Richard Wagner
Lohengrin
Richard Wagner

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Elsa (nach großer Betroffenheit sich ermannend)
Du Lästerin! Ruchlose Frau!
Hör, ob ich Antwort mir getrau'!
So rein und edel ist sein Wesen,
so tugendreich der hehre Mann,
daß nie des Unheils soll genesen,
wer seiner Sendung zweifeln kann!

Die Männer
Gewiß! Gewiß!

Elsa
Hat nicht durch Gott im Kampf geschlagen
mein teurer Held den Gatten dein?

(Zum Volke.)

Nun sollt nach Recht ihr alle sagen,
wer kann da nur der Reine sein?

Die Männer
Nur er! Nur er!
Dein Held allein!

Die Frauen und Knaben
Dein Held allein!

Ortrud
Ha, diese Reine deines Helden,
wie wäre sie so bald getrübt,
müßt' er des Zaubers Wesen melden,
durch den hier solche Macht er übt!
Wagst du ihn nicht darum zu fragen,
so glauben alle wir mit Recht,
du müßtest selbst in Sorge zagen,
um seine Reine steh' es schlecht!

Die Frauen (Elsa unterstützend)
Helft ihr vor der Verruchten Haß!

(Der Palas wird geöffnet, die vier Heerhornbläser schreiten heraus und blasen.)

Die Männer (dem Hintergrunde zu blickend)
Macht Platz! Macht Platz! Der König naht!

(Der König, Lohengrin und die sächsischen Grafen und Edlen sind in feierlichem Zuge aus dem Palas getreten; durch die Verwirrung im Vordergrunde wird der Zug unterbrochen.)

Die Brabanter
Heil! Heil dem König!

(Der König und Lohengrin dringen durch die verwirrten Haufen des Vordergrundes lebhaft vor)

Heil dem Schützer von Brabant!

Der König
Was für ein Streit?

Elsa (sehr aufgeregt an Lohengrins Brust stürzend)
Mein Herr! O mein Gebieter!

Lohengrin
Was ist?

Der König
Wer wagt es hier, den Kirchengang zu stören?

Des Königs Gefolge
Welcher Streit, den wir vernahmen?

Lohengrin (Ortrud erblickend)
Was seh' ich! Das unsel'ge Weib bei dir?

Elsa
Mein Retter! Schütze mich vor dieser Frau!
Schilt mich, wenn ich dir ungehorsam war!
In Jammer sah ich sie vor dieser Pforte,
aus ihrer Not nahm ich sie bei mir auf.
Nun sieh, wie furchtbar sie mir lohnt die Güte:
Sie schilt mich, daß ich dir zu sehr vertrau'!

Lohengrin (den Blick fest und bannend auf Ortrud heftend, welche vor ihm sich nicht zu regen vermag)
Du fürchterliches Weib, steh ab von ihr!
Hier wird dir nimmer Sieg!

(Er wendet sich freundlich zu Elsa.)

Sag, Elsa, mir,
vermocht ihr Gift sie in dein Herz zu gießen?

(Elsa birgt ihr Gesicht weinend an seiner Brust. Lohengrin richtet sie auf und deutet nach dem Münster.)

Komm, laß in Freude dort diese Tränen fließen!

(Er wendet sich mit Elsa und dem König dem Zuge voran nach dem Münster, alle lassen sich an, wohlgeordnet zu folgen.)

Friedrich (tritt auf der Treppe des Münsters hervor; die Frauen und Edelknaben, als sie ihn erkennen, weichen entsetzt aus seiner Nähe)
O König! Trugbetörte Fürsten! Haltet ein!

Der König
Was will der hier?

Die Männer
Was will der hier?
Verfluchter! Weich von dannen!

Friedrich
O hört mich an!

Die Männer
Hinweg!
Zurück!

Der König
Zurück!
Weiche von dannen!

Die Männer
Du bist des Todes, Mann!

Friedrich
Hört mich, dem grimmes Unrecht ihr getan!

Der König
Hinweg!

Die Männer
Hinweg! Weich von dannen!

Friedrich
Gottes Gericht, es ward entehrt, betrogen!
Durch eines Zaubrers List seid ihr belogen!

Der König
Greift den Verruchten!

