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Eduard Young's Biographie ist noch zu schreiben. Würde sie aber auch nie geschrieben, sie läge dennoch in dem natürlichsten Denkmale des Genius – in seinen Werken.
Das vorzüglichste derselben ist nach dem Gefühle der Meisten unter den Wenigen, die es mit Liebe würdigten, jenes philosophische Epos, das unter den abwechselnden Namen der Nächte, Klagen und Nachtgedanken die Theilnahme höher gestimmter Menschen von jeher innig ansprach.
Indem es den Geist zu der ihm vorgezeichneten Sonnenbahn erhebt, legt es sich VI tröstend an das Herz, mit Adlerblicken Nachtigalltöne vermählend.
Young ist der Homer fühlender Denker.
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Dem Verständnisse, welches Leser gerne aus den bekannteren Lebensverhältnissen des Schriftstellers zu seinem Werke mit herüber bringen, seyen folgende Hauptzüge gewidmet.
Eduard Young war 1681 zu Upham geboren. In Oxford gebildet, wählte er zuerst das Studium der Rechte; 1719 nahm er die Doctorwürde an; in demselben Jahre erschien sein Trauerspiel Busiris. Der damals schon 38jährige Dichter gab binnen der vier nächsten Jahre seine zwei andern Tragödien: die Rache und die Brüder.
Bald nachher erschien sein Gedicht vom jüngsten Tage. Es erregte um so größere Aufmerksamkeit, da es aus Geist und Feder eines Layen geflossen. Nicht minder lebhaften Beifall fand etwas später ein anderes VII Gedicht: Die Macht der Religion, oder besiegte Liebe.
Beide gewannen ihm angesehene und mächtige Freunde. Beide bezeichnen aber auch jene Veränderung seines Innern, welche sich kurz darauf vor den Augen der Welt entwickelte, als er, schon über 40 Jahre alt, die theologischen Studien ergriff und im 47sten die Weihe nahm. Er wurde zugleich Hofkaplan Georgs des Zweiten.
In dieser Laufbahn gab er seine Schutzschrift für die Vorsehung und die Würdigung des menschlichen Lebens heraus. Auch erschienen in dem Zeitraume von 1725 bis 1728 seine trefflichen Satyren auf die allgemeine Leidenschaft.
Er erhielt 1730 die Pfarrei Welwyn in Hertfordshire; im folgenden Jahre, also im 50sten seines Lebens, vermählte er sich mit Elisabeth Lee, Wittwe des Obristen Lee und Schwester des Grafen von Litchfield. VIII
Obwohl allgemein geschätzt, und insbesondere von dem Prinzen Friedrich von Wales (Vater Georgs des Dritten) werth gehalten, erhielt er dennoch keine weitere Beförderung. Erst im 80sten Jahre wurde er Cabinetsprediger der Wittwe dieses seines hohen Beschützers.
Inniger Schmerz über unaussprechliches Unglück gab seinen Nächten das erste Daseyn. Binnen kurzer Frist verlor er seine Gattin (in den Nächten Lucia genannt) seine Stieftochter (Narcissa) und ihren Bruder (Philander).
Zehn glückliche Jahre hatte er mit ihnen verlebt, und die Kinder, noch jung bei der Wiedervermählung ihrer Mutter, geliebt und erzogen, als seyen es die seinigen.
Young selbst erreichte das 84ste Jahr. Noch im 80sten gab er seine geistreichen Gedanken über Original-Composition und sein letztes Gedicht, die Ergebung. IX
Er starb am 12ten April 1765; seine Reste ruhen bei Lucia's Hülle in der Pfarrkirche zu Welwyn. Alle Armen des Kirchspiels begleiteten, wie er es gewünscht, seine Leiche; doch durften ihr keine Leidtragenden folgen und keine Glocken geläutet werden. Seine Handschriften hat er noch vor seinem Tode vernichten lassen; sein beträchtliches Vermögen hinterließ er seinem leiblichen Sohne, Friedrich Young, von dem uns nichts Näheres bekannt ist. Daß dieser Sohn nicht die wirkliche Gestalt zu dem Lorenzobild des Gedichtes war, ist durch die Zeitrechnung erwiesen. (Die Nachtgedanken erschienen von 1741 bis 1746 und Young's einziger Sohn war 1733 geboren.) Nie aber war wohl eine Frage müßiger als die oft wiederholte nach diesem Lorenzo. Dem Dichtungsempfänglichen schon, um so mehr dem Höhergesinnten wird es klar, daß unter dieser Gestalt die Gesammtheit einseitiger Sinnenmenschen und X befangener Erdenfreunde aufgeführt und angeredet ist.
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Wenn Youngs Biographie in seinen Werken liegt, so strahlt aus seinen Nächten ein noch weit edleres Kleinod: das der innern Offenbarung!
Wer so fühlte, dachte und sang, hätte geträumt? Nur geträumt hätte, der so träumen könnte!
Heiliger Glaube hat des Tempels genug im reinen Menschen-Innern! Einer seiner hohen, höchsten, würdigsten Priester ist Young.
Ihm war der Himmel auf Erden offen! – Seine Biographie ist geschrieben.
Emrichshofen in Baiern am 9. May 1825.
Ch. E. Gr. v. Bentzel Sternau.