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Die Abhandlung über die Kunst der Etrurier ist in drei Stücke zu fassen: das erste und vorläufige begreift diejenigen Kenntnisse, welche das Verständnis des zweiten und wesentlichen Stücks erläutern und erleichtern; und dieses zweite Stück handelt von der Kunst selbst, von den Eigenschaften, Kennzeichen und von den verschiedenen Zeiten derselben; das dritte Stück ist eine Betrachtung über die Kunst unter den Nachbarn der Etrurier.
In dem ersten Stücke sind drei Sätze begriffen: der erste enthält eine Betrachtung über die äußeren Umstände und Ursachen von den Eigenschaften der etrurischen Kunst; der zweite handelt von der Abbildung ihrer Götter und Helden; und im dritten Satze ist eine Anzeige der vornehmsten Werke der etrurischen Kunst.
Gesellschaftliche Bedingtheiten
Freiheit
Der erste Satz berührt vorher die der Kunst vorteilhaften Umstände unter diesem Volke und sucht hernach eine wahrscheinliche Ursache von der Beschaffenheit ihrer Kunst zu geben. Was die Umstände betrifft, in 81 welchen sich die Kunst unter den Etruriern befunden, so ist gewiß, da die Verfassung und Regierung in allen Ländern einen großen Einfluß in dieselbe gehabt hat, daß in der Freiheit, welche dieses Volk unter ihren Königen genoß, die Kunst sowie ihre Künstler das Haupt erheben und zu einem großen Wachstume gelangen können. Die königliche Würde deutete bei ihnen keinen eigenmächtigen Herrn, sondern ein Haupt und einen Heerführer an, deren zwölf waren, nach der Anzahl der Provinzen dieses Volks, und diese wurden von den zwölf Ständen gemeinschaftlich gewählt. Diese zwölf Regenten erkannten ein besonderes Oberhaupt über sich, welchen wie jene nur die Wahl zur höchsten Würde erhoben hatte. Die Etrurier waren so eifersüchtig über die Freiheit und so große Feinde der königlichen Macht, daß diese ihnen auch unter Völkern, die nur mit ihnen in Bündnis standen, verhaßt und unerträglich war. Daher waren sie höchst empfindlich über die Vejenter, welche unter sich eine Änderung in der Regierung machten und anstatt der Häupter derselben, welche bisher bei diesen alle Jahre gewechselt waren, sich einen König wählten. Dieses geschah im vierhundertsten Jahre der Stadt Rom. Die Etrurier hatten noch zur Zeit des Marsischen Krieges ihre Freiheit nicht vergessen: denn sie traten nebst anderen Völkern in Italien wider die Römer in Bündnis, und sie befriedigten sich, da ihnen das römische Bürgerrecht erteilt wurde. Diese Freiheit, die Pflegerin der Künste, und der große Handel der Etrurier zu Wasser und zu Lande, welcher jene beschäftigte und nährte, muß unter ihnen eine Nacheiferung mit Künstlern anderer Völker erweckt haben, sonderlich da der Künstler in allen freien Staaten mehr wahre Ehre zu hoffen und zu erlangen hat.
Aberglauben
Da aber die Kunst unter diesem Volke die Höhe der griechischen Kunst nicht erreicht hat, und da in den Werken aus ihrer besten Zeit das Übertriebene herrscht, so müßte die Ursache hiervon in der Fähigkeit dieses Volks selbst zu suchen sein. Einige Wahrscheinlichkeit gibt uns die Gemütsart der Etrurier, welche mehr als das griechische Geblüt mit Melancholie scheint vermischt gewesen zu sein, wie wir aus ihrem Gottesdienste und aus ihren Gebräuchen schließen können. Ein solches Temperament, 82 wovon die größten Leute, wie Aristoteles sagt, ihr Teil gehabt haben, ist zu tiefen Untersuchungen geschickt, aber es wirkt zu heftige Empfindungen, und die Sinne werden nicht mit derjenigen sanften Regung gerührt, welche den Geist gegen das Schöne vollkommen empfindlich macht. Diese Mutmaßung gründet sich zum ersten auf die Wahrsagerei, welche in den Abendländern unter diesem Volke zuerst erdacht wurde; daher heißt Etrurien die Mutter und Gebärerin des Aberglaubens, und die Schriften dieser Wahrsagung erfüllten diejenigen, welche sich in denselben Rats erholten, mit Furcht und Schrecken; in so fürchterlichen Bildern und Worten waren sie abgefaßt. Von ihren Priestern können diejenigen ein Bild geben, welche im 399. Jahre der Stadt Rom an der Spitze der Tarquinier mit brennenden Fackeln und Schlangen die Römer anfielen. Auf diese Gemütsart könnte man ferner schließen aus den blutigen Gefechten bei Begräbnissen und auf Schauplätzen, welche bei ihnen zuerst üblich waren und nachher auch von den Römern eingeführt wurden; diese waren den gesitteten Griechen ein Abscheu. Auch in neueren Zeiten wurden die eigenen Geißelungen in Toskana zuerst erdacht. Man sieht daher auf etrurischen Begräbnisurnen insgemein blutige Gefechte über ihre Toten vorgestellt, die unter den Griechen niemals geschehen sind. Die römischen Begräbnisurnen, weil sie mehrenteils von Griechen werden gearbeitet sein, haben vielmehr angenehme Bilder: die meisten sind Fabeln, welche auf das menschliche Leben deuten; liebliche Vorstellungen des Todes, wie der schlafende Endymion auf sehr vielen Urnen ist; Najaden, die den Hyllus entführen; Tänze der Bacchanten und Hochzeiten, wie die schöne Vermählung des Peleus und der Thetis in der Villa Albani ist. Scipio Africanus verlangte, daß man bei seinem Grabe trinken sollte, und man tanzte bei den Römern vor der Leiche her.
