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Fürs erste Probestück bewährte, dächten wir,
Pervont die neue Feengabe
Nicht übel durch dieß Wort. Auch ihr,
Der schönen Vastola, bedünkt es selbst, sie habe
Nun nichts zu wünschen mehr, als was Horaz sich dort
Genügsam von Mercur erbittet.
An diesem zauberischen Ort
Mit jeder Gunst des Glückes überschüttet,
An einen schönen Mann von Amorn angekittet,
Der fast bis zur Abgötterei
Sie liebt und nun auch klug ist und gesittet
Und von Gefühl so zart, als hätten statt mit Brei
Mit lauter Rosen ihn die Grazien aufgefüttert;
Von Allem, was bei Hof das Leben uns verbittert,
Von Zwang und langer Weile frei;
Kurz, glücklich, wie man es auf Erden
Gewöhnlich nur im Traume pflegt zu werden,
Was könnte Vastola, wie weit ihr Herz auch sey,
Noch wünschen, daß ein Gott zu ihrem Glücke lege,
Als daß es ewig dauern möge?
Vier Wochen lang, bei Tage wie bei Nacht,
(Wir müssen es zu ihrem Ruhm gestehen)
Vier ganzer Wochen lang wird an die guten Feen
Nicht mehr als an den Mann im Mond gedacht:
So sinnreich weiß Pervonte das Vergnügen,
Das jeder neue Tag ihr macht,
Der Phantasie der Schönen anzuschmiegen,
So leise jeden Wunsch gleich wieder einzuwiegen,
Bevor er recht in ihrer Brust erwacht.
Allein – wie könnten wir's verhehlen? –
Am ersten Tag der fünften Woche schon
Begann ich weiß nicht welch ein matter Farbenton
Dem Glück der Liebe was von seinem Glanz zu stehlen.
Zwar machte die Natur auch dießmal keinen Sprung,
Und, wie vom Mittagslicht zum Schein der Dämmerung,
Schlich sie bei Vastola durch unmerkbare Grade
Vom Vollgenuß zur Sättigung.
Kurz, es entdeckte sich, daß eine eigne Gnade
Dazu gehört, um fern von Hof und Stadt
In einem Dörfchen sich bei Laune zu erhalten.
Wie viel Verdienste auch der Prinz Pervonte hat,
Wie weislich (nach der Warnung unsrer Alten)
Er mit der süßen Schwärmerei
Der Hochgefühle hauszuhalten
Versteht, wie mancherlei Gestalten
Er auch dem ew'gen Einerlei
Zu geben weiß, – ein Glück, das schon so lange neu
Zu scheinen aufgehört, wie sollt' es nicht ermatten?
Wie könnte sie, mit einem Gatten,
Wär's auch im Paradies', allein,
Beständig ihm und sich genugsam seyn?
Gewohnt, sich stets von mehr als hundert
Verehrern, deren Zahl tagtäglich sich erneut,
Gefolgt, geschmeichelt und bewundert
Zu sehn, wie käme nicht in dieser Einsamkeit
(Wo von den ewigen einschläfernden Gefühlen
Ununterbrochner Zärtlichkeit
Nichts Neues, Fremdes sie zerstreut)
Die Lust sie wieder an, der Jugend Rosenzeit
Ein wenig muntrer zu verspielen?
Das Schäferleben hier verdient den Namen kaum,
(Spricht sie bei sich) es gleicht dem Schattenleben
Elysiums, und ist, um ihm sein Recht zu geben,
Sehr wenig besser, als ein Traum.
Der schönste Hirt, der unterm schönsten Baum
Mir ewig gegenüber sitzet
Und seine Zärtlichkeit mir in die Augen blitzet,
Sagt mir zuletzt kein Sterbenswörtchen mehr,
Als wenn's ein Bild von Alabaster wäre.
Wo nimmt es wohl Pervonte her,
Daß unser eine sich von Zartgefühlen nähre?
Er, der so klug sich dünkt, er will
(Ich muß des närr'schen Einfalls lachen)
Zu einer Hirtin in Arkadien mich machen?
Doch länger halt' ich ihm nicht still!
Ich bin des Schattenreichs der Linden und der Buchen,
Des Wiesendufts, des Schlafs am rieselnden Krystall,
Des Mondscheins und der Nachtigall
Von Herzen satt. Man muß, zumal mit meinem Fall,
Ja wohl von Allem was versuchen,
Wenn sich der Anlaß gibt, und Bessers uns gebricht:
Es war ein hübscher Traum, Pervont, ich leugn' es nicht,
Man träumt nicht stets so angenehme Sachen;
Nur sey es mir erlaubt, auch wieder aufzuwachen!
Ihr seht, der Monolog verspricht
Pervontens Glücke wenig Dauer.
Seit sein Palast ihr nur ein Vogelbauer,
Und sein Arkadien ein Bauergütchen däucht,
Hat seine Seligkeit den Mittagspunkt erreicht
Und wird nun schnellen Schritts zum Untergang sich neigen.
Schon fängt sie an, bei einem Hirtenfest,
Wo sein Geschmack mit Glanz sich sehen läßt,
Ein schläfriges Gesicht zu zeigen,
Das mitten im erzwungnen Lächeln gähnt
Und nach des Festes Schluß sich unverhohlen sehnt.
