rauben. Das war die allgemeine Ueberzeugung, der allgemeine Glaube, dem zu widersprechen, auch wenn er gewollt hätte, ihm ganz unmöglich geworden wäre, da es bekannt war und er eingeräumt hatte, daß keine Feindschaft, kein Groll und Haß gegen seine Opfer ihn erfüllt.

In den registrirten Vermerken über die Aufführung Markmann's während der Untersuchung heißt es, daß er sich immer ruhig und besonnen gezeigt. Von einer Geistesabwesenheit habe sich nicht die mindeste Spur wahrnehmen lassen. Seine Antworten waren jederzeit zusammenhängend und vernünftig, und die mit ihm gepflogenen Unterhaltungen ergaben, daß seine Bildung über die des gemeinen Mannes hinausging. Sein Wächter hatte bemerkt, daß er auch des Nachts sich ruhig verhalte und anscheinend geschlafen; nur in einer Nacht hatte der Posten an der Thür ihn Stunden lang leise weinen gehört. In seiner äußern Gestalt war er übrigens unverändert geblieben und hatte seine frische, blühende Gesichtsfarbe behalten.

Sichtlich erfüllte ihn die Rückerinnerung an die That und Schauder und Schrecken. So oft die Rede auf den eigentlichen Moment des Todtschlags kam, weinte er heftig, und als er auf die Stelle geführt wurde, wo die That verübt worden und den mit Blut und Gehirn bespritzten Baum erblickte, ging er plötzlich auf denselben zu, indem er beide Arme über Kreuz vor die Augen legte, in dieser Stellung sich an den Baum anlehnte, als ob er den Anblick desselben nicht ertragen könne. Als er das Messer am Baume suchte, hatte man genau auf ihn Acht, um zu verhindern, wenn er es gefunden, daß er sich oder einen der Anwesenden verwunde. Aber kaum, daß er das Messer aus dem Moose hervorgezogen, so richtete er sich aufrecht in die Höhe, wandte das Gesicht von der rechten Hand, welche das Messer hielt, ab, und warf es dann von sich.

Der Geistliche seiner frühern Parochie (der Geistliche, welcher ihn und seinen Bruder eingesegnet, war gleich darauf gestorben) sagt, daß er ihn in seinen Religionsbegriffen so beschaffen gefunden, daß er in seinem Religionsunterricht (zur Vorbereitung zum ersten Abendmahl) leicht weiter darauf fortbauen konnte. Auch habe er sich von seiner guten Forschungsgabe und von seiner Empfänglichkeit für sittliche und religiöse Gefühle überzeugt. – Sein Lehrer, der Stadtmusikus Piltz in Wolgast, konnte Markmann's Betragen während der über dreijährigen Lehrzeit nur als gut schildern, und würde ihm das allerbeste Zeugniß ausgestellt haben, wenn er sich nicht in der letzten Zeit des Aufenthalts bei ihm »einigermaßen dem Trunke und dem Spiele ergeben hätte«, was Piltz doch eigentlich erst nachher in Erfahrung gebracht. Sonst habe er sich immer als ein fleißiger und friedliebender Mensch gezeigt, gegen dessen Treue und Redlichkeit ihm nie die geringsten Zweifel gekommen. Die Gelder, die er bei festlichen Gelegenheiten eingesammelt, habe er ihm immer getreu überliefert. Ebenso wenig bemerkte er Unverträglichkeit mit seinen Kameraden; bei vorkommenden Streitigkeiten redete er eher zum Frieden.

Ein älterer Bruder Markmann's, der gleich ihm und zur selben Zeit in der Garde in Berlin diente, sagte: er wisse keinen Grund, der seinen Bruder zu der That veranlaßt haben könne. Wenn er ihm seine Schuldverhältnisse, die doch nicht so drückend wären, nur zu wissen gethan, würde er ihm schon zu helfen gesucht haben, wie das schon früher einmal geschehen, als er die Mutter bewogen, ihm 34 Thlr. zu schicken, wofür alle seine damaligen Schulden abgetragen wurden.

Markmann selbst sagt (18. Juli): »Bis zu der jetzt von mir verübten That ist mein Gewissen von jedem Vorwurf frei gewesen. Ich habe zwar als Knabe viel leichtsinnige Streiche gemacht, viel Geld ausgegeben, schon sehr jung eine Menge von Spielen, Karten und Würfel gespielt, und bald einmal gewonnen, bald verloren. Mein Vater ist ein heftiger Mann, der mich und meine Geschwister oft hart behandelt hat. Wenn er heftig wird, kennt er sich selbst nicht, und schlug oft wegen Kindereien, die wir begingen, mit dem ersten besten Gegenstände auf uns ein, den er faßte. Einen Groll trage ich aber gegen meinen Vater nicht im Herzen und ich hoffe auch, daß er bisher, keinen Groll gegen mich gehegt hat. Meine Mutter ist sehr gut.«

Die Briefe des Mörders aus älterer Zeit, welche zu den Acten gekommen sind, widersprechen dem Charakterbilde nicht, welches wir nach diesen Zeugnissen über ihn zu fällen berechtigt sind. Es spricht sich darin dieselbe Offenheit aus, welche er in seinen Geständnissen an den Tag legt; nur blickt allerdings ein schwarzer Streifschatten durch, wenn er an seine Schwester (am 27. Juni 1825, wenige Tage vor der Mordthat) schreibt: »Schon seit langer Zeit habe ich keinen Brief von Dir erhalten. Karl habt Ihr mit Briefen überhäuft; aber auf mich habt Ihr nicht im geringsten Rücksicht genommen. Ich wollte erst mit auf Urlaub kommen, aber ich habe Euch meine Euch verhaßte Gegenwart erspart.« Dann aber fährt er fort, er hoffe doch, daß sein Bruder in der Heimat gesund und wohl angekommen und daß sie miteinander recht froh und heiter leben möchten. Uebrigens eröffneten sich ihm gute Aussichten, da der Flötist abgehe und er so zur Zufriedenheit des Stabshautboisten die Flöte einige mal geblasen, daß er hoffen dürfe, in seine Stelle bald zu rücken.

Am selben Tage schreibt er an seine Aeltern:

»So lange habe ich keine Nachricht erhalten, als durch Karl seine Briefe. Lassen Sie doch den freilich sehr gerechten Groll fahren und seien Sie wieder mein guter, lieber Vater. Sie waren ja sonst immer so gut und verzeihend, warum auch nicht jetzt? Ihr gutes Herz hat mir gewiß auch schon lange verziehen; lassen Sie auch den Mund es aussprechen. Ich hoffe, daß Karl seine Gegenwart viel zu Ihrer Beruhigung und Heiterkeit beitragen wird; denn ich habe immer gehört, daß Aeltern ihre guten Kinder nach langer Abwesenheit noch einmal so stark lieben, und er verdient Ihre Liebe auch. Bald hoffe ich, Sie auch mit der frohen Nachricht meines Avancements zu überraschen. Die Bitte, daß Sie Ernst und Heinrich doch recht sehr zur Musik anhalten mögen, brauche ich wol nicht zu wiederholen. Ich habe das Vergnügen gehabt, Herrn Piltz hier zu sprechen, aber leider dauerte die Freude nicht lange, denn ich war gerade im Dienst und Herr Piltz hat wahrscheinlich die Hausnummer nicht recht gewußt, denn ich habe ihn, alles Suchens ungeachtet, nicht finden können. Feste Gesundheit und langes Leben, um noch lange die Stütze der Ihren, Ihrer noch so sehr unentbehrlichen (sie entbehrenden) Familie zu sein, wünscht Ihr gehorsamer Sohn.

G. Markmann.«

Kann man einem achtzehnjährigen jungen Menschen, der diese Zeugnisse des Wohlverhaltens, der Bildung, der Sitte hinter sich hat, der noch eben solche Briefe an seine Familie geschrieben hat, der auf eine glückliche Beförderung in seinem Dienste hofft, der seinem Vater empfiehlt, seine jüngern Geschwister ja zur Musik anzuhalten, weil sie zu ihrem Fortkommen von großem Nutzen wäre, der da den Vater bittet, sich seiner Familie zu erhalten, kann man ihm zutrauen, daß er 16 Tage nachher das Mordbeil einsteckt, um – zwei Handwerksburschen um ihre paar Thaler zu berauben und um des Raubes willen zu tödten? – Ein großer Affect, eine große dringende Noth mußte vorgehen. Von einem Affect, von angeregten Leidenschaften ist aber hier nicht die Rede. Er hat nicht in einem gewagten Spiele sein Alles verloren; es sind nur einige unbedeutende Schulden, die ihn drücken. Der Tambour hätte ihn nicht verklagen dürfen, ohne sich selbst anzuklagen. Markmann, entschlossen wie er war, würde dem ungestümen Dränger die Stirn zu bieten gewußt haben. Er hatte einen Bruder, der es nicht zum Aeußersten hätte kommen lassen; seine Kunst, die ihm gelegentlich reichen Verdienst schaffte, würde ihm in wenigen Wochen die Mittel an die Hand gegeben haben, die Gläubiger zu befriedigen. Endlich hoffte er und freute sich auf ein vorteilhaftes Avancement. Es war nicht die Noth, die ihn zum Raubmorde trieb.