Kriege, politischer Verfall
Die Natur aber und ihren Einfluß in die Kunst zu überwinden waren die Etrurier nicht lange genug glücklich: denn es erhoben sich bald nach Einrichtung der Republik zu Rom blutige und für die Etrurier unglückliche Kriege mit den Römern, und einige Jahre nach Alexanders des Großen Tode wurde das ganze Land von ihren Feinden überwältigt, und 83 sogar ihre Sprache, nachdem sich dieselbe nach und nach in die römische verkleidet hatte, verlor sich. Etrurien wurde in eine römische Provinz verwandelt, nachdem der letzte König Aelius Volturrinus in der Schlacht bei dem See Lucumo geblieben war; dieses geschah im 474. Jahre nach Erbauung der Stadt Rom und in der 124. Olympias. Bald nachher, nämlich im 489. Jahre der römischen Zeitrechnung und in der 129. Olympias wurde Volsinium, jetzt Bolsena, »eine Stadt der Künstler«, nach der Bedeutung des Namens, welchen einige aus dem Phönizischen herleiten, vom Marcus Flavius Flaccus erobert, und es wurden aus dieser Stadt allein zweitausend Statuen nach Rom geführt; und ebenso werden auch andere Städte ausgeleert worden sein. Unterdessen wurde die Kunst unter den Etruriern noch damals, als sie den Römern untertänig waren, wie unter den Griechen, da diese einerlei Schicksal mit jenen hatten, geübt, wie im folgenden wird angeführt werden. Von etrurischen Künstlern finden wir namentlich keine Nachricht, den einzigen Mnesarchus, des Pythagoras Vater, ausgenommen, welcher in Stein gegraben hat und aus Thuscien oder Etrurien gewesen sein soll.
Das Idealische
Der zweite Satz dieses Stücks von der Vorstellung der etrurischen Götter und Helden begreift nicht den ganzen Umfang aller Nachrichten, sondern nur das Nützliche und Anmerkungen, welche zum Teil nicht gemacht sind und näher zu meinem Zwecke dienen.
Die Bedeutung der Phantasie
Es finden sich unter den Bildern der Götter einige diesem Volke allein eigene Vorstellungen; die meisten aber hat dasselbe mit den Griechen gemein: welches zugleich anzeigt, daß die Etrurier und Griechen einerlei Ursprung haben, und zwar von den Pelasgern, wie die alten Skribenten berichten und die neueren in gelehrten Untersuchungen bestätigen, und daß diese Völker beständig in einer gewissen Gemeinschaft gestanden haben. 84
Die Abbildung verschiedener etrurischen Gottheiten scheint uns seltsam; es waren aber auch unter den Griechen fremde und außerordentliche Gestalten, wie die Bilder auf dem Kasten des Cypselus bezeugen, welche Pausanias beschreibt. Denn so wie die erhitzte und ungebundene Einbildung der ersten Dichter teils zu Erweckung der Aufmerksamkeit und Verwunderung, teils zu Erregung der Leidenschaften fremde Bilder suchten, und die den damals ungesitteten Menschen mehr Eindruck als zärtliche Bilder machen konnten, ebenso und aus einerlei Gründen bildete auch die Kunst dergleichen Gestalten. Der Jupiter in Pferdemist eingehüllt, welchen sich der Dichter Pamphus, vor dem Homerus, einbildete, ist nicht fremder vorgestellt als in der Kunst der Griechen Jupiter Apomyos oder Muscarius in Gestalt einer Fliege, deren Flügel den Bart bilden, der Leib das Gesicht, und auf dem Kopfe ist an der Stelle der Haare der Kopf der Fliege: so findet sich derselbe auf geschnittenen Steinen.
