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Das Vivarium
oder der kleine Tierzwinger.

145. Die Wohnung der Tiere. Ein Knabe, der nicht so glücklich ist, daß die Wohnungslage seiner Eltern ihm einen häufigen Aufenthalt im Freien zuläßt, der nur vielleicht am Sonntagnachmittag einmal in den Wald und aufs Feld gehen kann, ein solcher wird sich von dergleichen Ausflügen gern dies oder jenes Tierchen mit nach Hause nehmen und es pflegen und weiter beobachten wollen. Erlaubt es der Raum daheim, so legt er sich, ein Vivarium, d. h., einen kleinen Tierzwinger, an. Sehr hübsch eignet sich hierzu der leere Platz zwischen den Doppelfenstern, ebenso auch ein Kasten, mit Gazedeckel versehen. Im Notfalle baut er sich selbst ein solches kleines Schlößchen für seine Schützlinge zusammen, verwahrt es so sicher, das sie ihm nicht entschlüpfen und andre erschrecken können, und so bequem, daß es den Gefangenen möglichst gefällt.

Der Boden des Zwingers kann zur Hälfte mit einem Stücke kurzen Rasens belegt sein, den man täglich etwas anfeuchtet. Die andre Hälfte wird etwa 5 Zentimeter hoch mit lockerer Erde und Sand bedeckt. In einem Winkel kann man einen kleinen Felsen aus Tuffstein oder aus andern Gesteinen anbringen, mit niedlichen Höhlen und Grotten darin. In der Mitte erhebt sich ein Baumzweig mit einigen Nebenästen als Kletterstange für manche Tiere. In einem andern Winkel ist ein Näpfchen, das täglich mit frischem Wasser gefüllt wird.

In solchem Zwinger können vielerlei Tiere gezogen werden: Raupen, Käfer, Heuschrecken, Waldschnecken, Spinnen, Eidechsen, Schlangen, Frösche, Kröten, Blindschleichen u. dgl.

Man muß darauf achten, daß die Tiere täglich solches Futter bekommen, das für sie paßt, daß diejenigen, welche sich zuzeiten gern in Schlupfwinkel zurückziehen, solche finden, daß ihnen öfter frische Luft verschafft wird etc. Kann man ein Gazefenster anbringen, so ist dies vorteilhaft. Täglich schafft man alles aus dem Behälter hinweg, wodurch derselbe verunreinigt werden könnte. Ist das Behältnis nach der Mittagsseite zu gelegen, so muß man während der heißen Tagesstunde für Schatten sorgen. Man nehme überhaupt kein Tier mit nach Hause, von dem man nicht genau weiß, daß man ihm die nötige Nahrung verschaffen kann.

Je nachdem man es liebt, kann man in dem Tierzwinger aus Tuffstein eine alte Burg oder Klosterruine, aus Baumrinde eine Einsiedelei, aus Holzspänen oder Pappe ein Schweizerhäuschen oder einen Tempel herrichten und die verschiedenen Tiere als Bewohner hineinsetzen. Die Futterzweige steckt man in Wassergefäße, damit sie sich länger frisch halten, und bewahrt sie vor den Sonnenstrahlen. Die alten schafft man täglich weg und ersetzt sie durch neue.

146. Der Laubfrosch war ehedem allgemeiner beliebt, als er es gegenwärtig ist. Er galt für einen untrüglichen Wetterpropheten, und man behauptete, er zeige das Verändern des Wetters durch lautes Geschrei an. Will man seinen Tierzwinger auch mit Schlangen bevölkern, so würde der Laubfrosch von ihnen bald verschlungen werden, weshalb man ihn in eine hohe, weite Glasbüchse, ein sogenanntes Einmacheglas, bringt, dasselbe halb mit Wasser füllt und eine kleine Leiter hineinstellt. Man behauptete, der Laubfrosch stiege jedesmal ins Wasser hinab, sobald nach einiger Zeit Regen einträte; stiege er dagegen auf die Leiter, so erfolge bald gutes Wetter. Gegenwärtig gibt man nur noch wenig auf seine Prophetengabe, man hält sie für unzuverlässig. Er läßt gern während der Nacht seine eigentümliche Stimme hören, die etwas Ähnlichkeit vom Gesange der Cikaden hat und fast wie »kräh, kräh, kräh« klingt. Dies geschieht aber im Sommer ebenso bei trockenem Wetter, wie kurz vor dem Regen, nur bei nahenden Gewittern schreit er lebhafter. Im Frühjahre läßt er weitschallende Glockentöne hören.

