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Die nächsten Tage blieben noch ruhig. Eine weitere stattliche Schar Gauchos traf ein, sonst geschah nichts von Bedeutung. Das Lager war in weitem Umkreis wohlbewacht. Die Führer konnten von sich aus nichts unternehmen, solange über die Absichten und Pläne des Gegners nichts Näheres bekannt war. Es waren Kundschafter seit Tagen unterwegs; ihre Rückkehr wurde mit fieberhafter Spannung erwartet. Weiter südlich befand sich ein zweiter Sammelpunkt des Gauchoheeres, und es war durchaus notwendig, daß beide Gruppen gemeinsam operierten. Die Puelchen pflegten ihre Raubzüge stets mit starken Kräften zu unternehmen, zudem war Jankitruß als kluger und erfahrener Häuptling bekannt; zweifellos war er über Stärke und Verteilung der Gauchos längst eingehend unterrichtet.
Die neu eingetroffenen Gauchos hatten viel Vieh mitgebracht; man litt keine Not im Lager und war durchaus guter Dinge. Um die Männer zu unterhalten, hatte Alfonso Diaz die Durchführung von Reiterspielen angesetzt. Etwa zwanzig junge Männer, die besten und kühnsten Reiter der Grenze, hatten sich zum Wettkampf gemeldet, unter ihnen auch Aurelio.
Die Sonne hatte eben den Zenit überschritten, als die Lagerinsassen sich zusammenfanden, um den Spielen beizuwohnen. Für den Sieger im Wettkampf waren drei Preise ausgesetzt worden: ein Poncho von feiner Vikunawolle, ein Paar silberne Sporen und ein reich geschmückter Zaum. Als Preisrichter waren einige ältere angesehene Männer der Gauchoreiterei bestimmt worden; sie saßen unter dem Vorsitz des Anführers Diaz auf einem erhöhten Platz.
Aurelio war nur einem kleinen Teil der Anwesenden bekannt gewesen, jetzt, nach seinem Sieg über Maripil, war sein Name in aller Munde.
Einundzwanzig junge Gauchos hielten am Rande der Rennbahn auf ihren Pferden, ausschließlich Reiter von ungewöhnlicher Geschicklichkeit; Aurelio auf Cid war der jüngste unter ihnen. Es galt zunächst, die Kunst des Reiters im jähen Herumwerfen des Pferdes zu zeigen. Zwei Lassos waren in etwa zwei Fuß Höhe parallel nebeneinander ausgespannt worden; der Zwischenraum betrug nur wenig mehr als eine gute Pferdelänge. In diese Gasse hinein galt es in vollem Rosseslauf zu sprengen, das Pferd in dem engen Raum herumzureißen und zum Ausgangspunkt zurückzujagen. Das Kunststück vermochte selbst nach dem Urteil der auf dem Pferderücken groß gewordenen Gauchos nur ein guter Reiter zu vollbringen. Es gelang vielen, aber nach dem einstimmigen Ausspruch aller Preisrichter wurde die schwierige Übung von Aurelio am fehlerlosesten durchgeführt; er wurde zum Sieger erklärt.
Die zweite Aufgabe bestand darin, einen am Zweig eines Ombusbaumes in Reiterhöhe hängenden Ring in voller Karriere mit der Lanze zu durchstechen. Nur zwölf Bewerber meldeten sich für das schwierige Unternehmen. Zweien von ihnen gelang es: dem jungen Diaz und Aurelio.
Nunmehr gab es ein Wettrennen auf ungesatteltem und ungezügeltem Pferd; nur der Lasso durfte zur Lenkung benützt werden. Eine stattliche Anzahl junger Männer hatte sich gemeldet; Aurelio ritt nicht mit. Diese Übung zeigte die Reitergeschicklichkeit der Gauchos in vollem Glanz. Jeder Fremde, der unbefangen dem glänzenden Schauspiel beiwohnte, mußte zu der Überzeugung kommen, hier die besten Reiter der Welt vor sich zu haben. Sieger in diesem Wettrennen wurde der Junge Diaz.