Götterbilder
Die oberen Götter haben sich die Etrurier mit Würdigkeit vorgestellt und gebildet, und es ist von den ihnen beigelegten Eigenschaften erstlich allgemein und hernach insbesondere zu reden. Jupiter auf einer alten Paste und auf einem Carniole des Stoschischen Musei, wie er in seiner Herrlichkeit der Semele erscheint, ist mit Flügeln vorgestellt. Diana ist, wie bei den ältesten Griechen, also auch bei den Etruriern geflügelt, und die Flügel, welche man den Nymphen der Diana auf einer Begräbnisurne im Campidoglio gegeben, sind vermutlich von den ältesten Bildern derselben genommen. Minerva hat bei den Etruriern nicht allein Flügel auf den Achseln, sondern auch an den Füßen; und ein britischer Skribent irrt sehr, wenn er vorgibt, es finde sich keine geflügelte Minerva, auch nicht einmal von Skribenten angeführt. Venus findet sich ebenfalls mit Flügeln. Anderen Gottheiten setzten die Etrurier Flügel an dem Kopfe, wie der Liebe, der Proserpina und den Furien. Es finden sich sogar Wagen mit Flügeln; aber auch diese hatten sie mit den Griechen gemein: denn auf eleusinischen Münzen sitzt Ceres auf einem solchen Wagen von zwei Schlangen gezogen. 85
Es gaben auch die Etrurier neun Gottheiten den Donnerkeil, wie Plinius lehrt; er sagt aber nicht, welche dieselben sind, und niemand nach ihm. Wenn wir die bei den Griechen also bewaffneten Götter sammeln, finden sich ebensoviel. Unter den Göttern war, außer dem Jupiter, dem Apollo, zu Heliopolis in Assyrien verehrt, der Donnerkeil beigelegt, auch auf einer Münze der Stadt Thyrria in Arkadien; Mars im Streite wider die Titanen hat denselben auf einer alten Paste, und Bacchus auf einem geschnittenen Steine, beide im Stoschischen Museo, und dieser auch auf einer etrurischen Patera. Ferner Vulcanus; Pan in zwei kleinen Figuren von Erz, im Collegio St. Ignatii zu Rom und Herkules auf einer Münze von Naxus. Von Göttinnen hatten den Donnerkeil Cybele und Pallas, nach dem Servius, und auf den Münzen des Pyrrhus, auch auf andern Münzen, und an einer kleinen Figur derselben in Marmor, in der Villa Negroni. Ich könnte auch der Liebe auf dem Schilde des Alcibiades gedenken, welche den Donnerkeil hielt.
Von besondern Vorstellungen einzelner Gottheiten ist unter den männlichen zu merken Apollo, mit einem Hute von dem Kopfe herunter auf die Schulter geworfen, so wie Zethus, der Bruder des Amphion, auf zwei erhobenen Arbeiten in Rom vorgestellt ist; vermutlich auf dessen Schäferstand bei dem Könige Admetus zu deuten: denn die das Feld bauten oder Landleute waren, trugen Hüte. Und so würden die Griechen den Aristeas, des Apollo und der Cyrene Sohn, welcher die Bienenzucht gelehrt, gebildet haben; denn Hesiodus nennt ihn den Feld-Apollo. Die Hüte waren weiß. Mercurius hat auf einigen etrurischen Werken einen spitzigen und vorwärts gekrümmten Bart, welches die älteste Form ihrer Bärte ist; und so sieht man diesen Gott auf dem . . . Altare im Campidoglio und auf einem großen dreieckigen Altare in der Villa Borghese. Ebenso werden auch die ältesten griechischen Mercurii gestaltet gewesen sein: denn es blieb dergleichen Bart, aber keilförmig, das ist breit und spitz wie ein Keil, an ihren Hermen. Es findet sich auch Mercurius auf ungezweifelten etrurischen Steinen mit einem Helme auf dem Kopfe, und unter andern ihm beigelegten Zeichen ist auch ein sichelförmiges kurzes Schwert, so wie dasjenige ist, welches Saturnus insgemein hält, womit dieser seinen Vater Uranus entmannte; und so war das Schwert, womit die Lyzier und Carier in dem Heere des Xerxes bewaffnet waren. Dieses 86 Schwert des Mercurius deutete auf das dem Argus abgeschnittene Haupt: denn auf einem Steine des Stoschischen Musei, mit etrurischer Schrift, hält er, nebst dem Schwerte in der rechten Hand, das Haupt des Argus in der linken, aus welchem Blutstropfen herunterfallen. Ferner ist ein Mercurius mit einer ganzen Schildkröte anstatt des Huts auf einem etrurischen Scarabäo besagten Musei zu merken; ich habe in der Beschreibung desselben einen Kopf dieser Gottheit in Marmor angeführt, mit der Schale einer Schildkröte auf dem Kopfe, und nachher habe ich gefunden, daß auch zu Theben in Ägypten eine Figur mit solcher Bedeckung des Haupts vorgestellt ist.
Unter den Göttinnen ist besonders eine Juno auf dem angeführten etrurischen Altare in der Villa Borghese zu merken, welche mit beiden Händen eine große Zange hält, und so wurde dieselbe auch von den Griechen vorgestellt. Dieses war eine Juno Martialis, und die Zange deutete vermutlich auf eine besondere Art von Schlachtordnung im Angriffe, welche eine Zange (Forceps) hieß, und man sagte, nach Art einer Zange fechten (Forcipe et Serra proeliari), wenn ein Heer im Fechten sich also teilte, daß es den Feind in die Mitte faßte und eben diese Öffnung machen konnte, wenn es vorwärts im Gefechte begriffen, im Rücken sollte angefallen werden. Venus wurde mit einer Taube in der Hand gebildet, und ebenso steht sie bekleidet auf vorerwähntem Altare. Auf eben diesem Werke steht eine andere bekleidete Göttin, mit einer Blume in der Hand, welches eine andere Venus bedeuten könnte: denn sie hält eine Blume auf einem unten beschriebenen runden Werke, im Campidoglio; auch auf einem der zwei schönen dreiseitigen Leuchter von Marmor, im Palaste Barberini, ist unter den sechs Gottheiten auf beiden Venus also vorgestellt: diese sind aber von griechischer Arbeit. Eine Statue aber, welche Herr Spence nicht lange vor meiner Zeit will in Rom gesehen haben, mit einer Taube, ist jetzt wenigstens nicht mehr vorhanden: er ist geneigt, dieselbe für einen Genius von Neapel zu halten und führt ein paar Stellen eines Dichters hierüber an. Man bringt auch eine kleine vermeinte etrurische Venus in der Galerie zu Florenz bei, mit einem Apfel in der Hand; wo es nicht etwa mit dem Apfel beschaffen ist, wie mit der Violin des einen kleinen Apollo daselbst von Erz, über deren Alter Addison nicht hätte zweifelhaft sein 87 dürfen: denn es ist dieselbe ein offenbarer neuer Zusatz. Die drei Grazien sieht man bekleidet, wie bei den ältesten Griechen, auf mehrmal erwähntem Borghesischen Altare; sie haben sich angefaßt und sind wie im Tanze: Gori vermeint, dieselben entkleidet auf einer Patera zu finden.
