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Belustigungen mit dem Spiegel.

347. Der lebendige Zappelmann. Befindet sich unter den Schränken in deiner elterlichen Wohnung einer, der in seiner Thür einen großen Spiegel eingelassen zeigt, oder dessen ebene Thürfüllung Hochglanzpolitur besitzt, so kannst du ihn zu folgender Belustigung benutzen. Du stellst dich so an die schmale Seite des Schrankes, daß dein rechtes Bein dicht neben dem Fuße desselben steht, während die über den Kopf erhobene Hand sich an der Kante anklammert, so daß also nur die Hälfte deines Körpers sichtbar ist. Erhebst du nun dein linkes Bein und deinen linken Arm nach der Seite, so wird es deinem an der andern Schrankseite stehenden Schwesterlein scheinen, als erhebest du beide Arme und Beine und schwebtest in der Luft. Führst du das Heben und Senken taktmäßig aus, so wirst du als lebendiger Zappelmann allseitig Bewunderung erregen

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Um die Ecke sehen.

348. Um die Ecke sehen. Auf Märkten und in Läden findet man einen kleinen, optischen Apparat feilgeboten, mit dem man um die Ecke sieht, und den du dir sehr leicht herstellen kannst. Fertige dir aus Pappe einen viereckigen Kasten von 5 Zentimetern Länge und 2½ Zentimetern Breite. Die eine lange Seite schneide so mit einem spitzen, scharfen Messer vor dem Zusammenleimen aus, daß in ihr eine kreisförmige Öffnung entsteht. Gib deinem Kästchen nur eine schmale Seite und füge innen ein vom Glaser geschnittenes Stück Spiegelglas von 4 bis 5 Zentimetern Länge und der Breite ein, daß du es in deinen Kasten einschieben kannst. Befestige den Spiegel im Innern in der Weise, daß er der eingeschnittenen Öffnung schräg gegenübersteht, indem er sich mit seinem hinteren Ende an die Rückwand anlegt und nun, wie die Diagonale eines Rechteckes, nach der vorderen Wand läuft. Er bildet also einen schrägstehenden Unterschied im Kasten. Hältst du nun die viereckige Öffnung vors rechte Auge, so daß das Loch des kleinen Apparates nach der Seite gerichtet ist, so wirst du, bei geschlossenem linken Auge, alles wahrnehmen, was seitwärts von dir vorgeht. Geringes Seitwärtsbewegen bringt auch noch das in dein Gesichtsfeld, was hinter dir liegt.

349. Der grauenhafte Schatten. Stelle dich so in eine Zimmerecke, daß dein Schatten, der von einer hinter dir befindlichen Lichtquelle hervorgebracht wird, mit dem hellen Scheine, den ein vom Freunde gehaltener Spiegel wirft, zusammenfällt. Überdecke nun den Spiegel mit einem Bogen Papier, in welchem Augen, Nase und Mund, in der aus der Abbildung ersichtlichen Weise, ausgeschnitten sind. Das Papier befestigst du durch aufgedrücktes, weiches Wachs vorübergehend am Spiegelglase. Schaust du nun deinen Schatten an, so wirst du bemerken, daß er dich teuflisch lächelnd ansieht. Noch spaßhafter wirkt es, wenn du die Augenöffnungen durch Klappen verschließt, die sich durch Zwirnsfäden bewegen lassen. Auf diese Weise kannst du Öffnen und Schließen, sowie Rollen der Augen hervorbringen.

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Der grauenhafte Schatten.

350. Der zersprungene Spiegel. Zwei Knaben setzten eines Tages das Stubenmädchen dadurch in nicht geringes Erstaunen, daß sie ihr den großen, kostbaren Spiegel der Wohnstube als vollständig zertrümmert zeigten. Erst das Gelächter der übermütigen Knaben zeigte, daß der Schaden kein allzugroßer sein könne. Die zwei Übelthäter hatten sich nämlich nur den Spaß erlaubt, mit einem zugespitzten Seifenstückchen die Risse und Sprünge auf das Glas zu malen, so daß letzteres wie zersplittert aussah. Die Täuschung rührt daher, daß ein Sprung im Spiegelglase als breiter, mattweißer Streifen erscheint, weil an dieser Stelle die Lichtstrahlen nicht regelmäßig zurückgeworfen werden. Da eine auf Glas gezogene Seifenlinie dieselbe Wirkung hervorbringt, so meint man, es müsse auch dieselbe Ursache vorhanden sein.

