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Leipzig.
G. J. Göschen'sche Verlagshandlung.
1853.
Die Idee dieses Gedichts, welches eben sowohl als Musarion (zu welchem es als ein Gegenstück angesehen werden kann) nicht leicht unter eine schon bekannte Rubrik zu bringen ist, erschien dem Verfasser schon im Jahre 1771, und der kleinere Theil desselben wurde an einigen Winterabenden des besagten Jahres zu Papier gebracht. Wie Musarion, hatte es das Schicksal, einige Jahre bei Seite gelegt zu werden, bis es im Winter 1774 wieder hervorgesucht, vollendet und im siebenten Stücke des T.Merkurs dieses Jahres zuerst bekannt gemacht wurde. Es war anfangs in vier Bücher oder Gesänge abgetheilt; man hat aber, um ein besseres Verhältniß in Rücksicht der Größe zwischen den Gesängen zu bewirken, für gut gefunden, in dieser Ausgabe aus dem vierten Gesange zwei zu machen.
Der große Tag war nun gekommen,
An dem im Götter-Parlament' In Sachen zwischen den Weisen und Frommen, Als Kläger, an einem und Amorn, den man Cupido nennt, Amorn, den man Cupido nennt Cupido, das Verlangen (Pathos bei den Griechen), wurde dem Amor eigentlich nur beigesellt, bald aber nahm man auch beide für eine und dieselbe Gottheit, und Amor als Cupido ist es eigentlich der mit den Herzen sein Spiel treibt. Beklagten, am andern Theil gesprochen werden sollte. Die Götter versammelten sich, indem das hehre Signal Des großen Donnerers sieben Mal Rings um die himmlische Burg durch heitre Lüfte rollte. Sie schritten heran, Neptun vom alten Trözen, Von Delos der schöne Apollo, und von den thracischen Höhn Der junge Bacchus, begleitet von Vater Silen Auf seinem trägen Thier. Die Jägerin Diane Verließ den waldigen Cynthus, und ihr geliebtes Athen Minerva. Nicht von ihrem lahmen Vulcane Geschleppt, vom Mars im Triumphe geführt, Schwamm auch Cythere daher in luftigem Morgengewande, Nicht ohne List mit ihrem Gürtel geziert. Die Götter von der fröhlichen Bande Sehn ihr mit Lüsternheit nach, und jeder nimmt sich vor, Wohlfeiler nicht für sie, als um den Preis, zu sprechen, Um welchen Pallas und Juno den goldnen Apfel verlor: Denn, daß sie die Richter für ihren Sohn zu bestechen Gekommen sey, zischeln die Frauen einander laut ins Ohr. Die Klugheit räth, bei zweifelhaften Sachen Die Rhadamanten sich voraus geneigt zu machen; Und wem ist unbekannt, wie groß in diesem Stück Der Schönheit Vortheil ist? Sogar der Hippiassen Berüchtigte Kunst Der Hippiassen berüchtigte Kunst Die Disputirkunst der Sophisten. muß ihr den Vorzug lassen; Sie überzeugt mit einem einzigen Blick. Man zeige mir vor seinem neunzigsten Jahre Den Cato oder Catinat Catinat Im Jahr 1712 als Marschall von Frankreich gestorben, zu welcher Höhe ihn nur Verdienst gehoben hatte, wurde wegen seiner immer gleichen Stimmung von den Soldaten le père la Pensée genannt. In seiner Jugend war er Advocat gewesen, wegen einer Entscheidung aber, die ihm ungerecht schien, hatte er diese Laufbahn mit der militairischen vertauscht., Bei dem (vorausgesetzt, er leide nicht am Staare) Ein schöner Busen Unrecht hat! Indessen sich nun im großen Saale die Götter