Heldenbilder
Ich wiederhole, wie ich mich vorher erklärt habe, daß ich keine Geschichte der etrurischen Götter geben will: die von ihren Künstlern vorgestellten Helden aber finden sich bis jetzt in geringer Anzahl, und dieselben sind nicht von ihrem Volke, sondern von den Griechen genommen. Die bekannten sind fünf von den sieben Helden, welche vor Theben zogen; ferner Tydeus, einer unter denselben besonders vorgestellt; Peleus, des Achilles Vater und Achilles: diese Figuren haben ihren Namen in etrurischer Sprache beigesetzt, und die Steine selbst sind im folgenden Satze beschrieben. Diese Abbildung der Helden von einem anderen Volke genommen, gibt Anlaß zu mutmaßen, daß es sich, in Absicht der Heldengeschichte, mit den Griechen und Etruriern verhalten habe wie mit den Provenzalen und Italienern. So wie in der Provenza in Frankreich die ersten Romane oder Helden- und Liebesgedichte in der mittlern Zeit gemacht wurden, aus welchen andere Völker, auch selbst die Italiener, die ihrigen zogen, ebenso scheinen die Etrurier dieses Teil der Dichtkunst nicht vorzüglich geübt zu haben; daher die Helden der Griechen vorzüglich vor den ihrigen, Vorwürfe der etrurischen Künstler wurden. Ihre Götter haben ihre eigenen etrurischen Namen, die Helden aber ihre griechischen Namen behalten, welche nach ihrer Aussprache dieser Worte in etwas geändert sind.
Bedeutende Werke
Der dritte Satz dieses ersten vorläufigen Stücks gibt eine Anzeige der vornehmsten Werke der etrurischen Kunst und ihrer Ausarbeitung, welche historisch ist, das ist, die Werke werden nach ihrer Beschaffenheit und den Figuren beschrieben; die besondere Untersuchung und Beurteilung derselben aber in Absicht der Kunst gehört zu dem folgenden 88 zweiten Stücke. Ich muß aber hier unsere mangelhafte Kenntnis beklagen, die sich nicht alle Zeit wagen kann, das Etrurische von dem ältesten Griechischen zu unterscheiden. Denn auf der einen Seite macht uns die Ähnlichkeit der etrurischen Werke mit den griechischen, von welcher im ersten Kapitel gehandelt worden, ungewiß; auf der andern Seite sind es einige Werke, welche in Toskana entdeckt worden und den griechischen von guten Zeiten ähnlich sehen.
Die Werke, welche anzuzeigen sind, bestehen in Figuren und Statuen, in erhobenen Arbeiten, in geschnittenen Steinen, Münzen und irdenen gemalten Gefäßen; und von diesen wird in dem dritten und letzten Stücke dieses Kapitels geredet.
Kleine Figuren und Statuen
Unter dem Worte Figur begreife ich die kleinen in Erz und die Tiere. Jene sind in den Museis nicht selten, und der Verfasser selbst besitzt verschiedene. Unter denselben finden sich Stücke von der ältesten Zeit der etrurischen Kunst, wie aus deren Gestalt und Bildung im folgenden Stücke angezeigt wird. Von Tieren ist das beträchtlichste und größte eine Chimäre von Erz in der Galerie zu Florenz, welche aus einem Löwen in natürlicher Größe und aus einer Ziege zusammengesetzt ist; die etrurische Schrift an derselben ist der Beweis von dem Künstler dieses Volks.
