|
Dank, ihr Herrn, für die schöne Musik! Wie gerufen zum Glückwunsch,
Kamt ihr, Kraft ihm zu geben und Nachdruck. Doch in der Herbstluft
Draußen zu stehn, ist hart für ein siebzigjähriges Alter.
Naßkalt haucht im Oktober der West, auch warmes Gewand durch-
Wehet er bis auf die Haut. Nur Jünglinge wagen zu fenstern
Dann mit Abendmusik, und der sturmverachtende Waidmann.
Kommt doch herein, ihr Herren, ihr seid uns liebe Gesellschaft!
Also Luis' anmuthig; und draußen gefiel, was sie sagte,
Allen, den Greisen sowohl, wie den Jünglingen. Jetzt mit einander
Lobend das schöne Gesicht, den melodischen Laut und den Anstand,
Gingen sie, und weissagten dem Bräutigam selige Zukunft:
Bildschön werde gepriesen Amalia, stehe sie einzeln;
Aber gesellt sei Luise die schönere sonder Vergleichung.
Also begann nun Mancher der tonverständigen Männer:
Wahrlich ein Engel von Weib! Wie gerad' und behende! Wie blühend
Unter dem Kranz! Es verjüngt wol greisendes Alter ihr Lächeln!
Wieder ein Anderer sprach der tonverständigen Männer:
Sage mir Einer hinfort, zur Harmonika klinge Gesang nicht!
Sänge die Kehl' in der Oper, sie trillerte Alles in Aufruhr!
Also redeten Jen', um das Haus sich wendend zur Thüre.
Hell schon leuchtet' entgegen das Mütterchen über die Hausflur
Aus der geöffneten Stub', und hieß willkommen die Herren
Musiker, die mit Geräusch anwandelten. Aber die Männer
Traten hinein und grüßten mit mancherlei scharrendem Bückling,
Segen und Heil anwünschend dem neuvermähleten Brautpaar.
Hans auch folgte zugleich und trug schwerfällig den Brummbaß,
Schlau, mit verhaltener Lache, die streifige Mütz' in der Rechten.
Ernstlich redete jetzt der gemüthliche Vater im Strafton:
Hans, du giebst ja den Leuten ein Aergerniß! Voller Verwund'rung
Werden sie, alt und jung, aus den Wohnungen rennen und fragen:
Was für Lärm in dem Hofe des Pfarrherrn? Ist er so weltlich,
Daß er den Abend sogar vor dem Hochzeitstag die Tochter
Fiedelt zu Bett' und trompetet? Wie wird wol morgen gejubelt,
Wann sie im Kranze die Braut mit Musik hinführen zur Trauung!
Lauter gewiß als wann mit klingenden Sensen und Liedern
Wir nach der Ernt' hintragen den Kranz, dem Altare zum Festschmuck!
Doch gut war es gemeint; ich danke dir. Aber noch mehr euch
Sagen wir herzlichen Dank, willkommene Freund' und Gevattern,
Euerer Lieb' und Ehre. Wohlan! Flugs bringe Susanna
Gläser und Wein auf den Tisch; und Mütterchen macht es im Winkel
Dort ein wenig bequem für unsere liebe Gesellschaft.
Also der Greis; nichts redete Hans und lachte so schämig,
Eilete dann zu bestellen, und flugs bracht' Alles Susanna,
Honigkuchen dabei und Pfeffernüss' auf dem Teller,
Sprock und gewürzt; nie fehlt' unvermuteten Gästen ein Vorrath,
Stärkenden Trunk zu begleiten und bittere Magenerquickung,
Kam an stürmischem Morgen ein Hausfreund oder im Nebel.
Weiter besann sich Mama des Geschenks von der neulichen Hochzeit,
Eilte zur Kammer hinaus und bracht' ein großes Gebacknes,
Butterkringel im Dorfe genannt, von der Thüringer Bretzel,
Groß und dick zum Erstaunen und wohl mit Rosinen gesättigt.
