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Ich, Balzac, bin diesem Manne nie begegnet. Ich war fünfzehn Jahre alt, als er nach Sankt Helena verbannt wurde.
Aber es gibt Begegnungen zwischen Menschen, auch wenn sie einander nie sehen. Nun zeige ich Ihnen diesen Mann im Jahre 1804. In diesen vier Jahren, von Marengo bis jetzt, ist der Friede von Luneville geschlossen, die Ehrenlegion gegründet worden. Die Häfen von Antwerpen und Vlissingen hat man zu bauen begonnen, es sind Anlagen, die die größten Flotten aufnehmen können und nie zufrieren. Hier beginnt der große Baumeister Napoleon. Man errichtet hydraulische Werke bei Dünkirchen, Le Havre und Nizza, das Riesendock bei Cherbourg, den Hafen von Venedig, entwirft und trassiert die Chausseen von Antwerpen nach Amsterdam, von Mainz nach Metz, von Bordeaux nach Bayonne, man führt die Pässe über den Simplon, Mont-Cenis, Corniche und Mont-Genèvre, die die Alpen in vier Richtungen eröffnen und alle Bauten der Römer übertreffen. Dann baut man die Pariser Brücken, die Brücken von Savre, Tours, Lyon, den Rhein-Rhone-Kanal, leitet die Austrocknung der Pontinischen Sümpfe ins Werk. Hier nenne ich den Wiederaufbau der zerstörten katholischen Kirche, ich vergesse nicht die Schaffung neuer Industrien, den neuen Louvre, die Speicher, die Wasserzufuhr nach Paris, die Kais, den Wiederaufbau der Seidenwebereien in Lyon, mehr als vierhundert Zuckerfabriken, die Verschönerung der Schlösser, viele Millionen zur Stützung des Ackerbaues und der Viehzucht.
Aber weitaus an erster Stelle, an entscheidender, steht das neue Gesetz. Der Code Napoléon ist geschaffen worden, in ungezählten schlaflosen Nächten hat der Herrscher mit seinem Kanzler, mit seinen Vertrautesten, seinen Getreuesten sein Gesetz geschaffen, er durchdachte es bis in die letzten Auswirkungen, bis in die entferntesten rechtlichen Möglichkeiten, denn es sollen Jahrhunderte darauf aufgebaut werden, es soll das Fundament sein für ein neues Frankreich. In diesen Stunden hat der nie Ermüdende eine der größten Leistungen Frankreichs vollendet. Denn auf dem Recht beruht alles, selbst das Unrecht.
Wir haben Frieden. Die innere Verwaltung Frankreichs ist bis ins kleinste zentralisiert, ein glänzender Hof in den Tuilerien in Szene gesetzt, der Papst mit unserer Nation ausgesöhnt, die Beruhigung, die Festigung hat in den Seelen und Kirchen, der Wohlstand im äußeren Leben Einzug gehalten, der Schlund der Anarchie ist geschlossen. Man wird reich, es gibt wieder Millionen, man lebt gut, man feiert Feste, man verbraucht, der Handel blüht wie nie zuvor, alles ist das Werk eines einzigen, wortkargen, herrischen Mannes. Ein solcher Mann kann sich mit Karl dem Großen vergleichen und wird doch noch der Größere bleiben. Er kann den Heiland um seinen Ruhm beneiden und wird doch nicht lächerlich. Dieser Mann rief einmal aus: »Ich bin zu spät auf die Welt gekommen. Die Welt ist zu zivilisiert. Die Menschen sind zu sehr Räsoneure, sie wollen meine Übermacht über sie nicht verstehen. Ich bin aus anderm, gottähnlicherem Stoff geformt als die andern Menschen. In früheren Zeiten würden sie mir Altäre errichtet haben.« Da begreift man es, wenn Napoleon jetzt das Oberhaupt der Christenheit wie einen störrischen Korporal degradiert und daß unter dem Klang von seinen stählernen Sporen der Fels Petri in seinen Grundfesten zittert. Und wenn Napoleon sein Knie vor dem Papst nicht beugt, wenn er um einen Desaix nicht eine Träne weint, was kann ihm dann das Leben eines Duc d'Enghien bedeuten? Was ist ihm dann das Gesetz, das er geschaffen? Wie dieser Kerl Bonaparte dasteht, das will ich Ihnen im Buche Enghien zeigen.
