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Es war einmal ein Pfarrer, der an Gott glaubte, ein ärgerlicher Fall, der aber in der christlichen Kirche nicht ganz ungewöhnlich ist.
So war es indes nicht immer bei diesem Pfarrer gewesen, denn in seiner Jugend hatte er dank der Erziehung, die ihm seine Gott aufs lebhafteste verneinende Mutter zuteil werden ließ, richtige Begriffe von den letzten Dingen eingesogen. Unglücklicherweise aber war der junge Mann dann, von den Stürmen des jugendlichen Alters hin und her geschleudert, in schlechte Gesellschaft geraten, die ihm bald seinen kindlichen Glauben raubte, so daß er im reiferen Alter sich als ein ergebener Theist auswies und bereit war, den geistlichen Rock anzuziehen, zur großen Betrübnis seiner Mutter.
Streng genommen war der junge Mann nicht beschränkt, o weit davon entfernt! Auch nahm er niemals seine Zuflucht zu heiligen oder weltlichen Büchern, um aus ihnen Beweise für das Dasein Gottes zu holen. Er hatte das unanfechtbarste Zeugnis dafür in der Vollkommenheit der Natur gefunden, die sich ihm vor allem in dem Instinkt der Tiere offenbarte. Der junge Pfarrer hat sich auf die Bienenzucht gelegt, und sämtliche Bienenzüchter werden, infolge des schlechten Einflusses der Bienen, Theisten, eine ernste Sache, deren verderbliche Folgen die Aufmerksamkeit der Antitheisten erweckten, die nun ihrerseits ihr möglichstes getan haben, um durch Schutzzölle die Bienen zu unterdrücken.
»Liebe Gemeinde,« pflegte der Pfarrer seine ständigen Predigten über das Dasein Gottes zu schließen, »nehmen wir nun zum Beispiel die Biene an! (Sie waren nämlich die einzigen Tiere, die er studiert hatte.) Wer hat sie wohl gelehrt, die wunderbaren Honigwaben zu bereiten? Wer? Ich? Mein Dienstmädchen? Mein alter Gärtner Jack? Nein, und tausendmal nein! Wäre es denkbar, daß, wenn es – was ich bestimmt hoffe – im Himmel Bienen gibt, wäre es denkbar, daß sie dort gar keinen Honig bereiteten? Nein, und tausendmal nein! Aus dem einfachen Grunde, weil Gottes Gesetze von Ewigkeit zu Ewigkeit bestehen. Reißt den Bienen die Flügel aus, kneift ihnen die Füße ab, spaltet ihnen die Zunge, sie werden trotz allem Honig hervorbringen, werden unter allen Umständen, in jedem Klima, ihren Instinkt, Honig einzutragen, beibehalten! Das liegt unumstößlich in ihrer Natur begründet, ist durch den heiligen Willen des allmächtigen, des unveränderlichen Gottes in sie eingepflanzt. Amen.«
Eines schönen Tages wird unser junger Pfarrer als Schiffsgeistlicher nach den Kolonien verschickt, und sein Bestimmungsort ist Martinique in Westindien.
Die lange Reise nach den Tropen jagte dem mutigen Pfarrer keinen Schrecken ein; aber was ihm das Herz schwer machte, das waren die Bienen. Wie sollte er, seines Beweises an das Dasein Gottes beraubt, mit den atheistischen Negern vorwärtskommen?
Nach längerem Nachdenken faßte er einen schnellen Entschluß und nahm seine lieben Honig erzeugenden Landsleute mit.
Endlich sehen wir ihn glücklich und wohlbehalten in Martinique landen, wo er seine beflügelten Reisegefährten einem Neger, einem gediegenen Atheisten, zur Versorgung übergibt. Dieser, der sehr neugierig und sehr gewissenhaft sowie sehr eifrig in allem, was er tat, war, verfiel darauf, eine Biene nach der andern bei den Flügeln zu nehmen, um sie zu zählen, was einzig und allein dazu diente, den leichtgläubigen Neger zu dem Glauben an einen Teufel, ja an mehr als einen, an tausend Teufel zu bekehren.
Der Schiffspfarrer eilte auf das fürchterliche Geschrei seines schwarzen Bruders herbei und suchte ihn damit zu trösten, daß die Bienen ihren Stachel nach dem Willen Gottes bekommen hätten, was den Neger in seinem schwachen Glauben an einen bösen Gott, genannt Teufel, wesentlich bestärkte. Alle die andern schwarzen Kolonisten, die verschiedene Versuche angestellt hatten, die »Zuckerfliegen« zu essen, waren geneigt, die neue Teufelslehre beifällig aufzunehmen, und der gute Pfarrer suchte vergebens Einwendungen dagegen zu erheben.