Ebenso wenig trägt sein Benehmen nach der That den ausgesprochenen Charakter des Eigennutzes und der Habsucht. Zwar bemächtigte er sich der Effecten seiner Opfer, doch auch hier, beiläufig gesagt, nicht mit der gemeinen Habgier eines gewöhnlichen Räubers. Er nahm nur, was ihm im Augenblick von Werth sein konnte, und ließ das andere unbekümmert zurück. Mit dem Raube oder dem, was er dafür gewonnen, schaffte er sich die Gläubiger, die ihm gerade am unbequemsten waren, vom Halse, und der Rest verging an einem Abende im Rauch. Geflissentlich verpraßte er es mit andern, sodaß ihm von der gräßlichen That nichts blieb, als die Erinnerung und die Blutflecke. Zwar ist dies ein allgemeines Charakteristicum bei fast allen Dieben und Räubern, das schnell Gewonnene schnell zu vergeuden; in diesem raschen Daraufgehenlassen, bis auf das letzte falsche Zweigroschenstück, liegt aber mehr als Leichtsinn, es ist eine Absichtlichkeit. Er erschlägt zwei Freunde um ihre Groschen und tractirt dafür ihm Gleichgültige; eine Habsucht liegt da nicht zum Grunde.

Auch Elicabide beging einen Raub an seinen Schlachtopfern, und seine Richter erkannten darauf; der Diebstahl war aber nur ein Accidens. Es fiel niemandem ein, die räuberische Absicht zum Motive seiner Mordthat zu erheben. In diesem Falle dagegen mußte es geschehen, einmal, weil der Verbrecher selbst mit dürren, deutlichen Worten eingestanden, er habe seine Opfer um des Geldes willen umgebracht, und dann, weil vernünftigerweise gar kein anderer Grund zu Tage kam, oder auch nur in den Ermittelungen der Acten angedeutet war. Denn aus dem Umstande, daß auch ein Bruder zehn Jahre früher einmal einen Raubmord begangen und dafür mit dem Leben gebüßt, sofort, ohne alle Vermittelungsglieder zu schließen, daß in der Familie ein Hang zum Raubmorde ansteckend oder erblich sei, wäre eine reine Willkür gewesen, die nicht einmal der Psycholog, geschweige denn der Richter sich erlauben durfte, der vorsichtig in seinen Schlüssen, diese nur auf die ihm gegebenen positiven Thatsachen gründen darf. Etwas Näheres darüber zu ermitteln, waren nirgend die Anzeichen, die Mittel gegeben. Es blieb also hinsichts der Straffälligkeit des geständlichen und überwiesenen Verbrechers nichts übrig, als gegen Markmann auf Raubmord zu erkennen, und nur der psychologischen Beurtheilung blieb es unbenommen, wie wir gethan, zu zweifeln und die Möglichkeit eines andern Motives festzuhalten.

Hier ist nun der Ort, das frühere Verbrechen des ältern Bruders, den bereits das Schwert der Gerechtigkeit ereilt, wie es aus den Acten zu Greifswalde ermittelt ist, ins Auge zu fassen, ohne daß es uns, an und für sich betrachtet, einen Leitfaden gibt, für die That des jüngern Markmann das gesuchte Motiv zu finden. Gustav Markmann's älterer Bruder, Johann Christian Friedrich Markmann, ebenfalls auf der Försterei des Vaters zu Jägernhof bei Greifswalde 1795 geboren, scheint einen noch sorgsamern Unterricht als sein Bruder genossen zu haben. Um Forstwissenschaft und Mathematik zu studiren, bezog er, nach Abgang von der Schule zu Wolgast, die Universität Greifswalde. Aber schon im ersten halben Jahre seiner Studien hatte er nicht weniger als drei Diebstähle begangen, über deren Art und Wesen uns nichts Näheres bekannt geworden, und mußte, da sie entdeckt wurden, die Universität wieder verlassen.

Er mußte ein einstweiliges Unterkommen bei einem andern Förster in dem benachbarten Wrangelsburg suchen, wo er sich mit naturhistorischen Schriften beschäftigt und etwas Musik getrieben haben will, ohne daß Wissenschaft und Kunst einen versöhnenden Einfluß auf seinen wilden Sinn geübt. Zwar söhnte sich der Vater wieder mit ihm aus, dessen Angesicht zu erblicken ihm bis da untersagt war, und nahm ihn sogar wieder in Gnaden in sein Haus auf, wo er sich auf die Jägerei legte und dem Vater in dessen Geschäften zur Hand ging; aber seine Hauptbeschäftigung, den Holzdefraudanten aufzulauern, scheint seinen unheimlichen Gedanken nur noch mehr Nahrungsstoff geliefert zu haben.

Der vertraute Umgang mit dem Knechte seines Vaters, Brand, einem moralisch ganz verwilderten und verstockten Menschen, vollendete seine innere Verderbniß. Seltsam, beide Buben, die auf Raub und Mord sannen, liebten die Flöte, und bei deren sanften Tönen, wenn sie im Walde sich accompagnirten, brüteten sie ihre wilden Plane aus.

In dem benachbarten Dorfe Kühlenhagen lebte ein wohlhabender Bauer, Christoph Bau, dessen Familie Markmann um diese Zeit der Rückkehr in des Vaters Hause näher kennen lernte. Er fand hier, so oft er ansprach, eine gute und freundliche Aufnahme. Es war nach seinen Angaben gar kein Grund vorhanden, daß er einen Groll oder Haß auf sie werfen konnte.

Brand versicherte ihm, daß der Bau sehr vermögend sei und mehr baares Geld in seinem Hause habe, als man vermuthe. Die Saat der Verführung ging in ihm auf. Sie berechneten die Vortheile, welche das im todten Besitz des Bauern ruhende Geld ihnen beiden verschaffen könne. Der Entschluß, es zu stehlen, stand in ihnen fest; man wollte nur eine glückliche Gelegenheit abwarten. Markmann wollte dann – nicht in die Welt hinaus, um lustig und frei zu leben, sondern beim Corps reitender Jäger Dienste nehmen und von seinem Antheil die Equipirung bestreiten. Er war damals 20 Jahre alt. Brand wollte sogar großmüthig von seiner Hälfte einen Theil einem Bruder zusenden, welcher auswärts als Soldat diente.

Die Gelegenheit schien sich bald darzubieten. Der Bauer Bau mußte im November 1815 ins Amt Eldena zu einer Hochzeit reisen, wo er mehre Tage von Hause fortbleiben durfte. Während dieser Abwesenheit wollten beide Verbündete in einer Nacht sich nach Kühlenhagen schleichen, die nördliche Wand des Bau'schen Hauses durchbrechen und so in die Kammer dringen, in welcher der Geldkasten stand.

Am 10. November reiste Bau wohlgemuth, ohne Ahnung, was ihm bevorstand, zur Hochzeit ab. Brand und Markmann verabredeten nun, schon in der Nacht zum 11. an ihr Werk zu gehen. Die Abendstunden verbrachten sie beim Kartenspiel, bis Markmann seinen Vater nach Hause kommen hörte und deshalb schnell aufbrach, weil der strenge Vater keine lange Abwesenheit des Sohnes duldete. Er ging in seine Kammer und wartete, bis sein jüngerer Bruder und ihr Hauslehrer, der Candidat Rhode, eingeschlafen waren. Jetzt (es mochte ungefähr 10 Uhr sein), schlich er sich aus der Kammer, stieg, um die verschlossene Hausthür nicht öffnen zu dürfen, aus der Bodenluke auf das Dach eines Nebengebäudes und kam so auf die Erde. Im Pferdestalle fand er seinen Gehülfen, der ihn schon erwartete, und in dessen Begleitung er nach Kühlenhagen ging. Brand trug ein Küchenbeil, mit dessen Hülfe sie die Mauer zu durchbrechen und die Kisten zu öffnen gedachten; Markmann aber hatte sich, auf den Fall einer Entdeckung und eines Angriffs, mit einem geladenen Pistol bewaffnet. Unterwegs verpflichteten sich beide durch einen feierlichen Eid, einander nicht zu verrathen. Markmann erinnert sich der Worte: »sie wollten von Gott und seinem Reiche nichts wissen, wenn sie einander verriethen!« Dann eilten sie zur Ausführung ihres Vorhabens. In einer Viertelstunde waren sie am Ziele des Weges und näherten durch den Garten sich dem Wohnhause Bau's; allein die Brandmauer schien ihnen zu neu und fest, so, daß sie nicht einmal den Versuch wagten, sie zu durchbrechen, sondern unverrichteter Sache zurückkehrten.