Man verhaftet auf seinen Befehl in fremdem Lande, im Badischen, einen emigrierten Bourbonen, einen jungen, hübschen Menschen mit goldenen Ringen in den Ohren. Man könnte ihn nicht unter einer ganzen Anzahl Mitverhafteter erkennen, wenn er nicht vorträte und sagte: Ich bin's. Er hat ein sanftes, volles Gesicht, wie alle Bourbonen, und feine, lange Hände, besitzt eine hohe, etwas gezierte Stimme, aber einen festen, entschlossenen Blick. Man schafft ihn schleunigst nach Vincennes, stellt ihn vor ein Kriegsgericht von acht Oberoffizieren. Ohne weitere Förmlichkeiten wirft ihm der Vorsitzende die Anklage entgegen: »Sie haben in Waffen gegen Ihr Vaterland gestanden!« Aber der junge Edelmann antwortet in stolzer Haltung, in der edlen Kraft des sittlichen Bewußtseins: »Ich habe die Rechte meiner Familie verteidigt. Und es ist gewiß, daß, wie die Sachen jetzt stehen, ein Condé nur mit den Waffen in der Hand nach Frankreich zurückkehren kann. Habe ich dies einmal getan, werde ich dies immer wieder tun. Ich bin Bourbone. In meinen Adern fließt das Blut der Könige dieses Landes. Meine Geburt, meine Ansichten zwingen mich, für alle Zeit ein Feind Ihrer Regierung zu sein. Aber ich habe Waffen gegen Frankreich nie getragen.«
Dies sind Enghiens Worte und wären auch die meinigen gewesen. Balzac denkt wie er. Denn ich bin rasender Royalist. Solange ein Blutstropfen in meinen Adern fließt, werde ich es bleiben. Denn auch ich bin Edelmann. Man kann mich angreifen, karikieren, verhöhnen und, von meinen Schulden langsam auf dem Roste gebraten, zugrunde gehen lassen, ich bleibe Royalist, beuge mein Knie nur vor der legitimen Königsfamilie, mein Glaube ist katholisch, und nichts wird mich davon abbringen. So fühle ich mit Enghien und gegen Napoleon.
»Ich weiß es«, sagt Enghien, »was ihr von mir wollt. Ich verberge mir nicht die Gefahr, in der ich mich befinde. Aber ich hoffe, daß man mir eine Unterredung mit dem Ersten Konsul nicht versagen wird.« Man wird es. Denn was ein Machtmensch nicht sehen will, wird er nicht sehen, was er nicht hören will, wird er nicht hören, und würde es mit tausend Posaunen ihm ins Ohr gebrüllt. Man urteilt ab. Ohne öffentliches Verhör. Ohne Zeugen. Ohne Dokumente. Ohne Verteidigung. Ohne Rekurs.
Louis-Antoine-Henri de Bourbon, Duc d'Enghien ist schuldig: 1. die Waffen gegen die französische Republik getragen zu haben, 2. seine Dienste der englischen Nation, als einer Frankreich feindlichen, angeboten zu haben usw. Dies alles ist unerwiesen, konnte nie erwiesen werden, und so weiter fort bis 6., daß er an Verschwörungen gegen das Leben des ersten Konsuls, die auf Betreiben der Engländer angestiftet worden, teilgenommen habe. Das entschied. Mußte entscheiden für den ersten Konsul, der sein unersetzliches Leben der Nation schuldete.
