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V

Peytel fährt nach einer Pause fort: »Ich rufe meine Frau, ich schreie: Felice, Liebste, Felicia, zu mir! Keine Antwort, die Straße leer, verlassen, Nacht und Finsternis. Ich den Weg an der Wende herauf und herab, endlich bis zur Brücke, hier liegt sie im Wasser, Felice, meine Frau. Wie kam sie her? Warum? Um zu trinken? Sich die Wunden zu waschen? Kalt, erstarrt, ohne ein Zeichen des Lebens. Das Gesicht zerrissen, voll Blut, nicht zu beschreiben. Mit allen Kräften ziehe ich sie zu mir, ihre Röcke, ihre blaue Seidenmantille wollen nicht mit. Die Kleider gleiten, von der Feuchtigkeit schwer wie Blei, bis zu ihren Hüften, ich kann nichts ordnen, nur zurück! Nur zu Hilfe! Ins Leben, wie nur immer!«

»Das kann nicht wahr sein«, schreibt hier der Anwalt Lablanche an den Rand.

»Ich spreche, ich rede ihr zu, nur das Erschrecken hat sie fortgetrieben, die Furcht, wer weiß es, der Schuß hat sie betäubt, die Augenwimpern sind versengt, ich sehe es trotz der Finsternis, die Augenbrauen sind nur feuchter Staub, es ist Nacht, es ist Sturm und viel Gewitter am Himmel, ich fasse ihr ins Gesicht, ich greife ins Leere. Wäre es doch einen Tag zuvor oder eine Stunde nur! Ich rede sie an: ›Liebste, einen Augenblick nur hebe den Kopf, sieh mich an, hörst du mich nicht? Kann es denn sein?‹ Ich halte sie umschlungen, sie ist schwer, schwerer als sonst Menschen sind, gerade als ob sie sich mit Gewalt auf den Rücken legte, wie wenn sie mich mit aller Gewalt zu sich auf ihre Brust zöge. Ich falle nieder, wir rollen verschlungen ins Wasser, wir gleiten auf dem spitzen Geröll bis in den eiskalten Bach, mit der letzten Kraft reiße ich sie ans Ufer zurück. Hier hocke ich, keuche, blicke sie an, knöpfe ihr Kleid an der Brust auf – alles ist von dem Eiswasser so versteinert.

In der Nähe muß ein Haus sein, auf dem Hinwege erblickte ich es. Ich stürze nach der Hütte, ich klopfe und rufe.

›Wer ist's?‹

›Peytel‹, sage ich, ›der Notar.‹

›Was gibt es?‹

›Meine Frau ist verunglückt. Der Diener hat geschossen.‹

›Wer da?‹ ruft die Stimme eines andern Mannes.

›Um Christi willen, nur heraus, meine Frau ist verwundet, ich bin es, der neue Notar.‹

Endlich kommen sie beide, Vater und Sohn, sie fragen:

›Wo?‹

Ich habe die Kraft nicht, stumm deute ich hinunter, dorthin, wo die Alcazar liegt. Die beiden finden den Körper: ›Die Dame ist nicht mehr!‹ ruft der Alte, indem er beide Hände wie Schalltrichter an seinen Mund legt. Sein weißer Bart rüttelt im Winde. ›Keine Hilfe? Keine?‹ schreie ich.

Sie bringen Felice auf den Händen getragen. Ich kann sie nicht sehen, es ist zu furchtbar. ›Nicht zu hart!‹ rufe ich, als ihr kleiner Schuh beim Hinlegen an das Trittbrett des Wagens stößt. (Diese Äußerung hat Peytel nicht getan, bezeugen die Schmiede.) Sie führen, Vater und Sohn, den Wagen mit den Pferden zurück, sie haben die Frau der Länge nach darin gebettet. So hat das Gericht sie gefunden. Sie wollen nicht mit. Der Regen gießt. Ich sitze im Wagen, den Kopf der Frau lege ich auf meine Knie. Sie reichen mir die Zügel. Sie haben die Riemen in einen Knoten geschürzt, da ich mit der linken Hand kutschieren, mit der andern die leidende Frau stützen muß. Ich ergreife die Riemen, ich fahre behutsam die Wende hinab, der Stadt zu. Am Wege habe ich etwas gesehen. Ist es ein Sack? Ein Degen? Ein Sack mit Gold? Des Dieners Peitsche war es. Jetzt scheut das Handpferd. Es hebt sich im Geschirr. Das Gefährt schwankt, das Köpfchen meiner Frau sinkt herab. Die Laternen müssen erloschen sein im Sturm. Hinter mir kommen Schritte, es sind die Schmiede, die mich doch nicht verlassen wollen. Sie packen das böse Pferd bei der Kinnkette. ›Ein toter Mann liegt am Wege‹, schreit der Jüngere.

›Ich weiß es, ich weiß!‹ ruf' ich. ›Nur zu!‹ und hebe die Peitsche, die ich von dem Älteren bekommen und zwischen meinen Knien festgehalten habe.

›Jesus Maria!‹ heult der Alte.

›Der Wagen soll nur über ihn weg! Hinüber!‹

Aber die andern lassen es nicht zu.

›Man soll Tote nicht schlagen‹, meint der Alte. Ich lasse die Peitsche fallen, man hat sie neben ihm, dem ungetreuen Knecht gefunden.«

Hier bricht das Verhör ab. Der Notar zeigt furchtbare Aufregung, will zu seiner Frau, er will sich von den umgebenden Gerichtspersonen freimachen, schlägt um sich und schreit. Da man Gewalttätigkeiten befürchtet, legt man ihm Handschellen an. Die Leute aus dem Orte, besonders die Frauen, waren furchtbar aufgebracht, sie drohten und rotteten sich vor dem Gerichtsorte zusammen.

Zum Schlusse: Balzac wäre Peytels bester, sein einziger Freund. Peytel bitte um Balzacs Hilfe durch den Mund Lablanches, der ehrfurchtsvoll den großen Meister grüßte.


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