Sophie Wörishöffer
Gerettet aus Sibirien
Sophie Wörishöffer

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Schlußwort.

Die Reise auf dem Sturmvogel ging glücklich von statten; ihre unvermeidlichen Beschwerden erschienen den Geretteten nach allem, was sie während der Fahrt durch Sibirien erlitten, als unbedeutend, sie erholten sich vielmehr bei Pökelfleisch und Erbsen auf das beste, namentlich da auch neben der regelmäßigen körperlichen Verpflegung so viel Neues und Wunderbares ihnen zu Ohren kam, daß sie die Leiden der Gefangenschaft und eisigen Polarnacht sehr bald vergaßen.

Während sie Robbenspeck und Seehundsfleisch aßen, hatten ihre deutschen Landsleute den siegreichen Krieg gegen Frankreich zu Ende geführt, und als sie auf der Reise nach Genf die Stadt Berlin berührten, da war das an jenem Tage, als das siegreiche Heer, mit Lorbeeren bedeckt, seinen Einzug in die geschmückte Hauptstadt hielt.

Blumen und Kränze überall, Guirlanden von Fenster zu Fenster, Fahnen und Lampions, dabei freudestrahlende Gesichter von Hunderttausenden – es war ein großer, bedeutsamer Tag, der allen, die ihn gesehen, für immer unvergeßlich bleiben mußte.

Sie sangen mit und jubelten mit, obwohl es ihnen doch unmöglich war, in Deutschland ihren dauernden Aufenthalt zu nehmen.

In Genf trafen die Vielgeprüften schon ihre Verwandten, die zu längerem Besuche bei ihnen blieben, ebenso Fräulein Toni Bochner, des lieben, alten Freundes jugendliche Tochter, welche sich besonders an Emma innig anschloß und nicht müde wurde, mit einem angenehmen Gruseln die Geschichten aus Sibirien immer wieder anzuhören.

Hermann saß nach langer, unfreiwilliger Muße jetzt emsig bei einer längeren schriftlichen Arbeit, die er an eine gar hohe Persönlichkeit sendete, an Seine Majestät den Kaiser aller Russen.

Er schilderte in dieser Immediateingabe die Zustände in den Ostseeprovinzen, wo eine andauernde Deutschenhetze planmäßig betrieben wird und in ihren Folgen zu den ärgsten Mißständen führt. Er sagte rund heraus, daß sein verstorbener Vater nur um seiner Nationalität willen 224 verdächtigt worden sei und daß man ihn selbst verfolgt habe, ohne auch nur den allergeringsten Grund zur Anklage zu besitzen. Schließlich bat er das Oberhaupt des russischen Staates um eine Untersuchung des Falles und eine Begnadigung, oder vielmehr eine Aufhebung des Strafverfahrens, damit es ihm möglich sei, in der Heimat einen dauernden Wohnsitz zu gründen. Zugleich erzählte er Jermaks Geschichte und bat für diesen unbestechlich treuen Beamten um eine Anerkennung der bewiesenen Treue.

Kaiser Alexander der Zweite, das Opfer des bekannten fluchwürdigen Verbrechens vom 13. März 1881, war edel genug, dieser Bittschrift Gehör zu geben. Hermann Brandt erhielt das Recht, nach Rußland zurückkehren zu dürfen, während zugleich das eingezogene Vermögen wieder herausgezahlt wurde.

Eine glänzende Genugthuung, die nur eins so recht schmerzlich ins Gedächtnis rief. Den armen, in den Tod gehetzten Vater konnte doch kein kaiserlicher Gnadenbeweis seinen trauernden Kindern zurückgeben.

Von Jermak kam eines Tages ein dicker Brief. Er war in sein früheres Amt wieder eingesetzt worden und zeigte sich jetzt, wo der Zwiespalt zwischen dem Herzen und der Pflicht endgültig beseitigt war, als ein treuer Freund. Auf Hermanns Einladung hin machte er mit Frau und Kindern eine Erholungsreise nach Deutschland, wo er gerade zur rechten Zeit ankam, um bei der Hochzeit des jungen Mannes mit Toni Bochner an der Seite des Tanzlehrers als Trauzeuge zu dienen.

Jetzt saßen die Bewohner der Schneehütte vom Kap Baranoff beim Champagner zusammen, und Emma trug ihre Edelsteine, die damals Otto unter dem Schnee fand – sie zeigte dieselben dem Polizeimeister.

Er nickte. »Ich habe die Sache zur Anzeige gebracht«, erklärte er.

»Und?« fragte Hermann.

»Bin furchtbar ausgelacht worden!«

Sie stimmten alle nachträglich in diese Heiterkeit mit ein, auch Jermak selbst.

 


 


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