Nach Beendigung dieser Vorführung kamen mehrere junge Leute zu Aurelio und machten ihm freundschaftliche Vorwürfe, daß er nicht mitgeritten sei. Er. könne sich doch nicht an allem beteiligen, sagte Aurelio.
»Aber von den Pfählen springen wirst du doch?«
»Ich weiß nicht«, sagte Aurelio, »ich möchte lieber nicht.«
Diaz' Sohn, der eben heranritt und die Äußerung gehört hatte, verzog sein Gesicht zu einem spöttischen Lächeln. »Du wagtest wohl den Ritt auf dem ungesattelten Pferd nicht, Don Aurelio?« fragte er. »Ja, dazu gehören Reiter!«
»Ich wollte dir den Sieg nicht streitig machen, Don Jeronimo«, antwortete Aurelio ruhig.
»Mir den Sieg streitig machen?« Diaz lachte schallend. »Der Mann ist größenwahnsinnig!« sagte er und ritt davon. Aurelio begriff gar nicht, wie Jeronimo zu einer solchen Äußerung kommen konnte, doch vermochte er nicht lange darüber nachzudenken, denn nun drangen die anderen wieder auf ihn ein. »Noch den Sprung von den Pfählen, Don Aurelio!« wurde ihm von drei, vier Seiten zugerufen, und er besann sich nun nicht mehr lange. »Gut«, sagte er, »ich mache es. Dann wird Don Jeronimo sehen, daß ich es sehr wohl hätte wagen können, zum Ritt auf dem nackten Pferd anzutreten.«
Die Burschen klatschten in die Hände vor Begeisterung, und schnell wurden die Vorbereitungen zu dem beabsichtigten Kunststück getroffen. Zwei Pfähle wurden so nahe nebeneinander in die Erde gerammt, daß ein Pferd eben noch dazwischen durchlaufen konnte.
»Sucht ein feuriges Pferd aus!« sagte Aurelio.
Ein wilder Rappe wurde von den Reservepferden herbeigeholt. Die jungen Männer banden nun ihre Lassos zusammen und bildeten mit ihnen auf der einen Seite der beiden Pfähle eine lange Gasse, deren Abschluß eben von den Pfählen gebildet wurde. Jeronimo Diaz war wieder herangekommen; er hielt auf seinem Pferde; sein Gesicht war finster verkniffen.
Aurelio stellte sich, den Lasso in der Hand, mit den Füßen spreizbeinig auf die beiden Pfähle, den Rücken der Gasse zugewandt. Don Juan kam heran, er blickte nicht unbesorgt auf den Jungen, der, allen sichtbar, auf den Pfählen stand. Er wußte um die Gefährlichkeit des Kunststückes, das Aurelio da unternehmen wollte; freilich nicht zum ersten Male.
Jetzt wurde der Hengst sattellos mit Lassohieben und wilden Zurufen weit hinter Aurelio in die Gasse getrieben, um zwischen den Pfählen hindurch den Weg ins Freie zu suchen. Mit flatternder Mähne raste das geängstigte Tier in wildem Lauf durch die Gasse. Es erreichte die Pfähle, glitt zwischen ihnen hindurch und – auf seinem Rücken saß Aurelio, warf dem Tier blitzschnell den Lasso über die Nase und zog zu. Das Tier bäumte auf, machte einen Seitensprung, aber der Reiter saß fest; die eisernen Schenkel und der Lasso Aurelios belehrten das rasende Tier, daß es seinen Meister gefunden habe. Zitternd kam es eine Minute später in leichtem Galopp, völlig in der Hand seines Reiters, zurück.
Stumm hatten alle dem gewagten Sprung auf den bloßen Rücken des wilden Pferdes zugesehen; nun, da Aurelio zurückkam, brach ein nicht endenwollendes Jubelgeschrei aus. Aurelio sah sich so von den vor Begeisterung tobenden und schreienden Männern umringt, daß sein Pferd stehen mußte, ob es wollte oder nicht.
Als der Jubel sich gelegt hatte, sagte einer der Anwesenden spöttisch zu Jeronimo Diaz: »Nun, mach es nach, wenn du's wagst!«
»Albernes Kunststück!« sagte Jeronimo.
»Ich wollte, ich könnt's«, entgegnete der andere trocken.