Die Männer, Frauen und Knaben
Greift den Verruchten!
Hört! Er lästert Gott!

(Sie dringen von allen Seiten auf ihn ein)

Friedrich (mit der fürchterlichsten Anstrengung, um gehört zu werden, seinen Blick nur auf Lohengrin geheftet und der Andringenden nicht achtend)
Den dort im Glanz ich vor mir sehe,
den klage ich des Zaubers an!

(Die Andringenden schrecken vor Friedrichs Stimme zurück und hören endlich aufmerksam zu.)

Wie Staub vor Gottes Hauch verwehe
die Macht, die er durch List gewann!
Wie schlecht ihr des Gerichtes wahrtet,
das doch die Ehre mir benahm,
da eine Frag' ihr ihm erspartet,
als er zum Gotteskampfe kam!
Die Frage nun sollt ihr nicht wehren,
daß sie ihm jetzt von mir gestellt:

(In gebieterischer Stellung.)

Nach Namen, Stand und Ehren
frag' ich ihn laut vor aller Welt!

(Bewegung großer Betroffenheit unter allen)

Wer ist er, der ans Land geschwommen,
gezogen von einem wilden Schwan?
Wem solche Zaubertiere frommen,
dess' Reinheit achte ich für Wahn!
Nun soll der Klag' er Rede stehn';
vermag er's, so geschah mir recht –
wo nicht, so sollet ihr ersehn,
um seine Reine steh' es schlecht!

(Alle blicken bestürzt und erwartungsvoll auf Lohengrin.)

Die Männer, der König, die Frauen und Knaben
Welch harte Klagen!
Was wird er ihm entgegnen?

Lohengrin
Nicht dir, der so vergaß der Ehren,
hab' not ich Rede hier zu stehn!
Des Bösen Zweifel darf ich wehren,
vor ihm wird Reine nie vergehn!

Friedrich
Darf ich ihm nicht als würdig gelten,
dich ruf ich, König, hoch geehrt!
Wird er auch dich unadlig schelten,
daß er die Frage dir verwehrt?

Lohengrin
Ja, selbst dem König darf ich wehren
und aller Fürsten höchstem Rat!
Nicht darf sie Zweifels Last beschweren,
sie sahen meine gute Tat!
Nur eine ist's, der muß ich Antwort geben:
Elsa –

(Er hält betroffen an, als er, sich zu Elsa wendend, diese mit heftig wogender Brust in wildem innerem Kampfe vor sich hinstarren sieht.)

Elsa! Wie seh' ich sie erbeben!

Der König, die Männer, Frauen und Knaben
Welch ein Geheimnis muß der Held bewahren?

Ortrud und Friedrich
In wildem Brüten darf ich sie gewahren,
der Zweifel keimt in ihres Herzens Grund!

Lohengrin
In wildem Brüten muß ich sie gewahren!

Der König, die Männer, Frauen und Knaben
Bringt es ihm Not, so wahr' es treu sein Mund!

Friedrich und Ortrud
Der Zweifel keimt in ihres Herzens Grund.

Lohengrin
Hat sie betört des Hasses Lügenmund?

Elsa (der Umgebung entrückt vor sich hinblickend)
Was er verbirgt, wohl brächt' es ihm Gefahren,
vor aller Welt spräch' es hier aus sein Mund;
die er errettet, weh mir Undankbaren,
verriet' ich ihn, daß hier es werde kund.

Die Frauen und Knaben
Bringt sein Geheimnis ihr Not,
so wahr' es treu sein Mund!

Der König
Bringt ihm sein Geheimnis Not,
so wahr' es treu sein Mund!

Lohengrin
In wildem Brüten muß ich sie gewahren!

Ortrud und Friedrich
In wildem Brüten darf ich sie gewahren!

Lohengrin
O Himmel, schirm ihr Herz vor den Gefahren!
Nie werde Zweifel dieser Reinen kund! usw.

Der König und die Männer
Wir schirmen ihn, den Edlen, vor Gefahren;
durch seine Tat ward uns sein Adel kund! usw.

Elsa
Wüßt' ich sein Los, ich wollt' es treu bewahren!
Im Zweifel doch erbebt des Herzens Grund! usw.

