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Die junge Gräfin Richilla lebte einsam neben ihrem Gatten droben in der Burg Weißenstein am Pfahl, de steil aus dem Bergrücken wachsenden nackten zackigen, weißen Felsenriff, das den Namen von seinem Bauherrn, dem Teufel Valand, gewonnen hatte.
Richilla war von einer freundlichen Ebene hergekommen, ihre Kindheit war wie ein Garten voller Blumen und spielender Falter gewesen. Aus der Schar heiterer Geschwister und Gespielinnen hatte der Graf sie geholt. Jetzt fand sie eine abwegsame Welt um sich, die noch des Bären schwere Pranke den Menschen streitig machte.
Die wilde Landschaft beängstigte sie. Als sie durch diese Täler einkehrte in die neue, fremde Heimat, fürchtete sie, die Berge stürzten über sie zusammen, und sie müsse in der Enge der Schluchten ersticken. Sie zitterte vor dem Gesäuse der Bäche, das wie eine Drohung voll dunkeln Sinnes war. Schaudernd trat sie oft von dem Söller der Burg zurück: die unruhigen Wälder drunten, darin Wipfel gegen Wipfel grämlich sich neigte und die Nester rauer Vögel schaukelten, sie rauschten ewig das Gleiche, sie sangen unsäglich und unerträglich wie ferner, eintöniger Niedersturz eines Baches im Fels. Und noch hundertmal banger machten sie das Herz, wenn sie in ahnungsschwerer Stille sich verschlossen. Hier trauerte selbst der klare Himmel und spiegelte die schmerzliche Tannendüsternis wieder.
Schreckende Sagen schwebten von dieser Wildnis aus, die auch im Sonnenschein träumerisch böse in sich hinein brütete; am helllichten Tag ging darin Grauenhaftes um: Gespenster fahl und feurig, verwunschenes Getier. Nebelsäulen stiegen daraus wie Rauch eines Feuers, daran die Waldteufel ihr heißes, giftiges Bier sotten. Oft scholl hier tagelang kein anderer Laut als die Klage eines Geiers. Raben flogen in trägem Gleichmaß, als flögen sie schlafend. Wie schwarze, schwerfällige Ungeheuer krochen die Schatten über die Öde den erhöhten Wolken nach.
Die Unwetter, die daheim in der frohen Ebene rasch vorüber gezogen waren, hier fingen sie sich n den Kesseln, stießen an hemmende Bergwände, irrten daran wie an einer Mauer entlang und kehrten zurück. Die Bäume kreischten gleich aufgestöberten Vögeln. Die Donner knatterten jäh, brüllten unheilvoll; in den Wäldern widerhallte ihr tobendes Gebrodel, als riebe sich Hölle an Hölle. Übergrell züngelten die Blitze; die Gräfin fühlte sie, und mochte sie sich auch noch so tief in das Bett vergraben.
Und dann die endlosen regengrauen, verwölkten Tage, die sie allein verbrachte. Denn der Graf war ein fiebernder Jäger und hielt sich wenig unter seinem Dach auf.
Wenige Hütten lagerten versprengt in dem ungebändigten Land, wenige beschwerliche Ochsenwege durchschnitten es. Den Waldleuten genügte, was um sie herum wuchs und was ihre Hände bereiteten. Und das war blutwenig. Die grauen Bäuerlein, in ihrer Mühsal schier übler daran als die Tiere, die ihnen halfen, verkrochen sich schüchtern hinter den Stauden oder legten sich in die Feldfurchen, wenn ihre Herrschaft vorüberritt. Und so schien die Gegend wie ausgestorben.
Noch unheimlicher als das Land dünkte die Gräfin die Burg auf der Valandsmauer. Ob auch das Gebäu hoch droben an dem weißen Stein klebte, so barg es doch ein freudloses Dämmer in sich, schattenschwer waren seine Gänge, und die Trambäume der niederen Stuben waren schwarz vom Ruß der Fackeln. In manchen Gemächern bildete der nackte Fels die Wand. Die Stiegen waren unruhig und knarrten und seufzten, auch wenn sie niemand trat.