Das Wasser des Glases erneuert man alle Wochen. Die Öffnung des Glases bindet man fest zu und bringt in der Mitte des Verschlusses ein kleines Loch an, um frische Luft in das Gefängnis eindringen zu lassen und um lebendige Fliegen hineinstecken zu können. Diese bilden seine Nahrung. Tote Fliegen rührt er gewöhnlich nicht an.

Es ist darauf zu achten, daß das Glas mit dem Laubfrösche nicht in den unmittelbaren Sonnenschein gesetzt wird, sondern in den Schatten zu stehen kommt. Statt des Glases kann man auch ein Kästchen aus feiner Drahtgaze benutzen, um den Laubfrosch zu verwahren; den Boden desselben belegt man mit Grasrasen und feuchtet denselben öfter an.

147. Die Eidechse. Die graue und die grüne Eidechse wirst du an sonnigen, trockenen Feldrainen, Vorhölzern, Bergabhängen und Gemäuern während des Sommers nicht selten treffen. Sie werden durch ihre schnellen Bewegungen schon deine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Bist du dann flinker und gewandter als sie, so erhaschest du eine derselben mit der Hand; sie beißen nicht. Du trägst sie im Taschentuche oder in einer Schachtel nach Hause und bringst sie in dein Tierkabinett. Zur Nahrung gibst du ihr lebendige Fliegen oder andre Insekten. Die Eidechse frißt im Freien auch Nachtschnecken, kleine Frösche, Heuschrecken und Gewürm; sie vermag aber auch lange zu hungern.

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Vivarium.

148. Die Ringelnatter ist leicht kenntlich an den beiden halbmondförmigen Flecken, die an den Seiten des Halses stehen und die fast aussehen, wie ein gelblichweißes Halsband. (Abbildung davon siehe in H. Wagners »Entdeckungsreisen im Walde« S. 168.) Sie ist leider schon manchmal im Freien mit der dunklen Spielart der giftigen Kreuzotter (ebendas. S. 169) verwechselt worden, und dann ist durch den Biß der letzteren großes Unheil entstanden, ja selbst der Tod herbeigeführt worden. Ebenso ist die glatte Natter beiden ähnlich. Letztere ist zwar bissig, aber nicht giftig. Die Ringelnatter beißt zwar mitunter auch, ihr Biß hat jedoch keine gefährlichen Folgen. Es ist sehr zu raten, daß du dich von allen Schlangen fern hältst, wenn du sie nicht genau kennst, damit du nicht etwa einmal an eine giftige Otter gerätst.

Bist du im Besitze einer echten Ringelnatter oder einer glatten Natter, so bringst du diese ebenfalls in dein Tierkämmerchen (Vivarium), gibst ihr eine Anzahl Tufsteine mit Moos und Rasen als Versteck, ein Kästchen mit weichen Dingen ausgefüttert zum Schlafkabinett und ein Schlupfloch darin als Thür. Du kannst sie mit Milch füttern, auch etwas Weizenkleie dazu thun. Im Freien verspeist sie Frösche, Nacktschnecken, Mäuse und Eidechsen. Sehr niedlich sieht es aus, wenn du in ihrem Zimmerchen einen verzweigten Baumast senkrecht aufstellst. Sie windet sich dann zuzeiten an diesem hinauf.

149. Der Erdsalamander ziert wegen seiner lebhaften dunklen und orangegelben Flecken ein Vivarium sehr und nimmt mit Nacktschnecken und Regenwürmern zur Speise vorlieb.

150. Die Wassersalamander ziehst du am besten im Aquarium. Sie finden an den kleinen Insekten desselben hinreichend Nahrung.

151. Blindschleichen kannst du zwar auch mit den übrigen Amphibien, mit Ringelnattern und Eidechsen, zusammenhalten und mit Nacktschnecken und Regenwürmern füttern, sie sind aber so träge, daß sie nicht viel Vergnügen gewähren

152. Die Schildkröte. Heutzutage kann man in den meisten großen Städten Schildkröten der gemeinen europäischen Art, der Teichschildkröte, die von Südeuropa an bis nach Mecklenburg hin vorkommt, öfter zu sehen und zu kaufen bekommen. Wer sich zwischen den Doppelfenstern oder im Garten ein Vivarium für Amphibien anlegen oder ein Wasserbassin oder einen kleinen Teich bevölkern will, kann auch eine oder mehrere Schildkröten mit hineinsetzen. Empfindlicher gegen unser Winterwetter ist die bunte, griechische Landschildkröte, welche man mit Salatblättern und andern Kräutern, Kleie, Mehl und Brot füttert. Im Winter bringt man die Schildkröten in einen Raum, in welchem sie vor dem Erfrieren geschützt sind; leben sie in einem Teiche, der tief genug ist, so versenken sie sich beim Eintritte der kalten Jahreszeit in den Schlamm desselben und schlafen dort.


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