Sie nun füllte die Gläser umher und nöthigte freundlich:
Nehmt heut Abend vorlieb, willkommene Freund und Gevattern;
Denn heut waltet bei uns recht eigentlich Polterabend.
Wie nun eure Musik einpolterte, gleich unversehens
Polterte Trauung daher und Brautmahl. Morgen, ja dann erst
Wird hochzeitlich geschmaust bei unserer gnädigen Gräfin.
Jetzo sprach zu dem Chore die biederherzige Gräfin:
Brav, daß ihr wackeren Männer bedacht seid, unserer Jungfrau
Hochzeitsfest, obgleich es unangekündiget einfiel,
Uns durch edle Musik zu verherrlichen. Ganz unerlaubt wär's,
Hätten wir solchen Kranz nicht einmal zu Grabe geläutet!
Ist doch wahrlich die Braut, (ich darf wol rühmen die Pathin,
Denn ihr Alle bezeugt es!) wie Wenige, züchtig und ehrbar;
Auch, so weit ich ihn kenne, der Bräutigam. Kinder, ich sag' euch,
Spielt, wenn ihr morgen sie bringt, den auserwähltesten Brautmarsch!
Eiferig sagte dagegen des Chors tonkundiger Meister:
Gräfin, sie braucht kein Lob; wir kennen sie. Unserer Jungfrau
Ehre zu thun nach Vermögen, das stärkt und leichtet den Athem
Selbst engbrüstigen Greisen, und schmeidiget Finger und Arme.
Jener sprach's, und den Chor durchlief beifälliges Murmeln;
Alle zugleich dann nahmen ihr Glas und klingelten schweigend.
Aber Luise verstand, und neigte sich, nahte dem Tisch dann
Freundlich und füllte die Gläser den schwach abwehrenden Männern.
Auch der Bräutigam nahte mit Dank den Genossen der Tonkunst
Allen, dem Meister zuvor, und schüttelte traulich die Hand ihm.
Jetzo sprach der Papa zu dem siebzigjährigen Weber:
Vater, ihr hattet doch nicht Einwendungen wider die Hochzeit?
Jetzo kämt ihr zu spät. Mit Verwunderung sah ich ein paar Mal,
Wann ich meine Luis' abkündigte, wie ihr an euerm
Pfeiler die Mütz' abnahmt und die zitternden Hände mit Inbrunst
Faltetet. Schien es doch fast, ihr nähm't an dem Töchterchen Antheil.
Ihm antwortete drauf der Alte mit blühendem Haupthaar:
Herr, nicht trüg' ich mit Ehren ein graues Haar auf dem Scheitel,
Wenn mein Herz so verstockt nicht Antheil nähm' an der Jungfrau,
Welche bei Gott und Menschen beliebt ist, schon von der Kindheit!
Fragt nur, wer euch begegnet, im Dorf; ihr sollt euch verwundern,
Was man euch Alles erzählt von dem Jüngferchen: wie sie gefällig
Ueberall mit den Frohen sich freut, mit den Traurigen trauert;
Wie sie des Dorfs Jungfrau'n unvermerkt, als muntre Gespielen,
Führet zu Handarbeit und Sittigkeit; wie sie ohn' Aufsehn
Dürftige speiset und tränkt, wie Nackende wärmt und bekleidet,
Arm' und verwaisete Kinder zur Schul' anhält und versorget,
Kluge Verwalterin stets der geheim zufließenden Wohlthat,
Die nicht uns zu erforschen vergönnt ist, aber die Gott kennt;
Wie sie das Lager der Kranken besucht mit Trost und Equickung;
Herr, und den heimlichen Armen, den kläglichsten! Wie sie ihn ausforscht
Und Barmherzigkeit übt, daß Einer nicht weiß, wo es herkommt!
Kaum, daß sie selber es weiß! Vollbrachte sie eben ein Stückchen,
Daß auch die Engel sich freu'n, dann gehet sie mir nichts, dir nichts,
Ruhigen Gang, und scheint nur ein hübsches und lustiges Mägdlein!
Nun der Alles vergilt, er vergelt' ihr's immer und ewig!