Der arme Mann beklagt sich selber
Und sie noch mehr: doch schickt er sich darein
Und wird darum nicht magerer, noch gelber.
»Ein schönes Weib kann auch nicht stets ergetzbar seyn,
Ein ander Mal vielleicht wird's besser mir gelingen.«
So tröstet er sich selbst; allein
Die Zeit will dieses Mal ihm keine Rosen bringen.
Die Launen nehmen überhand
Und täuschen seinen besten Willen.
Oft werden aus den Launen Grillen,
Die er, auch wenn er sie verstand,
Zu schwichtigen nicht immer rathsam fand.
Um Vastola's Gelüste zu vergnügen,
Müßt' einer, denkt er, Tag und Nacht
Den Feen in den Ohren liegen,
Und wen sein Herz nicht glücklich macht,
Den kann man nicht ins Glück hinein betrügen.
Von diesem Augenblick beschließt
Pervonte, der nicht gern' ins Faß der Danaiden
Vergebens volle Eimer gießt,
Mit dieser Frohne sich nicht länger zu ermüden.
Ich, denkt er, war mit meinem Los zufrieden;
Des reinsten Glückes Quelle fließt
Für sie und mich: will sie sich glücklich machen lassen,
Wohl ihr! – wo nicht, so seh sie selber zu!
Ich kann mit diesem Amt mich länger nicht befassen;
Ich sorge nun für meine eigne Ruh'.
In diesem Selbstgespräch war etwas üble Laune.
Man weiß, sie malt die Dinge gern ins Braune.
Im Grunde war Pervont ein guter Mann,
Das heißt, so eine fromme, zahme,
Weichherz'ge Creatur, aus welcher eine Dame,
Wie Vastola, was ihr bequem ist machen kann.
Kaum merkt sie also, daß der Wärmemesser
Von seiner Liebe bis auf lau
Zu fallen droht, so stimmt die schlaue Frau
Die Saiten um. – »Pervont, du siehst heut blässer,
(Spricht sie mit einem Blick der wärmsten Zärtlichkeit)
Es ist, als ob ich weiß nicht was dir fehle,
Dein Auge wölket sich, du scheinst zerstreut
Und anderswo, du suchst die Einsamkeit;
Am Ende, Freund, ist's nichts als Atonie der Seele,
Die leicht zu heben ist. Du kommst seit ein'ger Zeit
Kaum aus dem Hause; Luftveränderung, mein Lieber,
Vertreibt vielleicht dieß kleine Nervenfieber.
Ich statt' in unserm Dorf' ein hübsches Bräutchen aus,
Der Bräut'gam ist ein feiner Junggeselle,
Ich selbst vertrete Mutterstelle
Und sorge für den Hochzeitschmaus:
Darf ich zu diesem Fest dich bitten?«
Der Blick, der Ton, womit die Zauberin
Dieß sagt, erheitert stracks Pervontens düstern Sinn.
Wer liebt wohl mehr, als er, den Sitz der milden Sitten
Der goldnen Zeit, die frohen Schäferhütten,
Für ihn das Schätzbarste von allem seinem Gut'!
Und daß ihm Vastola aus eignem freien Triebe
Den Antrag thut, so freundlich an der Liebe
Des jungen Brautpaars Antheil nimmt,
Sich selbst mit ihrem Glück beschäftigt
Und sich dabei das Mutteramt bestimmt:
Wie mächtig wird dadurch der süße Wahn bekräftigt,
Daß, trotz der Eitelkeit, die sich zuweilen regt,
Ein gutes Herz in ihrem Busen schlägt!
Wie schnell entwölken sich die finstern Augenbrauen!
Wie dankt sein Blick, sein Mund ihr diese reine Lust!
Wie innig presset sich sein Herz an ihre Brust!
Mit stillem Jubel sieht die listigste der Frauen
Den leichten Sieg, den über Manneskraft
Und Mannesklugheit ihr die Weiberlist verschafft.
Das Hirtenfest geht nun nach Herzenslust von Statten.
Pervonte, den das Glück der neuen Gatten
Kaum minder als sie selber glücklich macht,
Feir't seine eigne Hochzeitnacht
Und hängt mit wonnevollem Blicke
An Vastola. Die Schlaue hascht im Flug
Den günstigsten der Augenblicke
Und spricht zu ihm: Mein Schatz, wir haben lang genug
Den Feen nichts mehr vorgetragen;
Sie können sich, zumal da sie so willig sind,
Nicht über unsere Bescheidenheit beklagen.
Nun aber hab' ich was, mein Kind;
Und wär' es auch nur eine von den Grillen,
Die einer jungen Frau das leichte Hirnchen drillen,
So weiß ich doch, du bist ein zu getreuer Hirt',
Um ein Verlangen nicht zu stillen,
Das nur ein Wort dich kosten wird.
Sag' an, Geliebte, spricht Pervonte,
(So kirr' in diesem Nu, als Juno einst den Herrn
Der Welt auf Ida machen konnte)
Dein Wink ist mein Gesetz. Wofern,
Was du begehrst, die Macht der guten Feen
Nicht übersteigt, so nimm es für geschehen.
