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Ein Saal im königlichen Palast. Aussicht in dessen Gärten, die in der Ferne vom Thurme, der in den Labyrinth führt, geschlossen wird. Sonnen-Untergang.
Königin tritt auf.
Nein! – in dieser Unruh schweben
Will ich länger nicht!
Ich will das Aergste wissen! will ihn kennen,
Den Feind, mit dem ich kämpfen soll.
Wie? bin ich Königin,
Und dieser Labyrinth soll ein Geheimniß mir
Verschließen? – seine Eisenpforte soll
Sich nur dem König' öffnen? –
O! zu lange fühl' ich's, daß er sich
Vor mir verbirgt – daß Elinor nicht mehr
In seinem Herzen herrscht! –
Verräther! und du hoffst mich zu betrügen, mich?
So kennst du mich? – Ha! zittre! zittre
Für dich und deine Mitverschworne! Denn,
Bei Allem, was im Himmel furchtbar ist
Und in der Hölle!
Kein Schlummer soll in meine Augen kommen,
Bis ich's ergründet haben das unselige
Geheimniß! –
Belmont. Königin.
Belmont (zur Königin).
Königin, es ist entdeckt.
Königin.
Entdeckt? – Ah! Belmont, meine Seele
Weissagt es mir! ich seh's,
Ein schändliches Geheimniß schwebt
Auf deinen Lippen – Aber dennoch will
Ich Alles wissen! Sprich, was ist entdeckt?
Belmont Indem Belmont dieß hier anführt, darf man freilich nicht an Tasso denken, sondern muß es als Sage nehmen, die ihm von dem ersten Kreuzzuge zugekommen, denn Heinrichs Regierung fällt in den Zeitraum von 1154–1189. Ueber den Labyrinth selbst führe ich noch Woltmanns Erklärung an. »Bromton, sagt er, spricht blos von einem Gebäude, welches an den Labyrinth von Dädalus erinnert hätte und so eingerichtet gewesen wäre, daß Rosemunde in demselben nicht leicht aufgefangen werden konnte. Ich sehe hierin nichts von einer muthwilligen Erdichtung. Die neueren Zeiten behandeln überhaupt sowohl die Geschichtschreiber des Alterthums als die Quellen des Mittelalters auf eine viel zu leichtsinnige Weise.« Gesch. Großbritanniens I. 503. G.
Der Labyrinth ist einer Nymphe Sitz,
Die unter Zauberschatten da, wie eine zweite
Armida, einen Hof von Liebesgöttern hält,Armida, die schöne Nichte des Zauberers Idraot zu Damaskus, ist aus Tasso's befreitem Jerusalem bekannt. Hauptsächlich im 16. Gesange werden ihre Gärten geschildert als angefüllt mit Allem, was das Auge entzückt und die Seele zu bethören vermag. Hier liegt der Held Rinaldo an dem Busen der Zauberin, hier lebt er in Unthätigkeit und Wollust versunken, bis es den eingedrungenen Rittern gelingt, in einem diamantenen Schilde ihm sich selbst zu zeigen, wie er jetzt ist. Er entflieht, und da Armidens Bitten und Klagen ihn nicht zur Rückkehr bewegen, so läßt sie Gärten und Palast untergehen, und entflieht auf geflügeltem Wagen zu ihrem Schloß im todten Meere.
Und Rosemund' – ihr Name.
Königin.
Nicht weiter! – Halte dich bereit
Auf jeden Wink!
Vergrabe, was du weißt, in deiner Brust
Und zähl' auf meinen Dank!
(Belmont geht ab.)
Königin allein.
So lohnst du meiner Liebe? –
Alles hab' ich dir geopfert, Alles,
Und so lohnst du mir?
Treuloser! – Mein Geschenk sind die Provinzen,
Woher du siegreich eilst – und, o!
Des schmählichen Gedankens! Heinrich eilt,
Um zu den Füßen einer Buhlerin
Die Lorbeern hinzulegen,
Die ich ihm brach! – Und Elinor –
Sie sollt' es sehn? Sie sollt' es dulden?
Beim Himmel, nein!
Du sollst erfahren,
Verräther, wer ich bin!
Weg! kein Erbarmen!
Bei ihren Haaren,
Vor deinen Augen,
Aus deinen Armen
Reiß' ich die Buhlerin
Zur Rache hin!
Nein! kein Erbarmen!
Du sollst erfahren,
Verräther, wer ich bin!
(Sie geht ab.)
Der Schauplatz verwandelt sich in einen prächtigen Garten im Innern des Labyrinths. Neben einer mit Epheu und Rosen umschlungnen Urne eine Rasenbank. Im Grunde die Vorderseite eines prächtigen Pavillons. Tiefer hinten auf den einen Seite ein Grottenwerk, auf der andern ein natürlicher Wasserfall. Es ist Nacht, mit Mondschein, bei bewölktem Himmel.
Rosemunde allein.
Wie öd' ist Alles um mich her! wie kalt!