Oft wehte der Nebel durch die offenen Fenster oder flatterte ein schwarzer, verirrter Vogel herein. Und die Raben krähten um das Schloss und klagten, als seien sie die verdammten Seelen der Bauleute, die in diese Mauern einst ein lebendiges Kind eingemauert hatten, um ihnen ewige Dauer zu verleihen.
Nachts schwoll die brausende Geistermusik der wilden Jagd um das Dach, der reißende Sturm, darin immer eine unholde Stimme summte, und dann trat der Täxenbaum von dem Tor so ungeheuerlich wild, als sei das Blut eines ungestümen Mannes in ihn gefahren.
Und Richilla fürchtete den armenischen Habicht mit den grünglasigen Augen, der gekäfigt auf einer Stange dämmerte, und fürchtete die Meute der wolfsverwandten Hunde, die unter den Tischen lungerten, mit knarpelndem Zahn die Knochen entfleischten und sie zermalmten, ihren Fraß ausspien und wieder verschlangen. Sie dösten auf den Treppen und knurrten feindselig, wenn jemand über sie hinwegstieg; stinkend und widerlich feucht kehrten sie aus dem Regen heim. Sie heulten die halben Nächte, wenn sie ihre Vettern, die Wildwölfe, draußen spürten. Heulten sie aus Hass oder Freude?
Und Richilla fürchtete den arabischen Knecht ihres Gemahls, sein fernländisches Gesicht, sein pantherhaftes Schleichen, seinen wortlosen Mund.
Und sie fürchtete ihren Gatten.
Er war ein launenvoller Mann, mürrische und kühl und doch heimlich glühend. An seiner Braue hing es wie Wildnisnacht. Er war ein Jäger, in ihm paarte sich ein sperberscharfes Auge mit dem Gehör eines Luchses. Er war von einer rätselhaften Grausamkeit besessen: Richilla sah ihn einmal ein gefälltes Wild aufbrechen und zerwirken; und er tat dies, als wolle er den Leib der Beute mit den zuckenden Fingern aufreißen. Höchste Wollust war ihm, einem Tier den Spieß in die Weiche zu rennen.
Wenn zuweilen seine trotzigen Rüden im Streit um den Fraß übereinander herfielen und sich blutig bissen, schlug er lachend und unbarmherzig mit der Peitsche darein in den raufenden Haufen.
Er züchtete sich eine merkwürdige Meute von Blendlingen, indem er zur Zeit der Wolfsbrunst eine Hündin an einen Wildnisbaum band, mit der sich dann die Wölfe verknüpften. Die Brut solcher Brautnächte, ein grimmiges, lechzendes, zwischen Treue und Tücke zwitterndes Geschlecht, füllte Zwinger und Gänge von Weißenstein. Der Graf verlieh ihnen dunkle Unholdsnamen, und sie waren seine Gesellen, wenn er sich tagelang in seinen von wilden Auen unterbrochenen Fronwäldern herumschlug.
Seiner jungen Frau wurde er nach der Hochzeit bald satt. Und sie fühlte sich verlassen und hatte niemand um sich als ihre Kammermagd. Fridraun stammte aus einer der schindelgrauen Einschichten des Tales, und sie war dumm und wusste nichts als ein paar Gerüchte von verjährten Geschehnissen auf der Burg.
Einmal abends erzähle Fridraun ihrer Herrin: der ältere Bruder des Grafen sei in den Wäldern verschollen, und seither schieße der Graf bei jedem Raunachtsturm in die Wolken, und hernach hören man immer wieder eine Stimme wehrufen, und das sei der Verschollene; und ein Blutstropfen falle herunter in den Schnee.
Darauf wurde Richilla ihrem Gatten noch fremder, und sie meinte sterben zu müssen, als er einmal sagte, er wolle einen lehenswürdigen Nachfahren haben. Und sie wich seiner trüben Liebkosung aus und wünschte, er möge in die Wildnis verschallen wie einst sein Bruder. In seinem Auge bemerkte sie etwas, was dem Bilde eines umgekehrten Hundskopfes ähnelte. Ihr graute, wenn sie daran dachte, diesem Mann ein Kind gebären zu müssen.