Die hohe Dienerschaft der Götter,
Ich? (gähnt das träge Thier und reckt die Ohren empor)
Vortrefflich! ruft der Vogel, der die Keile
Indessen daß man hier so stark philosophirte,
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Nach Standes Gebühr, geliebte Brüder, Vettern
Und Söhne, auch Schwestern, Basen und Töchter lobesam (So sprach jetzt Zeus vom Thron zu den ringsum stehenden Göttern), Ich war zu jeder Zeit Processen herzlich gram Und nie ein Gott von vielen Worten: Um also kurz zu seyn, so ist euch Allen kund, Wie lange schon Minerva und Consorten Mit Klagen gegen den Sohn der Frau von Amathunt Olymp und Erde betäuben. Er macht es wirklich so bunt, Und täglich laufen von allen Enden und Orten So viel Beschwerden bei uns ein, Daß unser Richteramt uns wehret, Ihm länger nachzusehn. Beklagter, dem der Schein Vorhin nicht günstig war, erschweret Durch Trotzen noch die aufgehäufte Schuld; Sein Uebermuth zerreißt die Dämme der Geduld. Was hielt ihn ab, sich vor Gericht zu stellen? Ihr wisset, was in solchen Fällen Sonst Rechtens ist. Jedoch, der ganzen Welt (Die es theils ohne Scheu, theils heimlich mit ihm hält) Zu zeigen, daß wir ihn nicht ungehört verdammen, Ermangelten wir nicht, den Vater Sanchez Vater Sanchez. Jesuit, geb. zu Cordova 1551, gest. zu Grenada 1610, behauptete stets den Ruf strenger Sitten, ungeachtet er in seinem Werk über die Ehe ( de matrimonio, zuerst erschienen 1592 fol. zu Genua; beste Ausgabe zu Antwerpen 1607) die schlüpfrigsten Fälle aus dieser delicaten Materie abhandelte. Was auf den Verfasser selbst keinen Eindruck gemacht hatte, machte dessen um so mehr auf den Censor, der die Genehmigung zum Drucke mit den Worten beifügte: Legi, perlegi, maxima cum voluptate. dort Ihm ex officio zum Anwalt zu bestellen. Papa, fiel Venus hier dem Donnerer ins Wort,
»Warum, mein Kind? Wenn ich nicht irrig bin,
Ich war, erwiedert sie, den tief gelehrten Leuten
Den tiefgelehrten Leuten von seiner Gattung Mangel an Einsichten in die Geheimnisse der
Venus Volgivaga war es gewiß nicht, was die Liebesgöttin gegen den ehrwürdigen Pater
Thomas Sanchez, S.J. einzuwenden hatte, dessen berüchtigtes Buch
de Matrimonio, nach dem Urtheile des berühmten Abts von St.Cyran, ein Werk von unendlicher Gelehrsamkeit in denjenigen Wissenschaften und Künsten ist, welche unter Asmodi's unmittelbarem Einfluß stehen, und in welchen unwissend zu seyn rühmlich und nützlich ist (s.oben). Vermuthlich rührt also der Widerwille Cytherens gegen ihn bloß daher, weil die Göttin der Liebe nicht die Göttin der Leichtfertigkeit ist. Ein Sachwalter, wie Doctor Sanchez, würde Amors Sache nur verschlimmert haben; und der Erfolg zeigt, daß dieser sein Interesse am besten verstand, da er sich mit seinen Gegnern in gar keine Rechtfertigung einlassen wollte.W.