Man sah dem jungen Diaz an, daß er innerlich kochte. Er wandte sich jetzt finsteren Blickes Aurelio zu. »Kannst du auch ein jagendes Pferd mit der Lassoschlinge am rechten Hinterfuß einfangen?« fragte er.
»Ich denke schon«, antwortete Aurelio kühl; er sah nun, daß Diaz ihn reizen wollte. »Ja, ich kann noch mehr«, fuhr er fort, »ich kann auf dem Pferd reiten, das du am Hinterhuf fängst.«
»Diablo!« murmelte Diaz, »es ist eine unwahrscheinliche Frechheit!« »Gut«, sagte er gleich darauf. »Mit Prahlen ist's nicht getan. Zeige uns, was du zu können behauptest, dann wollen wir es glauben.«
Unter den Gauchos wurden Überraschungsrufe laut. Jeder wußte, daß hier das Leben vom Bruchteil einer Sekunde abhing. Sprang der verfolgte Reiter nicht im Augenblick aus dem Sattel, da die Schlinge sich um das Bein des Pferdes legte, war er rettungslos verloren. »Tue es nicht, Aurelio«, sagte Don Juan, der herangekommen war und finsteren Gesichts die kurze Auseinandersetzung mit angehört hatte. »Ich bin herausgefordert worden, Vater«, antwortete der Junge, »ich muß es annehmen.« Hier und da erhob sich Murren unter den Gauchos, aber jeder sah ein: Aurelio war gefordert worden, er konnte nicht mehr zurück. Mit brennendem Interesse folgten die Männer den Vorbereitungen. Cid wollte Aurelio der Gefahr, gelähmt zu werden, nicht aussetzen, er wählte deshalb mit Sorgfalt ein anderes ihm geeignet erscheinendes Pferd und sattelte es selbst mit großer Aufmerksamkeit. Das Tier ging leicht und gehorsam unter seiner geschickten Hand. Auch Jeronimo bestieg seinen Renner.
»Also den rechten Hinterhuf, Don Jeronimo«, wiederholte Aurelio die Bedingung.
In Jeronimos Auge glimmte ein gefährlicher Funke. »Wohl, den rechten Hinterhuf«, antwortete er.
Einer von Aurelios Freunden mochte den Blick bemerkt haben. »Nimm dich in acht«, flüsterte er dem Jungen zu, »es könnte ein Versehen vorkommen.« Aurelio lächelte stolz.
Die beiden Reiter sprengten im Galopp an und flogen leicht über das Gras. Jeronimo Diaz war ein vorzüglicher Reiter und handhabte die Wurfschlinge mit Meisterschaft. Nur wenigen war es überhaupt gegeben, den Huf eines dahinjagenden Pferdes mit dem Lasso zu fangen.
Tief auf den Hals seines Rosses gebeugt, jagte Aurelio heran. Angestrengt lauschte er dem Hufschlag des Verfolgers. Jeronimo ritt ein besseres Pferd als er.
Jetzt gab er seinem Gaul die Sporen, und flüchtiger ging er unter ihm dahin. Der Blick Jeronimos und die Äußerung seines Freundes hatten ihn doch mit leisem Mißtrauen erfüllt. Er mußte, wollte er ungefährdet davonkommen, auf der dem gefangenen Fuß entgegengesetzten Seite abspringen. Rückwärts zu schauen ist bei dieser Gangart nicht möglich. Schon nahten sie sich dem Lager, und Jeronimo jagte bereits dicht hinter ihm her, den Lasso ums Haupt schwingend.
Vorgebeugt, sein Tier fest am Zügel und seinen Lauf mit den Sporen beflügelnd, die Schenkel angepreßt, während er die Füße aus den Bügeln gezogen hatte, jagte Aurelio in das Lager hinein, zwischen die vor Aufregung fiebernden Männer. Einer dunklen Befürchtung nachgebend, hatte er den Kopf etwas nach links geneigt, so daß sein Blick gerade noch den Hinterfuß des Rosses erreichen konnte.