Damals überfielen die Träume sie wie Räuber, so dass sie sich vor dem Schlaf zu fürchten begann.
Einmal träumte ihr, es begegne ihr eine Schlange, und diese zischte ihr zu, die Gräfin müsse um eines geheimnisvollen Frevels willen büßen und entweder sieben Jahre lang ein Kind an ihren Brüsten nähren oder sieben Jahre lang die Natter um den bloßen Leib tragen. Darauf erwiderte Richilla hastig: Lieber noch trag ich dich sieben Jahre um den Hals! Da schnellte das Tier an ihr empor, und sie vermochte sich nicht zu rühren, nicht zu fliehen vor der Gefahr, nicht zu schreien, und die Schlange verbiss sich mit eiterndem Zahn in sie und sog an ihr und sog ihr das Leben aus dem Leib.
So qualvoll steigerte sich der Schmerz des Traumes, dass daran der Schlaf zerriss.
Schlotternd züngelte der Sichelmond über die Höhen, kranke Gestirne zuckten am Himmel, die weißen Zinnen des Pfahles glommen. Weit drunten in den Wäldern jagte der Graf, seine Stöberhunde gelferten. Die Berge krochen wie Untiere in die Nachtferne, sie starrten wie finstere Weglagerer. Ihr war, aus diesen Bergen müsse ein Unheimlicher kommen und sie holen.
Feucht von Schweiß war ihr Leib, eine unerhörte Angst vor der Einsamkeit durchschauerte sie. Sie wollte zu ihrer Magd fliehen, sie wecken, bei einem Menschen sein, der mit seiner Nähe Wahn und Furcht und gräulichen Zauber von ihr banne.
Sie wankte zur Tür und öffnete sie. Im Felsengang draußen brannte eine Pechfackel in einem eisernen Ring.
Ein dürres, hässliches Tier, mehr Wolf als Hund, die Augen brennend und blutig, klaffend die triefende Schnauze, richtete sich vor Richilla auf.
»Gott in deinem Reich!« schrie sie, schlug die Tür von innen zu und verriegelte sie.
Im nämlichen Augenblick spürte sie zum ersten Mal das wartende Wesen in ihrem Leib. Da brach sie zusammen, und die Sinne verließen sie.
*
Einmal kehrte der Graf spätnächtig heim. Er beugte sich lauschend über sein schlafendes Weib. Ihr Mund stöhnte. Der Mond war wie ein glotzender Blick, er wühlte in ihrem verzerrten Gesicht und schien ihre Träume bloßzulegen.
Sie fuhr auf, als sie die Anwesenheit des anderen Menschen durch den Schleier des Schlafes durchfühlte. Schlaftrunken stammelte sie: »Mir hat geträumt, ich sei eine Wölfin. Oder bin ich eine Wölfin und träume nur, dass ich dein Weib sei?« –
In diesen Monaten wuchs ihre Furcht vor der schweren, fremden Landschaft, vor der verrufenen Wand des Pfahles und der Burg daran und vor den dürren, fletschenden Hunden, dass sie in ahnender Angst den Gatten anflehte: »Scheuch die Hunde fort! Ich vertrage sie nimmer. Oder bring mich in ein anderes Land! Deine Burg ist auf einem verfallenen Teufelsschloss erbaut. Da wohnt kein Segen.«
Sie wäre in ihrer Not vor ihm niedergekniet, wenn nicht ihr schwerfällig gewordener Leib sie daran gehindert hätte.
»Unsinn!« murmelte der Graf.
Geier schrillten feindselig. Raben schienen Übles zu weissagen. Die Wälder drohten. Und der Mond, wie traulich, wie mild hatte er gestrahlt daheim im Land der Kindheit! Hier glich er dem böswilligen Auge eines Lauerers. Das Grauen wohnte mit Richilla Wand an Wand. Sie wähnte, in den dumpfen Gängen müsse ein Gespenst sie anfallen. Ihr schweres Herz wollte unter sich selber ersticken.
Als ihr Weib breit und ungestalt wurde, zeigte sie sich dem Gatten nimmer.
