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Roderigo, hernach Ferrante, Carl.
Rod. So muß die Narrheit eines einzigen Bubens den Fehler unserer Klugheit wieder gut machen / und also wird die Welt aus jhrer Verwunderung gesetzet werden / warum wir bißhero so viel Excesse mit ziemlicher Gedult vertragen haben.
(Ferrante und Carlo kommen gelauffen.)
Ferr. Jhr Excellentz ist noch eine Gewalt übrig / die uns beschützen kan / so wolle sie dem gäntzlichen Ruin des Adels vorkommen.
Carl. Wir haben viel gelitten – Doch wer uns mehr Gedult abfodert / der zwinget uns zur Raserey.
Rod. Jhr liebsten Freunde / ich hätte gedacht / das Spiel würde bald mit gutem Glücke geendiget seyn.
Ferr. Ach es hat nie ein schlimmer Ansehn gehabt.
Carl. Und nun wird das verfluchte Spiel erst angehn.
Rod. So last mich doch die Sache wissen.
Ferr. Der auffgeblasene Fischer-General beschuldiget uns / als wäre jhm etwas an seiner Ehre versaget worden.
Carl. Und weil ich Königlicher Stallmeister bin / so hat er gar übel empfunden / daß ich die Königliche Pferde so bald nicht habe folgen lassen.
Ferr. Also hat er bey Straffe des Brandes / des Schwerdtes und der eusersten Verfolgung den Befehl an uns ergehen lassen. (Ach! jhr Excellentz gedencken doch ob ein Hertzog dergleichen erfahren hat!) daß wir jhm auf öffentlichen Marckte vor allem Volcke die Füsse küssen sollen. Also kommen wir in unserm letzten Elende / und wollen lieber tausend mahl todt seyn / als daß wir in einen unerträglichen Schimpff willigen solten.
Rod. Ey du verfluchter Bube! heist dieses den Frieden gehalten / und soll uns deine Thorheit zur eusersten Schande gereichen? auf! wer ein Adeliches Hertz im Leibe hat / der greiffe zum Gewehr / biß die gifftige Bestie vertilget ist.
Carl. Wir wollen gehorsam folgen: der Himmel helffe nur / daß wir durch ein Oberhaupt secundiret werden.
Rod. Fanget es nur klug an; wir haben mit einem rasenden zu thun / der sich selbst in dem Netze verstricken soll.
Tambourino, Saldo.
Tamb. Da schlage Bley zu / wenn ich mit meiner Drommel nicht mehr verdienen soll als Schläge.
Sald. Und ich habe die Briefe davon / daß ich Tag und Nacht mit meinem Spiesse soll auff der Gasse herum lauffen / wenn ich endlich auf die Weise soll tractiret werden.
Tamb. Ich habe gedacht / der Fischer-Knecht wil ein Vater des Vaterlandes werden / aber nun ist ein Fantast über die Eyer gesetzt.
Sald. Ich halte der Kerl ist von Sinnen kommen / und also wäre es am besten / wenn er im Toll-Hause sein Qvartier kriegte.
Tamb. Doch hat Sanct Velten die gantze Bürgerschafft noch besessen / daß man sich vor jhm fürchten muß.
Sald. Ach weh / er komt dorther marchiret / wir müssen entweichen / oder er schüttet seine gifftige Thorheit auf unsre Köpffe.
Tambourino, Saldo, Masaniello rasend.
Mas. Ha! seyd jhr dieselben Schelmen / die mich verrathen wollen / und hab ich den Danck darvon / daß ich euch nicht den ersten Tag die Hälse gebrochen habe? Höre / was stehstu da?
Sald. Jhr Excellentz / ich erwarte jhren Befehl.
Mas. Wer läst mir die Pestilentz wünschen.
Sald. Ich sagte jhr Excellentz.
Mas. Ha / der Vice-Roy steckt dir im Kopffe: der Hund soll noch diesen Tag an lichten Galgen kommen / und du verfluchter Schelm solst zwey Ellen drunter gehenckt werden.
Sald. Ach Gnade / ich bin ein ehrlicher Bürger.
Mas. Ein Verräther magstu seyn! geh und sage dem Vice-Roy, er soll bey Vermeidung meiner Ungnade gleich diesen Augenblick kommen / und sich hencken lassen. Gehstu noch nicht? das Hertz im Leibe soll dir zerbrechen / wo du langsam bist.
Sald. Ach wie angenehm ist mir der Befehl / daß ich davon lauffen kan.
(Geht ab.)