Es war die Zeit der Verschwörungen, Sie kennen die Namen, Pichegru und die andern. Man griff sein Leben an. Was anderes kann ihm, Napoleon, dann übrigbleiben, als sich der Nation anzuvertrauen, sich in ihren Schutz zu begeben und sich die Rechtmäßigkeit eines legitimen Herrschers zu sichern und damit die physische Unverletzlichkeit eines gekrönten Hauptes? Ich sagte es, das entschied. Man verurteilt den Herzog zum Tode. Doch General Hulin, das Haupt der Kommission, der Bastillestürmer von 1789, setzt sich nieder, um ein Begnadigungsgesuch an den Ersten Konsul abzusenden. Das Todesurteil war von Napoleon kommandiert worden, man hatte dem Kommando gehorcht. Aber gegen die Menschlichkeit war kein Befehl ergangen, und so schickt sich Hulin an, ihr Genüge zu tun. Er beschwor Napoleon, in seinem und der andern Offiziere Namen, von einer Strafe abzusehen, die das Gericht verhängen müsse, aber nicht vollziehen wolle.
In diesem entscheidenden Moment tritt ein Mann hervor, der seit dem Beginn der Sitzung den Saal keinen Augenblick verlassen hat. »Was tun Sie da, Präsident?« – »Ich schreibe an den Ersten Konsul«, versetzte Hulin, »um ihm den Wunsch des Kriegsgerichts und den des Verurteilten mitzuteilen.« – »Ihr Geschäft ist zu Ende«, antwortet der Mann. Nur Fouché kann es sein. Wer anders als ein Abgesandter Bonapartes? Denn er wagt es, dem General Hulin die Feder aus der Hand zu reißen und die Unterredung mit den Worten: »Das übrige ist meine Sache!« zu beenden.
Um drei Uhr morgens läßt man den Prinzen durch eine enge steinerne Treppe, die von Modergeruch erfüllt ist, in die Kasematten hinabsteigen. Offenbar waren es unterirdische Gänge und Stufen, angebracht in der dicken Umfassungsmauer der Festung. Der Prinz lächelt trübe, aber er lächelt. Man bringt mich in ein unterirdisches Gefängnis, denkt er. Da schlägt ihm ein frischer Lufthauch entgegen, der von unten entgegenweht. Er kommt ins Freie. Er stutzt, er erblaßt, er faßt sich. Nach einigen Schritten vorwärts sieht er ein Peloton Infanterie, welches, die Flinte im Arm, ihn zu erwarten scheint.
»Ah, Gnade Gott«, ruft der Prinz, »so sterbe ich wenigstens den Tod des Soldaten!«
Er wendet sich an einen der ihn begleitenden Gendarmen und fragt: »Kann ich noch den letzten Beistand eines Priesters erhalten?«
»Um diese Stunde schlafen die Priester noch«, antwortet der Gendarm in grobem Ton. »Willst du denn wie ein Kapuziner sterben?«
Der Prinz sagt: »Vorwärts denn!«
Man kommt an den Fuß der Mauer des sogenannten Pavillons der Königin. Hier war ein Graben schon vor zwölf und mehr Stunden aufgeworfen. Hier sehen Sie Napoleon. Hier ist ein Mann in seinen Handlungen abgemalt, das ist die Wirkung der Ursache, die sich geistig in den Worten ausspricht: Ich, Napoleon, bin kein Mensch wie andere. Die Gesetze der Moral und Sitte existieren nicht für mich. Einige Stunden, bevor man den unseligen Prinzen verurteilt hat, ja sogar noch vor dem Augenblick, da man unter dem Schein eines falschen Rechtsverfahrens die Verhandlung gegen den Bourbonen eröffnet hat, war schon die Erde ausgehoben für sein Grab.
Wer dies hört, mag er schwach sein oder stark, Bürger, Bauer, Edelmann, Pariser, Provinziale, Mann von Welt oder Weib aus der Gosse, kein Herz kann sich dem Herzog versagen, denn alle Sympathie gehört ihm.