Der Magd klagte sie: »Weh, ich fühle tanzen in mir! Ihrer zwei tanzen in mir. Wollt ihr gleich still halten, ihr wilden Buben!« Fridraun lachte: »Jetzt wird es Zeit, dass wir zu dem Baum im Wald gehen, darin die Kinder wachsen.«
Je näher die herbe Stunde Richillas rückte, desto genäschiger gebärdete sie sich, und ihre Gelüste wurden nachgerade so heftig, dass sie ohnmächtig wurde, wenn sie nicht auf der Stelle erhielt, was sie verlangte.
Einmal zog der Graf mit Birscharmbrust und Spieß aus, den grünen Eibenzweig am Hut, auf der Faust den armenischen Habicht und Gsellmann, seinen tüchtigsten Hund, neben sich. Richilla rief ihm vom Fenster nach: »Herre mein, es ist Sommer, da ist der Hirschziemer am feistesten, da steht zwei Finger dick Weißes darauf. Weißer Speck! Bringt mir Hirschfleisch, oder ich muss sterben!«
Ihn ekelte vor dieser Gier, und er hasst Richilla, da sie also sprach. Doch bezwang er sich und erwiderte: »Frau, wenn du mir das Gräflein gebierst, so lass die Glocke läuten, dass ich sie im tiefen Forst höre und schleunig heimkomme!«
Sie sah ihm nach, bis er im dunkeln Täxicht des Talgrundes verschwunden war. Und dann schüttelte sie ein Fieber, und die Qual der Geburt hub an.
Jammernd wälzte sie sich auf ihrem Lager. »Wie gut hat es eine Hündin!« ächzte sie. »Ach, warum kann ich nicht so leicht und so schnell wie sie welpen?«
Es war keine Hebmutter vorhanden, nur die Magd half der kreißenden Gräfin. Fridraun gab ihr einen Krug Bier zu trinken, darin ein Quintlein Bibergeil gelöst war, die Geburt zu fördern.
In dem Geschrei der Krähen draußen lag etwas Trostloses.
Viermal heulte Richilla im Krampf des Gedärmes auf. Dann lag sie lange matt und stumpf und dumpf ergeben.
Als sie aus dieser Betäubung erwachte, sagte sie: »Vier Kinder! Wie ein Tier habe ich geworfen! Fridraun, zeig mir die Würmlein!«
»Nein, nein!« weigerte sich die Magd. Ihr Gesicht war voll dunkler Verstörnis. Und dann brachte sie doch in einem Korb die Kleinen.
Die Gräfin sah hin. Und dann brüllte sie auf.
*
Der Graf warf den Habicht aus, und der teure Vogel kehrte nimmer zurück auf seine Hand. Er schleuderte den Hirschspieß nach dem fahlen Wild und verfehlte es.
Er ließ sich auf einen Zottigen Felsen nieder und lauschte, ob sich nicht ein Glöcklein rühre, und war seltsam traurig. Gsellmann, der Hund, schlief zu seinen Füßen und zuckte im Traum.
Ein Fluss rollte durch den hohen Tann, rastete in einem dunkelklaren Tümpel und rauschte wieder abhinnen. Die Nacht kam und ging vorbei.
Des Morgens fuhr der Hund auf und schnupperte. Witterte er den Geruch eines Bären? Der Graf griff nach seinem Spieß und hetzte: »Hussdada!«
Gsellmann trottete im Gebüsch herum, grollte und gab hellen Laut. Er hatte einen Menschen gestellt.
Es war Fridraun. Sie schmiegte sich zu Tod erschrocken an einen Hollerbaum. Sie trug einen verhüllten Korb.
»Was treibst du da?« fuhr der Graf sie an. »Was bist du nicht bei der Gräfin?«
Sie stotterte mit dummem, erkünsteltem Lächeln. »Ins Gras hat man mich geschickt. Laub soll ich strüpfen von den Bäumen.«
»Ei du Firlefanzerin, das lügst du wohl! Was rührt sich in deinem Korb? Das ist fürwahr kein Laubethäuflein.«
Sie stierte Gsellmann an, der schnüffelnd zu dem Korb hinauf strebte, und sie flüsterte verwirrt: »Hündlein sind es, Hündlein. Die Gräfin schickt mach an den Bach, ich soll die Hündlein ersäufen.« Und sie weinte und hechzte und riss wie mit verlorenem Geist die grünen Blätter von dem Hollerbaum.