Sie waren indeß weit davon entfernt, durch diese Hemmung von ihrem Plane sich abbringen zu lassen; vielmehr verabredeten sie sich auf dem Rückwege, ihr Glück in anderer Weise am folgenden Abende zu versuchen. Zwischen 8 und 9 wollten sie offen vor dem Bau'schen Hause erscheinen, als Gäste eintreten und – wenn sie auf keine andere Weise zu ihrem Zwecke gelangen könnten, so kamen sie jetzt dahin überein – sie alle, die da wären, zu ermorden. Da sie indeß schon beim ersten Nachtwege ein geladenes Pistol mitgenommen, so spricht die Vermuthung dafür, daß sie auch damals schon Mordgedanken genährt hatten.

Der nächste Tag (11. November) ein Sonnabend, wurde zur Ausübung der That bestimmt. An ihm wurden die nähern Verabredungen und Vorbereitungen getroffen; überhandnehmender Kopfschmerz machte jedoch Markmann zwar nicht wankend in seinem Entschlusse, aber doch geneigt, die That bis zum künftigen Tage zu verschieben. Er begab sich, schon halb entkleidet, am Abende in ein unbewohntes Zimmer des väterlichen Hauses und suchte sich durch Blasen auf der Flöte zu zerstreuen. Nach wenigen Minuten trat Brand zu ihm ein und begleitete sein Spiel. Als die musikalische Unterhaltung beendigt war, machte er ihn darauf aufmerksam, wie viele Schwierigkeiten am folgenden Tage, einem Sonntage, sich der Ausführung ihres Planes, entgegenstellen könnten, und bewog ihn, sich zu dem unglücklichen Gange zu entschließen. Markmann aß nun mit seinen Aeltern Abendbrot und begab sich dann, angeblich, weil er an Kopfweh und seit einigen Tagen auch an Magenschmerz litt, schon um 7 Uhr zu Bette. Zwei Stunden später gingen auch der Candidat Rhode, Markmann's jüngerer Bruder und ein Sohn seines Oheims schlafen. Sobald diese entschlummert zu sein schienen, verließ Markmann das Gemach und kam auf dieselbe Art, wie am vorigen Abende, aus dem Hause. Sein Genosse harrte seiner im Stalle und gab ihm das von ihm versteckte Beil und das geladene Pistol; Markmann legte beides in die Jägertasche, welche er umhing; daß er sich auch mit einer geladenen Flinte bewaffnete, geschah, seiner Versicherung nach, nur, weil er nicht füglich und ohne Aufsehen zu erregen, glaubte, mit der Tasche allein gehen zu können.

Es war schon ein später Winterabend, das Licht brannte in der Wohnstube, die zugleich Schlafstube der Familie war, und die Ehefrau des Bauern Bau, seine älteste Tochter, sein Enkel, der als Pferdejunge bei ihm diente, und seines Bruders Sohn, der Unterpächter Bau, saßen noch zusammen um den warmen Ofen, als man Fremde in die Flur eintreten hörte. Der eigene Knecht des Hauses führte den jungen Markmann und den Knecht Brand in die Stube. Er war ihnen auf dem Wege begegnet, indem sie angeblich im Forst umhergestrichen waren, um Holzfrevel zu verhüten oder auf Holzdefraudanten zu vigiliren. So spät der Besuch kam, so natürlich war er unter diesen Umständen. Die vom langen Umherstreifen in der winterlichen Haide Erkälteten wollten sich in der geheizten Stube einen Augenblick erwärmen, und wie sie schon früher gewohnt waren, ein trauliches Gespräch anknüpfen. Sie kamen bewaffnet, das war auch in der Art bei solchen nächtlichen Gängen. Zu fürchten war da nichts, indem man sie freundlich aufnahm und einlud, zu bleiben; sie waren gute, wohlbekannte Leute, sogar Befreundete aus der Nachbarschaft, und überdies fehlte es dem Hause nicht an Schutz. Zwar hatte der Sohn mit der jüngeren Tochter den Vater zur Hochzeit begleitet, aber außer den zwei rüstigen Bauerfrauen und dem Enkel Pferdejungen und dem Knecht, war noch der Neffe, der Unterpächter Bau, da, ein Mann von 38 Jahren, dem sein Oheim die Aufsicht über das Haus während seiner Abwesenheit übertragen hatte. Derselbe schlief mit Mutter und Tochter in einer Stube. Wer hätte da, wo fünf Personen, unter denen mehre wehrhafte, zusammen wohnten, an Gefahr denken sollen? Es wäre Tollkühnheit auch von zwei fremden Räubern gewesen, in ein so wohl behütetes Hauswesen einzudringen.

Markmann und Brand wurden daher sehr freundlich aufgenommen und in den geselligen Kreis gezogen. Man setzte ihnen Bier und Taback vor, und als sie, nachdem man eine Weile miteinander getrunken, geraucht und geplaudert, sich auf den Weg machen wollten, lud man sie freundlich ein, doch lieber die Nacht da zu bleiben und erst bei Tage sich auf den Rückweg zu machen.

Auch diese Herzlichkeit und Gastfreundschaft, mit der sie aufgenommen wurden, konnte sie in ihrem Entschlusse keinen Augenblick wankend machen. Besonders freundlich scheint die Tochter gegen die Gäste sich benommen zu haben; sie namentlich war es, die sie aufforderte, doch in der Winternacht nicht weiter zu gehen, sondern bei ihnen zu ruhen. Als man zwischen 10 und 11 zu Bette ging, war sie es, die Markmann zu seiner Bequemlichkeit noch ein Kopfkissen darreichte.

Nur der Knecht und der Dienstjunge gingen aus der gemeinsamen Wohn- und Schlafstube in ihre besondere Kammer. Alle Uebrigen blieben in jener. Die beiden Frauen waren in ihr Bette gestiegen. Markmann, Brand und der Unterpächter Bau theilten ein und dasselbe Lager; Bau als Wirth lag in der Mitte, Brand der Wand zunächst, Markmann nach der andern freien Seite zu.

Es mochte eine Viertelstunde vergangen sein, die Hausbewohner schienen fest zu schlafen, als Markmann sich aufrichtete, das Beil aus der Jagdtasche nahm, die er nicht von der Seite gelegt hatte und dem neben ihm schlafenden Bau zwei Hiebe mit dem Rücken des Neils auf den Kopf versetzte. Bau regte sich nicht, der Mörder hielt ihn für tödtlich getroffen.

»Nun auch die andern Beiden!« flüsterte Brand von drüben ihm zu, und Markmann schlich sich nach dem Bette. Vorn an lag die Mutter, hinten die Tochter. Seine Schläge hämmerten auf Beider Schädel nieder. Die Mutter schien sogleich todt oder doch besinnungslos, die Tochter richtete sich noch einmal auf und redete den Mörder an. Was sie gesprochen, wußte er, der einzige Zeuge, nicht mehr anzugeben. Er hob, so schnell er konnte, das Beil zum zweiten mal und verschloß der Unglücklichen den Mund auf immer.

Markmann und Brand hatten sich beim Niederlegen nur halb entkleidet. Brand scheint nur laugsam das Lager verlassen zu haben. Er hatte sich während der blutigen raschen That des Andern nur langsam angekleidet, und jetzt ermahnte er ihn im Angesicht der drei Leichen: nun müsse er noch den Knecht und den Pferdejungen tödten, denn in deren Schlafkammer läge das Geld. Markmann schritt mit dem Beil voran, Brand hinter ihm her, um auch hier nur der controlirende Teilnehmer zu sein. Dieser zweite und Doppelmord, mit demselben Werkzeuge vollbracht, ging ebenfalls rasch und ohne alle Störung vor sich. Nur als Brand glaubte, der Knecht sei nicht völlig getödtet und möchte sich doch noch rühren, entriß er Markmann das Beil und schlug ihm noch zwei oder drei mal über den Kopf.

Dann gingen die Mörder in die Wohnstube zurück, Brand zündete Licht an und leuchtete, während Markmann in der Tasche der Hausfrau nach dem Kofferschlüssel suchte. Auch hier und bei Eröffnung des Koffers ging alles leicht von statten, und die einzige Täuschung, welche sie erfuhren, war, daß sie, statt 10,000 bis 12,000 Thaler, auf die sie gehofft, höchstens 200 Thaler fanden.

Erst jetzt, nachdem alles über Erwarten geglückt war, überkam sie die Angst und Furcht vor der Entdeckung. Es scheint, daß sie vorher an nichts weiter, was nachher kommen könnte, gedacht hatten. Aber entdeckt durfte es nicht werden, und rasch waren sie zu einem andern Entschluß gekommen. In Markmann's Kopf war der Gedanke entsprungen und Brand gab seinen Beifall. Um das ganze Verbrechen in undurchdringliche Nacht zu verhüllen, mußte man die Leichen und die ganze Mordstätte vertilgen. Das Haus sollte in Flammen aufgehen.

Nachdem man einig war, meinte Markmann: Brand müsse nun auch etwas thun. Brand war auch willig und zündete zuerst das Stroh an, welches auf dem Hausflur vom Boden herabhing. Dann warf er das Licht in das Bett der ermordeten Frauen.

