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Querschläger

Von der Wahrheit und der Unwahrheit *

Litauisches Märchen

Einstmals gingen die Wahrheit und die Unwahrheit in der Welt umher. Sie wurden hungrig, und jede von ihnen hatte weiter nichts als einen Laib Brot.

Sie setzten sich hin und sprachen: »Wessen Brot von uns beiden wollen wir zuerst essen?« Unwahrheit sagte: »Essen wir erst dein Brot und dann das meine.« Gut. Sie aßen das halbe Brot der Wahrheit und gingen weiter. Nun wurden sie wieder hungrig. Jetzt wollte die Wahrheit von dem Brote der Unwahrheit essen, aber diese sagte: »Essen wir erst einmal dein Brot zu Ende, dann kommt meines daran!« Die Wahrheit, ohne was Schlechtes zu ahnen, gab ihren Rest her, und sie aßen ihn auf.

Sie gingen weiter, und nach einiger Zeit wollten sie wiederum essen. Jetzt mußte schon die hungrige Wahrheit die Unwahrheit um Brot bitten. Die Unwahrheit entgegnete aber: »Ich gebe dir erst Brot, wenn du dir dein Auge ausstechen läßt.« Die Wahrheit wollte es allerdings erst nicht, aber als sie vor Hunger nicht mehr aus und ein wußte, gab sie ihr Auge und bekam für diesmal Brot. So gingen sie weiter, bis sie von neuem Hunger hatten. Dann bat die Wahrheit wiederum um Brot. Die Unwahrheit sang das gleiche Lied: »Willst du dir dein zweites Auge ausstechen lassen, so gebe ich dir Brot!« Da die Wahrheit sehr hungrig war, gab sie ihr letztes Auge dahin. Aber die Unwahrheit gab der Wahrheit, als sie ihr die beiden Augen ausgestochen hatte, kein Brot, sondern ließ sie hungrig in den Feldern und Wäldern umherirren. Deshalb ist auch ein Sprichwort bei den dummen Bauern entstanden: »Ja, es gibt eine Wahrheit in der Welt, aber sie ist blind.«

Was ich tun würde *

Was ich tun würde, wenn ich einmal einen Tag lang Hauptmann meiner Batterie wär? Vor allem:

Ich würde morgens beim Wecken mich noch einmal auf die Seite legen und gottesruhig drei, vier Stunden weiterpennen.

Ich würde den Fernsprechkasten meines Unterstandes In einem großen Eimer Wassers ersäufen.

Ich würde unweigerlich einen jeden, der auch nur mit einer Silbe vom Kriege spräche, vierzehn Tage ins Loch stecken zu Wasser und Brot.

Zum Schluß würde ich mich so eingehend über meine Dämlichkeit ärgern, daß ich mit einem lauten Knall aus meiner Kanoniershaut führe.

Die Raben *

Drei Raben saßen auf einem Leichenfeld und kamen miteinander in Streit. Sie schwangen die schwarzen Flügel hallend hin und her, stießen sich die scharfen Schnäbel vor die Brust und machten ein solches Gekrachz und Heidengeschrei, daß der Oberrabe geflogen kam und fragte, was da eigentlich wäre.

»Herr Oberrabe,« sagten die dreie und putzten sich das Blut von den Federn, »wir haben hier einen Toten gespeist bis auf diese runden Dinger hier.« (Sie meinten die Augen.) »Die haben wir bis zuletzt aufgespart, denn sie schmecken am besten, wer soll sie nun haben?«

»Hm,« sagte der Oberrabe und zog seinen Pastorenkopf näher an die Halskrause, »ich denke derjenige, der mir sagen kann, wozu der liebe Gott diese runden Dinger eigentlich wachsen ließ.«

Der Erste krächzte: »Damit der Mensch sehen kann!«

Der Zweite: »Nein, damit man durch diese Dinger hindurch in den Menschen hineinsehen kann!«

Der Dritte: »Nein, weil sie uns Raben so vorzüglich schmecken!«

»Krah, krah,« krahte der Oberrabe und verbeugte sich verbindlich gegen den, der zuletzt gesprochen hatte, »genau genommen, neige ich ganz auf deine Seite, junger Freund. Doch damit wir sicher gehen und keinem aus unserer ehrenwerten Rabengesellschaft Unrecht tun, ist es räblich rätlich, wir holen uns Auskunft beim lieben Gott selber.«

Dieser Rat leuchtete der schwarzen Gesellschaft ein. Sie taten einen Abschiedskrachz und flogen davon, den Herrgott zu suchen. Aber weil's dumme Raben sind, haben sie ihn bis heute noch nicht gefunden.

Der königliche Besuch *

Auf der Zeitung der 10. Armee war Hochbetrieb.

Dreimal in einer Woche war von den Ordonnanzen der Boden geschrubbt worden, etwas sonst Unfaßbares. Dem Feldwebel war anzusehen, daß er nachts die Schnurrbartbinde trug, und unser Leutnant sauste andauernd mit einem kreisrunden Gegenstand im Zeitungsgebäude auf und ab. Später stellte sich heraus, daß dieses Kreisrund das bekannte I-tüpfelchen war, das nicht fehlen durfte. Gut Nacht!

Etwas ging also vor, und schließlich wußten wir's: der König von Sachsen sollte den Betrieb besichtigen, deshalb die großen Vorbereitungen. Fürsten und Herzöge waren schon manche dagewesen, ein leibhaftiger König aber noch nicht. Jeder war gespannt, wie so ein Tier aus der Nähe aussieht, und den Sachsen unter uns klopfte das Herz erwartungsvoll, alldieweil sie ihren allerhöchsten Landesherrn aus allernächster Nähe sehen sollten, welche Nahsicht gewöhnlich die Folge hatte, daß verschiedene Orden- und Ehrenzeichen auf den breiten Mannesbrüsten hängen blieben.

Der große Tag kam, die Mannschaft mußte bereits eine Stunde früher als gewöhnlich aufstehen. Die Fußböden wurden ein viertes Mal geschrubbt. Jeder mußte sich in den besten Anzug werfen.

Plötzlich, etwa eine halbe Stunde, bevor der hohe Herr kam, wurde der Betrieb unerwarteterweise stillgelegt. Die Mannschaften erhielten Befehl, sich in ihre Stuben zurückzuziehen. Keiner durfte die Kaserne verlassen. Die Schriftleiter mußten den Helm aufsetzen (Ordonnanzanzug) und wurden in die Kutscherstube gesteckt, für den Fall, daß Seine Majestät etwa einen von dem Federvieh vor sich zu befehlen geruhten.

Es erfolgte ein allgemeines Schütteln des Kopfes.

Die ganze Armee-Zeitung erschien ausgestorben. Nur auf der Freitreppe standen zwei Menschen, unser Leutnant samt Feldwebel, und schauten sich die Augen aus nach dem Königsautomobil.

Punkt zehn Uhr fuhr es vor. Die Herren Schriftleiter, die das Töff-Töff gehört hatten, pfiffen auf den erhaltenen Befehl, demzufolge sie die Kutscherstube erst dann zu verlassen hatten, wenn sie gerufen wurden, und lugten mit ihren Luchsaugen neugierig um die Ecke.

Da sahen sie denn, daß dem Auto zwei Offiziere entstiegen, die sich bemühten, einen Dritten aus dem Wagen herauszuholen. Schließlich gelang es. Der Dritte, blau und rot im Gesicht, war kein anderer als Sachsens König August, wieder einmal vollständig besoffen. Die beiden Adjutanten faßten ihn unter und zogen ihn so über die Treppe hinauf, hinein in die Räume der Armee-Zeitung, alldieweil unser Leutnant samt Feldwebel, die Knie stramm durchdrückten und ehrfurchtsvoll salutierten.

Jetzt begriffen die Herren Schriftleiter, warum die gesamte A.-Z.-Mannschaft in der Kaserne bleiben mußte und warum man sie, die geistigen Häupter, in die Kutscherstube konzentriert hatte.

Drinnen wurde inzwischen der König in das Zimmer des Leutnants gebracht. Dort wurde er am Schreibtisch des Hauptschriftleiters im Sessel niedergelassen, worauf er, den Händen der Adjutanten entglitten, gleich mit dem Kopf auf die Schreibtischplatte fiel. Zweimal machte er den Versuch hochzukommen, und – hupp – eine Zote – hupp – zu erzählen, was aber mißlang, worauf Seine Majestät in einen Schlaf verfiel, der von hörbarem Schnarchen begleitet war.

Die beiden Adjutanten und unser Leutnant samt dem Webel des Feldes umstanden inzwischen den schnarchenden Monarchen. Dieses Familienidyll dauerte zwanzig Minuten (auf so lange war nämlich der Besuch der Zeitung festgesetzt). Darauf wurde Majestät von seinen Adjutanten pflichtschuldigst geweckt, wiederum unter den Arm genommen und über die Treppe hinunter in das Auto geschleppt.

Wiederum lugten die Herren Schriftleiter um die Mauerecke. Einen besoffenen König sah man nicht jeden Tag in den Zeiten des rationierten Alkohols.

Das Auto mit seinem hohen Gast stank ab. Der Feldwebel wischte sich den Schweiß von der Feldwebelstirn. Die Herren Schriftleiter feuerten ihre Helme in die Ecke der Kutscherstube, daß es nur so knallte, und die Mannschaften wurden aus der Kaserne geholt und konnten wieder an ihre Arbeit gehen, ohne Sachsens König gesehen zu haben.