»Gut, gut, mein Töchterchen, gut! Um uns nicht aufzuhalten,
»Wir sehen uns, Vater Zeus und ihr Unsterblichen alle,
»Doch dieses Alles ist, wiewohl bereits zu viel,
Εργα δε Κυπρογενους μοι φιλα και Διονυσου,
Wiewohl man diese Verse in ihrem Zusammenhange mit den vorgehenden müßte lesen können, um ihren Sinn ohne Gefahr eines Mißverstandes ganz bestimmt angeben zu können: so erhellt doch immer so viel daraus, daß die runde Erklärung: »daß er noch immer Lust und Liebe zu den Werken (oder Gaben) der cyprischen Göttin und des Bacchus habe,« Minerven einen hinlänglichen Vorwand zu geben scheint, seine Weisheit wenigstens denjenigen verdächtig zu machen, welche nicht so glücklich sind, in Solons damaligem Alter ein gleiches von sich rühmen zu können.W. Lyäen und Amorn anzupreisenUnd, was noch schlimmer ist, in seinem siebzigsten Jahr Ihr Priester zu seyn noch nicht zu weise war! Und wie? den Mann, den Delphi für den besten Der Griechen erklärte, den Mann, der meinem Athen Den hohen Plato erzog, bei wenig ehrbaren Festen Zum Lehrer, muß ich es gestehn? Von einer Tänzerin herabgesetzt zu sehn Von einer Tänzerin herabgesetzt zu sehen S. Xenophons Gastmahl, wo diese Anekdote umständlich erzählt wird.W., Sprecht, wie gefällt euch dieß? und doch sind's Kleinigkeiten; Sein Liebling Xenophon macht uns noch mehr bekannt: Er läßt ihn gar zu einer Dirne schreiten, Die als Modell für junge Künstler stand. Ein Knabe hatte sie unsäglich schön genannt: Gut, spricht der weise Mann, so werden wir, zu wissen, Wie schön sie ist, die Augen brauchen müssen. Der Griechen Lehrer geht, die Jünger hinterdrein An hellem Tag bei einer Lais ein (Ein Andrer, fällt der Spötter Momus ein, Ein Andrer wäre bei Nacht zum mindsten eingegangen), Und, für die Augenlust nicht undankbar zu seyn, Was, meint ihr, lehrt er sie? Die Weisheit, Herzen zu fangen. Die Weisheit, Herzen zu fangen S. Xenophons Denkwürdigkeiten des Sokrates III.13. Daß Minerva auch des weisesten Mannes, den ihr geliebtes Athen je hervorgebracht, nicht verschont, soll den Richtern vermuthlich eine desto größere Meinung von der Gerechtigkeit ihrer Sache geben: indessen wäre es leichter, den guten Sokrates gegen diese beide Anschuldigungen, als die redselige Göttin gegen den Vorwurf der Chicane zu vertheidigen.W. »Nun, große Götter, sprecht, ist's nicht die höchste Zeit,
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Minerva schwieg, und mit verschämten Wangen
Trat Hymen jetzt hervor. Die Wahrheit zu gestehn, Sein Auszug gab kein mächtiges Verlangen, Aus Amors Sold in seinen Dienst zu gehn. An Schönheit fehlt' es ihm nicht, wiewohl sie etwas vergangen Und abgetragen schien; hingegen fehlt' ihm sehr Der Talisman, womit uns Amors Schwestern fangen. Matt ist sein blaues Aug', und ohne Anmuth hangen Die Locken ihm um Stirn' und Nacken her. Er hätte (Vesta Vesta War die älteste Göttin ( Hom. Hymn. in Vener. 32), Kybele hieß die Göttermutter. Beide also waren die Matronen des Olymps. selbst bemerkt es heimlich gegen Cybelen) ohne Furcht, zu viel darin zu thun, Vor seinem Spiegel sich ein wenig säumen mögen. Doch im Vorbeigehn dieß! denn nun Ist's um die Sache selbst, nicht um die Form, zu thun. Vielleicht war's List, die schönen Richterinnen Beim ersten Anblick zu gewinnen Zur Liebe freilich nicht; allein Er will auch nicht geliebt, bedaurt nur will er seyn, Und wirklich nur ein Herz von Stein War fähig, ihm so wenig zu versagen. »Ihr Götter, fängt er stockend an,
»So, Götter, sollten wir in aller Ehrbarkeit