Sichtbar bauet der Herr ihr das Haus und Segen der Eltern;
Daß so ein frommer Gemahl sie heimführt, welcher gewiß ihr
Stets mit Vernunft beiwohnt, nie bitter ist, noch sie verschüchtert,
Eine Seele mit ihr! ein anderer Pfarrer von Grünau!
Euch wird morgen das Dorf schon kundthun, ob wir die Heirath,
Oeffentlich oder geheim, mißbilligen! Jüngst in Gemeinheit
Ward ihr Ehre beschlossen, der wahrhaft ehrsamen Jungfrau,
Dem gleichartigen Kinde des Pfarrherrn! Ihr zum Geschenk bringt
Jeglicher, was er vermag: wer Land hat, Garten- und Feldfrucht;
Und wer Vieh, von der Heerd' Einkunft; weß Hände geschickt sind,
Allerlei gutes Geräth von Eisen und Holz für den neuen
Haushalt; selbst ich Stümper das meinige; Mädchen des Dorfs auch
Zinsen von Handarbeit, nicht ohne Gesang, wie es munkelt.
Eigene Fuhr' ist dem Allen bestellt, mit stattlichem Vorspann.
Wann sie bald der Gemahl durch grüßende Häuser in Seldorf
Heimführt, folgt ihr das Ehrengeschenk, mit Tannen gekränzet,
Unter dem Peitschengeknalle des Jünglinges, welcher gewählt ward,
Lenker zu sein, Goldflitter am Hut und wehende Bänder,
Daß sie vergnügt antret' im entlegenen Gute die Wirtschaft,
Und der Verlaß'nen auch fern sich erinnere. Nehmt es nicht ungut,
Herr: wir lieben euch sehr, nicht weniger aber die Tochter!
Also sagte der Greis mit kräftiger Stimme des Herzens,
Innig bewegt, und es bebte die Thrän' an den grauenden Wimpern.
Ernsthaft nahm er das Glas, und: Freud' an der Tochter den Eltern!
Trank er; zugleich ihm tranken die Anderen. Aber die Jungfrau
That, als hörte sie nicht; und, gewandt ihr erröthendes Antlitz,
Sprach sie ein albernes Wort zu Amalia, lachte dann laut auf.
Mütterchen saß tiefsinnig, Vergangenheit denkend und Zukunft:
Wie glückselig sie war mit dem Töchterchen, und wie hinfort ihr
Oede das Haus sein würd' und das Dorf, und sie wischt die Thrän' ab.
Doch es bezwang sich der Vater und sprach in kräftigem Ausruf:
Ungut könnt' ich es nehmen mit Fug wol euch und der Dorfschaft,
Daß ihr, wie mich, werth achtet ein Dingelchen, welches nur tändelt,
Ob auch einst sie mitunter was taugt, hintändelte blindlings,
Ohne Bewußt, wie etwa die fröhliche Laune sie ankam.
Aber sie stahl mir das Herz; ich verzeih' euch. Wenn er Geduld hat,
Wird ihr Mann in der Folge sie witzigen. Gerne vertrau'n wir
Solchem das Kind, ausstattend mit Ehr' und Segen der Wirthschaft.
Jetzo trat an den Tisch Amalia leichteren Ganges,
Neigete sich und begann zu des Chors tonkundigen Männern:
Löbliche Musiker ihr, doch sehr unlöbliche Trinker,
Her mit dem Glas'! Einschenken und nöthigen muß ich nach Amtspflicht.
Denn ich rühme mich hier Brautjungfer zu sein der Luise,
Deren Gehör ihr kränktet. Da sitzt mein Bräutchen und schämt sich!
Jene sprach's, und der Weber mit Heftigkeit rief ihr die Antwort:
Gräfin, wer kann da helfen? Wenn ihr Jungfrauen das Herz uns
Regt, wir platzen heraus und loben gerad' in das Antlitz,
Was lobwürdig erscheint! Dann schäme sich, wer es verdient hat!