Mas. Aber du Bernheuterscher Drommel-Schläger / darum verdienstu dein Brodt mit Müßiggehn? schlage mir einen March, oder ich mache dir deinen Schedel zum Kalbfelle.
Tamb. Gnädiger Herr Oberster / sie haben zu befehlen.
(Er schläget.)
Mas. Hund das ist des Vice-Roy sein Leib-stücke / schlage mir einen March, wie ich gerne höre – – du thust mirs zu Trotze / und spielest mir eines von dem Könige in Franckreich – – – je du verfluchter Vogel / siehstu mich nun gar vor den Pabst an? mache mir mein Leibstücke / oder ich wil selber drommeln.
Tamb. Ich wende meine Kunst an / so weit sich mein Vermögen erstrecket; allein es ist mein Unglück / daß ich das rechte Stücke nicht erfinden kan.
Mas. Halt ich wil das rechte Stücke treffen / und darnach wil ich deinen Kopff in hundert Stücke schmeissen / gieb her dein Clavicimbel.
(Er nimt ihm die Drommel und schläget närrisch darauff.)
Masaniello, Tambourino, Flavio, Roberto.
Flav. Was muß dieser neue Lermen bedeuten?
Rob. Ein neues Unglück über Neapolis. Der Oberste rühret selbst die Drommel / wer wil ungehorsam seyn?
Flav. Er setzt uns auff die Probe / ob wir Lust haben unsere Köpffe zu verlieren.
Mas. Heran jhr Hunde / wisset jhr nicht / wer euch zu befehlen hat?
Flav. Hier sind wir als unterthänige Diener.
Mas. Wem bin ich unterthänig? Dir gewiß / du Lumpen-Hund.
Rob. Wir sind Diener.
Mas. Jhr solt wissen / daß ich Macht habe euch zu straffen.
Flav. Unser Leben steht in seiner Gewalt.
Rob. Und wir demuthigen uns vor jhm / als vor einem Herren von Neapolis.
Mas. Wer sagt das mehr? Drommel-Schläger / geh flugs und laß diesen ehrlichen Kerlen zehn tausend Cronen zahlen.
Tamb. Mein Herr / wer soll es auszahlen?
Mas. Du Bestie / meinstu daß ich deine Drommel behalten wil? Da hastu den Lumpen-Qvarck / und zum Possen wil ich dich zu einem Fürsten machen. Gleich diesen Augenblick / mache dich nach Aversa, und nim diese zwey Zeugen mit / daß sie wissen / wer dich zum Fürsten gemacht hat.
Tamb. So wollen wir gehen.
Mas. Du solst nicht gehen: du solst eines mit mir sauffen / und solst in der See mit mir baden / und aus deiner Drommel müssen wir des Königes Gesundheit sauffen. Fort! wer mir nicht folgt / der ist des Todes.
Francesco, hernach Masaniello.
Franc. Ey / ey / das läst sich noch zu schlechtem Friede an / unser Kloster soll dem neuen General 50000. Ducaten bezahlen / wo wir in dem Kloster nicht verbrennen wollen: nun muß ich auff Befehl meines Obern da herum schleichen / ob mir jemand begegnet / der etwas böses im Sinne hat.
Mas. (Kömt gelauffen.) Du Lotter-Bube / wer heist dich auff der Gassen herumlauffen.
Franc. Herr ich gehöre in das Kloster.
Mas. Was? gehörstu in das Kloster? wo hastu dein Kleid?
Franc. Herr es ist uns verboten worden.
Mas. Ein Schelm hat dirs verboten. Sage / sie sollen alle mit einander jhre lange Kleider wieder anlegen / oder Mönche / Pfaffen und alles Ungeziefer sollen alle mit einander in die See geschmissen werden.
Franc. Ich wil den Befehl ausrichten.
Mas. Wo wilstu hinlauffen? Weistu nicht / daß ich Pabst bin / und daß ich deinen Schabehälsichten Prælaten selber befehlen kan? O du Schwein-Kopff / daß ich dir nicht den Bart außrauffen soll.
(Er fält über ihn und macht possierliche Lectiones mit jhm.)
Vitale, Bravo, Francesco, Masaniello.
Vit. Mein Herr / er lasse sich doch bewegen / und schone dieses unschuldigen Mannes.
Brav. Wenn wir den Haß der Weltlichen und Geistlichen über uns laden wollen / so müssen wir wohl verlohren seyn.
Mas. Jhr Hunds-Buben / wer seyd jhr?