Die Statuen, das ist Figuren unter oder in Lebensgröße, sind teils von Erz, teils von Marmor. Von Erz finden sich zwei Statuen, welche etrurisch sind, und zwei werden dafür gehalten. Jene haben hiervon ungezweifelte Kennzeichen; eine ist in dem Palaste Barberini, etwa vier Palme hoch und vermutlich ein Genius: denn er hält in dem linken Arme ein Horn des Überflusses, und wenn eine männliche nackte Figur, mit oder ohne Bart, dieses und kein anderes Attribut hat, ist dieselbe auch in griechischen Werken alle Zeit ein Genius. Die andere ist ein vermeinter Haruspex, wie ein römischer Senator gekleidet, in der Galerie zu Florenz, und auf dem Saume des Mantels steht etrurische Schrift eingegraben. Jene Figur ist ohne Zweifel aus ihren ersten Zeiten; diese aber aus der späteren Zeit, welches ich aus dem glatten Kinne derselben mutmaße: denn da diese Statue, wie man sieht, nach dem Leben gebildet ist 89 und eine bestimmte Person vorstellt, würde dieselbe in älteren Zeiten einen Bart haben, da die Bärte damals unter den Etruriern, so wie unter den ersten Römern, eine allgemeine Tracht gewesen. Die andern zwei Statuen in Erz, über welche das Urteil zwischen der griechischen und etrurischen Kunst zweifelhaft sein könnte, sind eine Minerva und ein vermeinter Genius, beide in Lebensgröße. Die Minerva ist an der unteren Hälfte sehr beschädigt, der Kopf aber hat sich selbst nebst der Brust vollkommen erhalten, und die Gestalt desselben ist der griechischen völlig ähnlich. Der Ort, wo diese Statue gefunden ist, nämlich Arezzo in Toskana, ist der einzige Grund zur Mutmaßung, daß dieselbe von einem etrurischen Künstler sei. Der Genius stellt einen jungen Menschen in Lebensgröße vor und wurde im Jahre 1530 zu Pesaro am Adriatischen Meere gefunden. Man vermutet aber daselbst eher etrurische als griechische Statuen, ungeachtet diese Stadt eine Kolonie der Griechen war. Gori vermeint, in der Arbeit der Haare einen etrurischen Künstler zu erkennen, und er vergleicht die Lage derselben etwas unbequem mit Fischschuppen; es sind aber auf eben die Art die Haare an einigen Köpfen in hartem Steine und in Erz zu Rom und an einigen Herkulanischen Brustbildern gearbeitet. Diese Statue ist unterdessen eine der schönsten in Erz, welche sich aus dem Altertume erhalten haben.
Die vornehmsten etrurischen Statuen in Marmor sind meines Erachtens die sogenannte Vestale im Palaste Giustiniani, ein vermeinter Priester in der Villa Albani, eine Statue, welche eine hochschwangere Frau vorstellt in der Villa Mattei, zwei Statuen des Apollo, die eine im Campidoglio, die andere im Palaste Conti und eine etrurische Diana in dem Herkulanischen Museo zu Portici.
Was die erste betrifft, so ist nicht glaublich, daß man eine solche Figur, an welcher nicht einmal die Füße sichtbar sind, aus Griechenland nach Rom geführt habe, da aus Nachrichten des Pausanias erhellt, daß in Griechenland die alterältesten Werke unberührt geblieben seien. Die Falten ihres Rockes sind in senkrechter Linie gezogen. Die zweite Statue ist über Lebensgröße und zehn Palme hoch; die Falten des Rocks ohne Ärmel gehen alle parallel und liegen wie geplättet aufeinander; die Ärmel des Unterkleides sind in kreppige, gepreßte Falten gelegt, wie ich zu Ende des folgenden Stücks und im folgenden Kapitel bei der 90 weiblichen Kleidung anzeige. Die Haare über der Stirn liegen in kleinen geringelten Locken, nach Art der Schneckenhäuser, so wie sie meistens an den Köpfen der Herme gearbeitet sind, und vorne über den Achseln herunterhängen auf jeder Seite vier lange geschlängelte Strippenhaare; hinten hängen dieselben, ganz gerade abgestutzt, lang von dem Kopfe gebunden, unter dem Bande, in fünf langen Locken herunter, welche zusammenliegen und einigermaßen die Form eines Haarbeutels machen, von anderthalb Palme lang. Die Stellung dieser Statue ist völlig gerade wie an ägyptischen Figuren. Die dritte Statue stellt vielleicht eine Vorsteherin der Schwangern und Gebärerinnen vor, wie auch Juno war. Sie steht mit parallel geschlossenen Füßen in gerader Linie und hält mit beiden übereinandergelegten Händen ihren Leib; die Falten ihrer Kleidung gehen schnurgerade und sind nicht hohl gearbeitet wie an der ersteren, sondern nur durch Einschnitte angedeutet. Die beiden Apollo sind etwas über Lebensgröße, mit einem Köcher, welcher an dem Stamme des Baumes hängt, woran die Statuen stehen: sie sind beide in einerlei Stile gearbeitet, nur mit dem Unterschiede, daß die erste älter scheint, wenigstens sind die Haare über der Stirne, welche an diesem klein geringelt sind, an dem anderen freier gearbeitet. Der Apollo im Palaste Conti wurde vor etwa vierzig Jahren, unter dem Papste dieses Hauses, auf dem Vorgebirge