Im Laufe des Nachmittags brachten zwei Ordonnanzen vom A. O. K. einen ganzen Waschkorb voll Orden und Ehrenzeichen geschleppt.

Davon konnte sich jeder nehmen, soviel er nur wollte.

Einer soll sich sogar einen Bruch gelupft haben.

Angriff *

Hast du noch Kaffee?

»Nein, aber Schnaps!«

Viel?

»Zehn Schluck schon!«

Her damit! Es wird heruntergeschwenkt, in einer Viertelstunde kann es zwölf geschlagen haben! Her damit! Im Angesicht des Todes ist dieses gebrannte Wasser die Quintessenz des Lebens.

Die Artillerie schreit sich heiser. Ein rasch gegebener Befehl reißt uns aus dem Graben heraus. Vorwärts! Vorwärts! Ich sehe nichts, ich höre nichts. Brausen füllt meine Ohren aus. Unbekannte Gewalten stoßen mich vorwärts. Neben mir laufen die Schatten meiner Kameraden. Auf mein Genick fällt keuchender Atem meines Hintermannes.

Hinliegen! Feuern, nichts als feuern!

Wie elektrische Funken von einem Pol zum andern springen die Schüsse von uns weg, auf uns zu. Der Tod hat sich zu Licht und Feuer gewandelt. Er blendet.

Noch einen Schluck in der Flasche? Her damit, und wenn's der letzte ist! Was schmift und pfeift da so?

»Eine Granate.«

Was ist das, eine Granate? Ich weiß es nicht. Ich habe alle menschlichen Ausmaße vergessen. Sie fällt nieder. Krach, sie zerreißt! Ein Wirbel springt auf, ein Springbrunn aus Erde und Splittern. Sprengstücke, schlimmer als Messer. O der fürchterlichen Schreie!

Neuer Befehl! Vorwärts, vorwärts!

Der Helm ist mir vom Kopf geschlagen. Blut läuft eilig wie ein Metzgerhund in mein linkes Auge. Eine fürchterliche Gestalt steht vor mir. Bajonett, tu deine Arbeit! Nein, verdammt, das ist kein Feind, das ist einer von uns, der mir in der Aufregung den Hieb über den Schädel versetzt hat.

Vorwärts! vorwärts!

Löcher im Boden, gierig nach unserem Fleische schluckend. Stacheldraht, spanische Reiter, von deutschem Eisen auseinandergerissen. Ich bleibe mit meiner Montur in der Schlangenwirrnis hängen. Trompetenstoß! Vorwärts! vorwärts! Losgerissen! Die Fetzen bleiben hängen, warm kriecht es mir über Schenkel und Waden, was macht's! Ich lebe noch! Vorwärts! Das Blinken meines Bajonetts zieht mich nach. Vor mir eine kleine Anhöhe, in speiendes Feuer gehüllt. Lebe ich noch? Führ ich einen Gespensterkampf? Dunkle Gestalten rennen im Laufschritt davon. Vereinzelte breite Klumpen halten Stand. Bajonett! Bajonett! Kratsch! Kratsch! Stahl gegen Stahl! Stoß gegen Stoß, erbittert, weitausgeholt! Merkwürdiger Dampf kommt, verflucht, das war schnell entschieden! Jetzt der Sprung hinunter! Links und rechts den Graben hinunter! Tummelt euch, tummelt euch, sonst kommen die Handgranaten! Unfähig, die Welt als Mensch zu erkennen, wird die Arbeit getan. Heraus, heraus, den letzten Anlauf! Herz, hämmere weiter! Wütende Schreie holen mich ein! Drauf! drauf! drauf! drauf! Das Weiße glitzert in den Augen der Feinde. Tierisch, erbärmlich, sonderbar hell gellen die Todesschreie. Die Durchstochenen machen merkwürdige Verbeugungen. Auch ihr seid Menschen, unsre Brüder. Menschen! Brüder? was sind das für Worte? Menschen? Brüder? Hoch der Soldat! Und lägen jetzt Vater und Mutter vor uns, wir würden sie töten, zertreten!

Halt! Nicht weiter! Flankenfeuer von links!

Flankenfeuer? Haft du noch Schnaps in der Flasche?

»Was?«

Noch Schnaps in der Flasche?

»Nein, alles leer!«

Hol dich der Teufel!

Nach gewonnener Schlacht *

Die Schlacht war geschlagen. Der Sieg hatte sich nach langem, aufregendem Zaudern endlich auf unsere Seite geworfen. Der Feind befand sich allenthalben im Rückzug.

Die jungen Menschen lehnten halbtot an den Kanonen, Gesicht und Hände schwarz vom Pulverdampf, die Augen entzündet und von giftigen Gasen gebeizt.

Rundum das Chaos: zerschmetterte Leichen, tote Pferde, Verwundete, die ihre Schmerzen durch laute Schreie abzuschütteln suchten, furchtbarer Qualm brennender Häuser, Gestank hunderter, seit Tagen nicht beerdigter Kadaver.

Von der Beobachtung her brachten zwei Fernsprecher auf einer Baumbahre einen Hauptmann geschleppt. Er war tötlich verwundet, von Gott und der Granate gezeichnet, der blutige Dreck quoll aus seinem offenen Leibe, und wie getretene Schlangen wanden sich die Gedärme dazwischen. Seine Arme hoben und senkten sich im Krampf wie die Flügelschläge eines sterbenden Vogels. Auf der Stirne stand der Todesschweiß in dicken Tropfen, und die räuberischen Fliegen kamen und saugten davon.

Die Soldaten sammelten sich in einem großen Haufen und weinten alle, als sie zu ihren Füßen dieses Jammerbild der Vernichtung sahen.

Aber mitten in den Tränen legte sich eine bissige Hand auf ihre Schultern, und eine klare schneidende Stimme sprach laut und vernehmlich: »Kinder! Sieg! Sieg! Was weint ihr? Jetzt hängt man in Deutschland die Fahnen heraus!«

Die Hure *

Wir lagerten in einem zerschossenen Dorfe. Schutt, Kohle und Asche im Kreise, und nur die festgebauten russischen Kamine hatten unseren Granaten getrotzt und zeigten zum grämigen Himmel auf wie die Finger Gottes.

In langen Reihen standen die Pferde da und fraßen aus den Habersäcken, Wir suchten die Taschen aus nach dem letzten Krumen Tabak. Ein Weib kam und bot sich an. Salzer, der ihr zunächst lag, jagte sie fort. Sie ließ sich erschrecken und lief vor seinen rohen Worten davon, wie ein Vogel, der durch Steinwürfe verscheucht wird.

Nach einer Weile kam sie wieder. Und ward auf's neu davon gejagt und kam auf's neue wieder. Nachher sank die Nacht. Die Dunkelheit löschte die Scham aus. Einer ging mit ihr und nachher noch einer. Aber sie nahm von keinem Geld, sie wollte nur Brot. Alle gaben ihr, was sie noch hatten.

Sie band das Brot in ihre Schürze und trug es fort in einen Keller. Ich ging ihr nach, und als ich die Stufen hinuntergestiegen war und meine Taschenlampe aufzucken ließ, saßen fünf armselige Kinder um die Frau herum und fraßen aus der Schürze, wie die Säulein aus dem Troge. In der Ecke lag ein toter Mann, die Hand vor den Augen, als könne er das Licht nicht ertragen.

Nachher unter meiner Zeltbahn mußte ich lautaus heulen. Der dicke Pöl, der Koch, wachte auf, stieß mit dem Fuß nach mir und sagte zu den andern: »Hört nur, die elsässische Sau hat wieder Heimweh!«

Die fett werden *

Bei Blonie, als wir in einem unsagbar stinkigen Saustall übernachteten, und ich lange wach lag, weil mir die Luft zu sehr auf den Atem drückte, fing ich ein Gespräch auf, das zwei unbekannte Stimmen in der Dunkelheit miteinander führten.

Weiß Gott, sagte einer, wenn ich mich so in den Geist dieses Krieges vertiefe, kommt ein Erlebnis hoch, das ich am Rhein bei Hüningen hatte. Ich ging spazieren, nach Kleinkembs hinunter. Da sah ich auf einer Strecke von vielen Kilometern etwa fünfzig Meter weit in den Rhein hinein tote Eintagsfliegen liegen. So hoch war die Leichenschicht, daß sie wie eine Decke auf dem Wasser liegen blieb. Nur außen am Rande bröckelte sie ab. Da sprang ab und zu ein dicker Fisch hoch, holte sich ein Maul voll und verschwand wieder. Mich begrauste dieser hirnlose Massentod. Gewiß, alle Eintagsfliegen müssen einmal sterben. Ewig kann keine Kreatur leben. Aber, Mord meines Lebens, mußten sie einzig darum verrecken, daß sich die paar vornehmen Salme den Schuppenwanst vollfressen konnten?

Der Soldat geht vor *

Der Soldat geht vor. Das ist Kriegsrecht. Des Soldaten Gaul geht ebenfalls vor. Auch das ist Kriegsrecht. Deshalb haben wir nur streng nach Kriegsgebrauch gehandelt, als wir dem Bauern die beiden Kühe aus dem Stall nahmen und dafür unsere Batteriepferde hineinstellten. Das ist Kriegsrecht und niemand, auch der ärgste Wortklauber nicht, kann uns daraus einen Vorwurf machen.