Die Schlinge des Lassos entflog Jeronimos Hand und faßte, während er sein starkes Pferd herumriß und ihm die Sporen in die Flanke preßte, den l i n k e n Fuß des verfolgten Tieres. Aurelio sah den Lasso heranfliegen und verließ mit gewaltigem Schwung den Sattel auf dessen r e c h t e r Seite. Er strauchelte kaum, während das eben verlassene Pferd in die Knie stürzte, ohne sich übrigens ernsthaft zu verletzen.
Donnernder, nicht endenwollender Jubel begleitete die Ausführung des verwegensten und gefährlichsten aller Reiterkunststücke, das demjenigen, der den rechten Augenblick versäumte, den Tod bringen konnte.
»Victor! Victor!« schrien alle wie besessen. »Viva Don Aurelio! Viva Don Aurelio!« brauste es über die Pampa.
Juan Perez biß die Zähne zusammen und verkrampfte die Fäuste. »Dem Himmel sei Dank!« stammelte er in den brandenden Jubel hinein. Aber dieser Jubel war kaum verebbt, da drangen rauhe und drohende Stimmen von der Stelle herüber, wo die Preisrichter saßen.
»Er ist ein Schurke! Ein feiger, mörderischer Schurke!« brüllte ein Mann über den Platz. Augenblicklich verbreitete sich lähmende Stille. »Er hat bewußt und absichtlich nach dem linken Huf geworfen!« rief die Stimme. »Dabei wußte er, daß das Leben des Reiters auf dem Spiele stand.«
Alle wandten sich dem Redner zu. Es war dies ein alter Gaucho aus der Nachbarschaft Juan Perez', der Aurelio seit Jahren kannte. Er trat drohend auf Jeronimo zu, der neben seinem Vater stand. Die Preisrichter zeigten alle ernste, düstere Mienen, und der alte Diaz schien fassungslos; er blickte mit einem Ausdruck irren Entsetzens auf den Sohn. Und jetzt erst wurde den meisten klar, was eigentlich geschehen war. Viele hatten zu weit gestanden, um Einzelheiten feststellen zu können, andere hatten in der Erregung des Augenblicks nicht darauf geachtet.
»Ich habe mich in der Aufregung geirrt«, stammelte der durch die finsteren Mienen der Männer eingeschüchterte Junge Mann.
»Wem willst du das vorlügen?« schrie der alte Gaucho. »Du, der beste Lassowerfer weit und breit, wirst in einem solchen Fall links und rechts verwechseln! Ginge es nach mir, du solltest diesen Schurkenstreich büßen!«
Ringsherum erhob sich drohendes Murmeln. »Ruhe! Frieden!« mahnten andere. »Es war ein Zufall, muß ein Zufall gewesen sein; ein Gaucho tut so etwas nicht.«
Da trat Juan Perez vor, dem nun erst klar wurde, was da geschehen war. Er sah Jeronimo, und er täuschte sich so wenig wie die überwiegende Mehrzahl der Gauchos über die wahren Zusammenhänge. »Jeronimo Diaz«, rief er mit vor Zorn und Erregung bebender Stimme, »hättest du nach der Verabredung geworfen und mein Sohn wäre gestürzt, so wäre es des Schicksals Wille gewesen, und wir hätten uns fügen müssen. Aber dein Wurf bedeutete den Tod für Aurelio, und dieser Wurf war beabsichtigt, du wirst das vergebens bestreiten. Die Heiligen haben ihn geschützt und dich mit. Denn wäre ihm ein Unglück begegnet« – die Stimme wurde schneidend –, »so wahr ich Juan Perez heiße, du hättest es mit dem Leben bezahlt! Hüte dich, mir in den Weg zu kommen, Jeronimo Diaz, meine Bolas sind als unfehlbar bekannt.«
Jeronimo war bei diesen Worten kreidebleich geworden. Der alte Diaz, aschgrau im Gesicht, kam auf Perez zu. »Oh, Juan Perez«, murmelte er, »was bedeutet das?« – »Sei ruhig, Don Alfonso«, antwortete Juan, »du bist ein ehrenwerter Mann. Wollte Gott, es wären alle wie du!«
Aurelio kam heran. »Ich will und kann das nicht glauben«, sagte er, »es war sicherlich nur ein unglücklicher Zufall!«
»Der dir das Leben kosten konnte«, sagte einer der Preisrichter.