Also der Greis, und den Chor durchlief beifälliges Murmeln;
Alle zugleich dann nahmen ihr Glas und klingelten rufend:
Daß die Verwalterin lebe geheim zufließender Wohlthat,
Die nicht uns zu erforschen vergönnt ist, aber die Gott kennt!
Als sich der Organist mit den Seinigen jetzo gelabet,
Theilt' er die Stimmen umher; und auf einmal flossen harmonisch
Liebliche Saitentöne zu wollustathmender Flöten
Süßem Gesang' und dem Laute des sanft einhallenden Waldhorns.
Wie im blumigen Mai, wann die Abende heiter und lau sind,
Spät in die Nacht auf den Bänken am Eingang Männer und Weiber
Lauschen den Zwillingstönen des Waldhorns, welche vom See her
Auf umschweifendem Kahn durch Silberwellen im Mondschein,
Mit dem Geröchel des Sumpfs und bräutlichen Nachtigallliedern,
Nah' und entfernt anweh'n, daß leis' antwortet der Buchhain:
Also lauschte mit Lust die Versammlung; denn voll Anmuth
Halleten unter dem Stimmengeräusch Wohllaute des Waldhorns,
Lieblich gedämpft von zween tonkundigen Söhnen des Jägers.
Jetzo gellt' auch Hoboengetön, als töneten Sänger
Herzlichen Laut, abschwächend und bald anschwellend den Athem
Bis zum Triumphausruf; den gemessenen Gang der Empfindung
Führte das ernste Fagott, von rauschenden Saiten umjubelt.
Einzeln erhub sich darauf des Organisten berühmter,
Vielgewanderter Sohn; denn Mannheim, Wien und Venedig
Hatt' er besucht, und Manches gehört und behalten, was gut war,
Und nun dient' er mit Lob in der Schulzischen Kammerkapelle.
Dieser entlockte gemach der Cremonageige melodisch
Rieselndes Silbergetön, das oft in gezogener Seufzer
Weicheren Laut hinschmolz; ihm schlug des Klaviers Generalbaß
Karl's treuherziger Lehrer geschickt; rings horchten sie schweigend,
Selbst die Genossen der Kunst, wie klar ihm die Tön' und gerundet
Rolleten unter dem Bogen, wie voll einschmeichelnder Wehmuth
Wieder von Sait' und Hauche vereiniget, scholl der Gesammtchor,
Stürmischen Halls. Ein Jubel der Feierlichkeit und Entzückung,
Als ob, wonnebeseelt, durch keimende Schöpfungen zahllos
Morgenstern' anhüben das Dreimalheilig im Chorpsalm,
Und in des strömenden Lichts Umkreis bis zum nachtenden Chaos
Rauscht' ätherischer Lüfte gesammt mitklingende Wallung:
Dreimal heilig! empor, dreimal hochheilig! dem Urlicht!
Dir, Allmächtiger, der, unerforschlicher Vater des Weltalls!
Schmachtender dann im Lispel der Zärtlichkeit floß Melodie her,
Gleich sanftwehendem Engelgesang, als Liebe zuerst ward,
Als nur ahnete Liebe der Mann, und die bräutliche Männin
Sich und die Rosen im Quell anlächelte. Häufig und vielfach
Wechselnde Weisen des Klangs wetteiferten, andre mit andern;
Vielgewandt, tiefströmend ergoß sich der lebende Wohllaut:
Donnerte halb graunhaft, wie gestad'anklimmende Brandung
Braust im Orkan, wann krachen die Kiel', und strandender Männer
Nothschuß hallt, und Geschrei in dem Wogentumult fern hinstirbt;
Bald wie gezwängt Bergfluth im Geklüft weint, weinte der Tonfall
Unruhvoll, langsam Mißkläng' auflösend in Einklang;
Wallete dann wie ein Bach, der über geglättete Kiesel
Rinnt durch blumiges Gras und Umschattungen, wo sich die Hirtin
Gerne zum Ausruhen legt und im Halbtraum horcht dem Gemurmel.