Vit. Ich bin ein getreuer Diener / der bey der itzigen Regierung Leib und Leben lassen wil.
Mas. So steh auff meiner Seite.
Vit. Das wil ich thun als ein ehrlicher Kerl.
Mas. Aber wer bistu?
Brav. Ich bin auch so gut.
Mas. Hastu nicht meine Action getadelt / da ich meine Autorität an dem Mönche sehen ließ?
Brav. Ich gestehe es / ich habe vor jhn intercediret.
Mas. Das heist so viel / du hast mich getadelt / und dieses hastu verdienet.
(Er giebt ihm eine Maulschelle.)
Brav. Dieser Lohnung halben bin ich nicht in die Stadt kommen.
Mas. So packe dich zwantzig Meilen von Neapolis weg / wo ich dich in einem Tage nicht zwantzig mahl soll hencken oder köpffen lassen; Aber was ist dort vor ein Auffstand vom Volcke? last sie herkommen / oder wo ich sie suchen soll / so stehen sie in Lebens Gefahr.
Vit. Es sind schwache Leute / welche jhre Kinder von der Gasse nach Hause führen.
Mas. Sie müssen herkommen.
Elisa, Laura mit jhren Kindern und den andern Weibern.
Elis. Ach wie sträfflich ist der Herr Oberste.
Laur. Ich höre / es ist kein Mensch mehr des Lebens sicher: er haut und sticht um sich / wie der böse Volant.
Elis. Ach wenn er mir meine Kinder in Schaden brächte!
Laur. Mein Mann ist erst in Leib und Lebens Gefahr bey jhm gewesen.
Elis. Ach er kömt auf uns loß: ach er schlägt uns doch alle zu Tode.
(Er kömt mit blossen Degen auf sie loß / sie fallen alle nieder auff die Knie und schreyen:)
O gnädiger Herr Oberster;
Mas. Was jhr Bestien? Wer ist euer Oberster? Ich habe nichts mit dem Ampte zuschaffen / der Vice-Roy ist euer Herr.
Laur. Ja / ja der Vice-Roy.
Mas. Was sagstu? hastu mich auch schon abgesetzt. Weiche mir aus den Augen / oder du must sterben.
(Er jagt sie hinein / und fängt mit den blossen Degen schändlich an zurasen.)
Mas. Ha / wo ist der König in Spanien? ich wil Brüderschafft mit ihm machen. Sieh da / bistu der Pabst? ich werde gewiß die Lehn bey dir suchen sollen. Oder wilstu mich irgend zum Cardinal machen / daß ich meine Charge zu Neapolis verlieren soll? Siehe / da hastu eines mit dem Degen / daß dir die Haare in deinem schimlichten Barte in der Lufft herum fliegen. O was wolt jhr? Last mich der Vice-Roy gefangen nehmen? Ich wil sehen / wer mich angreifft. Schlag todt / schmeiß zu!
(Er läufft in der Raserey hinein.)
Xaverio, Arpaja, Furfante.
Xav. Warum wird uns eine Sache zugemuthet, die uns wieder in neue Gefahr setzen kan?
Arp. Es ist keine Gefahr dabey: das gantze Volck ist zufrieden. Der gute Mann hat sich wohl um die Stadt verdient / wer kan wieder eine solche Kranckheit? Sie geben jhm nur Auffenthalt.
Furf. Es geschicht jhm eine grosse Wohlthat / wenn er wohl verwahret wird: denn er möchte aus Unwissenheit was begehen / das jhm hernach bey vollem Verstande sehr gereuen möchte.
Xav. Wenn er aber loß käme / und schmisse uns die Cellen über den Hauffen / oder breche uns armen Leuten die Hälse / so wird uns niemand den Schaden gut machen.
Arp. Es soll schon gute Vorsorge dabey geschehn.
Furf. Und jhr Herren Patres, meint jhr etwan / daß wir euch lange bitten werden? wir wollen jhn ins Kloster liefern; habt jhr nicht Lust darzu / so schmeisset uns wieder rauß.
Xav. Ich sehe wohl / es geht über die Geistlichen.
Die Vorigen und Francesco.
Franc. Ach was vor eine Comœdie haben wir in der Kirche gehabt! Nun ist Herr Masaniello gantz rasende worden. Er stieg in Gegenwart des Herrn Ertz-Bischoffs auf die Cantzel / und brachte allerhand Ketzerische und lästerliche Worte vor / biß er endlich herunter kam / jhm zu seinen Füssen fiel und bat / das Commando möchte doch wieder von jhm genommen werden: also gab er den Rath / er möchte nur im Kloster hier auff eine Kammer gebracht werden.