Circeo, jetzt Monte Circello genannt, zwischen Nettuno und Terracina gelegen, entdeckt. Dieses Vorgebirge besaßen die Römer bereits unter den Königen: denn Tarquinius Superbus schickte eine Kolonie dahin: und in dem ersten Bündnisse zwischen Rom und Karthago, welches unter den ersten Konsuls, L. Junius Brutus und Marcus Horatius, geschlossen wurde, sind die Circejer unter den vier Städten der Römer am Meere benannt, welche sie von den Karthaginensern nicht beunruhigt haben wollten: dieses ist mit eben denselben Worten in einem nächstfolgenden Bündnisse zwischen beiden Teilen wiederholt. Cluverius, Cellarius und andere haben dieses unberührt gelassen. Das erste Bündnis wurde achtundzwanzig Jahre vor dem Feldzuge des Xerxes wider die Griechen geschlossen, und besagte Statue müßte, wenn sie griechisch sein könnte, vermöge der Kenntnis der griechischen Kunst, vor dieser Zeit gemacht sein. Das Vorgebirge Circeum aber, welches die Volsker bewohnten, hatte mit den Griechen, sonderlich zu derselben Zeit, 91 keine Gemeinschaft noch Verkehr, wohl aber mit den Etruriern, ihren Nachbarn; so daß auch in Absicht der Zeit und des Orts dieser Apollo für ein etrurisches Werk zu halten ist. Die sechste angezeigte Statue in Marmor, die Diana, im Laufen vorgestellt, ist halb Lebensgröße, das ist an fünf Palme hoch, bekleidet und bemalt. Die Winkel des Mundes sind aufwärtsgezogen, und das Kinn ist kleinlich; aber man sieht sehr wohl, daß es kein Porträt oder bestimmte Person sein soll, sondern es ist eine unvollkommene Bildung der Schönheit. Ihre Haare hängen über der Stirn in kleinen Locken, und die Seitenhaare in langen Strippen auf den Achseln herunter; hinten sind dieselben lang vom Kopfe gebunden, um die Haare liegt ein Diadema wie ein Ring, auf welchem acht erhobene rote Rosen stehen. Ihre Kleidung ist weiß angestrichen. Das Hemd oder Unterkleid hat weite Ärmel, welche in gekreppte oder gekniffene Falten gelegt sind, und die Weste oder der kurze Mantel in geplattete parallele Falten, so wie der Rock. Der Saum derselben ist an dem äußern Rande mit einem kleinen goldgelben Streifen eingefaßt, und unmittelbar über demselben geht ein breiter Streifen von Lackfarbe mit weißem Blumenwerke, Stickerei anzudeuten; über diesem geht ein dritter Streifen, gleichfalls von Lack; ebenso ist der Saum des Rocks gemalt. Der Riem des Köchers auf der Schulter ist rot wie die Riemen der Sohlen. Es ist auch im ersten Kapitel dieser Statue Meldung geschehen. Es stand dieselbe in einem kleinen Tempel oder Kapelle, welche zu einer Villa der alten verschütteten Stadt Pompeji gehörte.
Erhobene Werke
Von erhoben gearbeiteten Werken will ich mich begnügen, vier zu wählen und zu beschreiben. Das eine und das älteste nicht allein von etrurischen, sondern auch überhaupt von allen erhobenen Arbeiten in Rom, steht in der Villa Albani und stellt etwa die Juno Lucina oder die Göttin Rumilia vor, die über säugende Kinder die Obsicht hatte: denn der Schemel ihrer Füße zeigt an, daß diese Figur über den gemeinen Stand der Menschen erhaben sein soll. Sie hält ein kleines angezogenes Kind, welches auf ihrem Schoße steht, an dessen Gängelbande, an welches die Mutter desselben faßt, welche vor ihr steht, und neben dieser ihre 92 zwei Töchter von ungleichem Alter und Größe. Das andere ist ein rundes Werk im Campidoglio, in Gestalt eines Altars, mit den Figuren der zwölf obern Götter, welche auch auf einem Altare zu Athen in erhobener Arbeit waren. Unter denselben ist ein jugendlicher Vulcanus ohne Bart, in Begriff, dem Jupiter, gegen welchen er eine Axt aufhebt, die Stirn zu öffnen, aus welcher Minerva hervorspringen soll. Vulcanus wurde in den ältesten Zeiten, so wie Jupiter und Äsculapius, ohne Bart vorgestellt, sowohl auf etrurischen Opferschalen und Steinen als auf griechischen Münzen der Stadt Lipari, in dem Museo des Herrn Duca Noja-Caraffa zu Neapel, ingleichen auf römischen Münzen und Lampen. Die Mutmaßung, auf welche sich die etrurische Kunst in diesem Werke zum Teil mit gründet, ist die Form und der ehemalige Gebrauch dieses Werks: denn es ist hohl (welches jetzt durch die oben darauf gesetzte Vase von Marmor nicht sichtbar ist) und kann also kein Altar sein, sondern muß zu Einfassung oder zur Mündung eines Brunnens (Bocca di pozza) gedient haben, wie dergleichen verschiedene in Rom sind und im Herculano gefunden worden, sonderlich da an dem innern Rande desselben wie an jenen hohle Einschnitte sind, welche das Seil des Eimers gemacht hat, folglich wird dieses Werk schwerlich in Griechenland gearbeitet sein. Ich muß aber hier erinnern, daß Cicero Einfassungen von Brunnen mit erhobener Arbeit für sich in Athen arbeiten lassen, wenn wir der angenommenen