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Im Althäusli

Als er eben daran war, mit der Behaglichkeit recht in Zug zu kommen, betastete eine feuchte, kalte Hundeschnauze seine Wange, und zwei blutunterlaufene Augen glotzten ihm ins Gesicht, entschuldigten sich jedoch sofort mit gutmütigem Blinzeln, als wollten sie sagen: ›Ach so, du bists.‹ Hierauf paradierte das ganze Ungeheuer mit seinem Zottelpelze vorüber, unter freundlichen Krümmungen von Station zu Station das schwappige, schwarzangerauchte Mundstück an den Körper des Liegenden stoßend. Nachdem das gesamte Zotteltier mit Einschluß des Schweifes an ihm vorbeidefiliert war, erwies es sich, daß das Ungeheuer eine Patrontasche nach sich schleifte, über welche es sich mit kläglichem Wedeln beschwerte. Aus der Patrontasche zog Gerold den Schluß: der Hansli ist in der Nähe. Es dauerte auch nur wenige Sekunden, so kam dieser aus dem Hausgang gestürmt, mit rechthaberischem Lärm seine Patrontasche heischend. Wehe! da gewahrte er mit einem Schreckensschrei den beleidigten Bruder. «Gesima, gib acht, der Gerold ist da!» warnte er gellend als getreuer Rehbock seine Rieke und rettete sich mit schleuniger Flucht.

Gerold rührte sich nicht, aber rüstete heimlich seine Fäuste zum Empfang, die Augenlider tückisch bis auf die Wimpern geschlossen wie ein Kater, der etwas piepsen hört. Nach einiger Erwartung schien ihm, er röche etwas wie Veilchenduft; während er danach schnupperte, hüpfte ein Taschentuch, zu einer Gürtelmaus gedreht, über sein Gesicht, mit Ohren begabt und einem fabelhaft weitschweifigen Schwanze. Die Gürtelmaus schleuderte er auf die Landstraße. Dann glitt ihm ein eiskaltes Steinchen zwischen Haut und Kragen den Rücken hinab, immer tiefer, Wirbel für Wirbel. Jetzt war er seiner Sache sicher: «Gesima!» Richtig, er hörte sie kichernd flüchten. Ergrimmt klemmte er die Lippen zwischen die Zähne und manövrierte sich unauffällig in eine bessere Angriffslage, mit den Zehen den Boden suchend. Lange Zeit regte sich nichts Verdächtiges mehr. Unversehens wurden ihm die Ohren von zwei weichen Händen verschlossen und seine Lippen von oben herab mit einem Kuß versiegelt. Voll Wut über diese unreinliche Gewalttat schnellte er zornschnaubend auf die Füße. Oha, diesmal war es nicht Gesima, sondern die fremde Frau, die er gestern im Postwagen zu Schönthal gesehen hatte. Während er sie verblüfft anstarrte, preßte sie ihm mit beiden Händen die Backen zusammen, so daß seine Lippen zwei Kissen bildeten, aber statt nun von ihm zu verlangen, er solle ›Pfaff‹ sagen, wie er meinte, daß sie tun werde, küßte sie ihn plötzlich noch einmal. So unappetitlich das war, so wagte er doch nicht zu murren. Jetzt erschien auch ihr Begleiter, der schöne Herr, auf der Schwelle. «Kommen Sie, Herr Oberst», sagte er, mit einem lieblichen Lächeln um die Mundwinkel, das ihn an den Dolf gemahnte, «das Mittagessen wartet schon seit zwei Stunden auf Ihro Gnaden.» Hiemit legte er ihm die Fingerspitzen auf die Schulter und schob ihn mittels einer sanften Drehung des Handgelenkes in den Hausgang.

Im Winkel einer modrigen Veranda war für ihn gedeckt, hinter einem Vorhang trocknender Wäsche, welche beim Durchkriechen in ihrer ganzen Reihe erbebte. «Guten Appetit», wünschte das fremde Paar und verzog sich über ein Brücklein nach dem Gemüselabyrinth eines verwilderten Gartens. Gleich darauf erschien ein kleines, lebhaftes Jüngferchen mit einer Suppenschüssel, stellte die Schüssel auf den Tisch und setzte sich neben Gerold. Erst wartete sie, bis er ein paar Löffel voll gegessen hatte, dann fing sie an, ihn auszufragen.

«Also in der Friedlismühle seid ihr, scheint es, übernachtet?»

«Ja», antwortete er kurz, denn er war am Essen.

