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Stille


 

Sich so versenken
Und nichts mehr tun,
Als dein gedenken
Und in dir ruhn,

Daß neu erwacht
Dein süßes Bild,
So manche Nacht,
Die du erfüllt,

Und all mein Streben,
Das dich erstrebt, –
Ein ganzes Leben,
Nur dir gelebt.

 

*

 

Leise klingen die beglänzten Dächer
Von der Regentropfen stillem Rieseln,
Und die Wipfel duften, und die Lichter,
Die im Strom sich spiegeln, beben leise.

Still ist alle Sehnsucht; aus der weiten,
Dunklen Bläue glitt dein Bild hernieder,
Und um meine Stirn, wie deiner Hände
Sanfte Rührung, hebt sich eine Kühle.

 

*

 

Zieht durch lichte Flut ein schwanker Nachen
Um der stillen Inseln dunkle Schilde,
Spür ich ferner heiterer Gefilde
Ein Gedenken schmerzlich mir erwachen.

Stille Inseln, liegen auch die Tage
Unsrer Lust in meiner Seele Teichen,
Meiner Wehmut Nachen schwankt mit weichen,
Scheuen Schlägen um die dunklen Hage.

 

*

 

Grau von Osten drängen schon die Massen
Schwerer Nebel, die der Abend rief,
Und die Segler, deren Wind entschlief,
Haben den bewölkten See verlassen.

Langsam führt auch uns der Wellen Beben
Nun zum Westen in die stille Bucht.
Von den Bergen, die mit Grat und Schlucht
Weit gezackt sich in die Helle heben,

Strömen ab die späten goldnen Gluten,
Und der Gipfel Widerschein verglimmt. –
Mit dem letzten Glast des Abends schwimmt
Deine Stimme auf den dunklen Fluten.

 

*

 

Die Silberschleier, die in leisem Fächeln
Dein Rosenatem webt, beglücken mich,
Und es entfallen Perlen deinem Lächeln
Auf Stirn und Schulter mir und schmücken mich

Oh weicher, als des Winters Schneegewänder
Ist deine Hand und weißer, als der Tag,
Und deine Lippen sanfter, als die Ränder
Der reifen Frucht, die überquellend brach.

 

*

 

Du bist ein Licht mir in der Nacht
Und bist am Tage mir ein Schatten,
Ein Windhauch, abendlich entfacht,
Und Windes Rast auf morgendlichen Matten.

Du bist ein Klang in stummer Wildnis,
Ein Duft, wo keine Blume ist;
Ich aber bin dein Spiegelbildnis,
Und nichts bin ich, wo du nicht bist.

 

*

 

Sieh, es lösen sich die starren Farben
Nun des Tages, und der Abend sinkt.
Licht und Schatten schwanken, aus den Büschen
Und den goldnen Wipfeln, die sich schwer
Wie in Müdigkeit dem Strome neigen,
Flutet breiter Glast, und klarer blinkt
Aus der Tiefe wässerigem Dunkel,
Gläserner ihr feuchtes Spiegelbild.

So, als seien Augen aufgeschlagen,
Kluge, gütige; so wie die Ruhe
Einer Brust, die tiefer Atemzüge
Leicht ist und gestillt, so ist der Abend.

So, wie wohl, da nun den dunklen Fluten
Leise du dich neigst, das Spiegelbildnis
Deiner Augen, gütig ist der Abend.

 

*

 

O sanfte Lust des Abends!
Des Lichtes greller Lärm klingt ab, es redet,
Was schweigsam war.

Der goldenen Ufer schwere,
Geneigte Wipfel glühn und spiegeln sich
Im Glas der Flut.

Im dunklen Glanz des Stromes,
Da Tag und Nacht verschwimmen, gleiten wir
Dem Hafen zu.

So gleiten die Gedanken
Im sanften Strom verglichener Begierde
Und Furcht zu dir.

 

*

 

Wieder müde der bewegten Leere,
Bist du, stilles Herz, in dich versunken;
Bist allein in deines Reichtums Schwere,
Bist der schlichten Fülle wieder trunken.

Kommt denn, süße Träume, ihr Gestalten,
Heimliche und starke, wandelt wieder
Durch des matten Dunkels warme Falten,
Nicht gesungene, ihr schönsten Lieder.

Komm, mein Leben, komm auch du, o gutes,
Nicht lebendiges, du schönstes Wesen,
Das du Licht und Flucht, des schweren Mutes,
Ruhe bist, der Sehnsucht mich zu lösen.

 

*

 

Wir gehn in Schweigen
Den Strom entlang,
Auf sanften Steigen
Entschwebt der Klang,

Mit dem der Weiden
Getrübte Breiten
Das ruhige Scheiden
Des Tags begleiten.

Wie hohe Hallen
Da goldig glühen,
Und Wolkenballen
Gleich Rosen blühen,

Wünsch ich uns beiden:
So freundlich mag
Auch uns bescheiden
Der letzte Tag.

 

*

 

Abströmend von den feuchten Fluren zieht
Der tiefe Abendglanz der Sonne nach,
Und dunkel wird der Himmel allgemach,
Und Schatten fliehen, wie das Licht entflieht.

Nun kommen Mond und Stern. Und eine Kühle
Weht aus dem hohen Raum ins Tal herein,
Ich schaure leise auf – und denke dein,
Wie ich der Stunden stummen Wechsel fühle.

Denn alles geht dahin, und Sonnen lenken
Und Sterne sich in unbekanntem Streben
Und fern und kühl. Du aber wirst erbeben
Wie ich, wenn du sie siehst, und mein gedenken.

 

*

 

Dieses Buch wurde gedruckt in der Spamerschen Buchdruckerei zu Leipzig

 


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