Jetzo sprach der Papa zu des Chors tonkundigem Meister:
Bravo! Hier ist Kraft in dem Satz und, lieber Gevatter,
Auch in dem Vortrag Kraft! Wir hangen noch steif an der alten
Kernmusik und glauben, Musik sei Sprache des Herzens.
So wie ein Geiste voll zarter Gefühl', unkundig des Wortes,
Durch des Gesangs Ausdruck und vielfach schwebenden Tongang
Gott anstaunt, und die schöne Natur in Lieb' und Entzückung
Ausströmt, klagt und erschrickt und zu dauerndem Muth sich emporhebt.
Auch ist Jedem, der fühlt, die Herzenssprache verständlich:
Stimme von Gott, wie Donner und Sturm, wie, wann auf den Wassern
Geht die Stimme des Herrn, und lind im Gesäusel des Frühlings;
Und wie die Rede des Thiers tonreich, des gebietenden Löwen
Machtausruf in der Wüst', und des hoch obwaltenden Adlers,
Oder der Milchkuh Muttergetön', und der freundlichen Hündin,
Liebender Tauben Geseufz', und der Gluck' anlockendes Schmeicheln.
Auch, als Stimme von Gott, unwandelbar tönt sie, des Herzens
Wahre Musik, einhellig an Wohlklang stets und Bewegung,
Ewiger Laut der Natur durch Land' und Zeiten und Völker,
Nur in bescheidenem Schmuck veränderlich: nicht wie des Putzes
Eigensinn, den wir gestern bewunderten, morgen verabscheu'n;
Oder die Aftermusik, die mit üppigem Modegeklimper
Sinnlos kälbernden Tanz nachhüpft und verwegenen Bockssprung.
Aber so laut das Gefühl in Stimm' und Tönen uns anspricht,
Hallt's doch lauter in's Herz und erschütternder, wenn des Gesanges
Wort einstimmt, die eig'ne vertrauliche Sprache der Menschen.
Auf denn! Gebt mir ein Lied zur Veränderung, etwa von Händel,
Gluck, und Emanuel Bach, Reichhardt, und dem trefflichen Meister
Schulz, dem Luther noch selbst nachsang' an der Orgel mit Andacht.
Singt den erhabenen Chor der Athalia: Laut durch die Welten
Tönt! Und: Ich danke Gott! Und die Waldserenad', und das Tischlied.
Also sagte der Greis und die Andern folgten ihm willig.
Als sie nunmehr vollstimmig den Chor mit voller Begleitung
Endigten, jetzo erhob sich die gute, verständige Hausfrau,
Ging, und neigend das Haupt an die blühende Wange der Tochter,
Sagte sie leis' in's Ohr, doch so, daß die Anderen hörten:
Nicht zu heiß dich gesungen, mein Töchterchen! Alles mit Maße!
Warn' ich immer umsonst, und zumal bei den Schulzischen Liedern.
Brennt doch schon dein liebes Gesicht mir die Wange wie Feuer.
Allzu hitziges Mädchen! Es möcht' am Schlafe dich hindern!
Dann sind trüb am Morgen die schelmischen Aeugelein, dann sind
Lipp' und Wange verblüht, dann giebt's Nachfrag' und Bedauern!
Jetzo schmück' ich dir sauber das Brautbett. Bin ich denn artig?
Leis' antwortete drauf das rosenwangige Mägdlein:
Mütterchen! – senkte den Blick und wandt' ihr liebliches Antlitz,
Feuerroth; und sie lachten des hold erröthenden Mägdleins,
Alle, das Mütterchen auch, und der Bräutigam neckte sie heimlich.
Lächelnd ging die Mama und rief der treuen Susanna:
Laß die Teller nur stehn, auch Hedewig wäscht sie allein wol.
Komm' du, liebe Susanna, und leuchte mir. Siehe, wie vornehm
Dort mein Kater am Heerde herumschwänzt! Habt ihr nach Würd' ihn
Heute versorgt? und den guten Packan, der draußen so kläglich
Knurrt im Schauer und heult? Ihm gefällt wol unsre Musik nicht.
Komm', und hilf mir bereiten das Brautbett unserer Tochter.
