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Die Fröschlacher pflegen Rates, auch ihren Staatsschatz in Sicherheit zu bringen.
Die Fröschlacher wiederholen sich keinesfalls in ihren Taten, dafür sind sie noch heute zu klug und zu launig, ein kleinbißchen wohl auch aus trüber Erfahrung allzu gewitzigt: den Goldschatz wollten sie anderswem anvertrauen. Wahrhaft in Tränen beschwor sie der Kanzler, das Staatsgut doch seiner Truhe zu belassen, in der es kein Mensch vermuten würde. Er schmeichelte sich, aus der berühmten Fröschlacher Pfiffigkeit heraus zu raten, wenn er vorschlug, den Feind auf die Weise zu nasführen. Mäckerling indessen, der Bürgermeister, erhob es zum Ehrenanspruch, daß 9 das Vaterland nach seiner, Mäckerlings Erfindung gerettet würde. Seines Zeichens ein Landmann wie alle – weshalb auch ihr Ratssaal freundlich nach Heu roch – hielt er dafür, daß das Gold in den Acker gepflügt werden sollte. Dazu nickte der Pfarrer – er kaute gerade dürre Zwetschgen – nichtsdestoweniger blieb er bei seinem Vertrauen in den Kirchenaltar, den er als sichersten Hort auf Erden allezeit anempfehlen konnte. Nun saß auch der Magister Nasenspitz mit im Rate, ein Gelehrter und also heimlicher Gottesleugner, der, was immer der Geistliche vortrug, widerlegte. Er stand, noch bevor der Pfarrer sich einen weiteren Bissen in den Mund schob, reckte sein Fingerchen auf und begann eine Darlegung über Delphi, Ninive, Samarkand und Theben, wie sie mit ihren Tempelschätzen die Begehrlichkeit von Eroberern angelockt und den Untergang ganzer Kulturen verschuldet hätten. Dem Stadtbürgermeister gab er in verbindlicher Ermahnung das Höhlenvolk der Schärmäuse, Engerlinge und Roßmörder zu bedenken, welches sich die kostbare Saat zunutze machen möchte; gegen Stoffeln, der vorgeschlagen hatte, das Gold ins Herbstlaub der Wälder zu streuen, bemerkte er mit weniger Ehrerbietung, ja recht eigentlich mitleidig lächelnd, ob er 10 sich auch mit seiner Findigkeit dafür verbürge, die Münzen aus Nestern und Wurzelstöcken der Eichhörner wieder zusammenzutragen. In die Ratlosigkeit hinein rief von der Zuschauerbühne der junge Klaus Hähnchen: »Und vergessen die Ehrbarkeiten auch nicht völlig, auf unsre Bewaffnung zu denken!« Unwille murrte den Vorwitz nieder. Der Zeughauswart, ein wortkarger Stelzfuß, nahm die Gelegenheit wahr, ein Pergament seiner Ausstände abzulesen. Der Stadtbaumeister verbreitete sich über die Dringlichkeit von Bastionen. Fröschlach besaß zu der Zeit auch nicht einmal Wall und Graben. Sie ließen die Köpfe hangen. In den Schoß der Versammlung laufend, mit Tränen und händeringend beschwor Hirngewitter die Obrigkeit, doch ja nicht den Feind mit Widersetzlichkeiten zu reizen. Der Feind sei allmächtig und bestenfalls durch Angebote des guten Willens zu versöhnen, in der Weise etwa, daß ihm ein Viertteil des Goldes freiwillig abgetreten wurde. Im ferneren erachtete er es für weislich, einen Verlust in Gottes Namen drauf und dem Feind als Köder auf die Straße nach Schattensee zu legen. Hähnchen lachte und sah sich dafür bald an die Luft gesetzt. Der Rat beschloß, die Summe der Gedanken zu nützen, nämlich den Schatz in 11 Teilen einerseits preiszugeben, zur Abfindung des Feindes, für Harnische und ein Stadttor, anderseits nach den geprüften Möglichkeiten in Staatsgewahrsam zu behalten, in der Sakristei zu vergraben, unterzupflügen und auf das Waldlaub zu schütten. Der Stadtbaumeister verwies auf den Drachenstein, einen alten Turm in der Gegend; es sollte auch seinem Gemäuer eine Schüssel Goldstücke übergeben werden. Sie verfielen außerdem auf eine Neuerung, welche damals von sich reden machte, die sogenannte Schwarzenbacher Kanalbank, die noch überdies Zinsen gab. Von der Kanalbank kamen sie auf die Staatsanleihe der Schattenseer. Das Höchstmaß von Bedrängnis kann den Menschen dahin treiben, sich mit dem Erbfeind zusammenzutun; schweren Herzens und besser nicht als durch ein Zufallsmehr erhoben die Fröschlacher auch das Darlehen zum Beschluß. Um aber das Aeußerste zu tun, nicht aller Wahrscheinlichkeit entgegen der Gesamtheit ihrer Depositen verlustig zu gehen, spitzten sie ihren Scharfsinn auf den Gedanken zu, einen Rest in der Weise jedenfalls zu behalten, daß sie ihn unter die Bürger zur Aufbewahrung verteilten.
Der Weibel schellte mit dem Glöcklein, die Senatoren verließen das Rathaus. 12