351. Ein Musterkasten. Nimm eine leere Zigarrenkiste und schneide aus dem oberen Deckel ein viereckiges Loch von 7–8 Zentimetern Seitenlänge ein. Schnitze dir dann aus Holz zwei 1–2 Zentimeter starke Walzen, die so breit sind, daß sie quer in den Kasten gelegt werden können. Bohre nun, 5 Zentimeter vom Boden und von den schmalen Seitenwänden entfernt, in jede lange Seitenwand zwei Löcher und befestige die Walzen so, daß du durch die Löcher der Hinterseite je einen Nagel in den Mittelpunkt der innen angehaltenen Walzen schlägst, während du durch das entgegengesetzte Loch in der Vorderwand eine aus Eisendraht gebogene Kurbel einführst und in ein entsprechendes, vorgebohrtes Loch der Walze eindrückst. Beide Walzen können also von außen gedreht werden. Dicht am oberen Rande des Kastens schiebst du durch eingebohrte Löcher, etwa 8 Zentimeter von jeder Seitenwand entfernt, gleichlaufend mit ihr, zwei Stricknadeln quer ein. Aus bunten Papierabfällen, Häkelmustern und sonstigen geeigneten Sachen klebst du dir nun ein langes Band, in der Breite der Walzen, auf welche du auch die Enden desselben befestigst. Winde den Streifen durch Drehen der Kurbel so auf, daß er von der einen Walze, über die zwei Stricknadeln, unter dem Ausschnitte des Deckels vorbei, wieder zur andern Walze geht. Nebenstehende Abbildung zeigt dir die innere Einrichtung bei weggenommener Vorderwand. – Laß dir nun beim Glaser zwei gleichgroße, 12 Zentimeter breite und 10 Zentimeter hohe Spiegelplatten schneiden, lege auf die Rückseite ein Stück Papier und befestige es durch aufgeleimte und über den Glasrand nach vorn gebogene Papierstreifen. Die zwei mit den Spiegelseiten zusammengelegten Platten werden an einer Seite, nach Art eines Bücherrückens, durch einen aufgeklebten Leinwandstreifen vereinigt. Die halbgeöffneten Spiegel werden nun als Winkelspiegel über die Öffnung des Kastens gestellt, während durch Drehen einer Kurbel sich der Streifen unter ihnen wegzieht. Die dadurch sichtbarwerdenden, sternartigen Bilder ähneln denen des Kaleidoskopes (Beschreibung im Spielbuche für Knaben, Nr. 501). Aus den entstehenden, oft sehr schönen Figuren lassen sich sehr hübsche Muster zusammenstellen.

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Ein Musterkasten. (Die Vorderwand ist abgenommen.).

352. Die Geister im Puppentheater. Bist du im Besitze eines Puppentheaters, so kannst du, mit Hilfe einer großen, gewöhnlichen Glasscheibe, Geister auf der Bühne erscheinen lassen. Die dazu nötigen Umarbeitungen des Theaters sind aus dem Grundrisse desselben (vergl. nebenstehende Abbildung) ersichtlich. Die Kulissen ( a), sowie der Hintergrund ( b), behalten ihren Platz, nur wird seitwärts der letzten beiden rechten Kulissen eine Wand ( d) eingesetzt. Der entstehende Raum ( e) dient zur Aufnahme einer Lampe oder Blendlaterne und muß auch nach hinten und außen durch Bretter oder Pappwände abgegrenzt sein, um den Lichtstrahlen den Ausgang zu verwehren. Der Raum f, die Geisterkammer, wird mit schwarzem Papiere ausgeklebt, damit sich die weißen Gestalten der Gespenster recht von dem dunklen Hintergrunde abheben. Die große Glastafel ( c) wird nun so schräg eingesetzt, daß sie sich an die erste linke und zweite rechte Kulisse anlehnt, und an ihnen durch Klebstreifen befestigt werden kann. So vorbereitet, kann das gewöhnliche Schauspiel auf dieser Bühne beginnen; die Puppen spielen auf dem großen Raume hinter der Glasplatte. Sollen aber Geister erscheinen, so werden sie bei f aufgestellt und durch Drehen der Lampe in e schnell beleuchtet. Der Zuschauer sieht sowohl den Hintergrund des Theaters, als auch, durch Zurückwerfung des Lichtstrahles, den Geist. Da er aber nicht ahnt, daß sein Blick durch die Glastafel abgelenkt wurde, meint er, geradeaus zu sehen und vermutet den Geist vor dem Hintergrunde. Erstaunt nimmt er wahr, daß die anderen Puppen durch die Erscheinung hindurchgehen, daß sie sich plötzlich in nichts auflöst und ebenso plötzlich wieder erscheint. Statt beim Verschwinden die Lampe so zu drehen, daß der Blendschirm dem Geiste zugekehrt ist, kann man auch von oben, zwischen ihm und dem Lichte, ein Stück Pappe quer einschieben, so daß die Lichtstrahlen nicht in die Geisterkammer fallen können.