Mich plagt, erwiedert sie, die Sehnsucht, mein Salern,
Woraus ich schon so lang verstoßen bin, zu sehen.
Heut' ist des Königs Fest; er gibt ein prächtig Mahl,
Und dann ist Tanz im großen Rittersaal.
Nun, Männchen, thu mir den Gefallen
Und wünsche dich mit mir zur Stunde nach Salern,
So prächtig ausgeschmückt, daß allen
Den steifen Damen und den unverschämten Herrn,
Die uns ins Weiße sehen wollen,
Die Augen übergehen sollen;
Und wenn wir uns an ihrem Vorwitz satt
Erlustigt, und, uns auszufinden,
Der König selbst, was nur am Hofe Athem hat,
Uns auf den Hals schickt, plötzlich schwinden
Wir wieder weg und sind in heiler Haut
Schon wieder hier, noch eh der Morgen graut.
Pervonte, der sich noch vor Kurzem schlecht erbaut
Durch diesen Wunsch gefunden hätte,
In diesem Augenblick vergnügt und liebetraut
Mit Vastola auf einem Ruhebette,
Wie könnt' er jetzt den rein gestimmten Ton
Des Einklangs ihrer Herzen stören
Und einem solchen Weib die kleine Freude wehren?
Kaum ist der rasche Wunsch aus seinem Mund' entflohn,
So däucht ihn auch, die Hörner schon
Im Schlosse zu Salern zu hören.
Sie sehen einen Saal, mit allen Zubehören
Zu einem Königsfest, sich selber mitten drin,
Er einem Sultan gleich, sie einer Kaiserin
Von Hindostan, mit blitzenden Karfunkeln
So dicht besät, daß sie der Kerzen Schein verdunkeln.
Das Hofgesind sperrt Mund und Augen auf,
Drängt sich hinzu, drückt wieder auf die Seite,
Fragt flüsternd, was die Vision bedeute,
Begreift es nicht, und Niemand fällt darauf,
Den Lümmel, dem noch jetzt die treuen Bürger fluchen,
In diesem Großsultan' und Fräulein Vastola,
Die man in einem Fass' im Meere schaukeln sah,
In dieser Kaiserin zu suchen,
Der, wo sie geht, gleich Alles schüchtern weicht,
Und die, im leichten Tanz von ihm daher geführet,
An Wuchs und Majestät mehr einer Göttin gleicht
Als einem Erdenkind.
Der Hof indeß verlieret
Vor Ungeduld, zu wissen, wer sie sind,
Und welche Windesbraut sie nach Salern geführet,
Beinahe den Verstand. Die Sache wird zuletzt
Ein Staatsgeschäft, nachdem aus gnädigstem Befehle
Der Seneschall, so fein als eine dicke Seele,
Wie er, nur immer kann, dem Sultan zugesetzt
Und nichts von ihm als Wendungen und Schrauben
Zurück erhielt. Der Fürst verliert nun ganz
Die königliche Contenanz.
Ihr Schranzen, fängt er an den Alten anzuschnauben,
Ihn selbst, mit Gunst, Herr Oberschranz,
Mit eingeschlossen, habt nicht mehr Verstand als Kälber;
Ich sehe wohl, am Ende muß ich selber
Das Beste thun. Und nun, nachdem er einen Tanz
Mit Vastola gethan und alle seine Künste
Und Grazien, zu Majestät geprägt,
In einer zierlichen Chaconne ausgelegt,
Entbietet er der Göttin seine Dienste
Mit so galantem Schwung' und macht es ihr so schwer,
Mit guter Art sich von ihm los zu winden,
Daß sie genöthigt ist, ihn auf die Frage, Wer?
Mit einer Antwort zu verbinden.
Wie? spricht sie, kennen Sie von zwanzig Wochen her
Die arme Vastola nicht mehr?
Der König prallt zurück, und augenblicks verschwinden
Die Fremden aus dem Saal. So grimmig als ein Bär
Tobt Seine Majestät im ganzen Schloss' umher
Und droht, sein Hofgesind mit eigener Hand zu schinden,
Entdeckt man nicht die Spuren ihrer Flucht,
Bevor die letzten Sterne schwinden.
Allein umsonst wird Schloß und Stadt durchsucht;
Sie sind Gespenstern gleich verschwunden,
Und nirgendswo wird ihre Spur gefunden.
Prinzessin Vastola hingegen fand den Spaß
Zu lustig, es dabei verbleiben
Zu lassen. Sollte sie die Zeit sich nicht vertreiben,
Da sie nur wollen darf? Und Alles also, was
Pervont damit gewann, die erste ihrer Grillen
Zu füttern, war, daß nun das vorbesagte Faß
Der Danaiden voll zu füllen
Noch eher möglich schien, als seiner Dame Willen.
Was sie begehrt, ist immer – nur ein Spaß,
Ihm ist's so leicht, ihr diesen Spaß zu machen,
Ihm, der nur wünschen darf. Vernunft wird ohne Frucht
An einem Köpfchen, wie das ihre war, versucht:
Sobald er ernsthaft spricht, erwiedert sie mit Lachen;
Und gute Laune, Fröhlichkeit,
Muthwille selbst (dieß hat sie ausgefunden)
Macht ihre Stärke aus; sein Ernst wird jederzeit
Mit diesen Waffen überwunden,
Denn immer lohnt Gefälligkeit
Ihr jede kleine Lust, die er durch sie empfunden.
