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Bald in der heftigen Red' erloschen war; reichte sie jetzt ihm
Brennend, und spuckte viel, und macht' ein krauses Gesichtchen.
Jener lächelt Dank und küßte das rosige Mägdlein,
Das ihm hold an die Seite sich schmiegte, töchterlich kosend.
Jetzo begann unwillig die gute, verständige Hausfrau:
Kinder, der Kaffee wird kalt; ihr prediget immer und ewig!
Schon Herr Walter bedarf der Ermahnerin, gleich dem Papa dort,
Kommt er in Schuß. Wie der Alten Gesang, so der Jungen Gezwitscher!
Gießen wir etwas Warmes hinzu – Nun rührt mit den saubern
Löffelchen! Liebe Natur, du scheinst mir gar zu natürlich!
Als sie nunmehr sich gelabt mit köstlichem Tranke des Auslands,
Schenkte Mama auch dem Knechte, der, sorglos pfeifend ein Leibstück,
In sonntäglicher Jack' am buschigen Ufer umherging.
Anfangs sträubt' er sich, etwas beschämt, und nahm es doch endlich.
Plötzlich begannst du im Kreis', ehrwürdiger Pfarrer von Grünau:
Kinder, wir ruhn unverrückt, wie ein Markstein und ein verjährter
Volkswahn! Geistiges Leben verlangt Umtrieb und Bewegung!
Also der Greis, und erstand; auch die Anderen sprangen vergnügt auf.
Nun lustwandelten jene, von längeren Schatten begleitet,
Ueber des Borns durch Kiesel zum See abfließendes Bächlein,
Hin zu dem duftenden Hügel, wo schlankere Birken gen Himmel
Säuselten, Tannensaat sich erhob mit gelblichem Jahrwuchs,
Und Wachholdergesträuch um die Hünengräber der Vorwelt
Wuchernd kroch, und glänzte der Hulst mit stachligen Blättern.
Einzeln rauschten umher auch Mastbäum' unter den Wolken,
Ostwärts alle gebeugt von des siebenundvierzigsten Jahres
Winterorkan. Sie umschauten die weithin lachende Landschaft,
Fruchtfeld, Au'n voll Heerden, Gehölz und thürmende Dörfer,
Gegen Eutin, wo weislich die Pfründ' ausspähte der Domherr;
Plauderten viel und sangen empfundene Lieder von Stolberg,
Bürger und Hagedorn, von Claudius, Gleim und Jacobi;
Sangen: »O, wunderschön ist Gottes Erde!« mit Hölty,
Welcher den Tod anlacht', und beklagten dich, redlicher Jüngling.
Jetzo sagte gerührt die gute, verständige Hausfrau:
Schön ist auch hier die Erd', und verdienet es meine Luise,
Drauf geboren zu sein und vergnügt durch das Leben zu wandeln!
Aber ihr merkt, wie die Sonne hinabsinkt fast zu den Wipfeln
Jenes Walds, und vom Dorfe die Betglock' über den See summt.
Thau weissagt das Gewölk, das duftige, welcher den Kräutern
Wachsthum bringt, doch leicht den gelagerten Menschen Erkältung.
Alt ist unser Papa, und das Jüngferchen kleidet sich immer
Zephyrlich. Heutiges Tags ist klüger das Ei denn die Henne!
Kommt denn und schmaust, ihr Lieben; die Feldluft reizet den Hunger.
Sprach's, und führt' in das Thal; nicht ungern folgten die Andern.
