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Der Krähenhannes

Wie unser Herrgott die Dörfer ausgestreut hat, da sind ihm ein paar davon nebenhalb der Welt in die grünen Wälder hineingefallen, und dort blüht jetzt allerhand Hirngespinst und scheckiges Narrenwerk, das sich selber sehr ernst nimmt und hoch ins Himmelblaue hinein rankt und ganz absonderliche Nüsse zeitigt, weil seine Wurzeln tief in weltfremder Einfalt gegründet sind.

Der Hannes war noch ein kleines Büblein, und da kauerte er neben der Großmutter auf der Türschwelle, und sie deutete ehrfürchtig hinaus ins Land: weit drin schimmerte ein helles, breites Gehöft mit unzähligen Fenstern und das nannte sie das Weißschlössel. »An der nämlichen Stelle isteinmal ein hoher Tannenbaum gewachsen«, erzählte sie, »und auf dem Tannenbaum ist ein Krähennest gewesen. Und einmal stürzt der Sturm die Tanne um das Nest fällt heraus und es liegt ein schweres, sündteures Gespäng drin. Der es gefunden hat, ein armer Holzknecht ist es ugewesen, der hat hernach den reichen Hof hingebaut.«

Der Hannes merkte sich dieses Märlein besser als das Einmaleins, wie er den« viel Behagen fand an müßigen Träumen und er schoss zu einem starken, geschmeidigen Manns Kerl auf und, wuchs dabei langsam in eine wunderliche Narrheit hinein, die ihn in die hinterste Wildnis trieb, wo die Welt nur Baum und Moos und Wurzel war und nur Marder und Eichkatze und Tannengesäuse und Krähenruf. Er ging aus, die gestohlenen Kleinode aus den Nestern der schwarzen Diebe zu holen und steinreich zu werden.

Fremde Wandersleute bekreuzten, sich und nahmen den Stecken härter in die Faust, wenn sie dem Hannes in der wildstarren Einöde begegneten. Er schaute wie, der leibhafte Waldteufel aus. Außer einer ledernen Kniehose hatte er nichts an, kein Hemd, keine Holzschuhe. Und weil er splitternackt umging, war seine Haut fein nussbraun und glänzend gegerbt, und schwarze Borsten sprossten ihm aus dem Genick und längs des Rückgrats hinunter, dass es fast wie eine gestutzte Rossmähne anzuschauen war. Den grünspanigen Hut nahm er jahraus, jahrein nicht ab, auch beim Schlafen nicht; er schien mit seinem Kopf verwachsen und verklebt zu sein, und hätte ihm einer die Haube heruntergerissen, so wäre wohl Haut und Haar mitgegangen. Die andern Männer zogen das Hütel wenigstens in den Amtsstuben, wo die Beamten sie anschnauzten, oder wenn sich der Pfarrer in ihre Gesellschaft einließ, oder sie lüpften und schwenkten es, wenn sie beim Tanz jauchzten. Der Hannes tat solches nie, er hätte den Hut auch vor dem Kaiser nicht gezogen.

Der Hannes mischte seine Hände nicht gern In die Arbeit. Er hatte genug zu schaffen, wenn er dem Krähengeschrei nach rannte, die Nester ausspürte und sie immer wieder in einer fast kalendermäßigen Ordnung heimsuchte.

Den Pfarrer Nonatus Hurneyßl verdross es mächtig, dass dieser baumstarke Mensch schier adamsnackt und müßig in den Wäldern lungerte, und er nahm sich für, ihm sein unnützes Leben triftig unter die Nase zu reiben.

»Hannes«, schnerzte er ihn darum einmal an, »bist du mondsüchtig oder nit recht geheuer im Hirn? Dass du von deiner Narretei gar nit lassen magst!«

Der Hannes zwinkerte mit den pechschwarzen Augen: »Pfarrer, ein jeder hat halt seine Weise ‚Der Brauch ist verschieden', hat der Schneiderkasper gesagt, da hat er das Hosentürl hinten angesetzt.«

»Warum hast du die Arbeit verschworen?« fragte der Pfarrer. Weißt du dir denn kein besseres, Tagwerk?«