Ein Kranz, von ihrer Hand gebunden,
Mit Freundlichkeit gereicht, ein Blümchen, eine Frucht,
Von ihrem schönen Aug' in goldnen Morgenstunden
Für ihn im Garten ausgesucht
Und noch versüßt durch einen dieser Küsse,
Die sie allein nur küssen kann,
Was braucht es mehr, damit der gute Mann
Zu Allem, was sie wünschen kann,
Sich dankbarlich verbunden halten müsse?
Der erste Wunsch, den wenig Tage drauf
Die schöne Vastola vom Stapel
Der Wünsche laufen ließ, flog in geradem Lauf
Zur stolzen Königsstadt Neapel.
Hier läßt sie sich als Erbin von Salern
Mit ihrem schönen Mann' in solchem Glanze sehen,
Daß selbst die Königin nicht gern,
Wo sie ist, sichtbar wird. Der Werth von ganz Salern
Schien im Juwelenbusch auf ihrem Hut zu wehen,
Und jeder Knopf an ihrem Kleide war
Der bare Preis von einem kleinen Lehen.
Auch mußte sich Pervont, wiewohl sich jedes Haar
An ihm dagegen sträubt, zu gleicher Pracht verstehen.
Mit Gold bedeckt umrauscht sie, wo sie gehen,
Das Wimmeln einer Heeresschaar
Von großen, zierlichen und schmucken
Leibdienern aller Art, von Läufern und Heiducken.
Der prächtigste Palast, das schönste Gartenhaus
Zu Pausilipp war nicht für sie zu theuer;
An jedem Galatage, bei jeder Kirchenfeier
Sticht Vastola die andern Fürsten aus,
Ist ihr Gefolg das schimmerndste von allen,
Macht ihrer Wagen Glanz die Pracht der andern fallen,
Ist ihr Geschirr das reichste, und ihr Zug
Der schönste, aber gleichwohl beides
Für ihre Eitelkeit nie ungemein genug.
Ob Alles dieß den Zahn des Neides
Auf Vastola gewetzt, kann keine Frage seyn:
Auch wendete Pervont gar viel dagegen ein,
Sie stritten öfters sich selbst hinter den Gardinen;
Wiewohl sich leicht errathen läßt,
Daß Fehden dieser Art, wie hitzig sie auch schienen,
Der Dame Regiment nur zu befesten dienen.
Inzwischen nahte sich ein weltbühmtes Fest,
Der Hochzeittag des Doge von Venedig,
Der sich das Meer von Adria vermählt.
Natürlich wird sie hier noch eines Wunsches ledig.
»Es wird so viel von diesem Fest' erzählt.
Es nicht zu sehn, mein Schatz, in meinem ganzen Leben,
So lieb du mir auch bist, könnt' ich dir's nicht vergeben.«
Was soll Pervonte thun? Um eine Kleinigkeit
Wie diese mit dem holden Weibe brechen?
Es geht nicht an! – »Befiehl, es ist die höchste Zeit,
Der Barke in die See zu stechen,
Die uns vor einem Jahr' an Bajens Strand gebracht!
Sie segelt leicht und schnell und bringt noch diese Nacht
Dem Marcusplatz' uns gegenüber.«
Pervont, wiewohl er zehnmal lieber
In sein Arkadien, wo ihm so wohl ist, sich
Mit ihr (zusammt dem prallen Schwanenbette,
Worauf er eben lag) zurück gewünschet hätte,
Fügt sich mit guter Art und wird auch dankbarlich,
Nach ihrem Brauch, dafür mit einem Kuß beseligt.
Die Barke wird sogleich befehligt.
Sie steigen ein, sie langen an.
Das Fest beginnt. Schon füllt mit aufgeschmückten Nachen
Sich der Canal, schon drängt sich Kahn an Kahn:
Da schwimmt, begrüßt aus hundert Feuerrachen,
In träger Majestät der Bucentaur heran;
Die Reihen trennen sich, dem Stolzen Raum zu machen,
Und fei'rlich-lustig wird die launenvolle Braut,
Die unbezähmbarste der Widerbellerinnen,
Dem alten Herrn im Horne angetraut.
Vor Wonne kommt der Pöbel fast von Sinnen,
Wiewohl man ihn bei diesem Hochzeitfest
(Wie überall) die Geiger zahlen läßt.
Prinzessin Vastola ergetzte sich nicht wenig
An diesem prächt'gen Possenspiel:
Doch, was dabei am besten ihr gefiel,
War, daß ihr Feenschiff an Form und Pracht der König
Der Gondeln, deren wimmelndes Gewühl
Das Meer verdeckt, und sie allein die Schöne
Des Festes schien; so unverwandt
Und gierig hielten stets Venetiens blonde Söhne
Die Augen nur auf sie gespannt.
Frau Vastola, Dank sey den unerschöpfbarn Feen,
Wird bald genug auch hier von Jedermann gekannt.