Xav. Was jhr Eminentz befehlen / dem müssen wir gehorsam seyn.
Arp. Es hätte fürwar auch ohne Befehl geschehen müssen. Denn es ist noch lange nicht an dem / daß uns die Mönche braviren sollen.
Furf. So werdet jhr wissen / was euch am besten ansteht.
Xav. Ich halte / sie bringen jhn schon: ich werde meine Zuflucht in die Zelle nehmen.
Franc. Und ich werde mich auch in mein Schnecken-Hauß verkriechen.
Masaniello, Tambourino, Saldo, Truffaldino, Bazzo, Matto bringen jhn geschlept.
Mas. Wo führt jhr mich hin? ich bin gantz vernünfftig worden.
Sald. Er soll nur ausruhen. Jhr Eminentz haben sie drum gebeten / und sie habens zugesagt.
Tamb. Es ist alles gut gemeint.
Truff. Und wir wollen bey jhm bleiben daß ihm kein Schade wiederfahren soll.
Mas. Soll ich mich drauff verlassen?
Sald. Ach ja. Er gehe nur / und gebrauche sich seiner Ruhe / wir wollen ihm vor allen Schaden gut seyn.
Tamb. Wir sind getreue Leute: wer wil sich wagen / in unserer Gegenwart etwas vorzunehmen?
Truff. Nu / nu / mein lieber Herr / er lasse sich weisen.
Sald. Jhr Eminentz kommen / wo sie nicht in die Kammer gehn.
Mas. So macht doch fort / und weiset mir die Kammer.
(Er wird in die innerste Scene geführet / Sie fällt zu.)
Salvador, Angelo, Laudato, Afflitto.
Salv. Jhr Brüder / die Zeit ist kommen / daß sich der Adel von Neapolis aus der eusersten Schande wickeln soll.
Ang. Wir wollen den Nahmen verdienen / daß wir einen schändlichen Drachen erleget haben / davon gantz Neapolis hätte sollen vergifftet werden.
Laud. Und wenn er Stahleysen feste wäre / so wil ich seinen verfluchten Cörper mit diesem Gewehr auflösen.
Affl. Wir wollen jhn verfolgen biß auff den Tod / darnach mag der Cörper andern in die Hände geliefert werden.
Salv. Aber er ist nicht allein: wenn sich das Lumpen-Gesindel zur Wehre setzte?
Ang. Wer das Monstrum beschützen wil / der ist unser Feind.
Laud. Sie bilden sich ein / alß wäre keine Gefahr verhanden. Ehe sie an einige Gegenwehr gedencken / so wird die Bestie über den Hauffen liegen.
Affl. Und wie leicht ist es / daß wir mit freundlichen Minen in das Gemach geschlichen kommen / biß die Gelegenheit erscheinet das Gewehr zu zucken.
Salv. So gehts drauff loß: Wie wir uns verschworen haben / so stehen wir beisammen.
Ang. Derselbe sey in Ewigkeit geschimpffet / der anitzo verzagt ist.
Laud. Und der bleib ein ewiger Feinde des Königreiches / der anitzo barmhertzig ist.
Affl. Und damit werden wir die Kammer suchen.
Salv. Holla / ist niemand hier / der uns den Ort weiset / wo sich Herr Masaniello aufhält?
(Die mittelste Scene eröffnet sich.)
Mas. Hier bin ich / jhr lieben Brüder / was habt jhr zu thun?
Salv. Dieses haben wir zu thun.
(Sie geben alle Vier zu gleich Feuer.)
Mas. (In dem er fällt.) O jhr Verräther und Undanckbaren Leute!
(Er fällt in die mittelste Scene hinein. Die umstehenden schreyen.)
Ach weh unser Haupt ist todt / das Volck und die gantze Bürgerschafft ist verrathen.
(Die Scene fällt zu.)
Salv. So last uns nunmehr die tapffere That durch alle Gassen Ausrufen.
Ang. GOtt gebe dem Könige in Spanien langes Leben!
Laud. Masaniello ist todt.
Affl. Und wer seinen Nahmen nennen wird / der soll sterben.
Salv. Und wer sein Geschlecht nicht mit Schwerdt und Feuer verfolgt / der soll unter unsre Feinde gezehlt werden.
Laud. Auff und helffet mir das Haupt Hertzogs Caraffa von dem Thore herunter langen. Ich weiß / es wird mir an Cavallieren nicht mangeln / die mir beystehn / und wenn es dem gantzen Volcke solte ein Stachel im Auge seyn.