Also rief die Mama; und sogleich, ablegend das Vortuch,
Folgete willig die Magd und trug den eisernen Leuchter.
Jetzo ging in die Flur vornhin die verständige Hausfrau,
Zum nußbaumenen Schranke, dem stattlichen, welcher mit Leinwand
Hausgesponnenen Garns und zarterer Webe des Auslands,
Voll von unten bis oben gedrängt war; diesem enthob sie
Feinere Laken und Bühren, die glatt von der Mangel und schneeweiß
Schimmerten, wählte mit ernstem Bedacht, und sprach vor sich selber.
Hierauf stieg sie empor zur düsteren Kammer voll Hausraths,
Die dort unter dem Namen der Polterkammer berühmt ist;
Dann, nachdem sie den Schlüssel gewählt im Gebunde der Wirthschaft,
Oeffnete sie vorschauend und trat vor die eichene Lade,
Die, von den Ahnen geerbt, mit altertümlichem Schnitzwerk
Prangete, groß und geräumig, erlesener Betten Behältniß.
Vorn, da dem Schlosse das Licht annahete, zeigte sich Jakob
Hell, wie er Rahel umarmte, die Schäferin, und wie die Männer
Stauneten; neben dem Born, in des schattigen Baumes Umwölbung,
Stand ein Lamm auf dem Stein, und es drängte sich trinkend die Heerde.
Auf nun schloß sie die Lad' und enthob das köstliche Bettzeug,
Lange gespart für die Braut, das die Magd mit Bewunderung ansah;
Untergebett und Pfühle, gestopft mit lebenden Federn;
Auch feinbarchene Kissen mit Schwanflaum; dann auch die Decke,
Die von elastischen Dunen des polannistenden Eiders
Lustig empor aus der Enge sich blähete. Aber Susanna
Reichte das Licht, und trug die schwellenden Betten geschäftig
Hin zur Kammer der Braut; ihr folgete leuchtend die Mutter.
Als nun weich und sauber das Hochzeitsbette geschmückt war,
Unter dem Bogengestell mit purpurseidenem Umhang,
Und zwei trauliche Kissen sich lilienweiß an einander
Dehneten, lilienweiß auch die luftige Decke emporschwoll;
Jetzo brachte Mama den stattlichen Bräutigamsschlafrock,
Fein von Kattun, kleeroth, mit farbigen Blumen gesprenkelt;
Brachte von Saffian dann hochzeitliche grüne Pantoffeln,
Jedem ein Paar, und stellte die prunkenden neben einander;
Bracht' auch Haub' und Leibchen mit rosenfarbenen Bändern;
Brachte die Mütze sodann, die batistene, welche, mit rothem,
Flammig gekräuseltem Band und dem Quast von Kanten gezieret,
Urgroßväterlich strotzt'; und das Mütterchen lachte behaglich.
Jetzt mit trockenem Tone befahl sie der treuen Susanna:
Flugs die Karaffe mit Wasser gefüllt und die mächtige Buttel,
Daß vor dem Schlaf sich völlig der Bräutigam kühle vom Bischof.
Zünd' auch ein Paar Wachslichter ihm an. Ihm zu dämpfen die Unruh,
Will ich die Pfeif' herlegen und was sonst wünschet ein Raucher;
Auch zur Belustigung noch dies Buch von Garten- und Baumzucht,
Aufgeklappt, das der Vater dem Eidam schenkte zum Hausbuch.
Ihr antwortete drauf die gefällige, treue Susanna:
Frau, das nimmt er für Spaß; mir wenigstens dünket es seltsam!
Muß denn ein geistlicher Herr rastlos kopfbrechen und grübeln?
Weg mir! Lieber ein Mann, der brav arbeitet, und brav dann
Ausruht, und sich erquickt, und der Frau was Tröstliches vorsagt!
Ernsthaft sagte darauf die gute, verständige Hausfrau:
Thue das Deinige flink, und laß ankommen, was ankommt.
Nicht nur weltliche Herrn, auch geistliche lieben das Ausruhen.