So weit war man, als der Herbst anbrach. Die Honigernte brachte dem Pfarrer nur wenig ein, man wußte nicht recht warum.
Im großen und ganzen konnte sich der Pfarrer eines süßsauren Gefühls gegen diese Volksverführer nicht entschlagen, die nichts taten und den verfluchten Glauben an den Teufel nur immer mehr ausbreiteten.
Der Winter geht ohne Schnee und Regen vorüber. Der gute Pfarrer liegt in seiner Hängematte, die an zwei Palmbäumen befestigt ist, und läßt sich von einer schwarzen Schwester im Taufkleid fächeln, während er über die Frage von dem Dasein Gottes nachgrübelt. »Ein Gott für die Betrunkenen«, das kann man verstehen; aber für die Bienen und Neger? – Darüber muß man nachdenken. Und er grübelt weiter, während sein Blick voller Mitgefühl und Teilnahme auf der Negerin ruht, völlig entblößt – jeglichen Begriffes vom Fall der ersten Menschen.
So verging der Winter, der Frühling und der Sommer, während die Bienen immer fortfuhren, die armen Seelen der Neger zu verderben. Als der Herbst begann, war der Pfarrer außerordentlich neugierig, zu erfahren, wie sich die Bienen mit dem Wintervorrat verhalten hatten. Und eines schönen Tages machte er sich mit Hilfe von Cäsar, dem Bienenwärter, daran, die Bienenkästen zu entleeren.
Man stelle sich sein Erstaunen vor, als er keine Spur von Honig darin sah!
Sein erster Verdacht fiel auf Cäsar.
»Hast du den Honig aufgefressen, du Rindvieh?« rief er.
»Nein, Massa, Nigger nicht essen Fliegendreck«, antwortete dieser.
»Du meinst wohl Honig?«
»Das, was die Fliegen lassen fallen, ja, Massa. Die Christen sein Koprophage, Nigger nicht.«
»Das ist kein Dung, es ist ihre Winternahrung.«
»Bei uns geben es nicht Winter.«
»Ja, das ist wahr, du hast vollkommen recht, aber die Bienen müssen dennoch Honig sammeln, da ihnen ihr Instinkt, mit andern Worten Gottes Wille, verstehst du, das gebietet.«
»Gott hat gewollt, daß die Fliegen das im Winter essen auf, was sie haben lassen fallen im Sommer? Das nicht ich können begreifen, Massa.«
»Aber du Dummkopf, sie müssen nun einmal eintragen – oder wie du es nun nennen willst. Wenn es einen Gott im Himmel gibt, dann geschieht sein Wille.«
»Ja, heiliger Vater, aber der Wille der Fliegen?«
»Ach, komm mir nur nicht und sage, die Tiere könnten einen Willen haben!«
»Warum denn nicht, mein Bruder? Und warum für den Winter sammeln, wenn es doch Zuckerrüben gibt das ganze Jahr? Nicht sein solche Dummköpfe, diese kleinen Geschöpfe.«
Da wurde es dunkel im Hirnkasten des Pfarrers. Konnte es möglich sein, konnten die Bienen gemerkt haben, daß sie für die kältere Jahreszeit keinen Vorrat mehr zu sammeln brauchten, weil das Zuckerrübenrohr immer vorhanden war?
Entsetzliche Zweifel bemächtigten sich der Seele des Pfarrers. Wenn die Bienen denken konnten, hinderte sie nichts, die Schlußfolgerungen zu ziehen und die ewigen Ratschlüsse nach eigenem Gutdünken zu ändern. – Wo aber blieben dann Instinkt und Vorsehung? Zur Verzweiflung gebracht und voll von Widerwillen gegen diese Faulenzer von Bienen, faßt der Pfarrer eines Tages den Entschluß, die Bienenkästen entzwei zu schlagen. Die Bienen, die rasend darüber waren, daß sie auf diese Weise hinausgejagt wurden, fielen massenweise über den Pfarrer her, der nicht mehr kampffähig war, sondern schließlich unterlag und sich zu Bett legen mußte.
In den langen Leidensnächten hatte er Zeit, seinen Glauben an eine Irrlehre zu bereuen, und, gepflegt von seiner Mutter, deren Ansichten sich von dem wissenschaftlichen Theismus unberührt erhalten hatten, gab er in ihren Armen, seinem Kinderglauben zurückgewonnen, den Geist auf, indem er sich laut zu der wahren atheistischen Religion bekannte, zur großen Freude seiner schwarzen Gemeindeglieder, die unter den nadelscharfen Beweisen von dem Dasein Gottes so schwer gelitten hatten.