Das ist ein grausamer Entschluß,
Der Gott der Ehen schwieg, und unversehens trat
»So könnt' ich, liebe Herrn und Brüder,
So sprach der Patriarch der Spötter,
Der Musengott allein – man weiß, wie leicht die Galle
Halt, lieber Sohn! ruft Zeus vom Thron' ihm zu,
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Die Götter schickten nun, bei wohlverschloss'nen Thüren,
Mit hohem Ernst sich an, in Schachen zu votiren; Als ein Getös' im Vorgemach Das weitere Verfahren unterbrach. Kaum lauscht man stutzend nach dem Orte, Woher es kommt, so knarrt die goldne Pforte, Die Flügel rauschen auf, und siehe! Paar an Paar Schleicht leis' und schneckenhaft ganz Paphos und Cythere Zum Saal hinein: der Scherze leichte Schaar Mit düsterm Blick und ungebundnem Haar; Die Grazien, in lange Trauerflöre Wie Klageweiber eingehüllt, Drei echte, heilige Nituschen Nituschen Une sainte Nitouche nennt man sprüchwörtlich einen, der sich heilig stellt.; Die Liebesgötterchen, vermummt in Scaramuschen Scaramuschen Scaramuccia, Scaramouche, ist eine der italienischen komischen Masken, die in spanische Tracht, ganz schwarz, gekleidet waren.; Der ganze Zug ein wahres Bild Des Lustspiels, wo man weint. Die ernsten Oberalten Des Himmels hatten Mühe, die richterlichen Falten Auf ihrer Stirn' in Ordnung zu erhalten. Was wird daraus noch werden? dachten sie; Vermuthlich hofft der Schalk, der selber zu erscheinen Sich nicht getraut, durch dieses Possenspiel Die Strafe von sich abzuleiten. Allein sie schossen weit vom Ziel. Denn, während daß zu beiden Seiten Die Karawan' im Saal sich auszubreiten Beschäftigt war, wer, meint ihr, schloß den Zug? Kein Wunder, wenn das Herz den guten Göttern schlug. Cupido war es selbst und, o! so ganz Cupido, Als weder Raphael noch Guido, Wiewohl des Gottes voll, ihn jemals dargestellt; So schön, daß Vater Zeus für Ganymed ihn hält, Daß Junons großes Aug' noch eins so feurig spielet, Und Mutter Cybele, indem sie seufzend sich Erinnerte, wie sehr ihm Attys glich, Zum zweiten Mal des Lieblings Wunde fühlet; So schön, so zart, so voll von ewiger Jugendkraft, Daß Mulciber in seine Vaterschaft Mehr Zweifel setzt als je, die Stirne sich befühlet Und grimmig bald nach Mars, bald nach dem Weingott schielet. So, Amor, schwebtest du daher, Und deinen Feinden sank der Muth beim ersten Blicke. Selbst Hymen spürt schon keine Galle mehr Und schmiegt verwirrt sich an Vulcan zurücke. Minerva nur blieb unerschüttert stehn Und machte Miene, ihr Lied von vornen anzufangen; Allein Zeus läßt es nicht geschehn Und nimmt das Wort, indeß mit feuerrothen Wangen Und halb gesenktem Augenlied, Wie einer, der sich überwiesen sieht, Der Liebesgott sich vor dem Throne bücket. Dem Nymphchen gleich, das seine Fruchtbarkeit Zum Protokoll laut zu gestehn sich scheut, Allein, vom Augenschein gedrücket, Ein schüchtern Mittelding von Weib und Mädchen, steht Und, unserm Blick den Umstand zu entwenden, Der das verrätherische Blut Ihr in die Wangen pumpt, mit ihren beiden Händen, Was Venus zu Florenz mit einem Händchen, thut: So stand der lose Gast, den Heuchlerblick zur Erde Geheftet, da, mit züchtiger Geberde, Als Vater Zeus beginnt: Mein trauter Enkelsohn, Es thut mir leid, allein sehr große Klagen Sind gegen dich den Göttern vorgetragen. Komm', hurtig! denn die Tafel ruft uns schon Was hast du uns zur Gegenwehr zu sagen? Bring's in beliebter Kürze vor! »Nichts, leider nichts! erwiedert Cypripor:
Kaum ist das letzte Wort dem schönen Mund entfallen,
So sprach der Gott und lächelt' und verschwand.