Venedig hatte, seit Sanct Marcus Thürme stehen,
Noch keine fremde Frau wie Vastola gesehen;
Noch keine, die so prächt'ge Assembleen
Und Bälle gab, das Gold für bloßen Kies
Zu achten schien, den hungrigen Harpyen
Von Brocantirern so freigebig sich erwies
Und mittelmäßige Copien
So theuer sich für echt verkaufen ließ.
Die Dame muß den Stein der Weisen haben,
(So dachte man) und gieriger als Raben
Fällt Alles zu und frißt so lang sich satt,
Als die Verschwenderin noch was zu geben hat.
Pervonten wird zuletzt dieß Leben unerträglich.
Oft denkt er, wie Horaz: O, wer bei magerm Kohl'
In seiner Hütte säß' und fühlte sich behäglich!
Frau Vastola bemerkt es nur zu wohl,
Daß ein Gewitter sich um seine Stirne ziehet,
Und eh die Wolke platzt und Blitze sprühet,
Wär's, däucht ihr, klüger, ihm den Antrag selbst zu thun.
Pervonte, (spricht sie einst und schlingt die runden Arme
Um seinen Nacken) auszuruhn
Von diesem langen Fastnachtsschwarme
Ist's hohe Zeit; ich fühl's so sehr, als du!
Komm', eilen wir der Freistatt wieder zu,
Wo wir, geheilt von diesem ew'gen Streben
Der Phantasie, uns selbst und unsrer Liebe leben.
Wo ist in diesem Augenblick'
Ein Mann so froh, wie er? Was gleichet seinem Glück'?
Er glaubt das holde Weib von allem eiteln Wesen
Auf immer aus dem Grund genesen.
Wie segnet er den löblichen Entschluß!
Wie dankbar drückt er sie an seinen Busen!
Komm, mein Pervont, spricht sie mit einem Kuß;
Die reine Landluft sey für uns, was Lethens Fluß
Den frommen Schatten! Dort, im Schoße stiller Musen,
Am Mutterbusen der Natur
Und an dem deinen, mein Pervonte, soll in süßen,
Schuldlosen Freuden nun mein Leben, wie ein Bach
Durch stille Rosenbüsche, fließen!
Die Freude preßt ein wollustvolles Ach
Ihm aus der Brust, von ihrem schönen Munde
Zu hören, was er hört; und zu derselben Stunde
Trägt sie das Zauberschiff zurück nach ihrem Gut.
Sechs Tage machte nun der glückliche Pervonte
In seiner Vastola Gesellschaft gutes Blut;
Sechs Tage lang bleibt sie bei frohem Muth,
Sich selber gleich, empfindsam, sanft und gut;
Allein das war auch alles, was sie konnte!
Am siebenten fällt ihr auf einmal ein,
Sie habe – Gäste eingeladen.
Man kann doch, spricht sie, auch nicht stets in einem Hain
Zu lauter Nymphen, Oreaden
Und Schäfern eingeschlossen seyn!
Auch siehst du leicht, da mir so viele Ehre
Zu Napel und Venedig widerfuhr,
Daß es von mir nicht schön gewesen wäre,
Zu thun, als lebten wir auf unserm Gute nur
Für uns allein. Es mußte dich beschämen
Wie mich, mein Schatz, hätt' ich dem leisesten Verdacht',
Als wären wir zu karg, um Gäste aufzunehmen,
Bei unsern Freunden Raum gemacht.
Ich hab' indeß mit gutem Vorbedacht
Nur bloß die Wichtigsten gebeten,
Den Kern der schönen Welt an Alter, Geist und Rang.
Pervonte hört dieß Alles sehr betreten
Mit Achselzucken an, sein Kinn wird ellenlang,
Die Lippe bebt, schon fängt der Kamm sich an zu röthen;
Allein ein liebevoller Blick
Aus diesen Augen, die noch niemals fehl gebeten,
Bringt plötzlich zur Besinnung ihn zurück:
Ein Blick, so arglos, sanft und unbefangen,
Als wäre, was sie angestellt,
Das tadelloseste Benehmen von der Welt.
Was ist mit einem Weib wie dieses anzufangen?
Mein Kind, versetzt der arme Herr Gemahl,
Wenn du mich kennst, so weißt du, das Getümmel
Der großen Welt ist niemals meine Wahl:
Mit dir allein in diesem schönen Thal
Bin ich, sofern' ich dich zufrieden seh', im Himmel.
Du denkst in diesem Stücke nicht
Wie dein Pervont: du findest mehr Behagen
An höfischem Geräusch', und ihm ist's immer Pflicht,
Dir keinen Wunsch, den du gerecht nennst, abzuschlagen.
Der Dame scheint dieß Wort ein Stich;
Sie fühlt es wenigstens, und also glaubt sie, sich
Mit Ernst vertheidigen zu müssen.
Ihr halb erwachendes Gewissen
Will eingeschläfert seyn; kurz, Vastola beweist,
Sie habe Recht, mit so viel Witz und Geist,
Daß, sich mit ihr herum zu fechten,
Pervonten wenig edel däucht,
Und sie mit ihrem Haberechten,
Zu künft'gem Präjudiz' in ähnlichen Gefechten,
Was sie gesucht, im Wege Rechts erreicht.
Im Hauptwerk' übrigens (ein Punkt, worauf vielleicht
Pervonte Rücksicht nahm) war nichts dadurch verloren.