Wie fremd und fern von meinem Herzen Alles!
Und war so lieblich einst –
Mit dir, Geliebter,
Ist aller Reiz von diesen Zauberfluren
Verschwunden – ohne dich,
Was wär' Elysium selbst dem Herzen, das dich liebt?
Dich sucht es – ohne dich
Ist keine Ruh, kein Glück für deine Rosemund'!
Oft, am Rande stiller Fluten
Sitz' ich einsam da und zähle,
Zähl' an ihrem trägen Lauf',
Ach! die schleichenden Minuten
Unsrer langen Trennung auf.
Dann geh' ich hin und wanke
Durch Hain und Thal und Flur!
Mein einziger Gedanke
Bist du, Geliebter, nur.
Bei jedem Lispeln
Aus dunkelm Laube,
Bei jedem Flügelschlag
Der Turteltaube,
Wie lauscht mein sehnend Ohr,
Wie klopft mein Herz!
Und wenn ich Tage lang
Gelauscht, gesucht – wie bang'
Ist dann mein Schmerz!
(Sie lehnt sich an die Urne und sinkt in stumme Traurigkeit.
Bald wieder auf der Liebe Fittigen zurück
Zu deiner Rosemunde zu eilen
Versprachst du mir!
Und schon zum zwölften Mal
Sieht Luna mich,
Ach! ohne dich,
In diesem traur'gen Hain'
Allein
Durch öde Lauben irren,
Ein liebender Schatten,
Der seinen Gatten
An Lethens Ufern sucht –
Ach! Heinrich! was ist Ruhm?
Was ist der Nachwelt eitles ungenoss'nes Loos?
Du kämpfst um Lorbeern, und die Rosen welken,
Die dir die Lieb' erzog!
(Sie wirft sich neben der Urne auf die Rasenbank und fällt in ihr voriges Staunen.)
(Die Musik sinkt aus der zärtlichsten Schwermuth stufenweise zu einschlummernder Ruhe herab. Plötzlich gebietet sie wieder Aufmerksamkeit. Der Pavillon, die Grotte und ein Theil der Gärten stehen herrlich erleuchtet da, und der Chor der Jungfrauen tritt auf. Rosemunde wird von dem Allem nichts gewahr, bis der Chor zu singen anfängt.)
Der Chor der Jungfrauen, von Emma und Lucia geführt, nähert sich Rosemunden.
Chor.
Still' deine Klage,
Geliebte Holde!
Gib deinen Sorgen
Nicht länger Raum!
Emma.
Getrost! dir spinnen
Die Glücksgöttinnen
Tage von Golde,
All deine Plage
Ist dann ein Traum.
Chor.
Still' deine Klage,
Geliebte Holde!
Gib deinen Sorgen
Nicht länger Raum!
Rosemunde.
Ihr ruft zur Freude mich,
Geliebte Schwestern?
Ach! alle Freude wich
Mit ihm von hier.
Seufz' ich in banger Nacht
Hinauf zum Morgen –
Der Morgen kommt – wofür? –
Er ist wie gestern!
Bringt meines Lebens Licht
Nicht näher mir!
Chor.
Still' deine Sorgen,
Geliebte Holde!
Tage von Golde
Entspinnen sich dir.
Lucia.
Bald weicht die Nacht
Dem schönen Morgen,
Der frei dich macht.
Chor.
O sel'ge Stunde
Des Wiedersehens!
Lucia.
Er eilt, der Sieger –
Wie schön, wie warm! –
O Rosemunde,
In deinen Arm.
Chor.
O sel'ge Stunde!
Emma.
Er kommt, von Siegesarbeit heiß
An deinem Blick sich aufzufrischen.
Du wirst den Heldenschweiß
Ihm von der Stirne wischen,
Dem goldnen Helm sein lockig Haar entbinden
Und um sein Lorbeerreis
Der Liebe Rosen winden.
Chor.
Still' deinen Kummer,
Geliebte Holde!
Entwach', entwache
Dem Zauberschlummer,
Dem bangen Traum'!
Rosemunde.
Ist's möglich? ist mein Glück so nah'?
(Ein Chor von Tänzerinnen, im Costume von Nymphen, erscheint.)
Emma und Lucia.
Sieh', es nähern sich im Reihen
Dir die Nymphen dieser Haine,
Deinen Kummer zu zerstreuen,
Dich zur Freude einzuweihen;
Gib der süßen Ahnung Raum!
(Tänze der Nymphen.)
Emma.
Gleich ihnen umtanzen
Die Stunden der Wonne
In frohem Getümmel
Die kommende Sonne:
Schon wallet am Himmel
Ihr glänzender Saum.
Chor.
In süßem Getümmel
Umtanzen die Stunden
Der Liebe, der Wonne
Die kommende Sonne:
Entwache, Geliebte,
Dem ängstlichen Traum!
(Die Nymphen beginnen einen Reihentanz; mitten in demselben fällt der Vorhang.)