Die Stimmung war sehr gedrückt, die Freude an den Reiterspielen allen verleidet. Doch wurde Aurelio einstimmig der erste Preis zuerkannt. Der kostbare Poncho, ein Meisterstück chilenischer Arbeit, wurde ihm überreicht. Jeronimo Diaz, der ohne dieses Zwischenspiel mindestens den zweiten Preis verdient hätte, ging, gleichfalls nach einstimmigem Urteil, leer aus.
Die Gauchos saßen hinterher gleichwohl noch lange beisammen, und hier und da ließ sich auch wieder eine Gitarre vernehmen. Im Laufe des Abends ließ sich ein alter Gaucho neben Juan Perez nieder, von dem dieser wußte, daß er mit der Familie Diaz befreundet war. »Ich bin überzeugt, daß du Don Jeronimo unrecht getan hast«, sagte der Mann, »er hat sicherlich nicht absichtlich falsch geworfen.«
»Ich wünschte, daß du recht hättest«, antwortete Perez.
»Trage es ihm jedenfalls nicht nach. Schon seines Vaters wegen nicht.«
»Ich bin nicht nachtragend«, sagte Juan, »aber Jeronimo soll sich hüten, mich von neuem zu reizen.«
»Er ist selber ganz niedergeschlagen.«
»Freut mich zu hören«, knurrte Don Juan.
Sie schwiegen eine Weile, dann sagte der Freund der Diaz:
»Dein Sohn reitet einen wundervollen Schimmel. Würdest du ihn nicht verkaufen, wenn man dir genug bietet?«
Juan Perez sah den anderen an; ein Zucken lief über sein Gesicht. »Was würde man mir denn dafür bieten?« fragte er.
»Was würdest du zu drei Jungen Hengsten aus Mendozas Gestüt sagen?«
»Ich kenne die Tiere nicht.«
»Sie stammen von dem berühmten Renner Mustafa ab.«
»Das ließe sich hören«, sagte Perez. »Wer bürgt für die Bezahlung?«
»Sie stehen im Korral von Alfonso Diaz«, sagte der Mann. »Er selbst wird bürgen.«
»Gut«, versetzte Juan Perez, »die Bürgschaft Alfonso Diaz' genügt mir. Gebt noch Sättel und Zaumzeug für die Hengste dazu und der Tausch ist mir recht.«
»Es ist abgemacht?«
»Es ist abgemacht. Der Schimmel gehört Euch.«
»Gut«, sagte der Gaucho und entfernte sich; Juan blieb in Gedanken versunken zurück.
Bald darauf traf er mit Aurelio zusammen. »Hör zu, mein Sohn«, sagte er, »wenn wir reiten, wirst du den Braunen nehmen. Es ist ein vortreffliches Pferd. Zudem bist du leichter als ich; es wird großartig unter dir laufen. Ich selbst werde Maripils Pferd nehmen.«
»Und Cid?« fragte Aurelio befremdet.
»Cid habe ich verkauft.«
»Vater! Du hast Cid verkauft? Aber warum? Wie konntest du nur?« Er war fassungslos.
»Es war notwendig, Aurelio«, sagte der Gaucho. »Finde dich damit ab.«
Aurelio pflegte sich den Weisungen und Entscheidungen des Vaters bedingungslos zu fügen; er tat es auch jetzt, aber der Schmerz über Cids Verlust stand deutlich in seinem Gesicht. Er begriff sie nicht, diese Entscheidung, sie erschien ihm als eine Strafe, und er wußte nicht, wofür.
»Sei ruhig, mein Junge«, sagte der Gaucho, und schon aus dem Klang seiner Stimme war zu entnehmen, daß es sich nicht um eine Strafmaßnahme handeln konnte, »sei ruhig, du wirst ein schöneres und besseres Pferd erhalten, ich verspreche es dir. Und übrigens: Schmäh meinen Braunen nicht. Du wirst auch auf ihm Ehre einlegen. Danke Gott, Aurelio, daß er dir heute so gnädig war.«
Sie suchten das Lager auf, aber Aurelio konnte noch lange nicht schlafen. Er trauerte Cid nach; zum ersten Male verstand er den Vater nicht.