Die einte Kuh verlief sich und ward, da sie im Sumpfe ersoff, nicht mehr gesehen. Die andere Kuh blieb hartnäckig an der Stalltüre stehen und wich nicht. Als wir zum Essenfassen gingen, stand sie noch immer da und glotzte uns mit ihren runden Kuhaugen schwerfällig verwundert an. Am Abend fiel Schnee, und in der Nacht kam eine solche Kälte, daß selbst das fließende Wasser gefror und alle Sterne aus dem jungen Schnee herausglitzerten.

Die Kuh vor dem Stalle brüllte wie wild, so daß wir alle aus unserem schönen Schlafe aufwachten und kein Auge mehr zutun konnten. Der Soldat geht vor. Das ist Kriegsrecht. Und wenn der Soldat nicht schlafen kann, wird er ärgerlich; denn schlafen ist nötiger als essen. »Die Kuh muß verschwinden!« entschied die Mehrzahl. »Wir wollen sie schlachten!« »Nein,« sagte einer, »zum Schlachten ist sie zu alt. Das Fleisch ist schon zu zähe; wir wollen uns doch nicht die Zähne ausbeißen! Also wird sie erschossen!«

Wisent, der Wilddieb, der überhaupt alles hinmacht und Käfer und Würmer zum Beispiel mit einer geradezu satanischen Freude zusammentritt, warf die Decken ab, nahm den Karabiner vom Nagel und schlurfte hinaus. Wir warteten und hielten den Atem an. Ich zählte bis fünfzehn, da krachte der Schuß. Dumpf fiel des Tieres Körper gegen die Balken.

Wisent kam hinein und legte sich. »Sie zappelt noch ein wenig,« sagte er und kuschelte sich ins Stroh hinein, »aber in einer Viertelstunde wird sie bestimmt hin sein!«

Eine Viertelstunde ist einer sterbenden Kreatur eine lange Zeit. Solange hielt unser müdes Hirn nicht aus. Nach fünf Minuten schon schliefen alle den traumlosen Soldatenschlaf.

Was ging uns die Kuh an?

Der Soldat geht vor.

Das ist Kriegsrecht.

Der Todseher *

Ein Infanterist erzählte mir, unter seinen Kameraden sei einer, den alle sehr fürchteten. Sie würden ihn nur den Todseher nennen; denn wo der am Morgen zu einem Unterstand hineinschaue, so könne man Gift drauf nehmen, daß an dem Tag einer aus diesem Unterstand sterben müsse. Daher hätten alle eine große Wut und Erbitterung gegen ihn. Keiner gönne ihm ein gutes Wort, und er müsse sich hüten, bei Nacht und Nebel durch die Stellung zu gehen, sonst könnte es vorkommen, es schlüge ihm einer ohne großes Voraus den Schädel ein. Aber bei Nacht müsse es sein. Es hätten ihm ein paar am heiterhellen Tage aufgelauert, aber da habe er nur den linken Arm gehoben, und der Kolben sei daran zersplittert, wie ein Stück Glas. Ich mußte innerlich lachen, als mir der Landsmann das alles so ernsthaft erzählte. Weil mir der Alte keine Ruhe ließ, ging ich mit ihm raus aus dem Graben. Er streckte die Hand aus und wies mit dem Zeigefinger wohin. Da sah ich den Todseher in einer kleinen Mulde liegen, ein langer, bleichsüchtiger Mensch von hagerer, ausgemergelter Gestalt. Auf seinem Ringfinger saß ein Spatz, den er an sich gewöhnt hatte, und fraß ihm eifrig eine Brotkrume nach der andern aus der Hand. Mit erschrockenen Augen guckten die Grabenleute zu. Bedeutsam trat mich der Landwehrmann auf den Fuß und fragte: »Hab ich nicht gesagt, der Hund kann hexen?«

Die Solidarischen *

Die Batterie klagte über schlechtes und ungenügendes Essen. Wo zwei oder drei beieinander standen oder saßen, fuchtelten sie mit den Armen in der Luft umher und sprachen: Die Sache muß anders werden, verlaß dich drauf, in diesem Kuhgalopp geht's nicht mehr weiter! Beim nächsten Löhnungsappell treten wir vor und verlangen unser Recht!

Der Appell kam. Die Mannschaften waren gelöhnt. Der Feldwebel steckte das Notizbuch ein und kommandierte: Stillgestanden! Augen rechts! Wir nahmen alle die Köpfe nach rechts und schauten unsern Oberleutnant an. Der streifte einen Handschuh ab und fragte, dabei über uns hinwegsehend: Hat sonst noch jemand Forderungen an die Batterie an Brot, Geld oder sonstigen Gebührnissen, der trete vor!

Ein einziger trat vor von den hundertundsiebenundneunzig Leuten, die gegenseitig gesprochen hatten: Verlaß dich drauf, die Sache soll und muß anders werden!

Was mangelt Ihnen? fragte der Oberleutnant.

Ich habe in der letzten Dekade anderthalb Brote zu wenig empfangen. Außerdem möchte ich Herrn Oberleutnant darauf hinweisen: das gelieferte Essen ist schlecht zubereitet und in der verabreichten Menge durchaus ungenügend!

Die Helden der Batterie, die Sieger von Warschau und Nowo-Georgiewsk, hielten den Atem an und erwarteten Sturm und Regenwetter. Es kam aber nichts dergleichen. Im Gegenteil, der Alte streifte sich den Handschuh wieder an und fragte mit dem freundlichsten Lächeln von der Welt den Flügelmann: Haben sie genug zu essen, Benz? Schmeckt Ihnen das Essen? und so fragte er das erste Glied hinunter und das zweite Glied hinauf einen Mann nach dem andern bis auf den letzten. Und ein jeder, der gefragt wurde, riß die Knochen zusammen und sagte: Zu Befehl, Herr Oberleutnant, das Essen schmeckt gut! Und manche von denen, die vordem gesprochen hatten: Die Sache wird anders, nimm Gift drauf! Wir fordern unser Recht! taten noch ein Übriges und sagten, es schmecke ihnen ausgezeichnet.

Darauf wandte sich der Oberleutnant, noch immer das feine, sarkastische Lächeln unterm Schnurrbart, an das verlassene Häuflein Unglück, das vor der Front stand, und sagte: Sehen Sie, mein lieber Wöhrle. Sie haben es ja selbst mit angehört: Allen Leuten schmeckt das Essen! Alle Leute haben genug bekommen! Ich kann doch Ihretwegen nicht den ganzen Speisezettel umstoßen, so gerne ich's auch tun würde. Das sehen Sie, als verständiger Mensch wohl selber ein.

Daraufhin sagte der Kanonier: Zu Befehl, Herr Oberleutnant! machte eine stramme Kehrtwendung und verschwand in sein Loch.

Das Essen ist inzwischen noch miserabler geworden. Die Leute fuchteln von neuem mit den Armen im Luftreich herum und stecken die Köpfe zusammen: Verlaß dich darauf, lieber Scholli, die Sache muß anders werden!

In einigen Tagen ist wiederum Löhnung. Wird da der Kanonier Wöhrle noch einmal vortreten?

Was meinst du?

Warschauliches *

Kurz nachdem die Stadt in unseren Händen war, erzählte der Wintersteiner, wurde ich als Posten vor eine Sommervilla gestellt, die als Lazarett diente, mit dem Auftrage, niemanden auspassieren zu lassen.

Die Ausführung dieses Befehles fiel nicht schwer. Von den Russen, die hier in den Sälen lagen, waren alle schwerverwundet. Fortkrauchen konnte keiner mehr. Gesunde Menschen waren weiter niemand da, als zwei junge Ärzte und etliche Wärterinnen. Einer kam zu mir und forschte mich aus, ob es stimme, daß wir die ganze Stadt besetzt hätten. Ich sagte ja. Daraufhin wollte er wissen, ob er und sein Kollege als Kriegsgefangene abgeschoben werden würden. Ich antwortete, genau wisse ich's nicht; aber wahrscheinlich sei es. »Gut,« sagte er und grüßte mich militärisch, »unser Dienst hier ist also beendigt.« Dann rief er seinem Kollegen; der lachte, und beide gingen mit zwei Wärterinnen in den Garten hinaus.

Droben in den Zimmern schrien die Verwundeten. Und die ihnen Hilfe hätten bringen können und es vor Gott und der Welt auch gemußt hätten, wälzten sich wie Tiere hinter den Bosketten und begatteten sich.