Ich bin, an äußeren Machtmitteln gemessen, schwach. Ein Schriftsteller mit den ungeheuersten Plänen, wovon meine bisherigen Arbeiten nur die philosophischen und sozialen Vorarbeiten sind; aber ich liebe Illusionen nicht, sie sind zu teuer. Sehen Sie mich an: trotz allem bin ich noch ein Mensch ohne effektive Macht. Ich habe wohl Willen und Kraft, aber es fehlt mir die reale Herrschaft, die heute, 1836, einzig und allein die Millionen in Gold geben können und die zu geben im Jahre 1804 einzig und allein Millionen von Bajonetten imstande waren. Aber, was Sie hier als Balzac sehen, mit allem, was er hat und ist, stellt sich in den Dienst der Unglücklichen. Reite ich an einem elenden Krüppel vorbei, dann nehme ich ihn auf mein Pferd. Fährt mein Kahn an einem Schiffbrüchigen vorüber, dann werde ich keine Sekunde zaudern, ihn in meine Barke zu heben.
Kaum hat der unglückliche Prinz Atem schöpfen können, da wird er schon an den Rand des Grabens gestellt. Er zieht aus der Tasche eine Haarflechte, einen Ring, einen Brief. Er wendet sich an die Soldaten, er fragt mit vollkommen fester Stimme seine Mörder, ob einer unter ihnen es wohl unternehmen wolle, diese Gegenstände der Prinzessin von Rohan zu überbringen. Schon streckt ein Soldat den Arm vor, zum Zeichen dafür, daß er zu diesem letzten Liebesdienst entschlossen sei, den nie ein Mensch abschlagen darf, als der Offizier oder der Mann aus dem Verhandlungssaale von vorhin, der nun oben auf der Brustwehr steht und eine Laterne in der Hand hält, laut ausruft: »Niemand darf hier Aufträge von einem Verräter entgegennehmen!« Man zündet auf seinen Befehl Fackeln an der Flamme seiner Laterne an, wobei der Offizier sein Gesicht wegwendet, um nicht im helleren Lichte erkannt zu werden. Es ist dunkel, ohne Fackeln könnten die Soldaten nicht richtig zielen. Der Offizier sagt gleichmütig: »Feuer!« Es geschieht. Der Prinz, von vielen Kugeln getroffen, fällt ohne einen Laut. Man hebt den entseelten Körper auf, legt ihn mit seinen Kleidern, ohne deren Inhalt zu berühren, der sich später, bei der ehrenvollen Bestattung unter Louis XVIII. wieder vorfindet, in das Grab, wobei – fraglich, ob durch Zufall oder durch Absicht – das Antlitz des Prinzen nach unten gewendet ist.
Die Richter waren Offiziere. Alles geschah auf vorhergegangenen Befehl, ohne den geringsten Schimmer von Recht. Deshalb versteht man es, daß die Beteiligten totenstill und gedrückt in aufgelöstem Zuge in die Festungswerke zurückkehren. Auf diesem Wege begegnet ihnen plötzlich in schnellstem Lauf der Oberrichter Réal. Er kommt auf Napoleons Befehl, den Prinzen sofort nach allen Formen des Rechts zu verhören. Und wann hat man ihm diesen unbeschreiblich wichtigen Auftrag übergeben? Um fünf Uhr morgens. Um diese Zeit war Enghien schon nicht mehr.
Hier sehen Sie den Konsul, während die Räder laufen und der Wagen dem Abgrund zustrebt, scheinbar den Pferden in die Zügel fallen. Denn er wollte seinen Namen reinhalten, seinem Ruhm den Flecken ersparen. Wozu? Wozu der Schein? Gegen eine Million Bajonette gibt es keinen Appell. Er hatte im ägyptischen Feldzuge einmal 3000 Türken ertränken müssen. Damals mußte er. Diesmal wollte er. Er hatte die Macht.