Denn kurz und gut, bevor die schönen Horen
Dem Sonnenwagen zwier die Pforten aufgethan,
Langt eine Ladung schon von feinen Herrn und Damen,
Die von Neapel her mit gutem Winde kamen,
In Vastola's prachtvollem Vorhof' an.
Das Leben, das nunmehr erfolgte, zu beschreiben,
Das würde mir und euch die Zeit gar schlecht vertreiben.
Genug, die Damen und die Herrn
Sind (wie uns Vastola sie angerühmt) der Kern
Der schönen Welt in Parthenopel,
Und hatten, Paar und Paar an Amors seidner Koppel,
Sich in geheim hierher bestellt,
Im Vollgenuß von allen guten Dingen
Bei Vastola den Sommer zuzubringen.
Natürlich hatten sie nicht dazu sich bestellt,
Um ihre edle Zeit sich thöricht zu betrügen.
Das Land war hier nur als Verzierung da,
Und auch nicht eine dieser Schönen
Schien nach der Grabschrift sich zu sehnen:
»Auch ich lebt' in Arkadia!«
Man will in diesen stillen Gründen
Die Stadt (die man aus langer Weile zwar
Verlassen hat) vollständig wieder finden.
Beim Auszug wähnte wohl die ganze hohe Schaar,
Die in der Stadt nicht länger zu gedeihen
Vermocht', unsäglich auf die Landlust sich zu freuen,
Die ihnen was ganz Neues war.
Die reine frische Luft, der Duft der Blüthenhaine;
Der Wiesen Schmelz, der Wälder grüne Nacht,
Der Nachtigallen Sang im stillen Mondenscheine,
Kurz, Alles das, wonach Guarini lüstern macht,
(Der diese Dinge uns so zauberisch ins Feine
Zu malen weiß) im lieblichsten Vereine,
Wer glaubte nicht, ins Feenland
Zu ziehn? – Allein das Alles fand
Sich in der Wirklichkeit ganz anders. Denn bei Tage
War Sonnenglanz der blöden Augen Plage,
Auch kränkt der Blumen Duft die ekeln Nasen sehr;
Daß Morgenthau an zarten Wangen nage,
Ist ausgemacht; der Brust ist Abendluft zu schwer,
Und, dem Triumph der Sonn' im Aufgang zuzusehen,
Wär's Noth, nach durchgewachter Nacht
Sechs Stunden früher aufzustehen,
Als man vom ersten Schlaf' erwacht.
Man fliegt demnach in Tag und Nacht
Die Freuden alle durch, auf die man sich gefreuet,
Und nun, wie billig, wird nicht weiter dran gedacht.
Das vor'ge Leben wird an ihrer Statt erneuet.
Hier träte nun der Fall der alten Seelenpein,
Der Langweil', augenscheinlich ein:
Allein dafür weiß Vastola zu sorgen.
Den armen Feen wird vom Morgen
Zur Mitternacht, von Mitternacht zum Morgen
Nicht eine Stunde Ruh vergönnt.
Die Stadt hat nichts, was man Vergnügen nennt,
Das nicht bei Vastola sich besser wieder fände;
Theater und Concert, Ballet und Opera,
Was Aug' und Ohr von einem Ende
Der Welt zum andern je Kurzweiligs hört' und sah,
Mit einem Wunsch' ist Alles da!
Und bis zur Sättigung der Gäste
Folgt Spiel auf Spiele, Fest auf Feste.
Auch hielten sie den ew'gen Sinnenschmaus,
Der Feenkunst zu Trotz, nicht in die Länge aus,
Thät Amor nicht dabei das Beste.
Pervont, an dem von seinem ersten Stand
Noch manche Ueberbleibsel kleben,
Und welcher, als er um Verstand
Zu bitten sich gemüssigt fand,
Die Feen bat, vom besten ihm zu geben,
Pervonte, der Natur getreu,
Fand diese Art, sich selbst zu überfüllen
Und in dem buntsten Einerlei
Von Sinnenrausch den Geist herum zu drillen,
So lästig, daß er sich dem alten Sisyphus
Den Felsen, den er schon so lange wälzen muß,
Für diese ganze Zeit viel lieber abzunehmen
Entschlossen hätte, als zum tödtlichen Verdruß
Der Rolle, die sein Weib um einen schalen Kuß
Ihn spielen macht, sich länger zu bequemen.
Er zieht allmählich sich mit guter Art zurück,
Gewiß, man werde sich nicht mächtig nach ihm sehnen,
Sein platter Ernst, sein finstrer Blick,
Der Zwang, den Herrn und Fraun nicht ins Gesicht zu gähnen,
Kurz, Alles, was ihn lächerlich
In ihren Augen macht und ihrer Lust gefährlich,
Macht seine Gegenwart für Alle sehr entbehrlich,
Noch eh der zwölfte Tag verstrich:
Zumal nachdem, getäuscht von seinem Aeußerlichen,
Zwei Damen oder drei (sich schwesterlich in ihn
Zu theilen, in geheim verglichen)
Den Gimpel in ihr Garn zu ziehn
Vergebens Mühe sich gegeben;
Ein Unfall, der in ihrem Leben
Zum ersten Mal sie traf, und den ein hübscher Mann
Durch schnelle Flucht allein vergüten kann.