Affl. Ich werde mich nicht ausschliessen. Hört zu jhr Leute: der verfluchte Masaniello ist todt.
Allegro trägt ein Stücke von einem Fusse.
Ha jhr Leute / hab ich nicht einen guten Fisch-Fang gethan? Meine Courtisie bekam mir auf dem Castell gar übel / und ich muste mich als einen Bernheuterischen Pappegoy tractiren lassen. Aber seit ich aus dem Gebauer geflogen bin / so hat es ein fein Stücke Arbeit gesetzt / denn da die Leute nur hörten / daß etliche den ehrlichen Vogel Masaniello wolten todt machen / so bestalten sie schon gewisse Leute / die jhn solten in Stücken zureissen / damit sie auch eine Reliqvie zum Gedächtnis aufheben könten. Drum wie der Bettel-Tantz angieng / so war ich der erste / und hielt jhm bey dem Beine so feste / daß mir ein ziemlich Stücke in der Hand geblieben ist. Was meint jhr nun / wie viel ehrliche Leute ich damit werde betheilen können / und wie viel Ducaten ich vor ein klein bißgen werde fodern mögen? Ich halte immer / wo mir der Handel gut von statten gehet / so erschlag ich ein paar Bauer / und verkauffe jhr zerhacktes alles vor solches Fleisch. Nun ich halte / dort unten find ich wohl keinen Kauffmann / der mir die Wahre mit viel Ducaten bezahlt / drum werd ich wohl einen Marckt suchen müssen / da man dergleichen besser zubezahlen pfleget.
Matelone, Anaclerio.
Mat. So bin ich mit gutem Glück wieder in die Stadt kommen.
Anacl. Es ist alle Furcht verschwunden. Der Pöbel steht in Furcht und Zittern / und bedencket erst / was ein jedweder wegen seiner Buben-Stücke verdienet hat.
Mat. Unserer Palläste könten wir vergessen / wer mir nur meinen Herren Bruder wiederum könte lebendig machen.
Anacl. Es haben gleichwohl etliche ehrliche von Adel so viel gethan / und haben das Eiserne Gegitter mit seinen Haupte herunter gerissen: haben es auch in dem nechsten Kloster so lange zur Verwahrung gegeben / biß solches mit gewöhnlichen Ceremonien könte begraben werden.
Mat. Die ehrlichen Cavalliers sollen es künfftiger Zeit wohl zu geniessen haben. Doch wo befindet sich der verfluchte Cörper?
Anacl. Er wird von dem unnützen Gesindel in der Stadt herum geschlept. Ich habe selbst etliche Duplonen darzu spendiret / daß sie das Schind-Aaß desto schändlicher zerlästern sollen: und nachdem die grösten Gliedmassen von ein ander gerissen sind / so werden sie also fort in kleinere Theile resolviret werden / biß das Unthier in nichts verwandelt ist.
Mat. Ich freue mich über einen so gewünschten Ausgang. Noch viel mehr aber danck ich dem Gelücke / daß der Adel noch nicht gantz vertilget ist / und daß wir ins künfftige bessere Consilia fassen können solches Unheil zuverhütten. Doch es wird Zeit seyn / den Herrn Vice-Roy zu suchen.
Anacl. Gleich itzo werden die Freuden-vollen Gratulationes abgeleget.
Roderigo, Leonisse, Celinde, Arcos, Philomarini, Matelone, Ferrante, Carlo, Roccella, Torrecuso, Donato, Anaclerio, Prospero, Allegro.
Rod. Jhr Eminentz haben nechst der Göttlichen Hülffe dieses Königreich Neapolis von dem eusersten Untergange erlösen helffen. Und dessenwegen sey deroselben anitzt in Gegenwart des gesamten Hofes gebührender Danck abgestattet / biß jhre Königliche Majestät dero gnädigstes Erkäntnis hierüber werden erklären können.
Phil. Jhr Excellentz erweisen einen Uberfluß einer gnädigen Höfligkeit / daß sie etwas höher schätzen / als vielleicht der Werth zu lassen wil. Ich habe das jenige gethan / welches ich mit Verletzung meines Gewissens und meines hohen Amptes nicht hätte verwarlosen können. Ist nun hierunter etwas gutes gewircket worden / so wird man vielleicht mehr auf die Göttliche Providentz / als auf meine Schwachheit sehen müssen. Doch erfreue ich mich im Grunde meiner Seelen / das jhr hohe Excellentz nach einem so hefftigen Ungewitter die Freuden-Sonne wieder geniessen / und dieses gantze Königreich mit neuer Gratulation erfreuen können. Es gebe nur der Gnadenreiche GOtt / daß solche Gratulationes durch eine langwierige Glückseligkeit zu jhrer Majestät / und des gantzen Staats Auffnehmen befestiget werden.