Also Mama; da merkte die Magd, und rasch mit Gelächter
Ging sie die Treppe hinab, zu beschleunigen Wasser und Leuchtung.
Still nun dachte die Mutter des schicksalkeimenden Abends,
Da ihr eigener Nam' hinschwand in den Namen des Mannes,
Voll wehmüthiger Freud'; und dem Töchterchen Segen erflehend,
Ging sie die Treppe hinab und kam zu der lieben Gesellschaft.
Stracks mit lächelndem Munde zum Bräutigam trat sie, der singend
Stand am Klavier mit der Braut und Amalia; bald da das Chorlied
Endigte, legte sie ihm sanftklopfend die Hand auf die Achsel,
Und wie er halb das Gesicht umwendete, sagte sie flüsternd:
Jetzt, mein Sohn, nach Belieben; das Brautbett haben wir fertig.
Also Mama; und beide gehörlos thaten die Jungfraun.
Aber mit Nichten verdroß es den Bräutigam; froh in Bestürzung
Drückt' er die Hand der lieben Mama, und sie küßten sich herzhaft.
Schnell zu dem Pfarrer begann die biederherzige Gräfin:
Vater, sie halten da Rath um das Töchterchen! Wo du mir durchgehst
Kleine Luis'! Erst knixt man herum und wünscht der Gesellschaft
Gute Nacht, freimüthig, und nicht so bang' und erröthend.
Halte sie fest am Aermel, Amalia! Morgen gehört sie
Euch Jungfrauen nicht mehr, nein, uns großherzigen Weibern;
Denn aus der Jungfrau Blum ist flugs Frau Walter gezeitigt,
Hochehrwürdige Gattin des geistlichen Herren in Seldorf!
Ausgespielt dann hat mit Amalia meine Luise!
Wenige Strahlen annoch jungfräulicher Lustigkeit flimmern
Matt von dem Hochzeitstanz in die Flitterwoche hinüber;
Bald wird weder gehüpft noch gelacht; bald schreiten wir ehrbar
Nach hausfraulicher Art; bald wird vom bedauernden Eh'mann
Heimlich die Wiege bestellt; bald singen wir: Eyo Popeyo!
Seht, wie das schelmische Bräutchen da hohnlacht unter dem Kränzlein,
Nieder die Augen gesenkt! Was? Unholdselige Pathin,
Trotzest du, weil jetzt eben im Dorf mit dem Horne der Wächter
Zwölf abruft und der Wagen am Thor schon mahnet zum Aufbruch?
Ihr antwortete drauf die rosenwangige Jungfrau:
Was mir unter den Frauen bevorsteht morgen und künftig,
Soll mich fürwahr nicht schrecken! Getrost mit fröhlichem Leichtsinn
Hüpf' ich hindurch und liebe dereinst auch Scherze mit Jungfraun,
So wie es mir anerbte Mama und die gnädige Pathin.
Also Luis', und zärtlich umschlang ihr den Nacken die Mutter,
Küßt' ihr holdes Gesicht und hielt in den Armen sie sprachlos.
Hierauf redetest du, ehrwürdiger Pfarrer von Grünau:
Hurtig noch Eins! Vollauf bis zum obersten Rande die Gläser!
Hoch dann lebe die Braut und der Bräutigam! Alle geklingt mir!
Alle mit voller Musik! daß nicht in der bräutlichen Kammer
Hämisch ein Nachtkobold sie beleidige, oder Asmodi!
Sprach's, und winkte zur Seite den Bräutigam; dieser verstand ihn.
Aber da rings die Kristalle mit hellem Gekling' zu einander
Klingelten, rings in den Klang machtvoll aufjauchzender Glückwunsch:
Hoch, hoch lebe die Braut und der Bräutigam! laut wie Triumphton
Tönte; da Geig' und Trompet' und Horn und der polternde Brummbaß
Wild mit betäubendem Hall einschmetterten: rasch in dem Aufruhr
Flog mit der Braut aus der Thüre der Bräutigam; lautes Gelächter
Schallte den Fliehenden nach, und Händeklatschen und Jubeln. |