Die Flammen loderten schon auf und verbreiteten eine gräßliche Helle über die Mordstätte, als sie das Fenster öffneten, um zu entfliehen. Da schien es Brand, der sich noch einmal umwandte, als rege sich der erschlagene Bau noch auf seinem Lager. Er stieß den Andern an, er wies auf den sich bewegenden Körper, aber war es inneres Grauen, Entsetzen, Verhärtung oder Furcht, Markmann wollte nichts mehr sehen und nicht mehr an dem Orte weilen, wo die Flammen ihnen schon über die Häupter schlugen. Er sprang zum Fenster hinaus und der Knecht folgte ihm.

Alles das Entsetzliche war in Zeit von drei Viertelstunden geschehen. Das brennende Haus im Rücken, traten sie schon um ein Viertel nach 11 Uhr ihren Heimweg an. Weder die Schauer der Nacht noch die der That durchschütterten sie. Wie beide später bekannt, fühlten sie nur wenig Reue, und ihre Gedanken waren nur darauf gerichtet, wie sie unbemerkt sich wieder zu Hause, in Jägerhof, einschleichen möchten. Bei einer Wendung sahen sie das Bau'sche Gehöft in hellen Flammen. So war es ja gelungen, niemand konnte die That entdecken und es kam nur darauf an, daß sie sich zu Hause in ihrem Lager befanden, wenn etwa der Feuerlärm bis Jägerhof dringen sollte.

Vollen Laufs kamen sie dort an und trennten sich im Hofe. Brand behielt die Flinte und Jagdtasche an sich, um sie bis zum nächsten Morgen im Pferdestall zu verbergen. Markmann kletterte auf dieselbe Weise, wie er aus seiner Stube gekommen, wieder hinauf. Unter dem Dache verbarg er das Geld und schlich in die Schlafstube. Gerade als er sich ins Bett gelegt, erwachte der Candidat Rhode. Ohne etwas zu argwöhnen oder von seiner Entfernung etwas zu muthmaßen, fragte er ihn, ob er noch Kopfschmerzen habe? Er antwortete: Nein! und – schlief ein. Er schlief wirklich, aber mit welchen Träumen, wußte er nicht zu fagen. Doch als einige Zeit darauf Rhode, eines Bedürfnisses wegen, aufstand und an seinem Bette vorüberkam, fuhr er plötzlich auf und schrie: Wer da?

Aber er schlief wieder ein, und ruhig, wenigstens fest, bis am Morgen ein Bauer ins Haus gerannt kaitt, und die Hiobspost brachte: In Kühlenhagen ist Nachts das Bau'sche Haus mit allen Bewohnern abgebrannt. Man vermuthet, daß der junge Markmann und der Knecht Brand, die Abends dort einkehrten, auch mit verbrannt sind!

Der Schreck, welchen die Seinen vielleicht bei der ersten Nachricht empfanden, ging schnell vorüber, als Markmann lebendig unter ihnen stand. Aber sein und seines Genossen Schreck mußte ein Todesschreck sein. Also hatte alle ihre Vorsicht, ein fünffacher Mord und eine Brandstiftung ihnen nichts geholfen. Man wußte, daß sie am Abend dort gewesen und ein Zeuge und Ankläger ihrer Greuelthat lebte.

Der Unterpächter Bau war nämlich nicht erschlagen. Der Schlag hatte ihm nur die Besinnung und ein Auge geraubt. Als die Flammen um ihn prasselten und ihn zu einem thierischen Instinctleben erweckten, hatte er sich aus dem Hause gerettet. Ueber das Wie konnte er selbst keine Auskunft geben. Er mußte aus dem Fenster gesprungen sein, da die Thür scheint verschlossen gewesen zu sein; oder durch irgend eine andere unerklärliche Fügung war er den Flammen und dem Einsturz entkommen. Als er sich einigermaßen erholt, gab er auf die dringenden Fragen die Auskunft, die er wußte; und das Letzte, was er wußte, war, daß gestern spät Abends Markmann und Brand zum Besuch im Hause eingekehrt waren. Sie hatten ja neben ihm auf demselben Lager geschlafen. Sie hatten sich nicht gerettet, also mußten auch sie mit verbrannt sein; das war die nächste Vermuthung.

Aber sie waren nicht verbrannt, sie lebten wohl und gesund, sie waren in Jägerhof. Welch' eine Fabel sie ausgedacht, um ihren heimlichen Besuch, ihre Rückkehr zu rechtfertigen, oder ob man sie in der ersten Zeit noch gar nicht darüber zur Rede stellte, ist nicht klar ausgesprochen. Doch ein dringender Verdacht, bis jetzt nur in Blicken, in stillem Gemurmel geäußert, entstand gegen sie.

Ihr Benehmen war indeß von einer Art, welche ihn für's erste zurückhalten konnte. Beide Jünglinge benahmen sich mit einer ungemeinen Ruhe. Woher sollten Verbrecher, die es zum ersten male waren, auf deren Gewissen eine solche That lastete, die Kraft einer solchen Verstellung haben? Markmann zeigte Mitleid bei der Nachricht von dem armen, verwundeten Bau, er trug Sorge für seine Heilung und Herstellung, und am Tage nach seiner Mordthat trug er kein Bedenken, als Pathe eines Täuflings in die Kirche zu treten, und kein Zittern, als er das Kind selbst über das Taufbecken hielt, verrieth den von Entsetzen und Gewissensangst gepeitschten Mörder.

Inzwischen erholte sich Bau. Immer mehr und mehr erhöhte seine Erzählung von dem Vorangegangenen den Verdacht gegen die beiden jungen Leute aus dem Jägerhof. Man hatte die Gerippe der vier Verbrannten sorgfältig aus dem Schutt hervorgezogen, und ein mit großer Umsicht und Sorgfalt verfaßter Bericht des Arztes machte es höchst wahrscheinlich, daß alle Vier vorher am Kopf gefährlich verletzt und dadurch zur Flucht unfähig gemacht worden. Jetzt hielten die Gerichte sich für berechtigt, die Verdächtigen gefangen zu setzen.

Beide leugneten Anfangs jede Wissenschaft von dem Vorfalle. Auch wollten sie jetzt von einem Besuche an dem Abende in Kühlenhagen nichts wissen; es müsse eine Fieberphantasie des kranken Bau sein. Aber die Macht der Wahrheit war zu stark. Sie schwankten, Brand verrieth sich zuerst gegen einen Mitgefangenen, der es für Pflicht hielt, davon Anzeige zu machen. Vorgefordert, dieselbe Aussage auch vor dem Richter zu wiederholen, schien er betroffen und fast zum Sprechen geneigt, als ihm ein erster Gewissensscrupel kam, der Eid, den er seinem Genossen geleistet. Als er über die Richtigkeit dieses Eides belehrt war, legte er ein vollständiges Bekenntniß ab. Nun konnte auch Markmann nicht mehr leugnen, und aus beider Geständnissen entstand die vollkommene Wissenschaft von der verübten That, wie sie oben erzählt ist.

Unser Mitherausgeber, Hitzig, sah im Frühjahre 1816 den Verbrecher Markmann in seinem Kerker zu Greifswalde. Er schien aus einem dumpfen Hinbrüten zu erwachen, als er den fremden Mann eintreten sah, sprang vom Boden auf, auf dem er bis da ausgestreckt gelegen, und ließ sich auf Hitzig's Fragen in Antworten und ein Gespräch ein, ohne doch für den Psychologen irgend etwas besonders Bemerkenswerthes darzubieten.

Die Liebe zum Leben trieb Markmann sowol als Brand zum Widerruf, bei welchem beide hartnäckig verblieben. Beide aber konnten nichts anführen, was diesen Widerruf motivirte, was ihre anderweitige Darstellung nur einigermaßen glaubwürdig machte. Die Ermittelung aller Thatsachen stimmte zu sehr mit ihrem ersten Bekenntniß. Sie erreichten indeß durch ihren Widerruf die Verzögerung ihres Processes und den Aufschub der letzten Strafe. Und fast noch mehr. Markmann hatte im Jahre 1817 einen ersten Fluchtversuch gemacht, der aber mislang. Ihr Untersuchungsproceß verschleppte sich bis ins Jahr 1822, und 1820 gelang es ihm, mit Brand und noch zwei andern Verbrechen auszubrechen und zu entfliehen. Aber schon am ersten Tage ihrer Flucht fühlten sie so ganz ihre Verlassenheit und Hülflosigkeit und, an einem glücklichen Fortkommen verzweifelnd, kehrten sie noch am Abend desselben Tages zurück und lieferten sich selbst der Obrigkeit wieder in die Hände.

Das Hofgericht zu Greifswalde verurtheilte sie, ihres Leugnens ungeachtet, Markmann durch das Rad von oben vom Leben zum Tode, Brand durch das Beil hingerichtet zu werden. Sie hatten Beide dem Wahn Raum gegeben, wenn sie nur beharrlich leugneten, könnte wenigstens die Todesstrafe an ihnen nicht vollzogen werden. Noch immer dieser Hoffnung Raum gebend, hatten sie appellirt, als inzwischen jener zweite Fluchtversuch von beiden gewagt und freiwillig wieder aufgegeben ward. Ehe das Erkenntnis letzter Instanz, welches das erste Urtheil vollkommen bestätigte, eintraf, machten beide, Markmann einen dritten, Brand einen zweiten Fluchtversuch. Jener ward verhindert, Brand aber entkam, und alle Nachforschungen nach ihm waren vergebens; man fand selbst keine Spur von ihm und muß annehmen, daß, wenn nicht durch Zufall, er durch einen Selbstmord seinem Dasein ein Ende gemacht hat.