Der Hannes grinste: »Ich tu, was Gott gefällt. Ich stehl Gestohlenes.«

Jetzt brach der Pfarrer los: »Du heller Narr, du! Du glaubst, du findest je ein Kleinodium auf den Bäumen? Ja, wenn die Juden Weihnacht halten! Es wär not, du rätst redlich dich kümmern und nit so leichtsinnig von der Hand in die Zähne leben! Und wie schaust du denn aus, du Wildrian?! Das Gras wächst auf deinem Hut! Wann wirst du denn heuen?« Die Leute wurden über den Hannes nicht klug. Derweil die einen glaubten, er habe schon so viel Silberzeug und güldene Ringlein und Karfunkelsteine und auch glinzendes Geld in den Nestern gefunden, dass er sich davon einen ganzen Berg kaufen könne, schimpften die anderen über ihn, dass er seine Zeit lächerlich verschlenkere, und weissagten ihm das Armenhaus oder mindestens einen gebrochenen, spotteten und stichelten ihn gründlich und hefteten ihm den Spitznamen »Krähenhannes« an.

Den Krähenhannes bekehrte weder gütliche Zurede, noch Hänselei, noch der Misserfolg, dass er nur farbige Scherben oder hin und wieder einen blechernen Knopf oder ein spottwohlfeiles Bleiringlein fand, wie man es von der Wallfahrt als Andenken mit heimbringt. Zwar murrte er weidlich gegen die neumodischen Bräuche und lobte die gute, alte Zeit, wo die Galgen dicht beieinander gestanden waren und das Land ihrer so viele getragen hatte als Tage im Jahr: denn ehe man die Galgen abgeschafft hatte, flogen viel mehr Raben und Krähen und Dohlen in den Lüften und waren darum auch die Nester häufiger als heutigentags, wo man sich die Zunge aus dem rennen kann, ehe man eines findet. Auch ärgerte es ihn, dass sein Tagwerk immer schwieriger werde: denn die Tannen wüchsen, jedes Frühjahr um einen mordsmäßigen Schuss höher und nähmen darum auch die Horste in ihren Wipfeln immer höher und unzugänglicher mit sich. Doch tröstete er sich mit dem Spruch: »Zeit bricht Rosen!« und beharrte bei seinem guten Glauben und ließ sich keine Mühe verdrießen. Gingen doch Gerüchte, dass Jahrhunderte alte Schätze noch in unbekannten Rabennestern funkeln, und der blitzblaue Donnerschlag zackt doch nur nieder und fetzt in den Wipfel hinein, weil ihn das geheime Silber und das edle Gold dort anziehen. Also segnete sich der Hannes mit einem halben Vaterunser, bevor er einen Baum anging, und wenn er hernach mit heilem Genick wieder herunter war, erließ er sich die andere Hälfte des Gebetes, blinzelte zum Himmel hinauf und schlug seinem Herrgott ein Schnipplein. So ein winziger Betrug stärkt das Vertrauen zu sich selber.

Einmal wäre es dem Hannes schier geglückt. Es war in dem verrufenen Wald, wo die verstorbenen Bürgermeister mit zerrupften Perücken geistern, mit zerzausten Zöpfen und glotzenden Augen, in die Wildnis gebannt, weil sie ihre Dörfer übel verwaltet und Missbrauch mit ihrem Amte getrieben haben. Auch soll eine Kuh dort grasen, ohne Kopf, am Hals ein blutiges Loch. Der Hannes ließ sich von derlei Geistergeflunker nicht abschrecken. Er legte die pechigen Pratzen an die dreigabelige, bucklige Föhre, hielt sie wechselnd zwischen den, Knien und den Fersen gezwängt und griff mit den Armen, die knorrig waren wie zwei Eichenwurzeln, zangend über sich hinauf. Im Hui hockte er im Astwerk, schwang sich zu dem Nest empor, reckte den lang und stierte darein. Unflätig groß rodelte der Mond über die Tannenspitzen, und in der reisiggeflochtenen Vogelwiege gloste und glomm und gleißte es nur so, als läge drin eitel Silbergeschirr, brühwarm gestohlen von der Tafel des Kaisers. Als aber der Hannes danach tappen wollte, scholl aus dem stockdunklen Wald drunten eine Stimme so gräulich grob herauf, als rätsche ein Karfreitagssturm. »Hannes, hoho!« Der Hannes schaute erschrocken hinunter, wer ihn da zu so höchst verdächtiger Stunde rufe, und der Augenblick, da er der unheimlichen Blendnis nach gab, genügte vollauf, das schöne Glück zu verjagen. Als er in das Nest griff, waren nur ein paar armselige Splitter Katzensilber drin.

Doch ließ sich der Hannes von Spuk und Trug nicht witzigen und auch von den Gefahren nicht, die in seinem schwindligen Gewerbe lauerten.

