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Blaue Montagsrede im Bezirksverein.
Meine Herren! Et is 'ne brennende Frage, in die ick det Wort erjreife. Denn die Eenen sind für den Schweiß des Anjesichts und die Anderen für det Bärenfell, aus dem die Faulpelze jemacht werden, un so jehen Alle auseinander un Keener weeß, wie der Sonntag jefeiert werden soll. Die Eenen wollen Morjens die Hände in den Schooß lejen un sie vor Abends nich wieder rausthun, die Anderen wollen den janzen Tag halb dem Mammon un halb dem Momus nachloofen. Meine Herren, ick schließe mir an die Männer an, die den Sonntag streng nehmen. Denn wie et in jede jute Bibel heeßt: Sechs Tage sollst Du arbeeten, aber am siebenten sollst Du ruhn. Ick kann mir diese Vertraulichkeit nich erlooben, dazu sind Sie, meine Herren, nich bekannt jenug mit mir, aber ick will Ihnen doch zurufen: Sechs Tage sollen Sie arbeeten, aber am 85 siebenten sollen Sie jefälligst ruhen. Wenn Sie andere Meinung sind, denn, meine Herren, haben Sie sich den Rückjang der Sittlichkeit un die Vermehrung der Verbrechen selber zuzuschreiben.
Aber, meine Herren, Sonntagsfeier un Sonntagsfeier is'n Unterschied. Wenn ick feiere un lasse die Anderen vor mir arbeeten, denn is meine Feier 'n sojenanntes Zerrbild un keenen Schuß Brausepulver werth, von Schießpulver jar nich zu reden. Damit thut Keener dem Himmel keenen Jefallen, damit kommen wir nich zur Verminderung der Ein- und Ehebrüche, der Trunk- und Verjnüjungssucht, der Spiel- und Anklagebänke. Nein, meine Herren, Sie müssen so feiern, dat ooch die Anderen ihren Sonntag halten können.
Wenn Sonntag früh mir mein Dienstmächen det Waschwasser hinstellt, denn ärjere ick mir schon, denn ick sehe det arme Mächen im Jeiste zweemal die vier Treppen steigen, um mir Wasser jeholt zu haben. Denn kommt der Kaffee mit Semmel un Zeitung. Wat folgt daraus? Die Köchin, der Bäckerjunge, der Colporteur hat keenen Sonntag, weil ick'n Kaffeeschlemmer, 'n Semmeljurrmang un'n unmäßiger Zeitungsleser bin. Da kann sich, wie Schiller sehr richtig singt, keen Jebild jestalten. Da muß jedes sittliche Jefühl sowohl drunter, als ooch drüber jehn. 86 Wenn denn die Zeitung jelesen is, denn jehe ick zum Barbier. Is det nich schändlich? Soll denn der Barbier keenen Sonntag haben? Kann ick nich unrasirt rumloofen? Hat Jott uns den Bart jejeben, det wir dem Rasör, respektive dem Barbier ooch am Sonntag det kalte Messer in die Hand drücken? Da jeben Sie sich jefälligst selbst die Antwort, meine Herren.
Kaum bin ick rasirt, denn erwacht in mir der alte Adam, det heeßt, ick jehe dem Verjnüjen nach. Det finde ich jelinde jesagt, jemein. Denn nu, meine Herren, können 'ne Masse Menschen nich feiern. Denn wenn ick uf die Pferdebahn ruffpringe, denn muß sie doch fahren, un wenn ick wo hinkomme, denn müssen doch Jarzongs oder Biermamsells vorhanden sind, um mir den Bauch vollzuschlagen. Die können also ihren Sonntag nich halten. Un wenn ick denn mit andere Jäste in Thätlichkeiten ausarte, denn muß doch'n Schutzmann am Thatort zur Stelle sind, um uns zu verhaften. Der arme Schutzmann kann also ooch keenen Sonntag halten. Aber wie schön wäre't, wenn ick Abends in's Theater komme un et is jeschlossen un ick kehre unbefriedigt wieder um un sage mir: Nu liejen die Schauspieler un Sänger un Balletmitjlieder uf'n Sopha un ruhen sich von den Musen aus.
87 Ja, meine Herren, det wäre der wahre Sonntag, un wenn ick denn nach Hause fahren will, denn muß da keene Droschke keener Klasse stehen. Den Hausschlüssel habe ick leider verjessen, aber weit un breit keen Nachtwächter vor Zwölf. Denn der Kutscher un der Nachtwächter muß ooch wissen, det Sonntag is. Besonders wenn mir der Nachtwächter am Sonntag ufschließt, denn dreht sich mir der Schlüssel im Leibe rum. Nein, meine Herren, am Sonntag will ick ausjesperrt sind, et koste, wat et wolle. Un wenn heute Sonntag wäre un Sie wollten mir nu nach die Schariteh bringen, denn muß man mir nich ufnehmen, weil die Wärter am Sonntag keenen Menschen bändijen wollen. So muß et sind, meine Herren, sonst jehen wir in die traurigste Zukunft!