«Und ›Tante‹, hat sie gemeint, solltet ihr zu ihr sagen?» «Wer?» «Nun, die lange Therese.» «Ja.» «Und hast du wirklich ›Tante‹ zu ihr gesagt?» – «Nein.» Da streichelte sie ihm freundlich über den Kopf. «Der Hansli behauptet», fuhr sie fort, «der Dolf hätte dich beim Abschied beiseite genommen und dir etwas zugeflüstert oder zugesteckt. Hat er dir etwa einen Auftrag an mich gegeben oder einen Brief?» «Ja, wer bist du denn eigentlich?» «Das Marianneli.» «Ach so, du bist das Marianneli, ja, ich habe einen Brief für dich, ich weiß aber nicht mehr genau wo», und fing an, in seinen Taschen zu kramen. «Ich will dir suchen helfen», rief sie, warf sich hitzig über ihn, befühlte, betastete, begriff seinen Rock und seine Hosen und durchwühlte ihm seine Taschen wie ein Zollbeamter, wobei sie ihm unbefangen ihren heißen Atem ins Gesicht hauchte, als wäre er niemand. «Jetzt erinnere ich mich», rief er plötzlich, «im Futter des Käppi.» Wie eine Katze fuhr sie danach, riß den Brief heraus und schnellte damit in die Ecke, überflog ein paar Zeilen, zerknitterte dann plötzlich das Papier mit der Faust, warf es weit von sich und rannte mit erbarmungswürdigem Schluchzen ins Haus. Ihrem Schluchzen antworteten drinnen Verwünschungen und Scheltworte, erst einstimmig, dann mit wachsender Stimmenzahl, bis in den Oberstock, wo ein wüster Lärm anhob. Immer flennte das Mädchen zum Erbarmen, und je verzweifelter sie weinte, desto ungebärdiger tobten die übrigen. Gerold aber konnte nicht fassen, wie man jemand, der ohnehin unglücklich ist, obendrein noch schelten könne. Auch das kam ihm unbegreiflich vor, daß der gute, freundliche Onkel Dolf, während er doch selber traurig zu sein schien, einen Brief sollte geschrieben haben, der einem andern Menschen wehe tut. Wie können überhaupt Briefe so schrecklich schaden auf Entfernungen, wo selbst ein Kanonenschuß nicht reicht? Und daß er selber als Protzwagen hatte dienen müssen, der dem armen Marianneli das giftige Geschoß zubrachte, das war ihm auch nicht recht. Kurz, die ganze Geschichte war ihm nicht klar und gefiel ihm nicht; offenbar lebte man da über seinen Kopf und Verstand weg, ohne sich um ihn zu kümmern. Nun, so kümmerte er sich halt auch nicht darum. Und aß gleichmütig seine Suppe. «Wirst du auch gut bedient?» erkundigte sich der fremde Herr aus dem Gemüsegarten herüber. «O ja», versicherte Gerold überzeugt, «vorzüglich.» Und vergnügte sich weiter mit seiner Suppe.

Siehe, da begannen die Unterhosen und Strümpfe, die vor ihm am Waschseil hingen, zu hüpfen und Purzelbäume zu schlagen wie Hampelmännlein, was ihn anfänglich ergötzte. Mit der Zeit beschlich ihn jedoch der Verdacht, es möchte bei dem Marionettentheater eine böse Hand im Spiele sein, und als er jetzt die schwarzen Strümpfe Gesimas unter einem großen Mannshemd beineln sah, verbat er sich entschieden die Kasperlevorstellung, widrigenfalls er der verborgenen Drahtzieherin einen Teller anschmeißen werde, einerlei wohin, und zwar auf ihre Verantwortlichkeit und Kosten. Da wurde die Vorstellung abgebrochen.

Dagegen erschien jetzt Hansli auf der Bühne, zwar in sicherer Entfernung, jenseits des Baches am Ufer des Gemüsegartens. Von dort versuchte er Unterhandlungen anzuknüpfen, auf dem Umwege erwünschter Zeitungsnachrichten. Die Leute hier, meldete er, seien mit Onkel Dolf befreundet, der oft tagelang im Althäusli wohne. Der Zottelhund zum Beispiel sei ein Geschenk von ihm (der Seppli, der Knecht, habe es ihm gesagt), ebenso der Braune im Stall, ein herrliches junges Rößlein, mit welchem sie, wenn er recht verstanden habe, nach Bischofshardt fahren dürften; nämlich der fremde Herr meine, es wäre zu viel für Gesima, die Strecke bis zur Stadt auch noch zu Fuß, und es komme wahrscheinlich ein Gewitter. Er, der Fremde, bezahle alles, die Fahrt und das Essen; er sei auf der Hochzeitsreise und furchtbar reich. Und ähnliches mehr. Da er aber auf diese staunenswerten Nachrichten keine andere Antwort als ein unwilliges Knurren erhielt, merkte er, daß die Zeit für Unterhandlungen noch nicht reif war und verzog sich in den Hintergrund.

Nachdem Gerold die Suppe aufgegessen hatte, erging er sich ein wenig. Zunächst betrachtete er die Bleistiftzeichnungen, die längs den Wänden der Veranda aufgeklebt waren; Pferde, Soldaten, Gebüsche, alles säuberlich gezeichnet, aber mit hartem Bleistift, Faber Nr. 3, höchstens 2, und unter jeder Zeichnung stand geschrieben ›Adolphus Wengimannus fecit‹ mit verschiedenen Jahreszahlen. Auch ein Kupferstich war darunter: die Preisverteilung an einem Schützenfest mit Bechern und Fahnen, und der in der Mitte, dem der Kranz aufgesetzt wurde, glich dem Dolf.