Es war auf der alten Eiche, an deren neun harten Ästen vormals die Rossdiebe gehängt worden waren Die junge, flaumige Rabenzucht zeterte im Horst und flügelte erregt dem Hannes entgegen. »Grindschnäbel, vermaledeite! Ich tu euch ja nix«, wollte er sie beschwichtigen. Und schon rauschten die Rabeneltern daher schlugen unter heiserem Krakehl mit den steifen Flügeln und den struppigen Schnäbeln auf ihn ein und zielten nach seinen Augen, bis er jäh de, Ast fahren ließ, daran er geklammert hatte, und zwischen brechenden Zweigen und knackendem Gesparr hinunterschoss in die Tiefe. Zu seinem Glück verfing er sich hinten mit der Hosenschnalle an einem kurzen, stumpfen Ast. Doch war dieser kahl und abgestorben und knackste bedenklich bei jeder Regung, die der Hannes wagte, um sich aus seiner peinlichen Lage zu befreien, und so schwebte er denn hilflos mit dem Kopf nach unten und hörte den Grünspecht lachen und das Kuckucksglöckel läuten, und niemand war zur Stelle, der ihn von dem gefährlichen Ast gelöst hätte, und die verdammten Krähen umschwirrten ihn, taten unsinnig wild und frohlockten: »Krah, krah, krarraah!« Und in der entsetzlichen Furcht, dass er nun wochenlang hier hängen müsse, den zuwideren Krächzern zu Satansgaudium und Fraß, hub er aus vollem zu plärren an.

Zunächst trabte einer vorbei, der trug verstohlen Tabak übers Grenzgebirg. »Tobias, hilf mir!« ächzte der Hannes hinunter. Der Tobias schaute sich seinen Landsmann eine hübsche Weile an, stopfte sich dabei seelenruhig eine Pfeife, brannte sie an, paffte ein paarmal blau in die Luft und sagte kurz: »Ich bin kein Wohltäter und tapfte davon.

Das zahnbrecherische Geschrei, das nun wiederum den Wald erschütterte, lockte den hochwürdigen Herrn Nonatus Hurneyßl an, der sich eben mit dem Betbuch im Grünen ergangen hatte. Der Pfarrer glaubte, jetzt, sei der Hannes mürb genug zur Bekehrung, und er hub an: »Du halbnackter Adam da droben, du wendest deine Zeit gar übel an!«

»Um Himmels willen Pfarrer, jetzt nur keine Predigt!« jammerte der zwischen Himmel und Erde. Bring schnell eine Leiter! Sonst ist es aus und danach!«

Der Ast droben bog sich bedrohsam, dass dem geistlichen Herrn um das letzte Hel eines Seelenbefohlenen bangte, und er rief hinauf »Beichte, Mensch Beichte!«

Und der droben beichtete: »Pfarrer, du kennst ja den Hannes!« In diesem Stoßwort war all sein Sündentum, seine Reue und Bußbereitschaft gepresst.

Doch ehe der Pfarrer das Kreuz zeichnen konnte, ihn von seinen Sünden loszusprechen, prasselte es, und der Hannes überschlug sich herunten im Moos.

Man schaffte den Hannes In einem Backtrog heim, und der Wundarzt Gottfried Mehlstäubl wurde aus dem. Wirtshaus geholt, und der setzte ihm oberhalb der Hinterschenkel, wo der Kranke am härtesten niedergeprallt war, etliche Blutegel an. Nach einer beschaulichen Weile aber beutelte der Bader den Kopfe und brummte: »Hm, hm, dass die Blutegel heut gar nit angreifen: wollen!«

Meinte darauf der Pfarrer: »He, Doktor, wär es nit besser, »wir täten, dem Hannes zuerst die ledernen Hosen ausziehen?!« Der Hannes einsiedelte in einer ganz verwahrlosten Hütte. Sie war hölzern und trug ein bretternes Dach und Steine darauf. Der Rauchfang wackelte im Wind. Im Gebälk klopften die Totenschmiedlein und bohrten die Würmer, und allenthalben rieselte gelbes Mehl heraus, und alles war staubig wie in einer Mühe. Wenn der Hannes aß, hingen ihm die Spinnfäden von der niederen Decke bis in die Suppe hinein. Und weil sich das Häusel schon altersmüd gegen den Hang hin neigte, darauf es gebaut war, hatte er es mit ein paar Stangen gespreizt, damit es nicht ganz umfalle. .Und wie jetzt der Hannes so mutterseelenallein daheim im Krankenbett sich wälzte, begab sich ein unheimliches Ding. Als hätten sie es untereinander verabredet, rauschten hundert und hundert Krähen in geschlossenem, Flug heran aus allen Wäldern rings kamen sie Fund ließen sich auf dem Dach und auf dem Zaun des Hannes nieder und auf den benachbarten Bäumen, und es wimmelte schwarz und grad durcheinander, quarrte und schnarrte und krächzte, flatterte auf und schoss nieder, dass es in der Stube ganz schattig wurde, und sie schienen Gericht zu halten über den Störenfried, den sie alle kannten und verabscheuten.