Wie dem auch sey, so hatten dieses Mal
Dieß Alles, wir gestehn's, ist schön und gut zum Sagen;
Ist diesem so, wer kann den überirdischen Schönen
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Nun, liebe Freunde, setzet euch
Ein wenig an der Götter Stelle Und sagt mir, ist ein Himmelreich, Wo man einander quält, nicht eine wahre Hölle? O Amor, Gott der Freuden, kehre um! (So rufen heimlich Götter und Göttinnen) O, kommt zurück, ihr holde Charitinnen! Wo ihr verbannet seyd, da rinnen Kocyt und Phlegethon, da quälen Plaggöttinnen; Ach, ohne euch ist kein Elysium, Ist kein Olymp! Allein, dieß laut zu rufen, Verbietet Stolz und falsche Scham. Sie mußten erst durch alle Stufen Der langen Weile gehn. Zu welchen Mitteln nahm Man seine Zuflucht nicht? Bald gab der dicke Komus Ein prächtig Freudenfest, wobei Nichts als die Freude fehlt; bald Momus Ein possenreiches Allerlei, Das desto mehr die Logen gähnen machte, Je lauter Silen und Pan und der Verfasser lachte. Herr Momus war, wie Dichter meistens sind, Für seines Witzes Brut an beiden Augen blind Und sprach im ersten Zorn zu seinem Freund, dem Thiere Mit langem Ohr: Der Henker amusire Die Damen und Herren, die nicht zu amusiren sind! Doch dient es ihm zum Trost, daß Azor und Zemire Von Monsieur Marmontel nicht bess're Wirkung that. Die Musen dachten, so was Neues, Dergleichen der Olymp noch nie gesehen hat, Muß Wunder thun; allein Apoll verzeih' es Zemiren-Erato! man fand sie kalt wie Schnee. Zwar schien das arme Thier von Azor zehnmal ärmer An Feuer noch, wiewohl der größte Schwärmer Im ganzen Götterthum, der Sohn der Semele, Sohn der Semele Bacchus. Die Rolle spielte; nur der Götter-Assemblee Ward, wie ihr seht, dadurch nicht desto wärmer. Wißt ihr was Traurigers im Himmel oder hier In diesem Jammerthal, wo wir, nach Standsgebühr Mehr oder weniger, der langen Weile fröhnen, Als, unergetzt, bei langen frostigen Scenen Mit Sang und ohne Sang, einander anzugähnen? Auch hielten's die Schönen des Himmels nicht manchen Abend aus. Viel lieber, sprachen sie, hojahnen wir zu Haus Und schneiden Bilderchen aus und putzen unsre Puppen. Zuletzt, nachdem man lang' auf neue Kurzweil sann, Bot die Astronomie sich an. Seitdem es Sterne gibt, sah man so schöne Gruppen Um kein Dollondisch Rohr gebückt: Die Damen schienen ganz von Wissenslust entzückt, Sie guckten Nächte lang und holten sich den Schnuppen. Der Wettstreit, wer im schönsten Nachtgewand Den Sternen Cour zu machen käme, Trug auch das Seine bei, daß man am Weltsysteme Und am Planetentanz so viel Vergnügen fand. Nehmt noch dazu, was allen Lustbarkeiten (Sogar den fei'rlichen, wozu die Glocken läuten) So was, wie nenn' ich's? gibt, das sie pikanter macht, Mit einem Wort, die Zeit der Mitternacht; So hätte wohl zum Glück der Mondenfinsternissen Nur Amor noch ins Spiel sich mischen müssen. Allein, da dieser fehlt, verlor die Warte bald Den ersten