Um diese Zeit hält er Hof in Malmaison. Oberst Savary, der Kommandant von Vincennes, ein alter Soldat, kommt erschüttert, aufgelöst, fast von Sinnen, in Malmaison an. Kaum hat Josephine ihn erblickt, als sie in Tränen ausbricht. Madame Bonaparte weiß, alles ist vorbei. Der zweite Konsul schreit laut auf vor Verzweiflung. Man habe ihn entehrt, er überlebe die Unehre nicht. Der Erste Konsul überblickt die Szene mit kalten, aber düster brennenden Augen. Er befiehlt Savary zu sich in sein Kabinett, in die abgeschlossenen drei kleinen Räume der Bibliothek, wohin sonst nur der Geheimschreiber des Bonaparte, Meneval, Zutritt hat. Savary erzählt alles. Der Erste Konsul fragt: »Hat Réal den Prinzen gesprochen?« Kaum hat der Oberst mit Nein geantwortet, als zitternd, wachsbleich, fassungslos Staatsrat Réal erscheint und unter Stammeln sich entschuldigt, daß er seinen Auftrag nicht habe ausführen können.
Der Erste Konsul steht wie ein Stück Erz da. Sein Gesicht sieht man, aber man durchschaut es nicht. Da haben Sie dieses gelblichfahle Antlitz, umrahmt vom langen, schwarzen, straffen Haar, tiefliegende, kalte Adleraugen von durchdringendem, hellem Blau, unter buschigen Brauen, ein starkes, vorspringendes Kinn, fest geschlossene Lippen über schönen, schmalen, spitzen Zähnen. Sein Blick ist zwingend, er zieht alle Menschen zu sich. Auf unbegreifliche Art wird man, wenn man unter seinem Blicke steht, selbst ein Stück Bonaparte, ein Stück des größten, gewaltigsten, ruhigsten, sichersten Mannes der bewohnten Kontinente. Dadurch bannt er alles.
Nun stehen die ehrenwerten Männer wie Büßer, wie Verbrecher vor ihm.
Er billigt nichts. Er tadelt nichts. Er entläßt alle. Schließt sich in die Bibliothek ein. Abends speisen einige Mitglieder der Familie Bonaparte bei ihm. Sie sind traurig. Keiner wagt zu sprechen. Der Erste Konsul hat seine Gemächer verlassen und sich an den Tisch gesetzt. Er ist still wie jedermann. Da tritt, gegen Ende des Mahles, Herr von Fontanes entsetzt ein. In Paris gehe ein unerhörtes Gerücht, der Herzog von Enghien sei erschossen. Kein rechtlich denkender Mensch könne das glauben. Man hört lautlos zu. Niemand regt sich.
Napoleon bricht das Schweigen. Seine Stimme geht über die gebeugten Köpfe der Menschen. Nicht von dem Gegenwärtigen ist die Rede, noch trifft sein Wort einen der Anwesenden.
Der Größenwahn des Mannes zeigt sich erschütternder nie als jetzt, da er mit Menschen zu sprechen scheint und so fern von ihnen ist als je nur ein Mensch, eingeschlossen in die einsamste Zelle. Da wird allen kalt, es schaudert alle. Denn was lebt für ihn? Drei Stunden spricht der sonst so schweigsame General über römische Herrscher, über Irrtümer des Tacitus, über Corneille, den er liebt, und Racine, den er achtet. Endlich entreißt es sich ihm. Er schließt sein endloses Geschwätz mit den kurzen Worten: »Man will die Revolution vernichten. Darum greift man meine Person an. Denn ich bin die Revolution. Ich, ich! Ich werde sie verteidigen!« Als alles schweigt und ihn anstarrt, sagt er leise und drohend: »Künftig wird man sich zweimal bedenken. Denn man weiß nun, wessen wir fähig sind.«
Ohne seine Gattin noch seine Mutter anzusehen, ohne den zweiten Konsul eines Blickes zu würdigen, steht er auf und verläßt das Zimmer. Er konnte später keinem der Anwesenden verzeihen, daß er ihn in dieser Stunde gesehen hatte; er stürzte den zweiten Konsul, verstieß seine Frau Josephine, er hielt seiner Mutter die Hand zum Kusse hin. Sie aber stieß sie heftig zurück. Es war in einer Familiengesellschaft und Napoleon damals schon Kaiser. »Bin ich nicht Ihr Kaiser?« fragte er. »Bin ich nicht Ihre Mutter? Und sind Sie nicht vor allem und jedem mein Sohn?« Napoleon schwieg und küßte ihr die Hand.