Dem Hannes rann es eiskalt über den Rücken. Was wollte der schwarze Landtag von ihm? Begehrten sie seine Seele? Wehe, wenn ihn dieser blank Schwarm irgendwo auf Au oder Meer überfallen hätte, er hätte sich seiner nicht erwehrt! »Krah, kraah, Messer schleifen, Kopf abschneiden!« spottete er. Doch war ihm ganz und gar nicht heimlich dabei, und er betete das Vaterunser von hinten nach vorn. Vielleicht half das. Erst als das Dämmer einfiel, strichen die Vögel ab und zogen scheltend in die Schlafwälder heim.

Die wohlerfahrene Kunst des Baders Mehlstäubl bewährte sich wiederum: am drittnächsten Tag saß der Hannes, den Wink des Schicksals nicht beachtend, in einer dicken Föhre auf der Steinwand.

In seiner laubigen oder nadelgrünen Höhe versteckt, wurde der Hannes alles gewahr, was sich im Walde zutrug: er sah die Rehe ihre Kitzlein säugen und den Fuchs die feisten Müllerhennen heimtragen und die altem Weiblein Dürrholz klauben für den Winter, und er hörte, was Wunderliches die Kinder schwätzten, die ihre Krüglein drunten mit Beeren füllten auch erfuhr er manches, was unerlaubt war und hätte geheim bleiben sollen, und er wusste mehr, als manchem im Dorfe lieb war.

Einmal, das Wetter war struppig, es regnete, schneite und nebelte bunt durcheinander, da belauschte der Hannes zwei verwilderte Kerle, die in ihrer müßigen Zeit, das goldene Diebshandwerk trieben. Gerade als sie unter seinem Baum waren, machten sie es sich aus, sie wollten in den Nacht, vor dem Viehmarkt zu Blaustauden dem Hannes seinen Keller besuchen und das Krähensilber stehlen, das er dort im Krautfass verwahrt halte. Der Hannes kicherte droben wie ein Käuzlein und verschwur sich, den zweien die Mahlzeit zu salzen. .

In der angedeuteten Nacht wartete er in seinem Felsenkeller, den gewichtigen Krautstößel in der Hand. Und auf einmal wurde das Fensterlein weggerückt, und einer schob sich behutsam von draußen herein, den Schädel voran.

Der Hannes wusste sich zu gedulden. Erst als der Dieb mit dem halben Leib herinnen war und sich dem Lauernden bequem darbot, holte dieser weit aus und schlug ihm den Krautstößel derart aufs Hirn, dass das Feuer spritzte. Der arme Teufel blökte gottskläglich auf, und der Spießgesell draußen zog ihn schleunig bei den Füßen aus dem Keller zurück.

Frühtags führte eine Blutspur hübsch weit in den Wald hinein.

Die Vergeltung blieb nicht aus. Als der Hannes wieder einmal von seinem Tagwerk heimkam, waren die Stangen, die seine Wände gestützt hatten, weggezogen, und das Häusel war umgefallen. Der Hannes aber lachte sich in die Faust. Jetzt war er um eine Sorge leichter.

Am liebsten hätte ein künftig hin in einem Krähennest gehaust, und er wusste sich eins, das war so weich, als wäre es mit lauter Hasenblumen gepolstert. Doch zog er es schließlich vor, in einer einsamen Scheuer zu herbergen, tief im Heu ließ es sich selig schlafen. Und andere Bedürfnisse quälten ihn nicht.

Einmal aber traf etwas ein, was, ihm den kalten Schweiß aus der Haut, jagte, und ihm das Handwerk gründlich verleidete.

Es war in den Tagen der Tannenblühe, da kroch der Hannes in einer mondscheinigen Nacht auf eine verrufene Fichte. Es war eine bittere Mühsal, denn der Baum strotzte vor Pech und war ganz von Hexenbesen verwuchert und trug so toll verstrüpptes Geäst wie kein anderer im Böhmerwald.