Von der Seele des Soldaten *

Ich habe von der »Seele« des Soldaten im Felde so Vieles und so Widersprechendes orakeln hören, daß ich beschloß, der Sache schärfer an den Leib zu gehen. Da kam ich zu dem überraschenden Ergebnis, daß der Soldat eigentlich gar keine besondere soldatische Seele habe; denn in den Augenblicken, wo es in des Wortes stärkster Bedeutung um Diesseits und Jenseits geht, scheint das, was man gemeinhin als Seele anzusprechen pflegt, vollkommen ausgeschaltet zu sein. Hier die Grundlagen zu meiner Behauptung. Es sind Antworten auf die Frage: »Kamerad, was hast du gedacht, als du das erstemal im Feuer warst?«

Ein Lehrer, zweiunddreißig Jahre: »Ich habe mir gar nichts gedacht!«

Ein Erdarbeiter, vierundzwanzig Jahre: »Aber jetzt hat's zwölf gschlagen, Hab i dacht!«

Ein Bierführer, zweiunddreißig Jahre: »Schaköble, hanni denkt, jäz hascht ganz gwies zum lätschta Mal gschissa!«

Ein Maurer, 36 Jahre: »Ich hab mich geduckt!«

Ein Theologe, 24 Jahre: »Ich hatte ein Gefühl absoluter Leere in mir. Mein Magen lag klumpenförmig wie ein Stein. Überhaupt ist mir mein Körperliches noch nie auch nur annähernd so stark zum Bewußtsein gekommen wie gerade in jenen Augenblicken. Von etwelchen besonderen Gedanken und Gefühlen kann gar nicht die Rede sein. Ich möchte sagen, ich war, solange die erste Spannung dauerte, mir selber zum Objekt geworden.«

Ein Handlanger, achtundzwanzigjährig: »Dreißig Meter nächer, du Lumpengranat, du elendige, dann holt uns der Deifel!«

Ein Kleinkaufmann, dreißig Jahre: »Wenn ich dran muß, was ist mit meiner Hypothek? Es sind viertausend Mark, und sie werfen mir meine Frau raus!«

Ein Kassenbeamter: »Mein linkes Ohr summte. Ich hab immerfort einen Walzer spielen hören!«

Ein Arbeiter: »Ich hab gedacht, ich muß sterben!«

Ein Arbeiter: »Scheißdreck, hab i dacht!«

Ein Arbeiter: »Wie's geht, so geht's!«

Ein Arbeiter: »Nai. Ich war nicht bei mir selber.«

Ein Wirt: »Ein Vaterunser hab ich betet. Aber auf einmal hab ich nicht mehr gewußt, wie's weiter geht.«

Ein Student: »Es war alles so unsagbar weit geworden. Ich wußte gar nicht mehr, daß ich ein Mensch war.«

Ein Schüler: »Ich hatte das Gefühl: Weg von hier! Wenn du nur ausreißen könntest! Aber der Hauptmann stand daneben.«

Ein Schüler: »Es war mir rot vor den Augen.«

Ein Buchhändler: »Ich schaute auf die Uhr, es war viereinhalb Minuten vor drei.«

Ein Fabrikarbeiter: »Es ist alles aus, hab ick gedacht.«

Ein Schriftsetzer: »Es klopfte wie ein Rhythmus in mir: Um das Vaterland zu retten, steig ich nieder in den stygschen Fluß!«

Ein Redakteur: »Ich hörte nur den Knall und das Gezisch. Besondere Gedanken? Nein, ich hatte keine!«

Ein Arbeiter: »Ich glaubte nicht, daß es ernst sei!«

Ein Arbeiter: »Nur nicht sterben!«

Ein Arbeiter: »Die Hände zitterten mir.«

Ein Arbeiter: »Ich mußte das Wasser abschlagen!«

Ich denke, diese Proben genügen, wer Schlüsse ziehen kann, hat des Materials genug.

Der Alte wird abgeführt *

Als der Beobachtungsunterstand endlich fertig war, erwies sich, daß sich unser Hauptmann in der Geographie geirrt hatte, denn der Unterstand lag drei Kilometer westwärts von dem Fleck, wo er eigentlich hätte sein sollen.

Das gab einen bösen Krach, und unser Alter hatte rote Ohren, als er von der Division zurückkam. Aber trotzdem tat er so, als ob ausgerechnet er das Pulver erfunden hätte und gab uns Funktion, daß die Schwarte krachte. Das Schlimmste war, daß wir noch mitten in der Nacht hinaus mußten, um den neuen Beobachtungsstand zu bauen.

Es war gut, daß in jener Nacht die Geschütze so arg donnerten; sonst hätte die Luft mindestens ebenso laut von unseren Segenswünschen geklungen. Und wenn die vernommen worden wären, hätte das Kriegsgericht für zwei Jahre Arbeit gehabt.

Na, am Morgen war der ärgste Zorn verraucht und wir zwanzig Mann hatten schon ein ordentliches Stück geschafft: die Grube war bereits so tief ausgehoben, daß man bequem darin aufrecht stehen konnte.

Um neun Uhr machten wir Pause und schluckten den Kaffee, den uns die Essenholer gebracht hatten. Wir setzten uns auf die frischaufgeworfene Erde nieder und ließen uns den Dampf um die Nase wehen. Es störte uns auch nicht, als der Alte dazu kam; denn wir hatten die Essenspause reichlich verdient.

Während der Alte herumstorchte, mißvergünstig, daß er nichts fand und nichts hatte, an dem er nochmals seine Wut auslassen konnte, kam aus dem Wald auf der andern Seite eine russische Partisanenabteilung hervor, etwa fünfzig, sechzig Mann, die neugierig vom Waldrand aus zu uns herüberschauten.

Wir waren an der Stelle von den Russen etwa 600-800 Meter entfernt, ein tiefer Sumpf dazwischen, und somit keine Gefahr. Und als wir uns an den Russen satt gesehen hatten, hockten wir uns wieder hin und schleckten an unserer Kaffeebrühe weiter.

Die Partisanen waren aber nicht verträglich gesinnt, denn auf einmal sauste über unsere Köpfe eine Salve hin.

Nun, den zwitschernden Ton der Infanteriegeschosse vergißt ein Soldatenohr nicht so leicht und es kennt auch die tiefere Bedeutung. Kein Wunder also, daß wir alle mit einem Satz in unserer Grube in Deckung waren. Da, wo das Loch am tiefsten war, der Hauptmann.

Und nun tat er plötzlich den Hauptmannsmund auf und schrie: »Wollt ihr wohl rausgehn und an eurer Arbeit weitermachen, ihr feigen Kerle!«

Aber es rührte sich keiner. Und da im selben Augenblick eine zweite Salve über unsere Köpfe sauste, tat einer von uns seinen Mund auf – es ist nie herausgekommen wer – und sagte: »Geh doch selber z'erscht raus, du feiger Seckel!«

Von da ab war's eine halbe Stunde lang still wie in einer Kirche.

Worauf der Herr Hauptmann entschweuchte.

Hinter den Tischen *

Ein Mann schrieb mir neulich: »Sie glauben gar nicht, wie es hierzulande aussieht. Man wird nicht mehr für voll genommen, wenn man nicht mindestens einen Toten in der Familie hat. Wenn das in diesem Tempo weiter geht, muß man demnächst um Entschuldigung bitten, daß man mit seiner eigenen Person noch an keinem Stacheldraht klebt.« Ich nahm das für eine Übertreibung und wollte es nicht glauben. Aber bei meinem Urlaub wurde ich gründlich bekehrt.

Bis Berlin ging es leidlich. Da tat die Reserviertheit des Nordens das Ihre. Aber nachher! nachher auf der Strecke nach Stuttgart!

In Halle trat eine umfangreiche Dame ein und sank bei meinem Anblick in Bewunderung: »O ein Feldgrauer! ein richtiger Feldgrauer! Gestatten Sie mir, mein Herr, sind Sie draußen im Feld gewesen?«

Ja.

»Sind Sie auch verwundet?«

Nein.

»Was, nicht einmal verwundet? Ich habe einen Bruder, der ist Leutnant, der hat drei Schüsse. Der letzte sogar ein richtiger Lungenschuß!« Und die Dame zieht sich in eine Ecke zurück und ist auf den Tod beleidigt, daß ich, jetzt im vierzehnten Kriegsmonat, noch nicht verwundet bin. Sie gönnt mir kein Wort mehr.

Solcherart und solcherweise werde ich unterwegs noch fünf-, sechsmal angezapft, mit dem Erfolge, daß ich schließlich in dem überfüllten Abteil gänzlich vereinzelt sitze, den Mitreisenden völlig zu Luft geworden.

In Stuttgart wird's noch schlimmer. Auf der Straßenbahn ranzt mich ein Viehhändler an:

»Kommen's aus dem Feld?«

»Ja.«

»Aus Frankreich?«

Kopfschütteln meinerseits.

»Aus Rußland?«

»Ja.«

»Da geht's grausig her, was?«

»Ja.«

»Viel Kält und viel Regen, was?«

»Ja.«

»Viel Hunger und Durst, was?«

»Ja.«

»Wer meinen's daß gewinnen wird, eppen Rußland?«

Ich bin des idiotischen Fragens müde geworden, und um ihn loszuwerden, sage ich »Ja!«

»Was sagen's, Sie Drecksoldat, Sie Hutsimpel. Machen's, daß Sie vom Wagen runter kommen, sonst gibt's ein Unglück! Rußland wird gewinnen, hahahaha!«

Nur dem Schaffner habe ich zu danken, daß ich mit heiler Haut davonkomme und von den Fahrgästen nicht blau und braun geprügelt werde.

Ich habe durch den Fall eines gelernt: Gegen das große Publikum kommt keine Macht an. Auf diese geifernden, qualligen, hirnlosen Wasserköpfe und Dreckschnauzen läßt sich nicht erzieherisch einwirken. Es sei denn, man besitze eine Eselsgeduld. Man muß, wenn man in Frieden leben will, sich den Schuften anpassen.

Ich nehme mir also vor: Wenn mich irgendjemand fragt, wo ich schon alles gekämpft habe. Antwort: Überall! Je nach Wunsch und Begehr: in Belgien, in Flandern, in den Argonnen, in der Champagne, in Lothringen, im Elsaß, in Polen, in Kurland, wenn einer will, auch in Galizien.

Wenn man mich frägt, ob ich schon verwundet geworden sei: Jawohl, zweimal, dreimal, viermal, soviel einer will. Bauchschuß, Brustschuß, Beinschuß, Stich in den Arm, Stich in die Wade, überhaupt alle Schüsse, die's gibt.

Wenn man mich frägt, wer gewinnt: Wir oder die andern. Wenn man mich frägt, wer verliert: Die anderen oder wir.