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Grundriß der Bühne. Die Erscheinung. Die Geister im Puppentheater.

353. Der leere Kasten. Laß dir vom Glaser die Seitenteile eines Kastens (etwa 15 Zentimeter lang und 9 Zentimeter breit und hoch) von durchsichtigem Glase zuschneiden. Von einer Spiegelplatte läßt du ebenfalls ein 15 Zentimeter langes und 12 Zentimeter breites Stück schneiden. Die Seitenwände vereinigst du durch ausgeklebte, 2 Zentimeter breite Streifen aus starkem, festem Papiere. Vor dem Anfügen der kleinen Seitenwände schiebst du den Spiegel so in den Kasten, daß er von einer Ecke bis zur gegenüberliegenden (als Diagonale des Quadrates) reicht. Hinter die Spiegelwand bringe in den dreieckigen Raum eine künstliche Blume, etwa eine Rose, und leime durch Klebstreifen die Böden an. Damit man die Seitenflächen des diagonallaufenden Spiegels nicht bemerkt, überzieht man die kleinen Seitenteile innen und außen mit farbigem Papiere.

Stelle nun deinen Kasten so auf einen Tisch, daß der Spiegel schräg nach oben weist. Jeder wird ihn für leer halten, da sich die obere, vordere Kante desselben so abspiegelt, daß man sie unten, hinten zu erblicken glaubt. Decke dann ein Tuch darüber und wende den Kasten ihn unter demselben so um, daß die Blume nach oben zeigt, so werden deine Zuschauer verwundert fragen, wie es dir möglich gewesen ist, dieselbe in den verschlossenen Kasten hineinzubringen.

Die Täuschung wird noch vollkommener, wenn du zwei Spiegelplatten, mit den Hinterseiten einander zugekehrt, in den Kasten schiebst. Erblickt nun jemand die Rose, so meint er, der ganze innere Raum sei mit solchen Blumen angefüllt.

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Zeichnen durch die Glastafel.

354. Zeichnen durch die Glastafel. Willst du eine entfernte Gegend perspektivisch genau aufnehmen, so halte eine Glasplatte (Fensterglasscheibe) so über den auf einem Tische oder Reißbrette liegenden Zeichenbogen, daß deren vorderer Rand fast auf dem Brette aufliegt, während der hintere, dir zugekehrte, deinem Kinne nahe ist. Blickst du nun von oben senkrecht nach dem Zeichenbogen, so kannst du erstens durch das Glas hindurchsehen, zweitens spiegelt sich aber auch in ihm die vor dir liegende Gegend ab, so daß es dir nicht schwer fällt, ihre Umrisse mit Bleistift auf dem Papiere nachzuzeichnen. Der einzige Übelstand bei der Sache ist, daß das Bild verkehrt erscheint.

355. Eigene Unsicherheit vor dem Spiegel. Fasse mit der rechten Hand eine Schere und versuche, mit der Spitze derselben, ein über dem linken Ohre oder über dem Scheitel des Hinterkopfes emporstehendes, einzelnes Haar kurzzuschneiden. Es wird dir dies nur nach vielen vergeblichen Versuchen gelingen. Oft glaubst du, es zwischen den Schneiden der Schere zu haben, beim Zudrücken wirst du jedoch gewahr, daß du dich getäuscht hast.

356. Doppelbilder im Spiegel. Stelle dich nahe vor einen Wandspiegel und halte, seitwärts von dir, einen Gegenstand in Kopfhöhe, so wirst du zwei Spiegelbilder desselben erblicken. Das eine ist deutlich und scharf umgrenzt, das zweite ist undeutlich und verschwommen. Diese Erscheinung verschwindet, wenn man den Gegenstand zwischen Kopf und Spiegel hält und den Blick senkrecht auf letzteren richtet. Das Doppelspiegelbild rührt davon her, daß sowohl die hintere, wie die vordere Seite des Spiegelglases ein Bild geben, erstere das undeutliche, letztere das scharfe, bestimmte. Hält man ein Licht seitwärts vom Auge vor den Spiegel, so erblickt man nicht nur zwei Lichtbilder, sondern eine ganze Reihe, die durch Hin- und Herwerfen des Lichtstrahles zwischen den beiden Glasflächen entstanden sind.

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Der große Fackelzug.