Als der Hannes das Nest erklommen hatte das zuhöchst droben auf dem gefährlich steilen Wipfel hing, kotztausend, stand da nicht eine kohlschwarze Krähe drin frech und großmächtig?

Der Hannes räusperte sich, sie zu verjagen Aber sie legte den Schnabel auf den Rücken und sah boshaft drein, als wollte sie sagen: »Was schnüffelst du da herein mit deiner dreimal verdammten Nase?«

Den Hannes schüttelt ein lindes Schäuderlein. »Gscha gscha!« rief er.

Der Vogel jedoch plusterte sich auf, als sei er der Herr im Haus, die Federn sträubten sich ihm an der Gurgel und er äugelte den Hannes, an dass ihm heiß und kalt zugleich wurde.

Das hatte er noch nicht erlebt, dass ihm eine Krähe so dreist standhielt! Doch riss er sich zusammen; es musste ein Schluss gemacht werden, so oder so. Das wäre traurig, wenn er nicht die Oberhand behielte! »Krau« drohte er, »flieg hurtig aus oder ich dreh dir den Kragen um!« Und er schlug nach ihm. Da bog sich das Vieh ein wenig zurück, funkelte ihn mit böser List an, tat den Schnäbel auf und sagte: »Saggra, saggral«

Verdutzt starrte der Hannes darein. »Verspottete ihn ein Traum? Fieberte ihn? Hatte er sich verhört? Es war doch nicht möglich, dass –

»Saggra, saggra!« wiederholte der höllische Vogel d, vor ihm. Da vollbrachte der Hannes etwas, das er in seinem Leben noch nie getan hatte: er nahm den Hut ab. Er stotterte: ‚Ja wer seid denn Oes?!«

»Saggra, saggra!« antwortete der Vogel.

Den Hannes drosselte die Angst. Dass dieses Vieh da reden konnte! so vernünftig redete! Das ging nicht mit rechten Dingen zu. Und dann – es war nur ein halblautes Flüchlein, das die Krähe zischte, und der Hannes kannte ganz andere Pfundschwüre, – aber ein Fluch aus dem Maul eines Vogels?! Wenn das gar der Tausendlistler wäre, der fleischhafte Satan, der ihn da versuchte? Schwarz und struppig war er genug. Wie er den rußigen Hals nach ihm renkte! Und der Mond hing plötzlich tief und hub zu summen und zu sieden an! Da sagte der Hannes zu der Krähe: »O Herr, vergib mir! Nur diesmal noch lass mich aus!« Und er tat einen wilden Allerweltsschrei, fuhr durch das Geäst und rutschte dann den Stamm so schleunig hinunter, dass ihm schier die lederne Hose zu brennen anfing und der Baum rauchte.

Der Vogel droben schaute ihm sinnend nach. »Saggra, saggra!« meinte er.

Der Hannes beichtete hernach dieses Abenteuer als Sünde, ging in sich und tat einen hochteuern Schwur, von seinem verfänglichen Treiben zu lassen, er nahm sich ein eheliches Weib und baute sein Häusel wieder auf.

Nach vielen, vielen Jahren musste der Hannes einmal eine Botschaft übers Gebirge tragen zu dem Förster. Hirnschroth. Als er in das Jägerbaus trat, stand ein kohlschwarzer Vogel auf dem Tisch, der schaute den Hannes langmächtig forschend an und sagte schließlich: »Saggra, saggra!«

Kreidebleiche wich der Hannes zurück und stammelte: »Züngelst du wieder nach mir? Meine Seele erglängst du nit!« Da lachte der Förster unmäßig auf und, schrie: »He, du verdutzter Krähenfresser, ist dir der Vogel schon einmal begegnet? Und hat er mich auch erschreckt mit seinem Sprüchlein? Ja, ja, das Sakermentieren hat er mir gleich abgelernt!« Jetzt schaute der Hannes freilich darein, wie dem Stoffel seine Geiß, wenn es wetterleuchtet.

Am Heimweg hernach ließ er die Nase hangen: ihm war, als sei er um den besten Teil seines Lebens betrogen worden. Und auf einmal packte er den ersten, besten Baum an und versuchte, ob er noch klettern könne. Aber es ging nimmer. Arme und Beine waren ihm wie eingerostet. Da musste er sich in sein Schicksal bescheiden. Doch stieß er zuvor noch ein paar zackige Flüche aus, die hier nicht erwähnt werden sollen, auf dass sie verdientermaßen der Vergangenheit anheimfallen.


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