Wenn mich aber jemand nur eine einzige Frage weiter frägt, werde ich losplatzen und ihm in die Fresse schreien: »Scheren Sie sich gefälligst zum Teufel, Sie verdammter, grüner Grasaffe Sie!«

Das vergrabene Gut *

Wir sollten eine neue Beobachtung bauen. Ein alter Hauptmann von der Infanterie stand da, als wir mit unseren Spaten angezittert kamen. »Kinder,« sagte er, »duckt euch, verkriecht euch! Seid Maulwürfe! Seid Würmer! Schlupft sobald als möglich in die Erde hinein; denn der Russe schießt unbarmherzig!« An der Art, wie der alte Mann dieses »unbarmherzig« aussprach, merkten wir, daß er schon manche Granate hatte pfeifen hören.

Wir beeilten uns, so gut wir konnten, und die Spaten fuhren so taktmäßig in die gefrorene Erde, wie die Kolben einer geschmierten Maschine. Da sich die Wand auf einer Seite in den Friedhof hineinzog, stießen wir beim Ausschachten auf allerlei Geknoche. Jedesmal, wenn ein Spaten hart auf ein Schulterblatt oder auf ein Schienbein fuhr, gab's eine Gänsehaut. So mächtig lebte noch das Gefühl. Knapp beim letzten Meter fanden wir drei vergrabene Holzbottiche, bis zum Rande mit Hemden und allerlei Leinwandfetzen gefüllt; wohl die letzten Schätze eines Swirkenser Bauern, der sie hier bei den Toten am sichersten glaubte. Am Abend, bevor wir ins Quartier gingen, stellten wir die Tonnen hübsch neben den Grabenrand. Am frühen Morgen, als wir wiederkamen, klafften sie leer. Die Herren Infanteristen hatten tief hinabgelangt und die Leinwand der Hochzeitshemden an sich genommen als willkommene Fußlappen.

Schade um den Stoff! Aber treibt's das Leben anders, selbst wenn nicht Krieg ist? Der eine vergräbt's, der andere findet's, der dritte verurscht's. Der Kreislauf des Lebens!

Das Liebesmahl *

Derweilen an der Westfront der Tod mit Keulenschlägen die deutsche Front behämmerte und hier im Osten die Russen anstürmten Stunde für Stunde, so daß die Läufe der Maschinengewehre gar nie mehr kalt wurden, lag Kowno, der Sitz des Hauptquartiers, in so tiefem Frieden, in so geschützter Ruh, daß beim Besuch des Königs ein Liebesmahl abgehalten werden konnte.

(Der König war kein anderer als der der Sachsen.)

Der Saal faßte über zweihundert Personen und nahezu halb soviel Ordonnanzen sausten hin und her zur Bedienung. Die Tische bogen sich unter der Last des Sauf- und des Freßbaren, und es ging hoch her.

Hoch, höher, am höchsten.

(Zur selben Zeit schnallten sie sich in Deutschland alle den Hungergürtel wieder einmal um drei Löcher enger.)

Mitternacht war schon vorbei, ohne daß die feurige Hand ihr »Menetekel« an die Wand geschrieben hätte, da erhob sich der König der Sachsen, der in der Mitte der ungeheuren Tafel saß, schlug an sein Glas, so daß plötzliche Stille einfiel, und machte den Versuch zu reden.

Er kam aber über die drei ersten kommentmäßigen: »Äh, äh, äh!« nicht hinaus, als seine Vollheit so in ihm hochstieg, daß er – man behalte das Wort – alles in einem kräftigen Rülpsstrahl über den Tisch hinüber auskotzte. Auskotzte!

»Wahrhaft glänzende Äußerung!« rief ein Spaßboldi, um die Situation zu retten.

Worauf von allen Stühlen her, mit einer einzigen Ausnahme, ein Gelächter, Beifallsrufe, Getrampel, irrsinniges Gejohle einsetzte und mit einmal statt der Kobolde des Weines die Säue und Schweinehunde regimentsweise durch den Saal rasten.

Nur die hundert Ordonnanzen standen wie schweigende Säulen an den Wänden, und, dem König gegenüber, ein alter, eisgrauer Offizier, der einzige, der nüchtern geblieben war, der sich sein Monokel einklemmte, wie mit einem Scheinwerfer den Tisch absuchte, worauf er »Schweinebande, imfame!« sagte, das Einglas aus dem Augsdeckel fallen ließ, aufstand, und die Tür hinter sich zuknallte.

Was aber das Gewieher im Saale nur noch verstärkte.

Ein Lothringer wird erschossen *

Bei dreißig Grad Kälte wurden wir herausgerufen. Die ganze Batterie mußte antreten, sogar die Abkommandierten und es gab einen vierstündigen Marsch nach der Oswianka herunter, wo sich die beiden Divisionen versammelten, vollzählig, bis zum Gulaschkanonier, denn ein Exempel sollte statuiert werden: ein Lothringer wurde erschossen.

Es war schon alles aufgestellt, als wir kamen; wir hatten so ziemlich den weitesten Weg gehabt. Die Masse Soldaten stand da in einem großen Viereck, das auf einer Seite offen war. Da stand ein lächerlich dünner Pfahl in den Boden gesteckt, dahinter eine offene Grube. Die sollte das Grab sein.

Da brachten sie den Lothringer herbei, einen alten Landsturmmann. Der Bart lief ihm quadratisch um den Kopf herum, kohlschwarz, nur von dem Blitzen seiner Augen übertroffen.

Ich will mir den Klamauk ersparen, sonst müßte ich die Rede des Divisionärs hierhersetzen, die so lang war, daß sogar der Rheumatismus in den alten Knochen wieder aufwachte.

Auch die geschossenen Schüsse müßte ich hierhersetzen und sagen, daß drei vom Peleton aus der Stelle weg vierzehn Tage ins Loch mußten, weil sie ihre Karabiner nicht abgeschossen hatten.

Jeder war froh, als die Sauerei zu Ende war und nachher, als der Tote abphotographiert und in die Grube geworfen war, da ging ein Gemurre los unter den vielen Soldaten, die da hatten zusehen müssen und manche sagten gerade laut heraus, es wäre gescheiter gewesen, man hätte dem Divisionär, der so breit auf dem Gaule saß, durch den dicken Ranzen geschossen.

Auf dem Heimweg lief einer von einer fremden Batterie mit. Der hatte den Erschossenen gekannt; sie waren beide aus dem gleichen Dorfe, und er wußte seine ganze Geschichte.

Es war ein Schuhmacher, sagte er, der keine zweihundert Worte deutsch konnte. Ein Vater von sieben Kindern, ganz in engen Verhältnissen, nur herausgehoben aus seinem Alltag durch die Zugehörigkeit zu einer frommen Sekte, die behauptete, das himmlische Jerusalem aus eigener Anschauung zu kennen und die schon durch Jahre hindurch bewies, das Reich des Antichrists sei gekommen. Die ganzen anderthalb Jahre seiner Soldatenzeit hindurch hatte man den Mann kein unnützes Wort reden hören. Alle vierzehn Tage (wenn die Elsässer und Lothringer es durften) schrieb er heim. Sonst hatte er keine weitere Verbindung.

Eines Nachts nun, als er aus Horchposten mußte, der etwa hundert Meter vor dem Drahtverhau war, legte er sein Gewehr hin und wollte zu den Russen hinüber. Aber er hatte nicht mit dem Sumpfboden gerechnet. Auf einmal war er drin in dem Glitsch und kam nicht mehr heraus. Je mehr er sich mühte, loszukommen, desto mehr sank er ein in den Matsch, und es blieb ihm nichts übrig, als um Hilfe zu rufen. Er brüllte so laut, daß sogar unser Hauptmann kam. Sie legten Bretter und Bohlen und zogen ihn heraus aus seinem Unglück, und als ihn der Alte fragte, wieso er denn hereinkäme in dieses Teufelsloch, sagte der Lothringer, er habe zu den Russen rüber gewollt. Das war lätz, und da merkten die Chargen erst, daß er kein Gewehr mehr hatte, sondern daß es im Horchloch lag. Ja, was wollte da der Alte tun? Er konnte nichts anderes, als nach der Vorschrift handeln, und die befahl, daß der Mann abgeführt und vor ein Feldgericht gestellt werde.

Was ein Wunder war, die Herren vom Feldgericht waren keine Paragraphenreiter, sondern Menschen, und man legte dem Lothringer nahe, zu sagen, er habe in jener Nacht nur austreten wollen und sei dabei im Sumpf verirrt. Wenn er das gesagt hätte, wäre sein Hals frei gewesen und er hätte drei Tage bekommen, mehr nicht. Aber was denkst du, was dieser Kerl sagte, ich wollte nicht austreten, ich wollte zu den Russen hinüber. Ja zum Teufel, sagte sein Verteidiger, Menschenskind, dieser Satz kostet Euch den Kopf. Es macht nichts, sagte der Lothringer, ich will nicht mehr leben, ich habe genug!

Da schüttelte denn das Gericht mehr als einmal die offizierischen Köpfe und es war lange ein Schwanken, sollten sie ihn nach Deutschland ins Narrenhaus schicken; aber weil gerade in jener Zeit viele übergelaufen waren, wurde beschlossen, dem Mann den Willen zu tun.