Am 20. Mai 1822, also sieben Jahre nach der That, ward das Strafurtheil an Johann Christian Friedrich Markmann, an dem Orte, wo er sein Verbrechen verübt, vollzogen. Er verblieb bis auf den letzten Augenblick bei seinem Widerrufe, seine Unschuld betheuernd. Der Geistliche trug daher Bedenken, einem so unbußfertigen Sünder das Abendmahl zu reichen, und entschloß sich erst dazu am Tage vor der Hinrichtung auf den ausdrücklichen Befehl des Consistoriums.


Es hält schwer, eine Aehnlichkeit zwischen dem Verbrechen des ältern Markmann und dem des jüngern festzustellen, obgleich das Gesetz Beide unter eine Kategorie bringt. Unbedenklich erscheint jene frühere That schauerlicher, roher, das Gefühl verletzender. Die raubmörderische Absicht ist voraus zum vollen Bewußtsein gekommen, der Raub- und Mordplan völlig entworfen, es geht eine Verabredung, ein Pact, eine Verschwörung mit einem andern ruchlosen Menschen voraus. Das heilige Gastrecht, welches doch gerade auf rohe Gemüther einen so wunderbaren Einfluß hat, ist auf die abscheulichste Weise verletzt, die zuvorkommende Güte der armen Bau'schen Familienmitglieder wird durch den grausamsten Undank belohnt. Wie ein Cannibale erscheint Christian Markmann, der mit derselben Axt fünf unschuldige, schlafende Menschen, seine Wohlthäter, nacheinander kaltblütig abgeschlachtet, ohne nur einen Augenblick vor oder nach der That einer menschlichen Regung Raum gegeben zu haben. Und er war um drei Jahre älter als sein Bruder, er hatte einen wissenschaftlichen Unterricht empfangen, er war Student gewesen! Und wie er mit kaltem, ruchlosem Vorbedacht an die That ging, so blieb das Ungeheuer nachher reuelos und vegetirte in seinem siebenjährigen Gefängniß mit keinen andern Gedanken und Empfindungen fort, als der thierischen Liebe zum Leben, für die er frech log, heuchelte oder eiserne Stäbe durchbrach. Die Kerkerqual scheint ihm nicht für einen Augenblick den Gedanken der Sehnsucht nach der Erlösung durch einen büßenden Tod eingegeben zu haben.

Alles verhält sich anders beim jüngeren Bruder; keine lasterhafte Gewöhnung, die ihn taub machte gegen die Stimme des Gewissens, ist vorangegangen. Es ist eine dämonische Aufwallung, die ihn überkommt, die er noch zu bewältigen sucht, die aber ihn bewältigt... Nicht im Schlaf erschlägt er das erste Opfer; es steht wachend, kämpfend ihm gegenüber. Möglich, ob es gleich nirgend ausgesprochen, daß er an eine Art Gottesurtheil gedacht, als er das Scherzgefecht anfing. Wenn der Lange gesiegt hätte, würde er ihn nicht erschlagen haben. Er übergab sich dem Fatum, wie viele Verbrecher; nicht daß das seine Straffälligkeit minderte, aber es zeichnet ihn doch als einen Verbrecher, der auf einer sittlich höheren Stufe als jener Student steht, welcher den Schlaf seiner Opfer abwartet, um des Beistandes seines Verführers und Helfershelfers gewiß, ihnen heimtückisch die Hirnschale einzuschlagen. So steht er auch nach der That ganz anders. Er übertäubt sein Gewissen durch den Trunk; zu den Leichen geführt, heuchelt er nicht Theilnahme, und von dem Augenblick an, wo seine innere Rührung ihn zum Bekennen treibt, ist es ein volles, aufrichtiges Bekenntniß, ohne Widerruf, ohne Schönthuerei. Die in ihm nagende Schuld macht sich nicht breit in Phrasen wie Elicabide; sie spricht sich in solchen stummen Zeichen aus, welche die tiefste, innere Zerknirschung bekunden. Ein Naturmensch, der einmal vom Dämon sich hinreißen ließ und nun, ganz durchdrungen von der Ueberzeugung, daß die That sich nimmer wieder gut machen lasse, in männlicher Entschlossenheit ihren Folgen entgegensieht, sich selbst treu bleibend ohne Abweichung, ohne nur einen Versuch zu machen, das unabwendbare Schicksal zu beugen.

Die Aehnlichkeit beider scheint nur darin, daß sie in der Mordwuth sich nicht mit einem Opfer begnügten, sondern in einem Athem mehre niederschlugen, daß sie nicht mit Feuerwaffen oder scharfem Stahl, sondern mit keulenartigen Instrumenten auf ihre Opfer losfielen und ihnen die Schädel einschlugen, und endlich, daß beide Mörder die Musik trieben und liebten, und beide das sanfte Instrument der Flöte den andern lärmenden vorzogen.

An dem 20. Mai, als Christian Markmann auf dem Rade endete, ging Gustav Markmann's Lehrer mit seinem 15jährigen Schüler über Land – aus Schonung für des Knaben Gefühle. Er sollte nichts von dem Hinausströmen der Neugierigen sehen, nichts von der Volksstimmung und dem Geräusch der Hinrichtung hören.

Welche Gedanken und Empfindungen damals in der Seele Gustav's arbeiteten, wir wissen es nicht; wir wissen auch nicht, ob er schon damals dem Spiel und Trunk sich ergeben hatte. Daß der Tag von Eindruck auf ihn gewesen, wer mag es sich abstreiten! Nicht der Richter, aber der Psycholog, oder, wenn man will, der Dichter mag sich hier in Schlüssen ergehen über die Macht der Sympathie. Dachte er sich auf einen Augenblick in die Stelle des unglückseligen Bruders, wucherte der Gedanke unheimlich, dämonisch in ihm fort? Wenn ihm das begegnet, warum dir nicht auch? Die Uebergangspuncte, die geheimen Fäden, wie diese Stimmungen von Individuen zu Individuen, von ganzen Classen wieder auf Classen sich fortpflanzen, die nervösen Dröhnungen, die Fluida, die im Gebiet des psychischen Lebens solche Übereinstimmungen der Empfindungen, Gedanken, Werke und Thaten hervorgebracht, die wir Wunder nennen, sind uns noch immer mit dem Schleier des Geheimnisses bedeckt. Nicht weil der Bruder es gewesen, mußte auch er ein Raubmörder werden; aber der Stachel, der Reiz, das Grauen war in seine Seele geimpft, und sie wurden mächtiger als die Abschreckung.

Wahrscheinlich hatte auch der Bruder mit Spiel und Trunk angefangen und hatte es nicht lassen können. Wenn der jüngere Markmann damals auch schon spielte und trank, was Wunder, wenn ihm zuweilen das Ende des Bruders vorschwebte? Auch auf dem Rabenstein und auch um Raub und Mord! Die Phantasie wird mächtig, wenn die Leidenschaften in der Seele schon Grund und Boden gefunden. Sie wühlt aus der unbekannten Tiefe herauf, sie ist scharfsinnig in Vergleichungen, die jedem andern Blicke entgehen. Der Bruder liebte wie du die Flöte, wie du fing er mit dem Spiele an, wie du übte, that, unterließ er dies und das. Sie hatten beide einen strengen, heftigen Vater, der sich in der Wuth selbst nicht kannte. Wie oft mochte der Jüngere Zeuge bei Scenen gewesen sein, wo der Vater jenem fluchte, ihm ein böses Ende voraussagte: Du wirst noch am Rabenstein enden! In den untern Classen sind Drohungen der Art nicht selten. Und nun hatte sich die Drohung wunderbar erfüllt. Und hätte der jüngere Markmann dem Vater niemals Anlaß zu ähnlichen Aüfwallungen gegeben? Anführungen in jenem Briefe bestätigen uns, daß Gustav sich für zurückgesetzt, verabscheut hielt, aus welchem Grunde wissen wir nicht; aber ist es eine zu kühne Conjectur, zu vermuthen, daß der Vater, aufgebracht über sein frühes Spielen, Trinken, Schuldenmachen, die Faust gegen ihn erhoben und gedroht haben sollte: Bube, du wirst es so weit bringen wie dein Bruder! – Auf dem verborgenen Seelenspiegel, der uns unbewußt auch den Schatten des Hauches auffängt, der einmal an uns vorüberstreifte, setzte diese Vorstellung an, und in finstern, aufgeregten Augenblicken trat sie dunkel, drohend aus ihrem Hintergrunde hervor: Du wirst es so weit bringen wie dein Bruder – du mußt es so weit bringen – du kannst dem gar nicht entgehen, du bist dazu prädestinirt. Faßt diese Vorstellung erst in der Seele Wurzel, und Religion, Wissenschaft, ernste Bildung bieten keine Waffen dagegen, so ist das Fatum schon halb erfüllt. Ich sah mehr als einen jungen Mann an dieser Vorstellung untergehen; es ist so bequem für den, den die Spannkraft der Seele schon verlassen hat, sich in der Idee gehen zu lassen, daß nichts mehr ihm hilft, daß alle Anstrengung vergeblich ist; warum dann noch vor dem gewissen Untergange sich quälen und peinigen? So verfallen, wie viel Hunderte, wie viel Tausende in jedem Jahre der Faulheit, Lüderlichkeit, dem Trunk und den Lastern, die zu Verbrechen werden. Sie haben wenigstens in ihrer Illusion die Beschuldigung von sich abgewälzt auf das unabwendbare Geschick.