Lesart in einem Briefe an seinen Freund, den Atticus, folgen. Andere alte Einfassungen der Brunnen, von welchen zwei in der Villa Albani stehen, sind mit zierlich gearbeiteten Blumenkränzen, mit irrendem Efeu und mit Gefäßen, woraus Wasser läuft, geziert. Pausanias redet von einer Ceres, welche, auf einem Brunnen sitzend, wie nach Entführung der Proserpina, ihrer Tochter, von Pamphus, einem der ältesten Künstler, vorgestellt war: dieses war vermutlich eine erhobene Arbeit auf der Einfassung des Brunnens. Das dritte erhobene Werk ist ein runder Altar im Campidoglio . . . Auf demselben sind drei Gottheiten, Apollo mit seinem Bogen und mit einem Pfeile in der rechten Hand, ein bärtiger Mercurius mit dem Caduceo und Diana mit Bogen und Köcher und mit einer Fackel in der Hand. Man beobachte hier beiläufig die Form des Bogens, welcher sich nur an den Enden krümmt und im übrigen fast ganz gerade geht. So ist derselbe auch auf 93 griechischen Werken gestaltet, und wo sich Apollo und Herkules, jeder mit einem Bogen, beisammen finden wie da, wo dieser jenem den Dreifuß zu Delphos wegträgt, zeigt sich der Unterschied: denn Herkules hatte einen skythischen Bogen, welcher stark gekrümmt oder geschlängelt war wie das älteste griechische Sigma. Das vierte erhobene Werk ist ein viereckiger Altar, welcher ehemals auf dem Markte zu Albano stand und jetzt im Campidoglio ist, mit den zwölf Arbeiten des Herkules. Man könnte einwenden, daß an diesem Herkules die Teile vielleicht nicht empfindlicher und schwülstiger als an dem farnesischen Herkules vorgestellt sind, und daß hieraus auf die etrurische Arbeit desselben nicht zu schließen sei: ich muß dieses eingestehen und habe kein anderes Kennzeichen als dessen Bart, welcher spitzig ist, und woran die Locken durch kleine Ringeln oder vielmehr Kügelchen reihenweise angedeutet sind. Dieses war die älteste Art der Form und der Arbeit der Bärte, aber sie war es nicht mehr, da die griechischen Künste in Rom eingeführt wurden, und an Werken dieser Künstler wurde der Bart nicht spitzig, sondern freier gekräuselt und so, wie derselbe dem griechischen Herkules eigen ist.
Geschnittene Steine
Unter den geschnittenen Steinen habe ich teils die ältesten, teils die schönsten gewählt, damit das Urteil aus denselben richtiger und gegründeter sein könne. Wenn der Leser augenscheinlich Arbeiten von der höchsten etrurischen Kunst vor Augen hat, und die bei all ihrer Schönheit Unvollkommenheiten haben, so wird dasjenige, was ich im folgenden Stücke über dieselbe anmerken werde, um so vielmehr von geringeren Werken gelten können. Die drei Steine, welche ich zum Grunde des folgenden Beweises setzen werde, sind, wie die meisten etrurischen geschnittenen Steine, Scarabei, das ist, auf der erhobenen und gewölbten Seite derselben ist ein Käfer gearbeitet; sie sind durchbohrt, weil dieselben vermutlich als ein Amulett am Halse getragen wurden. Einer der ältesten geschnittenen Steine, nicht allein unter den etrurischen, sondern überhaupt unter allen, die bekannt sind, ist ohne Zweifel derjenige Carniol im Stoschischen Museo, welcher eine Beratschlagung von 94 fünf griechischen Helden zu dem Zuge wider Theben vorstellt . . . Die zu den Figuren gesetzten Namen zeigen den Polynices, Parthenopäus, Adrastus, Tydeus und Amphiaraus; und von dem hohen Altertume desselben zeugt sowohl die Zeichnung als die Schrift. Denn bei einem unendlichen Fleiße und einer großen Feinheit der Arbeit, nebst der zierlichen Form einiger Teile, als der Füße, Beweise von einem geschickten Meister, deuten die Figuren auf eine Zeit, wo der Kopf kaum der sechste Teil derselben gewesen sein wird, und die Schrift kommt ihrem pelasgischen Ursprunge und der ältesten griechischen Schrift näher als auf andern etrurischen Werken. Durch diesen Stein kann unter andern das ungegründete Vorgeben eines Skribenten widerlegt werden, daß die etrurischen Denkmale der Kunst aus ihren spätern Zeiten sind. Die anderen zwei Steine sind die schönsten unter allen etrurischen Steinen: der eine in Carniol befindet sich auch im Stoschischen Museo; den anderen in Agat besitzt Herr Christian Dehn in Rom. Jener stellt den Tydeus mit dessen Namen vor, wie er, in einem Hinterhalte von fünfzig angefallen, sie bis auf einen erlegte, aber verwundet wurde und sich einen Wurfspieß aus dem Beine zieht. Es gibt diese Figur ein Zeugnis von dem richtigen Verständnisse des Künstlers in der Anatomie, an den genau angegebenen Knochen und Muskeln, aber auch zugleich von der Härte des etrurischen Stils . . . Der andere Stein bildet den Peleus, des Achilles Vater, mit dessen Namen ab, wie er sich die Haare an einem Brunnen wäscht, welcher den Fluß Sperchion in Thessalien vorstellen soll, dem er die Haare seines Sohnes Achilles abzuschneiden und zu weihen gelobte, wenn er gesund von Troja zurückkommen würde. So schnitten sich die Knaben zu Phigala die Haare ab und weihten dieselben dem Flusse daselbst, und Leucippus ließ seine Haare für den Fluß Alpheus wachsen. Man merke hier, in Absicht der griechischen Helden auf etrurischen Werken, was Pindarus insbesondere vom Peleus sagt, daß kein so entlegenes Land und von so verschiedener Sprache sei, wohin nicht der Ruhm dieses Helden, des Schwiegersohns der Götter, gekommen. 95