»Was plärrst du, Dirn?« rief er und zog ungeduldig das Tuch vom Korb weg.
Er prallte zurück, als bäume sich plötzlich ein Bär vor ihm auf. »Mein Lebtag!« rief er. »Welch tolles Wunder! Was für Wechselbälge sind das?«
Vier Büblein wimmelten in dem Korb, nackt und kläglich, statt sanfter Menschenmunde, holder Kindermäulchen hatten sie scheußliche, hündisch gespitzte, behaarte Schnauzen.
Mit bekennendem Mund kreischte Fridraun: »Eure Gräflein sind es, Herr!«
Die Ohren sausten ihm, seine Stirn ward weiß und verdunkelte sich wieder, vor seinen Augen flockte Feuer. »Da ist meine – Abzucht?« stöhnte er. »Und denen sollst du, Dirn, das – Taufbad geben?«
Die Magd lag auf den Knien und wimmerte um Gnade.
Er betrachtete noch einmal die missgeborene Brut. »Fürchterlich!« bebte er. Und dann brach es aus ihm in jähen Entschluss: »Tu, was dir die Gräfin befohlen hat!«
Er rannte querfeldein. Ohne Wahl und Willen rannte er die Steige.
Ein Bäuerlein schaffte auf seinem Acker, seine Öchslein geiferten sanft. In einem Holzapfelbaum saß ein Bär und brockte das Obst. Faule Wildsauen sonnten sich. Ein altes Weiblein schwätzte: »Ein schöner Morgen! Wie es weiter kommen wird, weiß man nicht.«
Der Graf empfand nur dämmrig, was um ihn geschah. Drei Tage irrte er traumhaft durch das Gebirge.
Einmal warf er sich wie in äußerster Erschöpfung ins Gras, wälzte sich, knirschte und schäumte. Und dann stieß er mit dem Fuß auf die wölfische Schnauze, dass er tot hinfiel. So stillte er sein racheseliges Herz.
*
Als er wieder sein Hochschloss betrat, befahl er dem morgenländischen Knecht, er solle alle Hunde in Burg und Zwinger erschlagen.
Dann begab er sich in das Ehegemach und riss den Vorhang von dem Himmelbett herunter. Da kauerte Richilla dahinter, die Wangen verfallen, verworren das Haar, den Mund blass vor Aufregung.
In seinen Augen war es wie ein Geschoss, dahinter die gespannte Sehne lauert.
»Du kommst, Untat zu ahnden«, flüsterte sie. »Vollbring es schnell! Du tust recht. Nicht einmal die Wölfin frisst, was sie geworfen.«
»Darum komme ich nicht«, erwiderte er eintönig. »Sag mir, warum sind deine Kinder Hunde geworden?«
In Scham und Zorn raffte sie sich auf. Sie wand sich den Zopf um die linke Hand und legte diese an die Brust. »Was stierst du mich so schrecklich an? Was Überschändliches glaubst du von mir? Ich bin schuldlos!« schwur sie kreischend.
»Schwör nicht bei deinem Haar!« Nackte, grausame Lust flatterte über sein Gesicht. »Mit deinem Zopf sollte ich dich an einen der sündigen Hunde binden und in die äußerste Wildnis stoßen. Aber ich will barmherziger mit dir verfahern.«
»Geierherz!« ächzte sie ihn an. Sie richtete sich auf wie ein verzweifeltes Wild, das dem Pfeil entgegen schaut.
*
Vor dem Loch, das in den finsteren, zackigen Felsenkerker hinunterging, wachte der sarazenische Knecht Amured mit seiner Lanze. Von Stunde zu Stunde trat er zu der Luke hin, bückte sich und rief hinab: »Salah he!« Und jedes Mal erwiderte aus der Tiefe ein markzerschneidender Schrei.
Am dritten Tag, als der Wärter wieder rief, erhob sich keine Antwort mehr.