Als sie die schwellenden Moose des weitumschattenden Buchbaums
Jetzo erreicht, da eilten Mama und die freundliche Tochter
Schnell an das Ufer zum Kahn und brachten im zierlichen Tischkorb
Feines Gedeck, Eßlöffel und englische Messer und Gabeln;
Auch das Zuckergeschirr von violigem Glase, mit Silber
Künstlich gefaßt, wie ein Korb, ein Geschenk der gnädigen Gräfin;
Brachten die feineren Teller von Thon, und spanische Erdbeern
Auf eiförmiger Schüssel, auch sahnige Milch in gestülpter
Porzellanener Kumme, geformt wie ein purpurner Kohlkopf,
Welche mit wärmendem Punsch und Bischof füllte der Vater,
Wann ein Freund ihn besucht' in sausenden Tagen des Winters;
Brachten mit Eppich umlegt die Bachkrebs', ähnlich den Hummern,
Und zwei kalte gebratne Kapaun', umhüllt vor den Fliegen;
Brachten sodann für Walter und Karl vielrautige Waffel,
Hochgehäuft, Kunstwerke der preislichen Köchin Susanna;
Auch die duftende Frucht der grüngestreiften Melone;
Butter in blauem Gefäß, goldfarbige: über dem Deckel
Ruht' ein käuendes Rind als Handgriff; lieblichen Schafkäs'
Und holländischen Käs', und einen gewaltigen Rettig
Für den Papa; auch Kirschen von vielfach würziger Gattung,
Stachelbeeren, wie Pflaumen an Wuchs, und geschwollne Johannsbeern.
Als nun wohl sie geordnet den stattlichen Schmaus auf dem Teppich,
Neigte das blühende Mädchen sich hold und lud die Gesellschaft:
Hurtig, heran, ihr Kinder, und lagert euch rings um die Feldkost,
Froh, wie der Schnitter im Kranz und die Binderin schmausen zu Mittag,
Unter dem wehenden Baum, wann langhin Garben gereiht stehn,
Und sie der Herr hoch speiset in Fröhlichkeit, auch für den Abend
Tanzmusik auf der Tenne verheißt! – Ihr, froh und genügsam,
Wißt ein ländliches Mahl zu entschuldigen! – Drohest du, schilt nicht,
Guter Papa! Denn heut am Geburtstag' hab' ich Erlaubniß
Recht unartig zu sein; und du trinkst doch meine Gesundheit!
Mutter, du sorgsame Mutter, du hast mir den Wein ja vergessen!
Ihr antwortete drauf die gute, verständige Hausfrau:
Mädchen, du bist muthwillig und wähnst, es bedeute was Rechtes,
Heute geboren zu sein, du achtzehnjähriges Küchlein!
Schnippisches Kuckindiewelt! Sehr gut, daß der Dirne Geburtstag
Einmal im Jahre nur kömmt; sonst wüchsen die Bäum' in den Himmel!
Siehe, der ehrliche Hans hat Milch und Wein uns bedachtsam
Abgekühlt im Schilfe des Sees. Hier bringt er den Korb schon.
Also schalt die Mama; da nahete Hans mit dem Weinkorb,
Ehrbar, zuckte den Hut und redete vor der Gesellschaft:
Heut ein prächtiger Tag, für die Heumahd und das Geburtsfest!
Klare Luft giebt klares Gesicht! Gott segne die Mahlzeit!
Also der Knecht, und stellte den Korb an die Buche mit Vorsicht.
Schnell das Gepäck ausräumend, begann der gemüthliche Vater:
Hans, du bringst ja die Meng' Herzstärkungen! Schaue dein Antheil,
Blank an der Sonne wie Gold! Doch trink' auch der Tochter Gesundheit;
Denn sie füllete selbst dir dies anmuthige Fläschlein.
Sprach's, und reichte die Flasch', und dankbar schmunzelte jener.
Karl nun hüpfte behend' um den Maibusch, wo er die Erdbeern
Heimlich versteckt, und stellte den duftenden Korb auf den Teppich,
Stolz, indem er vom Laub' ihn enthüllete. Vater und Mutter
Staunten, woher so Schönes, und lächelten seiner Erzählung,
Lobend das Körbchen sowohl, wie die saftige Röthe der Erdbeern.
Also schmauseten jen', in behaglicher Ruhe vereinigt,
Auf sanftschwellendem Moose des weitumschattenden Buchbaums.
Schon sank tiefer die Sonn' und ergoß vielfarbige Schimmer
Durch abhangendes Laub, oft nöthigend, weiter zu rücken;
Kaum noch wankte das Rohr, und der See ward glatt wie ein Spiegel.