Selbst seine Vastola scheint ihn mit höflich kalten
Formalitäten mehr zu scheuchen als zu halten;
Im Grunde hielt sie ihn aus bloßer Weiberlist.
Denn leider! können wir euch länger nicht verhalten,
Daß es ganz richtig nicht mit ihrem Herzen ist.
Daß Sympathie sie mit Pervonten nicht verbunden,
Habt ihr schon ohne uns vermuthlich ausgefunden;
Daß sie dem wundervollen Mann',
In welchen durch der Feen Gunst Pervonte
Verwandelt ward, sich nicht versagen konnte,
Begreift sich: doch, daß dann und wann
Der gute Hausverstand, womit besagte Feen
Auf sein Begehren ihn versehen,
Ihr lästig fiel, ist auch nicht zweifelhaft.
Zwar liebt' er sie mit einer Leidenschaft,
Die ziemlich nah' an Schwäche gränzte;
Und gleichwohl hieß er ihr nicht selten grillenhaft;
Auch war es nicht der Witz, wodurch Pervonte glänzte.
Was Wunder denn, wenn ihre Neigung sich
In Jahr und Tag ein wenig abgemattet
Befand, und ein Adon in ihre Gunst sich schlich,
Dem ihr Gemahl an jedem Vorzug wich,
Worin sich Witz und feiner Weltsinn gattet;
Ein junger Mann, der die Verführungskunst
Seit manchem Frühling schon zu seinem einz'gen Fache
Gemacht, die Liebe nicht als eine Herzenssache,
Sie bloß als Spiel der Phantasie,
Als Sache des Geschmacks und einverstandner Sinne
Behandelt und – zwar immer spät und früh
Darauf bedacht, wie er ihr Herz gewinne –
Stets ohne Anspruch scheint, sich nie
Zur Unzeit aufdringt, nie im Styl der hohen Minne
Von seiner Liebe spricht, kurz, sie wie eine Spinne
So fein umwebt und an sich zieht,
Daß sie, indem sie nur zu scherzen
Vermeint, sich unvermerkt mit überraschtem Herzen
In – seinem Arm gefangen sieht.
War's ihre Schuld, daß unter den Adonen,
Die ihr Neapel zugesandt,
Zum Unglück sich ein solcher Mann befand?
Und daß sie schon acht Tag' in Freiheit auf dem Land
Stets unter einem Dache wohnen?
Daß täglich sich ein neuer Zug entdeckt,
Der die Befreundung ihrer Seelen
Bestätigt, jeden Tag ein Reiz, der noch versteckt
Geblieben war, sich zeigt, daß Niemand im Erzählen
Ihn übertrifft, daß Niemand seiner lacht,
Als Signor Claudio, noch schöner tanzt und singet,
Gewandter reitet, höher springet,
Die Cither besser spielt und schneller Verse macht?
Wo lebte wohl vom Arno bis zur Brente
Die Vastola, die solchem Uebermaß
Gefälliger und reizender Talente
Acht Tage widerstehen könnte?
Die unsrige, die selbst nicht wenige besaß,
Fand desto leichter durch die seinen sich gewonnen.
Von Allem diesem wurde zwar
Vor lauter Ehrlichkeit Pervonte nichts gewahr,
Doch sind die Vastolen zuweilen unbesonnen;
Und wirklich ist es hohe Zeit,
Daß eine Reis' in dringenden Geschäften
Von seinen Augen sie befreit,
Seitdem, so oft sie sich lang' auf die ihren heften,
Sie Zeugen ihrer Schuld darin zu sehn sich scheut.
Pervont ist nun entfernt und hat den Scherzen, Freuden
Und Liebesgöttern Platz gemacht,
In voller Freiheit sich zu letzen und zu weiden.
Auf jeden schönen Tag folgt eine schöne Nacht.
Vergnügen wechselt mit Vergnügen,
Genuß wird von Genuß gepreßt,
Und Amor, der hier Niemand seufzen läßt,
Belustigt sich mit leichten Siegen.
Er ruft auch unsern Mann zu Vastola zurück.
Allein ihr kalter Gruß schlägt gleich beim ersten Blick'
Ihm alle Lebensgeister nieder.
Er sieht in ihm den Urlaub, schnurstracks wieder
Zu gehen, sieht, indem er um sich schaut,
Sein Mißgeschick an jeder Stirn geschrieben,
Und das Gefühl, das ihn von Hause weggetrieben,
Treibt ihn beinah' aus seiner Haut.
Man hatte seiner sich so bald noch nicht versehen,
Sein Anblick stört der Gäste frohen Muth;
Indeß, da er zum Schatz der guten Feen
Den Schlüssel hat, so ist er doch zu etwas gut.
Es gänzlich mit ihm zu verderben,
Wär' unklug. Vastola läßt also sich herab,
Beim ersten Anlaß, der sich gab,
Durch einen süßen Kuß um seine Gunst zu werben;
Durch einen Kuß, den für die halbe Welt,
Gäb' ihn das Herz, er nicht zu theuer hält.