So konnte Gustav Markmann zum Räuber und Mörder werden. Eine Kette von Schlüssen, wo viele wichtige Ringe uns fehlen, die uns aber zum Theil durch ein wichtiges Schlußglied bestätigt wird, welches, nicht in den Acten enthalten, durch gütige Vermittelung zufällig in unsere Hände gerieth.

Der Verbrecher hatte sich dem geistlichen Troste nicht verschlossen. Im Gegentheil finden wir in den Acten einzelne Registraturen, daß man ihn mit geistlichen Büchern beschäftigt gefunden, was zu jener Zeit sogar Anlaß zu Beschwerden, wenigstens zur Anfrage Seitens eines jetzt verstorbenen Prinzen gab, welcher, obwol dem Hofe und der Person König Friedrich Wilhelm III. sehr nahe stehend, doch in seinem Leben dem pietistischen Tractatenwesen für keineswegs geneigt angesehen wurde. Der Richter mußte sich sogar darüber rechtfertigen, weil er es zugelassen, daß einem gefangenen Soldaten Lecture der Art verabreicht worden. So schroffe Gegensätze folgen sich oft in Monarchien und Ministerien. Gewiß ist, daß es später dem Garnisonprediger Ziehe unschwer geworden, im Verbrecher die tiefste religiöse Reue zu erwecken. Derselbe konnte den Bekehrten aber nicht selbst auf seinem letzten Wege begleiten, indem Markmann, nachher Ausstoßung aus dem Soldatenstande, zur Vollstreckung der Execution nach der Festung Küstrin transportirt wurde.

Der dasige Oberprediger fand den Verbrecher so wie sein Amtsbruder in Berlin ihm denselben geschildert hatte, ruhig und nach wie vor erklärend, daß er die Strafe leiden müsse, weil er sie verdient habe. Am Sonntag Abend vor seiner Hinrichtung übergab er dem Oberprediger ein längeres Schreiben, welches, im Gefängnisse von ihm aufgesetzt, ein offenes Geständniß seiner Vergehungen enthalte. Er bat denselben, es nach seinem Tode dem Garnisonprediger Ziehe in Berlin, welcher ihm zuerst persönlich mit christlichem Troste beigesprungen, zu übersenden.

Dieses merkwürdige Schreiben lautet wörtlich:


Cüstrin, den 18. Februar 1826.

Lieber Herr Prediger!

Der Augenblick naht heran, wo ich für mein Verbrechen gestraft werde, doch ehe ich aus der Welt gehe, will ich noch ein reines Bekenntniß meiner Schuld ablegen, und Ihnen mein Herz, wie es ist, offen darlegen. Schon längst hätte ich es gethan, doch der Gedanke, daß ich meinen Aeltern und übrigen Geschwistern dadurch ihr übriges Leben verbittern, und ihre Freunde von ihnen verscheuchen würde, hat mich abgehalten; doch ich denke an die Worte, die Sie mir ins Herz geprägt haben, wer sein Verbrechen bekennt und bereut, wird Vergebung seiner Sünden von Gott erlangen. Ich will von meinem Gewissen keinen Vorwurf, ich will frei aus der Welt gehen; obgleich die Menschen, die mich bedauern, ihr Mitleid in Abscheu verwandeln werden, so soll mich doch solches nicht abhalten, mich der Welt in dem Lichte vorzustellen, der ich wirklich bin. Hören Sie also: Meine Lieblingsbeschäftigung war die Jagd und mein einziges Vergnügen so viel Thiere, als ich nur erreichen konnte, nieder zu machen; doch manchmal siegte ein besseres Gefühl über mein blutdürstiges Herz und zwang mich beim Anblick und Schmerz der Thiere, die ich mit der größten Wuth verfolgt und die durch mein Geschoß blutig und zappelnd zu meinen Füßen fielen, Thränen zu vergießen; o wenn doch in solchem Augenblick Sie mir erschienen wären, ich könnte jetzt noch heiter und schuldlos unter den Menschen wandeln. Ich konnte hingegen andere male ganz fürchterlich werden, eine ordentliche Wuth mit der Angst, als wenn ich ein großes Verbrechen begangen hätte, überfiel mich, wenn ich manchmal einige Stunden durch Feld und Wald gestreift war, und sich nichts zeigte, was meine Begierde nach Blut gestillt hätte. Als ich in meinem 14. Jahre nach Wolgast, bei dem Stadtmusikus Pilz, in die Musiklehre kam, setzte ich mein Vergnügen eifriger als je fort. Alle Stunden, die mein Prinzipal zu unserer Erholung gab, widmete ich der Jagd. Die Sonn- und Feiertage, wenn es mein Prinzipal nur irgend erlaubte, und wenn es die schlechteste Witterung war, benutzte ich zu meinem schändlichen Vergnügen, mir war nicht wohler, als wenn ich mit dem Schießgewehr die Fluren durchstreifte, besonders war mein liebster Aufenthalt ein kleiner Tannenwald, der nahe bei der Stadt lag, und wo sich die Einwohner des Städtchens im Sommer belustigten. Hier hatte ich die Vögel und andere Thiere bald so sehr ausgerottet, baß sich mehrere Bürger darüber beschwerten. Oft nahm ich Bücher mit, deren Inhalt fast nichts als Räubergeschichten waren, die ich so viel als möglich aufzutreiben suchte und die ich mit dem größten Vergnügen las; oft keimte der frevelhafte Wunsch in mir auf, daß sich doch Gelegenheit bieten möchte ordentlicher Räuber zu werden. Meine Kameraden hatten mir scherzweise den Namen »Schinderhannes« gegeben, weil sie meinen Hang Thiere zu tödten kannten. Eines Tages, nachdem ich in der größten Hitze den Wald durchstrichen hatte, und nichts auffinden konnte, was meinen Blutdurst befriedigte, kam ich ganz rasend am Ausgang des Waldes, wo die Landstraße vorbeigeht. Eine arme alte Frau, die Weißbrot auf dem Lande herumtrug, kam allein gegangen, ein furchtbares Gefühl ward in mir rege, die arme alte Frau zu erschießen, war bei mir beschlossen, der Schweiß brach mir aus allen Poren, lauernd hatte ich mich am Wege im Gebüsch versteckt, und wartete, daß meine Beute sich mir nähern sollte, doch – der gütige Gott wollte nicht, daß ich schon so früh fallen sollte, ein kleiner Vogel setzte sich vor mir auf einen Baum, kaum erblickte ich ihn, als ich mein Geschoß, gleichviel wen ich träfe, auf den Vogel entladete, welcher auch sogleich zerrissen zu meinen Füßen stürzte, ich steckte das arme Thier ein und ging jetzt ruhiger zu Hause. Späterhin kriegte mein Prinzipal die Besorgung der Musik im Bade zu Putbus auf der Insel Rügen, wir gingen dahin ab. Hier, wo ich meine Jagdlust nicht so befriedigen konnte, fing an ein fürchterliches Gefühl alle bessere Regungen meines Herzens zu besiegen, tausendmal durchstrich ich in dem Dunkel der Nacht den Park des fürstlichen Schlosses, aber ohne Erfolg Böses zu vollbringen. Eines Abends war ich mit dem Musikgehülfen Namens Beyer, welcher bei meinem Prinzipal in Kondition stand und gegenwärtig in Wolgast lebt, zum Besuch der Schauspieler Namens Linke, Heyne und Pauly. Nachdem wir uns einige Zeit unterhalten hatten, bemerkte ich einen kleinen Hammer von Eisen, den ich absichtslos zu mir steckte. Wir beide gingen gleich darauf im Dunkeln den Weg durch den Park, um uns zu Hause zu begeben, aber in dem Augenblick konnte ich mich nicht länger mäßigen. Ich konnte das Gefühl, das sich meines Herzens bemeistert hatte, nicht länger unterdrücken, ich konnte nicht schweigen, eine schreckliche Angst befiel mich, ich brach gegen den Musicus in die Worte aus, hier haben Sie den Hammer, den ersten besten, den wir treffen, wollen wir erschlagen, ich suchte ihm begreiflich zu machen, welche Beute er vielleicht erhalten würde, aber mit den Worten: dafür bewahre uns Gott, gab er mir seinen Entschluß zu erkennen, aber ich konnte meinen schrecklichen Blutdurst nicht überwinden und schon war ich entschlossen, meinem Kameraden einige tödtende Schläge zu versetzen, aber in dem Augenblick begegneten uns Badegäste, und er war gerettet.

