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Dein lieber Brief, mein sehr teurer Antonio, hat eine freudige Rührung in mir verursacht. Ich brauche Dir nicht Glück zu wünschen, denn Du bist jetzt wahrhaft glücklich, und es sei ferne von mir, daß ich über Dich spotten könnte, denn dann verdiente ich nicht die Gnade des Himmels, der mich zum Werkzeug seiner Verherrlichung, zum Künstler auserkoren.
Ich begreife recht gut Deinen Trieb zur Arbeit und Deine stets rege Erfindsamkeit. Ich lobe, ja ich beneide Dich; aber du wirst es mir nicht übel deuten, wenn ich außerdem noch einige Worte hinzufüge: denn da ich so manches Jahr, so manche Erfahrung vor Dir voraus habe, möchte ich dadurch vielleicht ein Recht zum Reden haben.
Was Du mir da von der Kunst schreibst, will mir nicht so durchaus gefallen. Schon mancher ist Deinen Weg gegangen, aber ich glaube nicht, daß der große Künstler da stehn bleiben muß, wo Du jetzt stehst. Die Liebe eröffnet uns freilich die Augen über uns selber und über die Welt, die Seele wird stiller und andächtiger, und aus allen Winkeln des Herzens brechen tausend glimmende Empfindungen in hellen Flammen hervor: man lernt dann die Religion und die Wunder des Himmels begreifen, der Geist wird demütiger und stolzer, und die Kunst redet uns besonders mit allen ihren Tönen bis in das innerste Herz hinein. Aber nun kömmt der Künstler gar zu leicht in Gefahr, sich in jedem Kunstwerke zu suchen, alle seine Empfindungen werden nach einer Richtung hinausschweifen, und so opfert er denn sein mannigfaltiges Talent einem einzigen Gefühle auf. Hüte Dich davor, lieber Antonio, weil Du sonst zur engsten und am Ende unbedeutendsten Manier geführt werden kannst. jedes schöne Werk muß der Künstler in sich schon antreffen, aber nicht sich mühsam darin aufsuchen; die Kunst muß seine höhere Geliebte sein, denn sie ist himmlischen, Ursprungs; gleich nach der Religion muß sie immer teuer sein; sie muß eine religiöse Liebe werden oder eine geliebte Religion, wenn ich mich so ausdrücken darf: – nach dieser darf dann wohl die irdische Liebe folgen. Dann weht ein herrlicher, labender Wind alle Empfindungen, alle schönen Blumen in dieses eroberte Land hinein, das mit Morgenrot überzogen, und von heiliger Wonne durchklungen ist.
Deute mir diese meine Worte nicht übel, mein ungemein geliebter Antonio: meine Verehrung der Kunst spricht so aus mir, und so wirst Du denn alles zum besten auslegen. – Lebe wohl. –