So hatte sich der Lothringer selber zur Kugel reif gemacht, was unglaublich klingt, denn jeder mit klarem Verstand liebt doch das Leben. Der aber nicht. Man hätte meinen können, er sähe hinter die Dinge des Lebens. Basta, er hatte genug. Nach Hause schrieb er nicht mehr. Den Feldprediger schmiß er hochkant die Zellentür raus. Manchmal, bis ihm sein Urteil bestätigt war, summte er vor sich hin, so im Dunkel. Niemand kannte die Melodie.

Verstehst du, Dicker, er hatte genug, wahrhaftig genug, und seinetwegen ließ er zehntausend Menschen marschieren. Ob sie die Lehre gemerkt haben, die er so gab?

Wer weiß?

Unter diesem Gespräch war der vierstündige Weg verflogen wie ein Nichts. Auf einmal standen wir vor unserer Ortsunterkunft. Der fremde Lanzer sagte allseits atjeh und wir tappsten weiter, ein Teil zu den Rössern, ein Teil in die warmen Stuben.

Das Märchen von der Butter *

Es war einmal eine Menge Butter. Schöne, gelbe, fettäugige Butter, die das Herz einer jeden Köchin lachen machte. Appetitlich glänzend lag sie da, und wenn man sie anschaute, mußte man schon ein braver, durch Verfügungen um sein bißchen Gehirnschmalz gebrachter Deutscher sein, um nicht drauf loszustürzen und mit beiden Kiefern tüchtig einzuhauen.

Aber die Butter war nicht allein. Es war auch eine Einkaufsgesellschaft da, eine kaiserlich, königlich, großherzogliche Butter-Einkaufsgesellschaft. Zwar ebenfalls gelb wie die Butter, aber unschön, halb triefäugig. Aktenmenschen. Statt des Herzens hatten sie ein Tintenfaß zehn Finger breit über dem Bauch, und da, wo ehrliche Menschen die Finger zu haben pflegen, waren ihnen fünf spitze Federhalter aus dem Handteller gewachsen. Und auch ein Gewissen hatten die Herren, das nannten sie Geldsack.

Die Herren von der Einkaufsgesellschaft sahen die Butter und fanden, daß sie schön und gut sei. Sie hatten ihre Freude dran und ließen alles aufkaufen, was sie nur kriegen konnten, und ihre Sendlinge zogen aufs Land hinaus und zahlten zwei Mark fürs Pfund. Das wirkte wie ein Magnet, der alles anzog. Da fing die gute Butter zu wandern an. Auf allen Wegen kam sie daher und wurde angefahren, und die Einkaufsgesellschaft füllte ein riesiges Haus damit. Vom Keller bis zum Speicher stand Tonne auf Tonne, Faß neben Faß, und jede und jedes gefüllt mit der gelben Butter, die chinesenbäuchig glänzte.

Als das Haus voll war, setzte man einen Wächter darein. Der schloß das große Tor ab und wartete der Dinge, die da kommen sollten.

Und siehe da, sie kamen.

Zunächst kam die Fettnot. Die Preise stiegen. Da wurde für die Butter ein Höchstpreis festgesetzt, überhaupt für alles Fett, das zu essen war. Für Fett aber, das zu Industriezwecken zu verwenden war, gab es keine Höchstpreise, da zahlte man dreimal soviel, als für gute Butter.

Und als die Butter ein paar Monate in dem großen Haus drin war, fing sie langsam aber deutlich zu stinken an.

Der Mann vor dem Tor rückte seinen Stuhl hundert Meter ab und schrieb an die Einkaufsgesellschaft einen Schreibebrief. Aber Antwort kam erst, als der Gestank und das Geranz so stark geworden war, daß man nur noch mit Gasmaske bewaffnet der Butter ans Faß konnte.

Da war das Fett denn reif für die Industrie.

Und diese kam, roch und zahlte. Zahlte kräftig; zahlte wahrhaftigen Gottes dreimal mehr, als wenn die Butter unverdorben gewesen wäre.

Und die Herren von der Einkaufsgesellschaft ließen sich den Profit in die breiten Taschen kläppern.

Mochten zehntausend verreckt sein, aus Mangel an Fett, was machte das? Nicht das Herz, der Geldsack entscheidet.

Die Herren kauften Champagner und begossen das Fest.

Und wenn die Burschen nicht von irgend einer Empörung totgeschlagen werden oder sich bei irgendeiner anderen Schiebungsangelegenheit den Ranzen überfressen, so leben sie in hundert Zähren noch.

Samt dem Profit!

Ponfick *

Am Gediminsberg in Wilna wohnte ein alter Litauer, Schutinas geheißen, in einem Häuschen, das aussah, wie aus einem Märchen herausgestiegen, so vom Grün behangen und vom Duft der Einsamkeit.

Dieser Schutinas war ein wunderlicher Kauz. Er hatte eine Sammlung litauischer Seltenheiten und Altertümer. Davon konnte er nicht leben, und so hatte er sich, als wir Soldaten da waren, den Beruf eines Teppichflickers ausgesucht. Darin war er Künstler. Jeden Schaden im Gewebe operierte er so gut, daß auch das schärfste Jungfernauge nichts mehr entdecken konnte, nicht einmal das geringste Schabenloch.

Eines Tages war ich zu dem alten Kracher hinaufgestiegen, um mir ein paar Stiche aus Trocki zeigen zu lassen. Da fand ich ihn vor einem wunderbaren Perser sitzen, der in einer Ecke auszubessern war. Ein selten schönes Stück, wie man's nur in morgenländischen Kirchen und Moscheen findet, so recht prunkhaft in die Welt gestellt zur Beschämung des Regenbogens.

Es wunderte mich, dieses wertvolle Stück in Schutinas kargen Wänden zu sehen.

»Ja, der Teppich ist nicht mein,« sagte der Litauer, »er gehört dem Oberleutnant Ponfick!«

Was, dem Oberleutnant Ponfick?

»Ja, und es ist nicht der erste Teppich, den er bei mir ausbessern läßt. Warten Sie,« sagte der Alte und humpelte zu seinem Kasten, dem er ein kleines Büchlein entnahm, den Finger naß machte und umblätterte, »sehen Sie, der da ist Nummer 37.«

Was, 37 Teppiche haben Sie dem Oberleutnant Ponfick schon geflickt?

Der Alte nickte, ja!

Und was tut der Oberleutnant damit?

»Was er damit tut? Er wird sie wahrscheinlich nach seiner Heimat schicken!«

Unmöglich, sagte ich und trottete nach Hause, ohne den Stich von Trocki auch nur mit einem Auge gesehen zu haben, mit einem Gefühl, als habe mir einer mit einem Gummiknüttel übern Schädel gehauen, grad da, wo die Naht sitzt.

Ich ging der Sache nach. Meine erste Vermutung nämlich war, die Teppiche seien aus einer Kirche herausgeklaut. Da war ich aber auf dem falschen Weg.

O nein, der Oberleutnant hatte die Teppiche nicht gestohlen, Gott bewahre, so was tut ein Offizier nicht.

Er hatte sie regelrecht gekauft.

Und von wem hatte er sie gekauft?

Von der sogenannten Requisitions-Abteilung bei der Stadthauptmannschaft Wilna. Und der Leiter dieser Requisitions-Abteilung war ein Assessor Heukamp. Und dieser Assessor war ein Freund des Herrn Oberleutnants. Und so werden die Preise, die dieser für die Teppiche zu zahlen geruhte, wahrscheinlich Freundschaftspreise gewesen sein.

Die Teppiche wurden tatsächlich nach Deutschland geschickt. (Und dort verkümmelt!)

Nachweisbar hatte Schutinas dem Oberleutnant 37 Stück geflickt!

Wieviel werden es erst der ungeflickten gewesen sein?!!!

Der Oberleutnant hieß Ponfick. Peh, o, änn, eff, i, zecka! So einen Namen soll man nicht vergessen!

Er war im Dienst der Verwaltung beschäftigt.

Diese Verwaltung beschäftigte ihn so gut, daß er im Winter noch Vorträge über die Gefahren des Ostjudentums halten konnte.

Diese Vorträge waren gut besucht. Sogar den schwarzen Bart des Armee-Oberrabbiners sah man in den ersten Reihen glänzen!

Ponfick redete gut! Ponfick redete wahr! Diese Juden, diese östlichen, diese verdammten! Die Grenzen des Deutschen Reiches muß man vor ihnen schließen, damit sie das herrliche Vaterland nicht verseuchen mit ihrem niedrigen Krämergeist, ihrem elenden.

Außer mir begriff wahrscheinlich kein Mensch, warum Ponfick die Grenzen vor den Ostjuden verschließen wollte.

Sicher, um sich in der Teppichschieberei die Konkurrenz vom Halse zu halten.

Er hätte sie nicht zu fürchten brauchen; denn so billig wie er bei der Requisitions-Abteilung hätte kein Jude die Teppiche kaufen können.

Der Requisitions-Abteilung kosteten sie nichts. Ihn, den Judentöter Ponfick, kosteten sie etwas mehr als nichts.

Ponfick, Blüte germanischen Bluts, du hast Zukunft.

Mach deinen Bestemm!

Heute zierst du Litauens Verwaltung.

Wenn dieser Krieg zu Ende ist, wirst du Preußens Regierung in irgend einer Verkleidung unsicher machen, als Landrat vielleicht, als Ministerialdirektor, wer weiß. Unter Umständen langt es dir auch zum Reichsdienst!

Springen kannst du.

Das nötige Brett wirst du schon finden.

(Und wir den nötigen Strick für dich eines Tages, so Gott will! Und manchmal will er!)