Rastlos tönte der Heimen Geschwirr, und Vögelein sangen:
Fernher rief Rohrdommel und Kibitz, nahe der Kuckuk,
Ringsum Amsel und Fink und Emmerling; drüben vom Kornfeld
Lockte die streifende Wachtel, die Ringeltaub' in dem Ulmbaum
Gurrt', und es krächzte der Rak mit himmelblauem Gefieder.
Als sie der Speise nunmehr sich ersättiget und des Getränkes,
Feierlich hob der Papa mit geschrobenem Zuge den Stöpsel
Einer Flasch', und vertheilte zum Nachtisch goldenen Steinwein:
So vom Kellner genannt; doch der feinere Koster benamt ihn
Harfenwein, denn er reget dem Harfener hellen Gesang auf.
Dessen hatt' im Beginne des Mai's der eutinische Gastfreund
Ihm zwei Flaschen gebracht: da leerten sie eine dem Frühling
Unter dem blühenden Baum, und die andere blieb unentsiegelt,
Aufgespart für der lieben und einzigen Tochter Geburtstag.
Jetzt da er Allen umher des ambrosischen Trankes gespendet,
Nahm der Vater sein Glas und gebot in kräftigem Ausruf:
Angeklingt! Denn es gilt die Gesundheit unseres Kindes!
Lebe die gute Luis' uns lang' und sich selber zur Freude!
Also der Greis; und umher klang helles Gekling' an einander.
Nur des Jünglinges Glas mißtönt' in dem Klange mit taubem
Puff; da bedräut' ihn ernst mit geschütteltem Haupte der Vater:
Tausendmal hab' ich Ihn, Sohn, an die Erzuntugend erinnert!
Klappt nicht immer Sein Glas, wie ein spaltiger Topf und des neuern
Dichterschwarms ungeschliffner Hexameter, welcher daherplumpt
Ohne Takt und Musik, zum Aergerniß! Kann Er nicht anders?
Oder gefällt es Ihm nicht? Ein jegliches Ding hat doch Regeln,
Die, der Natur ablauschend, zur Fertigkeit reifet die Uebung!
Kein Wohldenkender faßt an den oberen Kelch, wenn er anklingt;
Nein, an den Fuß! Dann klingt Harmonikaklang in den Glückwunsch!
Lächelnd erwiederte drauf der edle, bescheidene Walter:
Nicht so gezürnt, mein Vater! Das rosenwangige Mägdlein
Blickte mit schelmischem Auge mich an; da vergaß ich die Regel.
Jener sprach's, einhüllend in Leichtsinn seine Verwirrung,
Nicht unentdeckt von den Alten, die aufmerksamer ihn ansahn.
Doch ihm drohte Luise mit aufgehobenem Finger,
Feuerroth; und sie lachten des hold erröthenden Mägdleins,
Alle, der Jüngling zugleich mit unwillfährigen Lippen.
Aber sie that nachlässig und schnellt' auf den Knaben den Kirschkern.
Hans nun, welchem die Mutter ein kleineres Tuch an den Maibusch
Hingedeckt und reichlich mit Trank und Speise belastet,
Als er das helle Gekling' in der Fern' und den munteren Glückwunsch
Hörete, füllt' er zum Rande sein Glas und trat zu der Herrschaft,
Langsam, nicht zu verschütten den edelen Trank in die Wildniß.
Nah' jetzt, neigt' er das Haupt unbedeckt und redete also:
Nun mit Verlaub! Ich trinke des Jüngferchens werthe Gesundheit!
Rückwärts beugt' er den Nacken und trank und lächelte trinkend.
Als er geleert auf den Grund, da schwenkt' er das Glas mit dem Ausruf:
Segne mir Gott vom Himmel das Jüngferchen, wie er bisher sie
Trefflich an Leib und Seele gesegnete! Hab' ich so manchmal
Doch als lallendes Kind sie gewiegt auf dem Arm und geschaukelt,
Daß sie im Spiegel ihr Bild anlächelte! Schmuck war sie immer,
Und wie ein Engel so fromm! Ihr Bräutigam preise sich glücklich!