Reiz. Die Nächte waren kalt; Die Damen klagten über Flüsse Und Rückenweh' und Drücken auf der Brust: Man fand, daß man die Wissenslust Gemächlicher zu stillen suchen müsse. Versuche folgten nun in Guer'ckens leerem Raum Guer'ckens leerem Raum Otto von Guericke, Erfinder der Luftpumpe. Die Chronologie ist durch ihn und andre Angeführte verletzt, absichtlich, zur Vermehrung der komischen Kraft.; Man wiegt die Luft, zergliedert Sonnenstrahlen Und lernt, warum sie leichter Wolken Saum Bald blau, bald gelb, bald purpurfarbig malen; Man mißt den Schall, man zählt den Sand am Meer, Die Flocken Schnee, die Tropfen Regen, Die auf das Erdrund ungefähr Ein Jahr ins andre fallen mögen; Was mißt und zählt man nicht? Wenn man mit seiner Zeit Sonst nichts zu machen weiß, alsdann ist Zeitersparung Nur Zeitverlust. Die kleinste Kleinigkeit Wird wichtig dann, und eh die Seele Hunger leid't, Zieht sie aus Distelköpfen Nahrung. Noch mehr vorausgesetzt, daß euer Trismegist Trismegist Hier Hermes, Mercur. Vergl. die sieb. Anm. zum 1.Buch der »Natur der Dinge« und die folg. Anm. S.305. Die Klugheit hat, mit Demonstrationen Und a + b die Damen zu verschonen, Wo ist wenn den Endymionen Was Menschliches begegnet ist, Ein Zeitvertreib mit diesem zu vergleichen, Dem Mütterchen Natur (die keine Zeugen liebt, Wenn sie den Wangen Roth, dem Busen Lilien gibt) Bis zur Toilette nachzuschleichen? Die Schächtelchen, die Büchschen allzumal Eins nach dem andern aufzumachen Und tausend wunderbare Sachen, Wovon euch nie geträumt, aus ihrem Futteral Herauszuziehn und Stück vor Stück besehen, Sie, jedes in sein Fach, zurück Zu legen und so klug davon zu gehen, Als ihr gekommen seyd! Man muß gestehen, Dieß Spiel ist wohl so gut, als eines in der Welt. Allein, so sehr es unterhält, Verliert's doch, wenn ihr's lange spielet, Der Neuheit Reiz, der anfangs es empfiehlet. Ein andrer Spaß wird auf die Bahn gebracht; Die Antlia Antlia Luftpumpe., die nicht mehr Kurzweil macht, Muß dem Elektrophor', und der dem Luftball weichen, Und diesem geht's, wie allen seines Gleichen. Was wollen wir? da nichts mehr Lindrung gab, Sank man von Spiel zu Spiel zur blinden Kuh herab. Vergebens! Amor fehlt, die Charitinnen fehlen! Die blinde Kuh sogar wird int'ressant durch sie; Umsonst, umsonst, ihr gute Seelen, Hofft ihr Vergnügen ohne sie! Vergebens schwanket ihr von einer Phantasie Zur andern; ohne sie sind Freuden ohne Freude, Ergetzt kein Ohrenschmaus und keine Augenweide, Herrscht lange Weil' und dumme Apathie Apathie gefühllose Gleichgültigkeit. Und Ueberdruß und Spleen Spleen, Milzsucht, launisches Wesen. und Agrypnie Agrypnie, Schlaflosigkeit. Bei aller Lust, beim schönsten Sommerwetter, Beim Nektartisch, bei Tanz, Gesang und Symphonie Sogar im goldnen Saal der Götter. Die weise Frau verzeih' uns, deren Rath,
Von ungefähr stand mit gespitztem Ohr
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