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Mein lieber Schwager, – Bitte erlauben Sie mir Ihnen in Spanisch zu schreiben, ich traue meinem Englisch nicht, und ich kann mich erinnern, dass Ihr Bruder einmal gesagt hat, dass die Armeeoffiziere der Vereinigten Staaten an der Militär Akademie unsere Sprache erlernen. Es ist so, wie ich es Ihnen in meinem voraus gegangenen Brief bereits geschrieben habe: beide, meine arme Schwester und ihr Ehemann haben, als sie wussten, dass sie nicht mehr genesen würden, den Wunsch geäußert, dass Sie sich ihrer kleinen Catherine annehmen möchten – sehr wohl in dem Bewusstsein, dass Sie schon bald von der Armee in den Ruhestand versetzt werden – eher noch, als dass sie bei mir bleiben solle, denn meine Gesundheit ist ebenfalls angegriffen, oder etwa zu Ihrer Mutter nach Kalifornien, die ja auch nicht mehr gesund ist.
Sie kennen das Kind nicht, deshalb muss ich Ihnen von ihr erzählen. Sie werden sich ihres Aussehens nicht schämen müssen, sie ist ein kleines Ebenbild ihrer schönen Mutter – und da ist diese unübertreffliche andalusische Schönheit, die man selbst in Ihrem Land kaum je finden wird. Sie besitzt den Charme und die Grazie ihrer Mutter, ihr gutes Herz und ihren Gerechtigkeitssinn. Vom Vater hat sie das Lebhafte, das Freundliche geerbt, auch seinen Mut und seinen Unternehmungsgeist. Von beiden Eltern kommt die herzliche und gütige Art.
Meine Schwester verzehrte sich in den Jahren des Exils geradezu nach ihrer spanischen Heimat; immerfort sprach sie von Spanien zu dem Kind und hegte so in dem kleinen Kinderherzen die Liebe zu Spanien wie eine kostbare Blüte. Sie starb in der glücklich tröstenden Gewissheit, dass die Ernte ihrer patriotischen Bemühungen so reich sein würde, wie sie es sich nur wünschen konnte.
Für ihre neun Jahre ist Cathy eine ausreichend gute Schülerin; ihre Mutter selbst brachte ihr Spanisch bei, und sie hat es in dem Kind immer lebendig gehalten, kaum jemals hat sie in einer anderen Sprache zu ihr gesprochen; ihr Vater war ihr Englischlehrer, er sprach fast ausschließlich so mit ihr; Französisch hörte und sprach sie jeden Tag mit ihren Spielkameraden; auch kann sie sich Dank ihrer Erzieherinnen in Deutsch und Italienisch verständigen. Wahr ist allerdings, dass da immer ein schwacher Akzent mitschwingt, gleich, welcher Sprache sie sich bedient, aber man merkt es kaum, ich denke, es hat eher etwas Bezauberndes als das es stört.
Cathy ist im Vergleich zu anderen Kindern mit neun Jahren dem Durchschnitt weder voraus noch dahinter zurück. Aber ich kann ihr Folgendes bestätigen: mit der Liebe zu ihren Freunden, ihrem edlem Sinn und ihrer Großmütigkeit sucht sie ihresgleichen, meiner Meinung nach steht da niemand über ihr. Und um eines bitte ich Sie: lassen Sie ihr den Umgang mit Tieren – sie verehrt die Kreatur wie nichts sonst. Es ist ein Erbe ihrer Mutter. Sie kennt weder Grausamkeiten noch Schindereien – wenn es möglich ist, lassen Sie sie so etwas nicht sehen. Sie würde wütend werden und Ärger machen, in ihrer kindlichen aber sehr bestimmten und resoluten Art; denn sie hat ihren Kopf und es fehlt ihr nicht an unverzüglicher Initiative. Manchmal beurteilt sie etwas falsch, aber ich denke, ihre Absichten sind immer richtig. Als sie noch kleiner war, so etwa drei oder vier Jahre alt, stampfte sie in einem Zornesausbruch einmal wütend und heftig mit ihrem kleinen Fuß auf, wischte dann damit zurück über den Fußboden und bückte sich, um nachzuschauen. Ihre Mutter fragte:
»Was ist los, Kind? Was hast Du?«
»Mama, die große Ameise wollte die kleine töten.«
»Und du hast die kleine beschützt.«
»Ja, Mist, weil sie keinen Freund hatte, und ich wollte nicht, dass die große sie tötet.«
»Aber jetzt hast Du sie beide tot gemacht.«
Cathy war bekümmert. Ihre Lippen zitterten. Sie sammelte die Überreste der Ameisen auf, legte sie auf die Fläche ihrer Hand und sagte:
»Armes kleines Ameischen, es tut mir so leid, ich wollte dich nicht tot machen, aber ich konnte dich nicht anders retten, es ging alles so schnell.«
Sie ist eine liebe, süße kleine Dame. Wenn sie geht, wird mir das Herz sehr schwer werden. Aber sie wird glücklich werden bei Ihnen, und wenn Ihr eigenes Herz einmal alt und müde sein wird, geben Sie es in ihre Hand; sie wird es wieder jung machen, sie wird es erfrischen, sie wird es singen lassen. Seien Sie gut zu ihr, um alles in der Welt!
Mein eigenes Exil wird bald beendet sein. Sobald ich mich besser fühle, werde ich mein Spanien wieder sehen; und das wird mich wieder jung machen!
Mercedes