Der gelbe, gelbe Sand *

Es ging ein Befehl aus, der Kaiser sollte nach Wilna kommen. Das hatte zur Folge, daß die Latrinenparolen aufschossen wie Krokus im Frühjahr.

Wilnas Straßen waren zu der Zeit voll von Dreck, an manchen Stellen schier bodenlos. Mehr als einem blieb bei dieser Gelegenheit der Stiefel im stinkigen Schlamm stecken. Für Kulis ging das noch an. Des Kaisers Augen aber durften nur Schönheit sehen. Deshalb schaffte die Kommandantur im Verein mit dem Stadthauptmann wie verrückt. Verordnungen flatterten ins Land hinaus, als seien plötzlich die Versammlungen der Stare zu lauter Papier geworden. Und die Befehle fingen an zu wirken. Die Panjes setzten ihre Pelzdeckel auf, spannten ihre Leidenchristipferde ein, und viele tausend Wagen voll schönem, gelben Sand wurden herbeigeschleppt und fußhoch auf die Straßen gestreut, auf denen des Kaisers Auto fahren sollte. Da war denn der unangenehme Dreck auf einmal wie durch Zauberschlag verschwunden. Die Anfahrtsstraßen lagen so sauber und so glatt wie ein Lawn-Tennis-Platz, und alles klappte wunderbar wie Potemkins Dorf.

Der Kaiser kam aber nicht. Irgend ein Wind war dazwischen gefahren.

Und nach zwei Tagen lagen Wilnas Straßen im gleichen schwarzen Drecke da, wie zuvor. Die Verzauberung war verschwunden. Kommandantur und Stadthauptmannschaft hatten umsonst geschwitzt.

Vierzehn Tage später war der Kaiser wiederum angesagt.

Wiederum flatterte das papierene Sturmheer der strengen Befehle.

Wiederum wurde von tausend Bauern der Sand gefahren.

Doch diesmal waren Kommandantur und Stadthauptmannschaft schlauer. Sie hatten nicht umsonst Lehrgeld bezahlt. Der schöne gelbe Sand wurde klugerweise nicht in die Gassen gestreut, sondern in großen Haufen abgeladen. Erst zwei, drei Stunden vor der Ankunft des Kaisers sollte er zur Ebnung der Straßen ausgestreut werden.

Alles umsonst. Des Kaisers Töfftöff war schneller als aller Befehl. Deshalb ist's auch gehörig durch den schönen wilnaischen Dreck gefahren, daß die Klumpen bis in den zweiten Stock hinauf spritzten.

Kommandantur und Stadthauptmannschaft hatten ein zweites Mal umsonst geschwitzt.

Der Kaiser, o Schreck, erkundigte sich, was unter den großen gelben Haufen eigentlich vergraben läge. Da gab's nur Gestammel und langes Gesicht. So wurden die ersehnten Orden tatsächlich zu Dreck.

Vorschlag zur Güte *

Es geht nichts über die Hierarchie des Kommiß.

Abstufungen müssen sein, auch außer dem Dienst. Wo bliebe sonst der verdammte Respekt.

Das können alle Lanzer sehen, die irgend ein Zufallswind in die Etappe bläst.

Da ist für alles gesorgt. Sogar für das, was man am Menschen Adam nennt. Bordelle schießen da auf wie Pilze; rote Laternen wachsen zur Nacht aus manchem Dutzend wilnaischer Häuser heraus.

Da gibt's Bordelle für Mannschaften.

Da gibt's Bordelle für Unteroffiziere.

Da gibt's Bordelle für Offiziere.

Ich schreib's unter Eid: in der Nähe der Kathedrale steht eins, da hängt nachts, wenn die bekannte rote Laterne brennt, ein Schild draußen mit der Aufschrift:

Nur für Offiziere,
nicht für Offizierstellvertreter

Vor diesem Schild sah ich eines Abends im März zwei Landstürmer stehen, die die Aufschrift lasen und daraufhin ihre im Sumpf dick gewordenen Köpfe schüttelten.

Als sich die Erstaunung gelöst hatte, sagte einer: »Gewiß, es geht nichts über Unterschiede! Wenn wir wieder nach vorn kommen, wollen wir dem Russen einen Brief schreiben und ihm einen Vorschlag zur Güte machen:

Kugeln, für uns gewöhnliche Grabenschweine bestimmt, dürfen aus schlichtem Blei sein.

Kugeln für Unteroffiziere müssen mindestens vorn an der Spitze aus Nickel sein.

Die Kugeln für die Herren Offiziere aber müssen aus gediegenem Silber sein!

Wo bleibt sonst der Abstand!«

Begegnung mit der Sanität *

Einmal kam ein wunderbarer Sanitätszug gefahren; der hatte Maschinenschaden und hielt auf unsrer Station.

Wirklich ein wunderbarer Sanitätszug, von irgend einer reichen Stadt ausgestattet und ins Feld geschickt.

In dem Wagen glänzte alles vor Sauberkeit, die Betten und die Schüsseln zum Waschen waren weiß wie der Schnee, und im Ärztewagen blinkten die Instrumente, als wären sie aus urigem Silber gemacht.

Vorn dran, gleich hinter der Lokomotive, war der Küchenwagen. Herrgott, kam da ein feiner Geruch heraus. Das Wasser lief einem im Munde zusammen auf hundert Meter gegen den Wind. Und vier ausgeweidete ganz respektabel große Hasen hingen vor der Küchentüre an den Hinterläufen und schaukelten im Wind, um an der frischen Luft recht mürb und eßbar zu werden.

Auf diesen vier Hasen blieb mein Augspaar hängen und kam nicht mehr los davon.

Als ich mich ziemlich nahe herangepirscht hatte, kam eine junge, hübsche Schwester unter die Türe des Küchenwagens und fing ein Gespräch mit mir an.

Ob wir auch deutsche Zeitungen hätten?

Ich sagte nein, und da ging sie in den Wagen zurück. (Inderweilen studierte ich die vier hin- und herbaumelnden fetten Hasen genauer und merkte mir, wie sie angehenkt waren.) Die Schwester kam nach ein paar Minuten wieder und brachte einen solchen Pack Berliner Zeitungen mit, daß unser Geschütz den ganzen Winter hindurch Lesestoff mehr als genug hatte.

Ich bedankte mich recht schön bei der Schwester, und der muß meine Treuherzigkeit sehr gefallen haben, denn sie fragte mich weiter, ob ich auch schicke (prieme).

Natürlich sagte ich ja, und die gute Seele ging fort, um mir einige Pfunde Kautabak zu holen.

Selbstverständlich hatte ich in meinem Leben noch nie auch nur ein Gramm von dem schwarzen ekelhaften Zeug in der Mundhöhle gehabt, aber ich dachte, gut ist gut, wer weiß, wozu du das Teufelszeug noch einmal brauchen kannst.

In der Zwischenzeit machte ich mein Messer scharf und schnitt den vier noch immer baumelnden Hasen die Flechsen so gut wie durch und verband alle vier mit einer Schnur, die ich ruhig herunterhängen ließ.

Die schöne Schwester brachte zwei große Pakete Kautabak und meinte, wenn ich allein nicht damit fertig werde, solle ich auch meinen Kameraden noch was abgeben. Ich sagte, das sei sowieso klar, und wünschte ihr Gottes Segen vielfältig auf ihren hübschen blonden Scheitel.

Während ich noch sprach, wurde die Schwester von innen gerufen; inzwischen war auch die Lokomotive wieder zu Kraft und Dampf gekommen und fing mit lautem Gefauche an, davonzufahren. Wie lachte mein schwarzes Herz, als ich da an meiner so schön angebrachten Schnur zog und die vier Hasen wie auf einen Schlag herunterfielen, alldieweilen der schöne wunderbare Sanitätszug mit viel Geräusch abfuhr und immer kleiner und kleiner wurde.

Bei meinem Geschütz wurde ich mit Indianergeheul empfangen, als ich so reichlich mit Zeitungen, Kautabak und vier Hasen gespickt, anrückte. Zwei paar Hasenläufe wurden mir als wohlverdienter »Bringer«lohn zugesprochen.

Der Hasenpfeffer, von fachkundiger Hand bereitet, schmeckte unaussprechlich. Meine Freude an dem guten Fraß wurde lediglich durch Gewissensbisse getrübt, weil ich mir vorstellte, durch mich seien vielleicht etliche Verwundete um ihren kräftigen Braten gekommen.

Ein paar lebenskundige Sanitäter, denen ich später einmal nach dem zehnten Schnaps mein Verbrechen erzählte, schlugen den Gewissenswurm tot und gaben mir volle Absolution, indem sie mir sagten, von den vier Hasen würde ein Verwundeter nicht einmal einen abgenagten Knochen gesehen haben; der Hasenpfeffer sei für die ärztlichen Magen bestimmt gewesen.

Daraufhin war ich merklich beruhigt.

Nur wenn ich von fern irgendwo eine hübsche kleine blonde Schwester sehe, drücke ich mich, wenn ich kann. Denn dann wird die Erinnerung lebendig, und benebst Zeitungen und Kautabak fallen mir immer wieder die vier gestohlenen Hasen ein.

Der Alte wird ein zweites Mal abgeführt *

Nordpolisch kalt war's, fünfzehn oder zwanzig Grad, die Luft stach wie mit Nadeln, man hätte bei diesem Wetter keinen Hund vor die Türe gejagt.

Aber unsere Batterie dampfte, trotz Celsius unter Null, und wir hatten Funktion wie noch nie. Der Alte raste wie ein verrückt gewordenes Weberschiffchen durch die Batterie und wollte alles ins Loch schmeißen.