Schalkhaft sagte dagegen mit traulicher Stimme die Jungfrau:
Hänselchen, willst du mich frein? Ich hab' in der Kiste so manchen
Blanken Thaler gespart: mein köstliches Pathengeschenk erst,
Dann was die Base bescheert zum Geburtstag' oder zu Weihnacht!
Auch versteh' ich die Nadel zur Noth, und die Knütte versteh' ich,
Brot zu backen, zu brau'n und ein Leibgericht zu bereiten!
Sprach's und bot ihm die Hand; da begann die verständige Hausfrau:
Hüte dich, Hans, ihr zu trauen, der Spötterin! Achte der Falschheit
Viel zu gut dein ehrlich Gemüth! Zwar stattlich von Gliedern
Ist sie dir, aber zu faul, und die seidenen Händchen zu vornehm!
Geh' nur und rüste den Kahn zu der Abfahrt. Denn wo mir recht ist,
Feuchtet der Rasen bereits. Wol sagt' ich es! Laßt uns denn aufstehn;
Oder wir haben zum Lohn vom Geburtstag' Husten und Schnupfen.
Schmaust die Kirschen im Kahn, ihr Kinderchen, und die Johannsbeern.
Also gebot die Mama, und die Anderen, willig gehorchend,
Trugen des Mahles Geräth in den räumigen Kahn des Verwalters;
Ein dann traten sie All' und setzeten sich auf die Bänke.
Hans, nachdem er gelöset das Hemmseil, schob von der Anfuhrt
Ab und drehete klüglich die schäumende Fluth mit dem Ruder.
Fernher glühten wie Gold die Fenster der Kirch' und des Schlosses,
Welche die Sonn' absinkend beleuchtete; rings an den Ufern
Hingen Gebüsch' und Saaten, von röthlichem Scheine beduftet,
Umgekehrt in der Fluth, und zitterten über den Wölklein,
Sammt dem Füllen am Bach und der Melkerin unter dem Weidicht.
Kunstreich rudert Hans aus der Bucht und ermahnte die Jungfrau,
Welche bang' an den Jüngling im wankenden Kahne sich anschloß.
Jetzo schwebte der Kahn am krummen Gestad um ein Röhricht
Und braunkolbiges Ried; Seelilien jetzo durchrauscht' er,
Die gelb blühten und weiß, breitblätterig; jetzo den Vorgrund,
Wo hell Muschel und Kies aufschimmerte. Gegen den Holm dann
Schnitten sie grade hindurch die dunklere Tiefe des Seees.
Mehr noch zuckte Luis', an den Jüngling gelehnt, und sie drückt' ihm
Aengstlich die Hand; doch verschämt, wann er lächelte, schaute sie nieder.
Solches bemerkt' und strafte mit Glimpf die verständige Hausfrau:
Ei, wie das närrische Mädchen sich anstellt! Ist denn der Kahn nicht
Aehnlich dem Boot? Nicht kundig, wie Steuerer, unser Pilot Hans?
Nicht wie ein Spiegel der See? Gleich fasse dich, oder ich wiege!
Sonst so keck und verwegen, wenn's gilt in die Bäume zu klettern,
Ueber die Gräben zu springen und hoch in die Luft sich zu schaukeln,
Oder auch gleiten zu gehn mit Amalia, welche dir gleich ist,
Auf dem gefrorenen Bach und der Gleitbahn, recht wie die Kinder!
Schlag' ein Tuch um den Hals, dies seidene, das ich dir mitnahm,
Aus der Geburtstagsernte. So mild auch schmeichle der Abend,
Kühl ist's doch auf dem Wasser, und Vorsicht reuete Niemand.
Hierauf redetest du, ehrwürdiger Pfarrer von Grünau:
Mutter, sie macht die Verzagte; du siehst, wie verhohlen sie lächelt.
Herzhaft Allem begegnen, das läßt unjüngferlich, meint sie.