Münzen
Unter den Münzen sind einige die allerältesten Denkmale der etrurischen Kunst, und ich habe zwei derselben vor Augen, welche ein Künstler in Rom, in einem Museo von ausgesuchten seltenen griechischen Münzen besitzt. Sie sind von einem zusammengesetzten weißlichen Metalle und sehr wohl erhalten; die eine hat auf einer Seite ein Tier, welches ein Hirsch zu sein scheint, und auf der anderen sind zwei vorwärts gestellte Figuren, welche einander gleich sind und einen Stab halten. Dieses müssen die ersten Versuche ihrer Kunst sein. Die Beine sind zwei Linien, welche sich in einem runden Punkt endigen, wodurch die Füße bezeichnet sind; der linke Arm, welcher nichts hält, ist eine von der Schulter ab wenig gekrümmte gerade gesenkte Linie und reicht fast bis auf die Füße; ein wenig kürzer ist das Gemächte, welches auch an Tieren auf den ältesten Münzen und Steinen ungewöhnlich lang ist; das Gesicht ist wie ein Fliegenkopf gestaltet. Die andere Münze hat auf einer Seite einen Kopf, auf der andern ein Pferd.
Zur Systematik
Diese Anzeige etrurischer Werke ist nach ihren Arten gegeben, welches das leichteste und an kein System gebundenes Verzeichnis ist; in Absicht der Kunst aber und der Zeit ihrer Arbeit, nach welcher dieselben im folgenden Stücke betrachtet werden, ist folgende Ordnung zu setzen: Aus der ältesten Zeit und in dem ersten Stile sind die kurz zuvor angezeigten Münzen, die erhobene Arbeit nebst der Statue in der Villa Albani, der Genius von Erz im Palaste Barberini und die schwangere Frau in der Villa Mattei. Aus der folgenden Zeit, die beiden Apollo im Campidoglio und im Palaste Conti, der Brunnen mit den zwölf Gottheiten im Campidoglio, der runde Altar mit drei Gottheiten, nebst dem viereckigen Altare mit den Arbeiten des Herkules eben daselbst und der große dreieckige Altar in der Villa Borghese, ingleichen die beschriebenen geschnittenen Steine. Aus der letzten Zeit der etrurischen Kunst scheinen die Statuen von Erz in der Galerie zu Florenz zu sein. Das Gegenteil von diesem Range und von dieser Ordnung ist schwer darzutun, ob ich mich gleich geirrt haben könnte: aber soviel ist gewiß, daß 96 diejenigen Werke, welche ich in die erste Klasse gesetzt, Kennzeichen von einem älteren und einfältigern Stile als die in der zweiten Klasse haben, und die von der dritten Klasse übertreffen jene.
Urnen
Eine Zugabe dieses Satzes mag eine Untersuchung sein über eine Nachricht von zwölf Urnen von Porphyr, welche zu Chiusi in Toskana sollen gewesen sein, die aber jetzt weder an diesem Orte, noch sonst in ganz Toskana und Italien befindlich sind. Es wäre besonders merkwürdig, wenn man dartun konnte, daß die Etrurier in Porphyr gearbeitet hätten; es könnte ein demselben ähnlicher Stein sein, wie Leander Alberti einen solchen Stein Porphyr nennt, welcher bei Volterra gefunden wird. Gori, welcher dieses aus einer Handschrift der Bibliothek des Hauses Strozzi zu Florenz anführt, teilt auch eine Inschrift auf einer dieser Urnen mit: da mir aber diese Nachricht verdächtig schien, habe ich dieselbe aus dem Originale vollständig abschreiben lassen. Den Verdacht gibt die Sache selbst und das Alter der Handschrift. Denn es ist nicht glaublich, daß die Großherzöge von Toskana, welche alle sehr aufmerksam gewesen auf das, was die Künste und das Altertum betrifft, solche seltene Stücke aus dem Lande gehen lassen, zumal da die Urnen etwa um die Hälfte des vorigen Jahrhunderts würden gefunden worden sein. Denn die Briefe, aus welchen die Strozzische Handschrift besteht, sind alle zwischen 1653 und 1660 geschrieben, und derjenige, welcher diese Nachricht enthält, ist 1657 von einem Mönche an einen andern Mönch geschrieben, und ich halte daher dieselbe für eine Mönchslegende. Gori selbst hat hier Änderungen gemacht, er hat erstlich das angezeigte Maß derselben nicht richtig angegeben: der Brief redet von zwei Braccia in der Höhe (eine florentinische Braccia enthält drittehalb römische Palme) und von ebensoviel in der Länge; Gori aber gibt nur drei Palme an. Ferner sieht die Inschrift in dem Originale nicht sehr etrurisch aus, welche Form und Gestalt ihr im Drucke gegeben worden. 97