Ortrud und Friedrich
Er ist besiegt, besiegt ist dieser Held,
der mir zur Not in dieses Land gefahren,
er ist besiegt, wird ihm die Frage kund! usw.

Die Frauen und Knaben
Bringt ihr sein Geheimnis Not,
so bewahr' es treu sein Mund! usw.

Der König
Mein Held, entgegne kühn dem Ungetreuen!
Du bist zu hehr, um, was er klagt, zu scheuen!

Die sächsischen und brabantischen Edlen (sich an Lohengrin drängend)
Wir stehn zu dir, es soll uns nie gereuen,
daß wir der Helden Preis in dir erkannt!
Reich uns die Hand! Wir glauben dir in Treuen,
daß hehr dein Nam', wenn er auch nicht genannt! usw.

Lohengrin
Euch Helden soll der Glaube nicht gereuen,
werd' euch mein Nam' und Art auch nie genannt! usw.

(Während Lohengrin, von den Männern, in deren dargereichte Hand er jedem einschlägt, umringt, etwas tiefer im Hintergrund verweilt, drängt sich Friedrich an Elsa, welche bisher vor Unruhe, Verwirrung und Scham noch nicht vermocht hat, auf Lohengrin zu blicken, und so, mit sich kämpfend, noch einsam im Vordergrunde steht.)

Friedrich (sich zu Elsa neigend)
Vertraue mir! Laß dir ein Mittel heißen,
das dir Gewißheit schafft!

Elsa (erschrocken; doch leise)
Hinweg von mir!

Friedrich
Laß mich das kleinste Glied ihm nur entreißen,
des Fingers Spitze, und ich schwöre dir,
was er dir hehlt, sollst frei du vor dir sehn,
dir treu, soll nie er dir von hinnen gehn!

Elsa
Ha! Nimmermehr!

Friedrich
Ich bin dir nah zur Nacht –
rufst du, ohn' Schaden ist es schnell vollbracht.

Lohengrin (schnell in den Vordergrund tretend)
Elsa, mit wem verkehrst du da?

(Elsa wendet sich mit einem zweifelvoll schmerzlichen Blick von Friedrich ab und sinkt tief erschüttert zu Lohengrins Füßen. Lohengrin wendet sich an Ortrud und Friedrich.)

Zurück von ihr, Verfluchte!
Daß nie mein Auge je
euch wieder bei ihr seh'!

(Friedrich macht eine Gebärde der schmerzlichsten Wut.)

Elsa, erhebe dich! In deiner Hand,
in deiner Treu' liegt alles Glückes Pfand!
Läßt nicht des Zweifels Macht dich ruhn?
Willst du die Frage an mich tun?

Elsa (in heftigster innerer Aufregung und in schamvoller Verwirrung)
Mein Retter, der mir Heil gebracht!
Mein Held, in dem ich muß vergehn!
Hoch über alles Zweifels Macht
soll meine Liebe stehn.

(Sie sinkt an seine Brust. Die Orgel ertönt aus dem Münster.)

Lohengrin
Heil dir, Elsa!
Nun laß vor Gott uns gehn!

Die Männer
Seht, er ist von Gott gesandt!

Die Frauen und Knaben
Heil! Heil! Heil!

(Lohengrin führt Elsa feierlich an den Edlen vorüber zum König. Wo sie vorbeikommen, machen die Männer ehrerbietig Platz.)

Die Männer
Heil! Heil euch!
Heil Elsa von Brabant!

(Von dem König geleitet, schreiten Lohengrin und Elsa langsam dem Münster zu.)

Gesegnet sollst du schreiten! usw.

Die Männer, Frauen und Knaben
Heil dir, Tugendreiche!
Heil Elsa von Brabant!
Heil dir!

(Als der König mit dem Brautpaar die höchste Stufe erreicht, wendet sich Elsa in großer Ergriffenheit zu Lohengrin, dieser empfängt sie in seinen Armen. Aus dieser Umarmung blickt sie mit scheuer Besorgnis rechts von der Treppe hinab und gewahrt Ortrud, welche den Arm gegen sie erhebt, als halte sie sich des Sieges gewiß; Elsa wendet erschreckt ihr Gesicht ab. Vom König geführt, schreiten Lohengrin und Elsa dem Eingange des Münsters zu.)


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