Töchterchen, folge dem Rath und verhüll dich. Besser ist Besser;
Hüpft dir auch in den Pulsen das achtzehnjährige Blut noch
Jugendlich. Schaue, da hängt des Neumonds werdende Sichel
Duftig. Wohlan! »Willkommen, o silberner Mond« ihm gesungen!
Frischer Gesang giebt Muth auch dem Zärtling; schreienden Kindern
Naht im Gesange der Schlaf; mit Gesang schlug Luther den Teufel!
Blöde zu ihm aufblickend, begann die rosige Jungfrau:
Vater, ich bin nicht feige, wie selbst du bemerkt nach der Wahrheit;
Dein und der kecken Mama nachartendes Töchterchen hör' ich
Gern mich von Manchem genannt, und gewiß an Tapferkeit bin ich's.
Aber gewiegt von der sanft um den Kahn hergleitenden Wallung,
Sank ich in kindische Träum' und schauete Spinnerinmährlein.
Wie? Wenn mit schuppigem Schwanze des Sees grünhaarige Nixe
Plötzlich aus dunkeler Tief' aufsprudelte, mich zu entraffen?
Dacht' ich, und zuckte vor Angst. Denn, Väterchen, gerne noch länger
Bleib' ich bei dir und Mama und den redlichen Freunden des Hauses!
Ihr antwortete drauf der edle, bescheidene Walter:
Unter der Hausfreundschaft, die gern auch Luise behält, ist
Redlicher Keiner denn ich. Nachartende Tochter der Eltern
Nennen sie Viele mit Lust, insgeheim und grad' in das Antlitz;
Unter den Vielen ich selbst, und nicht blos Tapferkeit rühm' ich!
Singe denn unsre Luise dem Väterchen, was er verlanget.
Also redeten jene, für sich ein Mehreres denkend.
Aber die Jungfrau hüllte die stattliche Seid' um die Schultern,
Gleich hyazinthener Röthe, mit glänzendem Grüne gebordet,
Walter's Ehrengeschenk; und sie dankte der sorgsamen Mutter,
Auch mit freundlichem Blicke dem Jünglinge, lobend das Festtuch.
Jetzo begann holdselig ihr Lied die melodische Jungfrau;
Und des Gesangs Wohllaut, eindringendem Worte vereinigt,
Wallete hell, dann leise gedämpft, in die Stille des Abends.
Vom hinschmelzenden Halle gesänftiget, lauschten sie ringsum,
Fühlten erstaunt der Natur Hoheit, und schwangen sich aufwärts
Ueber Mond' und Gestirne zu Gott und den Seligen Gottes.
Selbst der Ruderer hemmte den Schwung, daß der Kahn unbewegt stand.
Halb noch ober der Welle, die funkelte, schwebte die Sonn' jetzt,
Glutroth; nun, nun sank sie hinab, und feurige Schimmer
Flammten empor, bis Himmel und See weit glommen in Purpur.
Jene feierten still, und der Ruderer lenkte den Kahn fort.
Bald war nahe der Holm, wo Netz und Hamen auf Gaffeln
Trockneten, und für die Nacht Fangzeug auslegte der Fischer,
Traulichen Gruß herrufend des Dorfs umgänglichem Pfarrherrn.
Aber es freute sich Karl des schreienden Wassergeflügels
Ueber dem Holm, und des Hechts, der beglänzt vom Abend emporsprang,
Und wie die Möw' hochher auf den Fisch abstürzete rauschend.
Dann rathfragt' er den Lehrer, warum so gebrochen des Ruders
Bild in der Welle den Kahn umschlängele; weiter gerückt dann,
Ruft' er dem Wiederhall' in des ritterzeitlichen Wachtthurms
Oedem Gemäu'r, liebkost' ihm und schalt, und lachte der Antwort.
Sinnreich schmunzelt Hans und sprach, mit dem Finger bedeutend:
Sicher erzählt' Ihm, Junker, die Wärterin, als Er ein Kind war,
Was dort gaukelt und lacht, ist ein Kobold, welcher vor Alters
Hier unritterlich schaltet' im Land', als schnappender Strauchhahn.