Rod. Der Himmel gebe auf beyden Theilen / was wir wünschen können. Jhr aber Hertzog Matelone soll ich meinen Willkommen mit einer Condolentz oder mit einer Glückwünschung anfangen. Es ist mir hertzlich leid / was jhr verlohren habt: Doch sey der Himmel noch gelobet / der uns noch ein kostbares Stücke in unserer Gewalt übrig gelassen hat.
Mat. Jhr hohe Excellentz lassen sich einen armen Hertzog zu allen Gnaden befohlen seyn / welcher an Gut und Blut fast den eusersten Ruin hat erdulden müssen.
Rod. Die Treue / sol jederzeit unvergessen bleiben. Allein was rathen jhre Eminentz / daß numehr bey der Sach zu thun ist?
Phil. Es wird rathsam seyn / daß sich der gantze Hof durch die Stadt in einer öffentlichen Procession sehen lasset / und daß also fort die Spanischen Soldaten wiederum in jhren Posten angewiesen werden. Und vor allen Dingen müssen die Befreundten und die Helffers-Helffer der Rebellischen Buben in gefänglichen Hafft gezogen / und daselbst dem gantzem Volcke zum Schrecken biß auf erfolgende Straffe behalten werden.
Rod. Es sey also. Doch daß zuvor ein Curierer nach dem Königlichen Hofe abgefertiget wird / welcher ein neues Wunderwerck / das ist / das Ende einer Rebellion überbringen soll / davon man noch keinen Anfang erfahren hat.
Phil. Es wird ein Schrecken seyn / wie im Traume / da man sich im Erwachen erfreuet / daß die Furcht verschwunden ist.
Rod. | |
So blüht Hispanien in diesem Reiche noch. | |
Leon. | |
So traget unser Hoff kein unverdientes Joch. | |
Cel. | |
Die Kindern sollen noch den sichern Vater kennen. | |
Arc. | |
Und mögen ausser Furcht den süssen Nahmen nennen. | |
Phil. | |
Die GOttes-Häuser sind am meisten unverstört. | |
Mat. | |
Dieweil des Pöbels Haß hinfort kein Hauß versehrt. | |
Ferr. | |
Wir dürffen Stadt und Hauß in Sicherheit betreten. | |
Carl. | |
Und sollen Brodt und Lufft nicht von dem Volck erbeten. | |
Rocc. | |
Der uns befehlen soll / zeigt uns den freyen Stab. | |
Torr. | |
Und wendet ferners Leid von unsern Pforten ab. | |
Don. | |
Nun kan die hohe Hand des Königs Wort besiegeln. | |
Anacl. | |
Nun wil der offne Marckt die Wahren nicht verriegeln. | |
Prosp. | |
Nun stehet der Pallast und nimt wieder ein / | |
Alleg. | |
Und ich kan noch / wie vor / der Tafel-Steher seyn. | |
Rod. | |
So wird ein Mann vergnügt / der auf die Tugend bauet. | |
Leon. | |
Und in verliebter Gunst auf GOttes Gnade trauet. | |
Cel. | |
So spürt ein treues Kind des Bethens hohe Kraft; | |
Arc. | |
So kömt ein junger Sohn zu alter Wissenschafft. | |
Phil. | |
So hat die Geistligkeit das jhre wohl verrichtet. | |
Mat. | |
So hat die kluge Flucht die gröste Noth zernichtet. | |
Ferr. | |
Es ist ein edles Thun / wer klug und tapffer ist / | |
Carl. | |
Und gleichwohl der Gedult im Schrecken nicht vergist. | |
Rocc. | |
So läufft es glücklich ab / mit Warten und mit Schweigen. | |
Torr. | |
Man sieht die Blüthe nicht / biß sich die Früchte zeigen. | |
Don. | |
Ach wird die Freude nicht im Lande kund gethan? | |
Anacl. | |
Und schreibt man den Triumph nicht allen Thürnen an? | |
Prosp. | |
Die Nachwelt soll den Ruhm der Zeiten nicht vergessen. | |
Alleg. | |
Der Koch hat angericht / jhr Herren komt zum Essen. |