Oft, wenn ich einsam mein Leben und über mein Betragen nachdachte, schauderte ich zurück, aber in dem Augenblick, wo sich meine schreckliche Leidenschaft an zu regen fing, waren alle guten Entschlüsse aus meinem Herzen verbannt, es kam mir in den schrecklichen Augenblicken vor, als wenn es gar keine Sünde wäre, als wenn es mein Beruf wäre, ich fühlte mich dazu hingezogen. Nachdem wir von Putbus wieder abgingen, kam ich gleich darauf nach Berlin, wo ich wie Sie wissen als Janitschar beim zweiten Garde-Regiment angagirt wurde. Hier übertäubten mich anfangs die Zerstreuungen der Residenz, nach und nach fing meine fürchterliche Leidenschaft, die ich schon besiegt zu haben glaubte, wieder an zu keimen. Da ich meine Jagdlust hier nicht befriedigen konnte, so war mein tägliches Geschäft Räubergeschichten zu lesen und des Abends die Straßen zu durchstreichen.

Mein Zusammentreffen mit den beiden Unglücklichen und das darauf folgende Verbrechen kennen Sie aus den Acten, nur mit dem Umstande, daß nicht dringende Geldverlegenheit, sondern schändliche Mordlust mich dazu bewog. Es war bei mir beschlossen, die Unglücklichen aus der Welt zu schaffen, ja ich wußte sogar, daß die Unglücklichen fast gar kein Geld bei sich hatten. Nachdem ich die schändliche That, unter den Umständen, die Ihnen bekannt sind, verübt hatte, verbreitete sich nicht eine angstvolle Unruhe, – nein eine fürchterliche Ruhe verbreitete sich über mein ganzes Wesen, es war mir als wenn ich etwas Gutes gethan hätte. Dieses alles hätte ich sollen in meinem Verhöre sagen, aber sie wissen unter welchen Ursachen ich es nicht gethan habe.

Jetzt habe ich noch eine Bitte, ich wünschte, daß ohne Kränkung meiner Aeltern und Geschwister, eine Aufsicht über das Betragen der letztern gesetzt würde, obgleich ich sie alle schuldlos und brav weiß, so glaube ich doch, daß ich meine Schuldigkeit gethan habe, um Unglück unter andern Menschen sowohl als unter meiner Familie zu verhüten. Jetzt bin ich fertig, mein Geständniß ist für mich entehrend, aber mir ist jetzt leicht, ich bin ruhig, nochmals dank ich für Ihren gütigen, mir so lehrreichen Zuspruch. Verachten Sie mich nicht, sondern beten Sie für mich. Sie verzeihen, lieber guter Herr Prediger, darauf, und daß Gott mir verzeihen wird sterbe ich, meine schreckliche Todesart wird dadurch geschwächt und mir weniger fürchterlich werden, daß ich bedenke, daß Jesus Christus für mich gestorben ist. Mit Hülfe des Herrn Oberprediger Dittmar, der so ganz in mein Herz spricht, bereite ich mich zum Tode. Leben Sie wohl lieber Herr Prediger, schenken Sie mir eine mitleidige Thräne, nachdem Sie dieses gelesen haben bin ich nicht mehr, Gott sey mir gnädig in Ewigkeit Amen.

Gustav Markmann.


Obgleich die Orthographie und in manchen Puncten auch die Stilistik einen Zweifel an der Echtheit des Schreibens im ersten Augenblicke aufkommen ließen (es ist uns nur in Abschrift zu Händen gekommen), weil die eigenhändigen Briefe Markmann's, die in den Acten enthalten sind, in beiden Beziehungen ihn nicht als einen so fertigen Briefschreiber darstellen, so sind dieselben doch wieder ganz beseitigt, sowol in Bezug auf die Quelle, aus der das Schreiben uns zuging, als auch aus der innern Verwandtschaft des Styls in beiden, die bei näherer Vergleichung nicht entgehen kann. Im Aeußern mag bei der Abschrift etwas geputzt sein; sonst kann man annehmen, daß der Verbrecher durch den Ernst des Gefängnisses und der Todesnähe und nach den mannichfachen Gesprächen mit den Geistlichen seine Gedanken fester zusammengenommen und ihnen einen gebildetern Ausdruck zu geben erlernt hat, als in jenen frühern Briefen an die Geschwister und Aeltern, die im Geräusch der Casernen eilfertig geschrieben, nur über Gewöhnliches, was nicht aus dem Herzen kam, berichteten.

Dies also Gustav Markmann's wahres Bekenntniß: nicht um des Geldes willen, sondern aus – wie er sagt – angeborener Blutgier hat er die Kameraden umgebracht. Mag der geistliche Einfluß auch bedeutend auf ihn gewesen sein, so haben wir doch keinen Grund, anzunehmen, daß derselbe ihn zu einem mystischen Visionair gemacht; im Gegentheil erscheint er auch in diesem Bekenntniß so klar und besonnen als während der ganzen Untersuchung. Es fällt ihm auch nicht ein, sich etwa bitter über ein Geschick zu beklagen, das eine solche unglückselige Natur ihm eingeimpft; er begnügt sich nur damit, einzugestehen, daß es so ist. Und es geschieht nicht etwa, um sein Loos zu bessern, um der Möglichkeit willen, eine Strafminderung damit zu erzielen, es soll es ja Niemand vor seinem Tode erfahren, und er bekennt nur und allein, um, was ihm auf dem Gewissen so schwer lastet, vor seinem letzten Gange auszuschütten. Das Geständniß ist zugleich durch Angabe detaillirter Umstände so motivirt, daß die Vorstellung einer neuen Lüge vor dem Tode dadurch beseitigt wird.

Wie erscheint er und seine That uns dann, wir meinen vor dem moralischen Richterstuhl, denn vor dem weltlichen Richter war seine Sache abgethan? – Was wir zwischen den Acten über das Motiv der That lasen, ist plötzlich gerechtfertigt. Es war nicht des Geldes willen, daß er mordete. Er spricht vom unbesiegbaren Einfluß einer blutdürstigen Manie, die ihn zum Thiere erniedrigt. War es eine wirkliche Manie? War sie ihm angeboren? Wann zeigte sie sich zuerst? Welchen Einfluß hatte Verbrechen und Tod seines Bruders darauf geübt? Welchen seine Erziehung, der heftige Vater? Hatte er und welche Mittel angewandt, sie zu bekämpfen? Ueber alle diese Fragen bleibt uns der Todte die Antwort schuldig. Wenn der Durst nach Blut ihm angeboren war, so ist damit jene Kette von Schlüssen, die wir versucht, zerrissen, es bleibt nichts stehen als ein nacktes, uns unerklärbares Problem, ein Räthsel der Natur; ein Etwas, dessen Möglichkeit wir nicht bestreiten wollen, an das zu zweifeln uns aber eine heilige Pflicht, eine Aufgabe der Gesittung, der Wissenschaft, der Religion scheint, deren gemeinsame Aufgabe es ist, den Menschen von diesen dämonischen Einflüssen frei zu machen, zu erlösen, mit allen Mitteln, die ihnen zu Gebote stehen, bis zu dem, jene dämonische Macht selbst in Abrede zu stellen. Einen Fingerzeig weist uns dieses merkwürdige Geständniß selbst. Es räumt wenigstens ein, daß sein Durst nach Blut durch die Beschäftigung mit der Jagd genährt worden. Wie hat er sich alsdann früher gezeigt? Hat das Kind vielleicht schon der Mutter in die Brust zu beißen versucht? Hat es Freude gezeigt, wo es zuerst Blut fließen sah? Hat es mit der Zunge danach geleckt? Sah der Knabe dem Schlachten der Thiere mit Vergnügen zu? Durchzückte ihn ein wollüstiger Trieb, wenn der Blutstrom aus dem Halse strömte? Oder erzeugte sich vielleicht zuerst die dämonsche Lust in ihm, als er das erste Thier des Waldes von seinem Schusse fallen sah? Oder vielleicht erst bei den dritten, vierten Opfern? Und hat denn nicht doch vielleicht der fünffache Mord seines Bruders auf den achtjährigen Knaben wunderbare Einflüsse geübt? Erwachte nicht da vielleicht erst der Trieb in ihm und gährte, bis des Bruders Hinrichtung den Funken zu einem stillen Feuer anfachte? Etwas, eine Negative, bleibt beachtenswert, und hätte dem Psychologen möglicherweise einen Wink gegeben. Wohl ist in den Acten von seiner Neigung zu Trunk und Spiel die Rede; aber nirgends ist weder darin, noch in seinen schriftlichen Mittheilungen nur eine Spur angedeutet, daß auch der Geschlechtstrieb in ihm erwacht wäre. Wollust und Blutdurst sind sonst verwandte Erscheinungen.