357. Der große Fackelzug. Verschaffe dir zwei gleichgroße Spiegelplatten, etwa 10 bis 12 Zentimeter hoch und 8 bis 10 Zentimeter breit, und fertige dir, mit Hilfe der Laubsäge, vier Füße aus Zigarrenkistenholz, die einen Einschnitt haben, um das Spiegelglas senkrecht einstecken zu können. Bist du nicht bewandert im Gebrauche der Säge, so kannst du dir die Füße aus halben, rohen Kartoffeln schneiden. In der Mitte des einen Spiegels schabst du mit einem Messer ein Loch, in der Größe einer Linse, in den Spiegelbelag. Nimm ein kleines Holzmännchen aus dem Spielzeugvorrate deines Bruders, drücke ihm ein Stück Wachsstock fest in die Hand und stelle die Figur mit dem brennenden Lichte in die Mitte zwischen beide gegenüberstehende Spiegel. Blickst du nun durch das kleine Loch von der Hinterwand des einen Spiegels nach dem andern, so siehst du nicht ein Männchen, sondern eine große Menge derselben, die alle mit ihren Lichtern im Begriffe sind, einen Fackelzug zu beginnen.

358. Der unsichtbare Finger. Nimm ein gewöhnliches, ungeschliffenes Wasserglas und fülle es mit hellem, klarem Wasser. Erhebe es so weit, daß du von der Seite, durch die Glaswand hindurch, an die untere Seite der Wasseroberfläche blickst. Halte dann einen Finger über das Wasser, und du wirst ihn nicht mehr schauen können, obgleich du meinst, durch Wasser und Glas zu sehen. Alles, was sich über der Oberfläche des Wassers befindet, ist deinen Blicken entzogen, da die Wasseroberfläche alle seitlich von unten kommenden Strahlen vollkommen zurückwirft und keinen derselben durchläßt.

Sehr schön sieht es aus, wenn du eine wenig mit Wasser gefüllte Probierröhre schräg ins Wasser stellst und sie von unten betrachtest.

Aus demselben Grunde spiegelt sich auch ein Fisch im Aquarium, wenn er sich nahe der Oberfläche befindet, in letzterer ab, falls man seitwärts von unten nach ihr emporsieht. Diese totale Zurückwerfung zeigt sich auch, wenn man einige Wasserinsekten, wie die Wasserwanze, von unten betrachtet.

359. Der einfache Hohlspiegel. Es ist dringend nötig, bei Schlingbeschwerden genau die Mundhöhle zu untersuchen, um heimtückische, schwere Krankheiten im Keime ersticken zu können. Die Besichtigung der Schlundhöhle ist oft schwierig und unbequem, da das Licht selten so einfällt, daß die hinteren Teile derselben erleuchtet werden. Leicht läßt es sich aber bewerkstelligen, wenn man an eine lange Kerze den Stiel eines blanken, silbernen Löffels hält, dessen Kelle man als Hohlspiegel benutzt. Mit Anwendung dieses, jederzeit leicht herstellbaren, einfachen Beleuchtungsapparates kann man sowohl die Mundhöhle selbst mit Hilfe eines ebenfalls vorgehaltenen Wandspiegels betrachten, es vermag aber auch eine zweite Person weit hineinzusehen, wenn sie mit einem zweiten Löffelstiele die sich wölbende Zunge nach unten drückt.

Ist der Löffel wenig in Gebrauch gewesen, und besitzt er noch seine feine Politur, so kann er zu verschiedenen Beobachtungen benutzt werden. Man bemerkt z. B. in ihm (als Hohlspiegel) das eigene Bild, aber verkehrt. Der Konvexspiegel (die äußere Seite der Löffelkelle) gibt bei senkrechter Haltung ein ungemein verlängertes, bei wagerechter Haltung ein unmäßig verbreitertes Gesicht wieder. Die Nase ist dabei bedeutend verzerrt, da sie dem Spiegel mehr genähert ist, als die übrigen Teile des Kopfes.

360. Pariser Lachkabinett. Unter dem Namen: Pariser Lachkabinett, wird den Schaulustigen auf Messen und Märkten eine Schaubude vorgeführt, in welcher man gebogene, erhabene und vertiefte Spiegel vorfindet, in denen man sich in den lächerlichsten Verzerrungen erblickt. In dem einen zum langen, dünnen, schmächtigen Menschen ausgestreckt, sieht man sich im zweiten in sehr kleiner, aber ungemein umfangreicher Gestalt.

Das Vergnügen des Pariser Lachkabinetts kannst du dir stets verschaffen. Kaufe in einer Eisenhandlung oder beim Klempner eine dünne Tafel Weißblech (etwa für 20 Pfennige), putze die schon glänzenden Flächen derselben mit auf Tuch gestreuter, geschlemmter Kreide und biege das elastische Blech nach vorn, hinten oder quer über die Ecken. Magst du es in eine Biegung bringen, in welche du willst, stets wird sich dein Körper in der glänzenden Oberfläche in andrer Form widerspiegeln.


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