Dafür spukt er im Thurm und umher wie ein schäkernder Unhold.
Selbst ja den neckischen Mönch mit dem Irrlicht, welcher die Seenix
Unten am Moore besucht, wie vordem als Nonne des Klosters,
Neckt' er, das Licht ausblasend; im Hui saust Höllengespenst um.
Also lautet die Mähre; jedoch der Vernünftige glaubt's nicht.
So in Gespräch und stillen Betrachtungen schwebten sie vorwärts,
Fröhliches Muths; doch der Jüngling zumeist, und die rosige Jungfrau,
Welche vertieft dasaß und voll süßschwärmender Ahnung.
Heiter und still war Allen das Herz wie die spiegelnde Welle,
Während der Vater vergnügt sein ruhiges Abendpfeifchen
Raucht', und dabei mit Walter, der nicht auf Alles Bescheid gab,
Häufig ein Wort einsprach von Gelehrsamkeit und von der Zeitung.
Als er die Pfeife nunmehr ausklopft' an dem Borde des Kahnes,
Streifte die Kalmuswiese der Ruderer, nahe der Anfuhrt.
Laut nun redetest du, ehrwürdiger Pfarrer von Grünau:
Gott sei Dank für die Freude des Tags und die Freude des Abends,
Der uns morgende Heitre verkündiget. Eben so heiter
Müss' auch meiner Luis' aus lauterem Tage der Jugend
Mild ein behagliches Alter hervorgehn! Eben so mild' uns
Ruhiger Lebensabend der Ewigkeit herrlichen Aufgang!
Sie auch redete nun mit herzlicher Stimme, die Mutter:
Kind, dir bleibe der Tag mit dem Abende hell im Gedächtnis,
Unter den heiteren Tagen, die uns du, Süße, gebracht hast!
Nenn' ihn immer mit Lust, auch wann wir künftig getrennt sind!
Also rief sie bewegt. Doch die Jungfrau, glühend im Antlitz,
Sprang von dem Sitz und umarmte mit Heftigkeit Vater und Mutter,
Sprachlos. Endlich begann sie die stammelnden Laute der Inbrunst:
Ruhe der Segen auf mir, Ehrwürdige, den ihr gesegnet!
Sprach's und setzte sich wieder zum Jünglinge, der wie verloren
Saß in wonnige Träume, den Blick auf die Welle gesenket.
Ihr nun drückt' er die Hand, unverhehlt den liebenden Eltern.
Matt schon glühte im Westen die Gluth; ein Stern nach dem andern
Trat aus dem Glanz und umblinkte die hellere Sichel des Mondes:
Als der rauschende Kahn an der knorrigen Eiche des Ufers
Landete, wo mit der Kette ihn Hans anschloß nach der Ordnung.
Lieblich hauchte des Grases Gedüft her; aber sie eilten
Durch die geschorene Wiese, die thauigen Schwaden vermeidend;
Und sie erhob vorsichtig den Saum, die verständige Jungfrau,
Zeigend das Untergewand und schimmernde Strümpf' in der Dämmrung.
So im Geröchel des Sumpfs und dem einsamen Surren des Käfers,
Längs dem grenzenden Walle, mit Dorn umwachsen und Haseln,
Gingen sie, wo noch zirpte die Grill', und im Kraute der bläulich
Flimmernde Glühwurm lag. Nun stiegen sie über das Gatter,
Kamen in's Dorf und grüßten die stille Schaar vor den Häusern,
Und wo Nachbarshaufen zu Rath und Gespräch sich gesammelt.
Hans nun reicht den Schlüssel dem fleißigen Knecht des Verwalters,
Der an des Hofs Eingange die klingende Sens' auf dem Amboß
Hämmerte, morgen noch mehr des gesegneten Grases zu mähen.
Abendlich pickte die Uhr, und die Eul' im Glockengestühl schnob;
Und sie empfing an der Pforte der Hund mit freundlichem Wedeln. |