»Mein Schatz, spricht sie zu ihm, ich bin, wie du, der Feste
Von Herzen satt; der Landlust nur allein
Werd' ich, wie du, nie überdrüssig seyn.
Es ladet einer unsrer Gäste
Uns nach Sorrent zum Traubenlesen ein:
Meinst du nicht auch, es wär' an uns nicht fein,
Ihm diese Freude zu versagen?
Ich mache dann in den Novembertagen
Von da wohl einen kleinen Flug
Nach Rom, vielleicht auch nach Venedig
Aufs Carneval. – Nur ist nicht Gold genug
In meinem kleinen Schatz zu einem solchen Zug.
Noch einen Wunsch, mein Kind, so bist du meiner ledig!
Ein mäßig Beutelchen, das von Zechinen schwillt
Und, wenn es leer ist, stets von selbst sich wieder füllt.
Mir würd' ein großer Dienst durch diesen Wunsch geschehen,
Mir, der nichts ärgern Ueberdruß
Als rechnen macht; und was verschlüg's den Feen?«
Von Herzen gern, versetzt, indem er sie umarmt,
Pervont mit nassem Blick': ich hoffe, meine Feen
(Wiewohl wir sie, die Wahrheit zu gestehen,
Nicht sehr geschont) sind noch nicht so verarmt,
Mir diesen letzten Wunsch für dich nicht nachzusehen.
Kaum spricht Pervont ihn aus, so ist er schon erfüllt.
Der goldgewirkte Beutel schwillt
Von lauter wichtigen Zechinen
Und schrumpft, wie oft und ernstlich ihnen
Auch zugesprochen wird, doch niemals wieder ein.
Die Reisezeit bricht nun herein.
Pervonte sieht mit ziemlich schiefen Mienen
Der Anstalt zu und rührt euch keinen Finger nicht.
Ich sehe wohl, mein Bester, spricht
Frau Vastola mit halb verbiss'nem Lachen,
Du hast nicht große Lust, die Reise mitzumachen;
Ich hätte dich zwar gern dabei,
Allein von Pflichten spricht mein Herz dich immer frei;
Ergetze dich nach deiner eignen Weise,
Mein Schatz, und bleibe (raunt sie leise
Mit Lächeln ihm ins Ohr) und bleibe mir getreu!
Adieu, Madame! Glück auf die Reise!
Erwiedert ihr Pervont, eilt in sein Kämmerlein
Und schiebt den Riegel vor – Ihr denkt vielleicht, den Kragen
Sich abzuschneiden – aber, nein!
Er geht – dem Himmel Dank zu sagen;
Und kaum ist Vastola mit sechs gestopften Wagen
Und ihrem Sack voll Feengold
Im großen Trott zum Thor' hinausgerollt,
So wirft sich, ohn' ihr nachzusehen,
Der Mann auf beide Kniee hin
Und spricht aus voller Brust: Hört mich, ihr gute Feen,
An denen ich, trotz meinem bessern Sinn,
So oft durch Wünschen mich vergangen,
Hört meinen letzten Wunsch! Nehmt Alles wieder hin,
Was ich von eurer Huld empfangen,
Und setzt in diesem Augenblick
Mich in den Stand, worin ich war, zurück,
Als ich zu wünschen angefangen!
Kaum hat er diesen Wunsch gethan,
So fängt das Schloß zu beben an;
Es blitzt und kracht, und vor ihm stehen
Die nämlichen drei schönen Feen,
Die für sein freundliches Bemühn
Die Wünschelgabe ihm verliehn.
»Du sollst, was du begehrest, haben,
Spricht ihn der Feen eine an,
Es ist die beste unsrer Gaben,
Und du verdienst, sie zu empfahn!
Nur den Verstand, den du gehörig zu verwalten
Gelernt hast, sollst du, uns zu Ehren, noch behalten!«
Und mit den Feen sieht er Haus
Und Hof und Gärten, Buchen, Linden
Und Meierei und Dorf verschwinden;
Er sieht in flaches Feld hinaus,
Und – die Komödie ist aus.
Auf einmal steht er in der Mitte
Der alten mütterlichen Hütte,
Sieht wieder fast so plump und kraus
Wie an demselben Morgen aus,
Da scheltend, einer Wurst zu Lieb,
Die Mutter nach der Stadt ihn trieb.
Er findet sie an ihrem Rocken.
Vor Wunder will das Blut ihr stocken.
Ihm däucht, was ihm in Jahresfrist
Und drüber widerfahren ist,
Ein langer wunderlicher Traum,
Und er besinnt sich dessen kaum.
Ich hatt' es, spricht er, von den Feen;
Ich wünschte nur, so war's geschehen.
Auch wünscht' ich Euch, zum Zeitvertreib
Von einem launenvollen Weib,
Den Tag lang, Gott verzeih mir's! viel
Gar tolles Zeug; ein Schattenspiel
Von kunterbunten Siebensachen,
Ihr müßtet krank Euch drüber lachen!
Genug, ich wünschte mich zuletzt,
So wie ich bin, zu Euch versetzt
Und hoff' es nun nicht schlimm zu machen;
Ich bring' Euch aus dem Feenland
Gesunden derben Hausverstand,
Nothfeste Schultern, tücht'ge Hände,
Und mit dem Wünschen hat's ein Ende. |