Was los war?

Nun, Besichtigung war angesagt; der kommandierende General, ich glaube, es war die Exzellenz v. Huitier, sollte in höchst eigener Person auf der Bildfläche erscheinen; kein Wunder, weshalb alles aus den Fugen ging im Stall Gottes.

Schließlich beruhigte sich der Alte; denn der Uhrenzeiger stand auf zehn; das war die Zeit, wo der General auftauchen sollte.

Unser Alter hatte sich gegen Überraschungen gesichert und als vorsichtiger Europäer in einiger Entfernung Posten ausgestellt, die das Nahen des Generals samt seinem Stabe melden sollten.

Wie gesagt, es war kalt, wirklich nordpolisch kalt, und die Posten stampften auf ihren Plätzen hin und her, daß es nur so eine Art hatte, und jeder spürte, wie ihm der Schnurrbart zu Rauhreif gefror.

Es wurde elf Uhr, es wurde zwölf Uhr, von den rotgestreiften Generalshosen war noch nirgends auch nur ein Schimmer zu sehen.

Dem Alten knurrte der Magen bedenklich, als er aufs Zifferblatt sah und merkte, daß der schöne Mittag ohne ein gesundes Mittagessen dahin ging, und vor lauter Ärger über seinen hohlen Magen bekam er einen neuen Wutanfall. Um diesen an den Mann zu bringen, bestieg er seinen Gaul und ritt die ausgestellten Posten ab, um diese abzurüffeln, weil sie ihm noch nichts gemeldet hatten. Als das Anschreien vorbei war, war es inzwischen ein Uhr geworden und des Alten Gaul stand mit eingeknickten Vorderbeinen auf der Chaussee von Tweretsch; von da her mußte, wenn es mit rechten Dingen zuging, die angekündigte Exzellenz mit ihrem Stabe angeritten kommen.

Aber soweit sich auch der Alte die Augen ausschaute, es bewegte sich auf der weißen Landstraße nichts als ein kleiner, in einem dicken Mantel steckender Landstürmer, der mühsam durch die Schneewehen daherstapfte. Auf Rufweite herangekommen, brüllte ihm unser Alter zu: »He, du Lanzer, hast du unterwegs nicht irgendwo unsern kommandierenden General mit seinem Stab gesehen?«

Der kleine dicke Landstürmer brachte ein »Nein« aus seinem festgefrorenen Schnauzer heraus, worauf unser Alter gottslästerlich zu fluchen anfing und unter anderm auch sagte, er möchte nur wissen, wo heute der ›olle versoffene Schweinehund‹ wieder stecke.

Der Landstürmer indes ließ den Alten stehen und stapfte weiter zu unserer Batterie hinunter in die Feuerstellung. Als er da war, fragte er nach dem diensthabenden Offizier und als daraufhin der Leutnant aus seinem Unterstand hervorgekrochen kam, schälte sich aus dem alten Kanoniersmantel auf einmal die Uniform eines kommandierenden Generals raus, der sich die Eiszapfen vom Barte schüttelte, sagend: »Herr Leutnant, schicken Sie mal zu Ihrem Hauptmann nach der Chaussee hinauf und lassen Sie ihm ausrichten, der ›olle versoffene Schweinehund‹ lasse ihn herunterbitten!«

Es war kalt, nordpolisch kalt, sicher zwanzig Grad unterm Querstrich. Aber als der Alte herangefegt kam, um sich zu melden, hatte er einen Schädel, röter als ein Krebs, der sich im siedenden Wasser auf das Gefressenwerden rüstet.

Zertäpperung *

Ha, weißt du, erzählte Vincenz, als wir in den großen Schloßsaal hineinkamen, da war schon eine gute Arbeit geleistet. Die großen Spiegel an den Wänden beschienen nur die ausgeleerten Kästen, und in der Mitte des Saals war ein Haufen Klumpatsch unnützen Zeuges aufgestapelt: Vasen, Schatullen, Bilder, Leuchter, dazwischen wieder viele Dutzende von seidenen Unterhosen, von Bettüchern, Kleidern usw.

Ein alter Landwehrmann stand da und stocherte in dem Haufen herum und wurde nicht fertig mit Wühlen und Umwühlen.

»Na, was suchst du, Kamerad?« fragte ihn endlich einer, dem man den Bayern auf hundert Schritt ansah.

»Was ich suche? Einen kleinen Handspiegel such ich, ob ich nicht vielleicht einen hier unter dem Haufen finde.«

»Was, nur einen Handspiegel suchst du? den kannst gleich haben!« und dies sagend, holte der Bayer mit seinem Gewehrkolben breitmächtig aus, ihn mit einem sausmächtigen Streich in den ersten, besten sieben Meter hohen Spiegel hineinsauen lassend.

In fünfhundert Scherben klirrte der Spiegel von der Wand auf das schöne Parkett.

»Da hast du Handspiegel genug!« sagte der Bayer, auf das Hinuntergefallene zeigend, »such dir einen aus, Kamerad!«

Wo Richard Dehmel den Most holt *

Eines Tags, wie es so schön heißt, las ich in irgend einer Zeitung, die ich auf dem Lokus in die Hand bekam, zwei litauische Lieder, von keinem Geringeren übersetzt als von Deutschlands größtem Lyriker Richard Dehmel.

(Dehmel war damals Tinten-Leutnant in Rowno.)

In der Zeitung stand, das sei nur eine kleine Probe Dehmelscher Übersetzungen aus dem Litauischen. Das Ganze sei abgedruckt in dem neuesten Heft der Neuen Rundschau des Verlags S. Fischer in Berlin.

An diesen Verlag geschrieben und die Nummer mit den Dehmelschen Übersetzungen bestellt, war eins.

Es ging Wochen, bis das Heft kam. Aber es kam.

Die von Dehmel übersetzten litauischen Lieder waren drin. Ich las sie fünfmal, ich las sie zehnmal, aber je öfter ich las, desto mehr wurde mir klar, daß diese Übertragungen nicht von Dehmel stammten, sondern von Nesselmann. (Das war ein Professor aus Königsberg, wohl schon fünfzig Jahre tot, der eine wundervolle Verdeutschung litauischer Dainos herausgegeben hatte, die aber kein Mensch mehr kannte.)

Die größte Arbeit, die Dehmel an dem Nesselmannschen Texte geleistet hatte, war die seiner Namensunterschrift.

Ich wunderte mich nicht.

Es war ja die Zeit der Beklauung.

Wenn der eine eiserne Portionen stahl und der andere Möbel und der dritte Teppiche, warum sollte denn einer nicht mal ausgerechnet Verse stehlen, die ja doch niemand kannte.

So ließ ich die Sache auf sich beruhen und drückte beide Augen zu, trotzdem ich jede Nacht hörte, wie Nesselmann in seinem Grabe andauernd vor Empörung rotierte.

Wer aber die Sache nicht auf sich beruhen ließ, das war der Professor Bezzenberger von der Universität Königsberg, der ein Freund von Nesselmann gewesen war und der sich verpflichtet fühlte, trotz seiner achtzig Jahre eine Lanze für den längst Verstorbenen zu brechen.

Er setzte sich also hin und schrieb einen Artikel für die Königsberger Hartungsche Zeitung, in dem er nachwies, daß Dehmel kein Wort litauisch könne und daß er Nesselmann schamlos bestohlen habe.

Dehmel hatte die eiserne Stirn und entgegnete im Berliner Tageblatt, nannte Bezzenberger einen Beckmesser und Silbenwäger und erklärte, in der neuen Auflage seiner Gedichte würde er die litauischen Lieder zum Trotz als eigene Arbeiten aufnehmen und sie gar nicht mehr als Übertragungen bezeichnen.

Bezzenberger antwortete kurz, aber deutlich und unmißverständlich. Es hatte aber keine Wirkung; denn der deutsche Blätterwald rauschte nicht bei diesem Vorkommnis, wie es sonst üblich ist, sondern deckte schamhaft den Schleier über Dehmels Verstößnis.

Später konnte ich durch Zufall feststellen, daß Bezzenberger Unrecht gehabt hat. Dehmel hat nicht Nesselmann bestohlen. Die Sache verhält sich anders.

In Kowno war eines Abends eine kleine Gesellschaft beisammen, darunter auch Dehmel, der Leutnant, und ein Gefreiter, Oselies geheißen, litauischer Herkunft. Oselies sang einige litauische Lieder zur Laute, die Dehmel sehr gefielen. Er bat den Gefreiten, ihm doch Übersetzungen solcher Dainos zu besorgen. Diese Bitte war, militärisch genommen, so gut wie ein Befehl, und Oselies, der seinen Leutnant zufrieden stellen wollte, wußte nichts besseres zu tun, als etwa dreißig Lieder aus dem Nesselmann abzuschreiben. Dehmel, der von Nesselmann nie etwas gehört hatte, war der Meinung, Übersetzungen des Gefreiten Oselies vor sich zu haben. Und da die Übertragungen gut waren und den Gefreiten Oselies kein Mensch kannte, warum sollte da Richard Dehmel nicht einfach seinen Namen als Übersetzer drunter schreiben?

So wurde die Geschichte des Plagiats um eine dicke Seite reicher, und da es ergötzlich ist, einem Dichter auf seinen verschlungenen Wegen zu folgen, hab ich's schnell aufgeschrieben, sonst vergißt er's schließlich, daß er sich einstmals nacktärschig in die Nesseln gesetzt hat.


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