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Ruhe

 

Sanfter Triften will ich nun gedenken,
Wo die bunten Rinder friedlich grasen,
Auf die Häfen hin und die Oasen
Will ich die verirrten Augen lenken.

Wo die Sonne über feuchte Weiden
Goldenrot in stille Teiche flutet,
Und, vom Glanz der Wasser angemutet,
Auch die Ufer festlich sich verkleiden.

Ach, ein stiller Teich, ruht auch das Leben
Nun im Innern mir und mein Bemühen;
Nur noch einmal will ein Abendglühen
Meiner Liebe goldig sie umweben.

Wie die frohen Ufer, will der Erde
Einmal noch ich festlich mich verkleiden
Und, ein wohlvergnügter Gast, dann scheiden,
Freundlich und mit dankender Gebärde.

 

*

 

Nun sinkt die lichte, blaue Frühlingsnacht,
Wie kühler Tau, zur stillen Erde nieder;
Die Berge schimmern weiß, ein Licht erwacht
Und spiegelt seinen Glanz im Wasser wider.

Der letzte Atemzug des Tags verweht
In eines Tales grau verhängter Ferne,
Und zitternd über See und Berge geht
Der Hauch der stillen, abendlichen Sterne.

So nimmt das Meer die Sonne liebend auf
In seinen blauen Schoß, so hat die Nacht
Des Meeres Schlummer liebend überdacht
Und sehnt sich nach der Sterne holdem Lauf,

So naht sich liebend der Gestirne Heer,
Von Rosenwolken liebevoll umzäunt,
So geht zum Freunde liebend nun der Freund
Und spricht von Tag und Nacht und Stern und Meer.

 

*

 

Fühl ich des Morgens Schönheit ab: da schimmert
Im kühlen Rot verschleiert rosenfarben
Des Stromes Silberband, und leuchtend flutet
Der stillen Wipfel Gold in sein Verschweben.

O atmendes Gefild der Frühe! Strahlend
Grüßt deiner Wölbung erzener Schild das Auge,
Und einem Bergquell eisig klaren Wassers
Neigt deiner Frische sich der durstige Sinn.

 

*

 

Als stünden staunend sie und seien so,
Wie wir, ergriffen, bebend, ohne Worte,
So stehn die Wolken um die goldene Pforte,
Durch die das königliche Licht entfloh;

Und dann verschweben sie, von solcher Pracht
Versöhnlichem Gedächtnis still geleitet,
Im fernen Grau, – und in die Wiesen gleitet,
Durch Rosennebel flutend, sanft die Nacht.

 

*

 

Wie in blanken Wassern ruht mein Nachen,
Löst sich leiser Glockentöne Welle
Und vergnügter Kinder frohes Lachen
Von des andern Ufers dunkler Schwelle.

Klar im Hellen spiegeln sich die Bäume,
Hohe Wolken und der Dächer Zinnen. –
Daß ich nichts erreiche, nichts versäume,
Muß ich wieder lächelnd mich besinnen.

 

*

 

Du lagst, o Erde, schmachtend in der Glut;
Da fiel ein Regen, – und erquickend senkte
Der feuchte wie ein Seidenschleier zart
Sich auf dein heißes Antlitz, und sein Rieseln
War um dich wie ein fernes, leises Lied.
Da lächelte dein Antlitz, Erde; atmend
Floh auf ein Glanz und segnete die Keime,
Von deren Brunst dein Schoß befruchtet schwoll;
Du löstest deiner Brüste Quell, und Blüten
An Blüten hold entfaltet weben nun
Aus Licht und Duft die Antwort deinem Lächeln.

 

*

 

Des Tages letzte Atemzüge feuchten
Mit breiten Flüssen goldenen Lichts die Wogen,
Von milder Buchten Schwingung aufgepflogen
Gleißt um der Klippen Trotz ein blasses Leuchten,

Und durch der Wolken flockiges Gefieder
Schwebt abendlich geklärten Blau's Erquickung,
Wie stilles Lächeln himmlischer Entrückung,
Wie Klang gelöster Schranken silbern nieder.

 

*

 

Das Auge, das, von Gold und Purpur trunken,
Der Abendsonne folgte, kehrt sich nun
Zum Osten, wo die Lüfte dunkel ruhn,
Im Schoße hoher Schatten ganz versunken.

Dort ist es kühl und still. Der heißen Träume
Erlöst und selig schwebt der Sinn, – bis fern
Vom Kamm des schwarzen Hains der erste Stern
Sich strahlend aufhebt in die blauen Räume.

 

*

 

Die Sonne senkt sich. Kühle Lüfte stehen
Im heißen Laub der Bäume auf, es schweigen
Die Vögel, und gedämpfte Winde wehen.

Nun wird es Abend; aus den dichten Zweigen
Tropft warmes Gold in die entfärbten Wogen
Der Dämmerung und ihrer Dünste Reigen;

Und wie ein Schatten, langsam nachgezogen
Dem Abendgolde, naht die dunkle Nacht
Und überschwemmt die weit gewölbten Bogen

Des Himmels ganz mit Bläue. – Da erwacht
Des Mondes bleiches Rund und schwebt gemach
Und steigend immer tiefrer Glut entfacht

Auf hoher, stiller Bahn der Sonne nach.

 

*

 

Blick aus dem Fenster! – Golden ruht der Mond
Im tiefen Blau der hochgewölbten Nacht:
Seltsames hat sein Glanz vertraut gemacht
Und fest Vertrautes seltsam ungewohnt.

Wir sagen: er steigt auf, er sinkt hinab. –
Was ist das? – Sieh umher: kein Festes ist
Im dunklen Raum, den lächelnd er durchmißt,
Kein Pol, der irgend ihm Bestimmung gab.

Du weißt nicht, ob er recht geht, ob er irrt;
Nur, daß er jetzt lebendig warmen Lichts
Dich anstrahlt aus dem grenzenlosen Nichts,
Und daß am Morgen er erbleichen wird.

 

*

 

Sieh: von neuem hat der Schoß der Erde
Schimmernd feuchten Hauchs sich aufgetan,
Und erlöst der eisigen Beschwerde
Hebt der Frühlingsnebel Reigen an.

Und wir spüren, da die milde Sonne
Bleichen Lächelns unsere Stirnen küßt,
Wie lebendiger Genesung Wonne,
Neuen Lebens Wärme in uns sprießt.

Langer Nacht vermummte Rätsel fliehen,
Heiter lacht und offen das Gefild,
Und im stillen Hin- und Wiederziehen
Ist der dunklen Süchte Gier gestillt.

 

*

 


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