Neben diesem großen Räthsel macht sich eine andere auf den ersten Blick räthselhafte Erscheinung geltend. Es liegt in der kranken Sitte, daß der Mensch vor den Leuten lieber für schlecht als für dumm gilt. Es gehört eine hohe Gemüthsweihe dazu, eine tiefe, ernste sittliche Durchbildung, diesem Hange zu widerstreben. In der Verbrechermoral finden wir etwas damit Verwandtes. Nicht Franz Moor allein rühmt sich in der Todesangst vor seinem Schöpfer, daß er sich von kleinen, gemeinen Verbrechen frei wisse. Auch andere wirkliche große Verbrecher haben lieber eine Blutschuld auf sich genommen, als ein kleines entehrendes Verbrechen eingestanden. Und selbst in dem großen Proceß der Lafarge stoßen wir auf etwas Verwandtes. Zwar vertheidigte sie sich auch gegen die Anschuldigung des Giftmordes mit der ganzen Energie ihres erfindungsreichen Geistes, aber am tiefsten kränkend für sie war die Anschuldigung des Diebstahls. Und die pariser Welt stand auf demselben Standpunkte. Daß eine schöne, junge, interessante, geistreiche Frau sich eines ihr widerwärtigen Mannes durch Gift entledigte, war zwar ein Verbrechen, aber es war ein großartiges Verbrechen mit pikanten Seiten; man konnte die Frau verabscheuen, aber man brauchte sie darum nicht zu verachten. Aber die Frau, welche die Diamanten ihrer Freundin gestohlen hatte, war eine verächtliche, gemeine Diebin, ausgestoßen für immer, und der Theilnahme der feinen Welt nicht mehr würdig.

Anders Markmann, dessen ursprünglich gesunde Natur sich auch darin kundgibt. Das natürliche Gefühl der unaussprechlichen Scham über seine thierische Verirrung ist mächtig in ihm geworden. Er kann es nicht aus sittlicher Scham übers Herz bringen, während er noch lebt, vor dem Auge seines Richters, zu bekennen, daß er kein Mensch, daß er ein Thier war. Er hat geraubt, wie Elicabide geraubt hat, weil der Raub ihm gelegentlich kam, weil er nicht seelenstark genug war, den Vortheil, der sich ihm augenblicklich darbot, zu verschmähen, weil die Sache ihm so höchst unbedeutend schien im Vergleich zu der gräßlichen That, von der seine Hände eben bluteten. Es war ein Tropfen über dem Durst. Er ließ sich verdammen als ein Raubmörder, um nicht zu bekennen, daß er ein Cannibale war.


Der Geistliche in Küstrin hatte ihm am Tage darauf, Montag am 20. Februar 1826, das Abendmahl gereicht, worauf er selbst gedrungen und wobei er die tiefste Rührung zeigte. Noch am Abende dieses Tages kam der Gouvernementsauditeur zu dem Oberprediger, da er durch die Wache erfahren, daß der Verurtheilte ihm ein Schreiben eingehändigt. Der Geistliche glaubte nicht gegen seine Pflicht zu verstoßen, wenn er das ihm offen übergebene Schreiben dem Beamten mittheilte, zumal da auch Markmann selbst erklärt hatte, ihm liege jetzt, d.h. so nahe vor seinem Tode – die Hinrichtung war auf den andern Morgen angesetzt – nichts mehr daran, wenn seine Geständnisse bekannt würden.

Dieser Gerichtsbeamte war von dem Geständniß überrascht und der Meinung, es könne eine Wandelung im Schicksale des Unglücklichen veranlassen. Er drang darauf, daß es sofort dem Commandanten der Festung zugesandt werde; er glaube, daß derselbe sich dadurch bewogen finden könne, die Vollstreckung des Urtheils auszusetzen, und zuvor nach Berlin darüber zu berichten.

Der Geistliche, Oberprediger Dittmarsch, begab sich selbst zum Commandanten, Oberst von Bülow, einem bewährten Militär (derselbe, welcher sich in neuester Zeit durch kecke Streifzüge mit der Feder im Dienst des Rationalismus gegen Jesuitismus und Gewissenszwang bekannt gemacht hat), und theilte ihm das Schreiben mit. Der Militair aber erklärte nach aufmerksamer Durchlesung: daß er darin weder einen Grund zum Aufschub der Hinrichtung noch zur Begnadigung finde. Das einzige Beachtenswerthe darin sei die Aufforderung des Verurtheilten, daß das Betragen seiner Geschwister unter Aufsicht gestellt werde. Dies möge durch den Geistlichen, an welchen der Brief gerichtet, bei der Regierung bewirkt werden.

Wir glauben, daß der Festungscommandant nur im Sinne des Gesetzes gehandelt hat. Durch Markmann's Todesbekenntniß war an der Thatsache und der Thäterschaft, um die er verurtheilt war, nichts geändert, nichts gerüttelt. Daß das Motiv zu seiner That sich danach anders stellte, verrückte selbst im Sinne des Gesetzes nicht den Standpunkt des Raubmordes. Wenn er auch nicht gemordet, um zu rauben, so hatte er doch gemordet und geraubt. Hätte ein Rath des Königs, wenn bis zu diesem die Sache gedrungen wäre, auf eine Gemüthsuntersuchung des Verurtheilten antragen dürfen? Es wäre möglich gewesen, möglich auch, daß Friedrich Wilhelm III., der eine pietätvolle Scheu bei Unterzeichnung aller Todesurtheile hatte, willig seine Zustimmung gegeben, und sehr möglich, daß Aerzte eine Manie herausgefunden hätten. Wie aber hätte das Volk eine Verwandelung der Strafe, die hier immer im Lichte einer Begnadigung erschienen wäre, angesehen? Der um Raubmord zum Rade verurtheilt war, wurde am Leben erhalten, weil er nur aus unmenschlicher Blutgier gemordet hatte! Dem Volke es begreiflich zu machen, daß jemand ungestraft morden gedurft, weil er einen besondern Hang dazu gehabt, war eine Unmöglichkeit; es hätte nur einen Hohn, eine Willkür, eine Spielerei der Gesetze und ihrer Ausleger darin erkannt. Aber auch über die Volksbegriffe hinaus, die zu verletzen immer von gefährlichen Folgen bleibt, gibt es eine Ansicht, von uns oben angedeutet, die im günstigsten Falle, daß die Aerzte eine Manie herausgefunden, keinen Grund findet, in einem solchen Falle von der Strenge des Gesetzes abzuweichen. Und verlangte es der Unglückliche etwa selbst? Er hat nie um Gnade gebeten. Mit dem vollen Bewußtsein, daß seine blutige That nur durch Blut gesühnt werden könne, zitterte und bangte er nicht vor dem Ausgange, der ihm als ein natürlicher, unabwendbarer Schluß des Anfangs erschien. Was wäre ewige Einsperrung, was wären ewige Ketten ihm für Begnadigung gewesen?

Der Commandant von Cüstrin ersparte den obern Behörden, seinem Könige und dem Verurtheilten durch seine entschlossene Weigerung eine peinliche Verlegenheit. Ein Aufschub unter diesen Umständen konnte im letztern eine Hoffnung erregen und die Strafe noch verschärfen, wenn sie dann doch eintrat; der König konnte in Berücksichtigung dieser Umstände zur Gnade sich gedrungen fühlen, von der er überzeugt sein mußte, daß sie hier nicht angebracht war. – Dem Gesetz war genügt, der Humanität war genügt, dem Verbrecher geschah, was er erwartete; nur die Wissenschaft verlor. Für diese allerdings wäre es von Wichtigkeit gewesen, jene ungelösten Fragen, die wir oben aufführten, durch eine genauere Untersuchung beantwortet zu erhalten. Aber wie ließe es sich vor der Humanität verantworten, damit die Wissenschaft experimentiren könne, einen Verbrecher mit dem vollen Maß der Schuld und selbst mit dem Verlangen nach der Lösung, noch eine Weile am Leben zu lassen?

Der Oberprediger und der Archidiakonus besuchten den Verurteilten noch am frühen Morgen vor seiner Hinrichtung. Sie fanden ihn gefaßt und ruhig. Er gedachte seiner Aeltern, Geschwister, auch des Prediger Ziehe in Berlin mit Rührung, und versicherte, im Glauben an Gott und seinen Erlöser, Jesus Christus, zu sterben, und hoffte, daß Gott ihm gnädig und barmherzig sein werde. Seine letzte Beschäftigung war das Aufschreiben von fünf Versen des Liedes: »Jesus meine Zuversicht« gewesen. Die Geistlichen schieden von ihm, nachdem sie ihn eingesegnet, mit, wie sie versichern, unbeschreiblichen Gefühlen der Wehmuth.

Markmann's Ruhe und Fassung blieb dieselbe auch auf dem letzten, schweren Gange. Sein letztes Wort, an die Nachrichter gerichtet, war: »Meine Herren, machen Sie es nur schnell und gnädig mit mir.« – Durch ein rasches Erdrosseln ward er den Todesqualen, welche das Gesetz des Mittelalters verhängt, enthoben.


 << zurück weiter >>