Also von Bild zu Bild vorrückend, geriet er um die Ecke biegend auf ein Brücklein. Dort nahm er am Geländer Position, beide Arme bis zum Ellenbogen auf der Brüstung, der Kopf dazwischen und der linke Fuß auf der unteren Geländerstange wie auf einem Steigbügel. So blieb er stehen.

Ohrwürmer wimmelten über die Lehne der Brücke, den Fasern des von Messern zersplissenen Holzes ausweichend, als wären es Bäume. Während er dem Gebaren der Ohrwürmer zusah, bemerkte er, daß die Messerschnitzeleien Buchstaben darstellten, aus denen er unschwer – denn die Einkerbungen hoben sich durch ihre gelbe Farbe ab – die verschlungenen Namen Dolf und Marianneli herauslas. Und über das ganze Geländer wiederholten sich die Namensverbindungen, zum Teil mit Tinte nachgeschwärzt und mit Kränzchen verschnörkelt. ›Auf ewig‹ stand in einem der Schnörkel.

Unter ihm im halbtrockenen schäbigen Bachbett, unweit des Brückleins, wateten Gesima und Hansli mit nackten Füßen auf Entdeckungsreisen, mit hochgehaltenen Ellbogen flügelnde Seiltänzerbewegungen wippend, um das Gleichgewicht zu behaupten. Hansli hielt in jeder Hand einen Stiefel, Gesima hatte das Springseil als Gürtel um den Leib geschlungen und Schuhe und Strümpfe hineingehängt. An ihren nackten dünnen Waden waren Tätowierungen zu sehen: weißliche Eindrücke und Striemen, teilweise mit einem blauschwarzen Hauch getuscht, neben regenbogenfarbigen Quetschmalen und roten Kratzstreifen.

Auf einer geräumigen Insel, von der hölzernen Pritsche des Baches gebildet, machten sie halt und errichteten dort eine Perlfischerei. Die Jagd war ergiebig, denn an der Küste erhoben sich Korallenriffe von dunkelgrünen Flaschen, irisierten Glassplittern und geblümten Topfscherben, untermengt mit Knöpfen, rostigen Geldstücken und was sonst die Ebbe hatte hangen lassen. Von diesen Schätzen ergriffen sie nach dem Strandrecht Besitz, und während Hansli immer neue Beute beibrachte, eröffnete Gesima eine Goldwäsche. Später, als sich auch lebendiges Kriechzeug erjagen ließ, gesellte sich eine Menagerie hinzu, auf einer gesteppten roten Bettdecke, die zum Trocknen von der Gartenmauer in das Bachbett gefallen war.

All dieser Gewerbefleiß konnte trotz dem Kriegszustande ungehindert aufblühen, weil der feindliche Kanonier über ihnen auf dem Brücklein, seiner Unbehilflichkeit in Angelegenheiten der Höhen- und Tiefendimension bewußt, von jeder Verkehrsstörung Umgang nahm. Als jedoch Hansli in allzugroßer Zuversichtlichkeit frecherdings seine Stiefel auf die Brücke pflanzte, bekam er sie durch einen Fußstoß zurückspediert, platsch ins Wasser.

Mit der Zeit bemerkte Gerold, daß der fremde Herr, der dort im Gemüsegarten auf einem Feldstuhl saß, etwas zeichnete, während seine Frau ihm lächelnd zusah. Was er zeichnete, konnte er natürlich von hier aus nicht sehen, aber schon allein die Tätigkeit des Zeichnens für sich, wie er mit gescheiten Maleraugen den Kopf bald aufhob, bald über das Blatt beugte, fesselte seine Aufmerksamkeit. Jetzt hielt jener den Bleistift quer vor die Augen, und beide, der Herr und die Dame, schauten Gerold scharf an. Da begriff er, daß er selber, Gerold, zur Zeichenvorlage diente. Von nun an hielt er es für seine Pflicht, weder zu zucken noch zu mucken, da er die liebe Zeichenkunst verehrte und ihre Schwierigkeiten aus eigener Erfahrung zu ermessen vermochte.

Während dessen schlich sich Gesima durch den Garten, stellte sich hinter den Zeichner, guckte ihm, auf den Zehen stehend, über die Schulter und gab über seinen Kopf hinweg dem Kanonier Taubstummensignale, um ihn zu benachrichtigen, welches Stück seiner Person jeweilen unter dem Bleistift geboren würde. Die Augen beschrieb sie als zwei Schützenscheiben mit je einem Punkt darin, den Mund als einen queren Säbelstrich, der das Gesicht in zwei Hälften spaltete, zur Versinnbildlichung der Ohren faßte sie ihre Ohrläppchen, streckte die Zungenspitze hervor und schob allmählich ihre Hände dem Kopf entlang ins Unendliche.

Hansli aber, nachdem er seinerseits die Sachlage erspäht hatte, nützte die heilsame Versteinerung des grollenden Bruders für seine Friedensbestrebungen aus. Sicher, daß der Kanonier nicht ausschlagen durfte, faßte er ihn einfach an den Frackschößen und ließ seine Versöhnungsrede fließen, unbekümmert um die grimmigen Papagenotöne, welche ihm aus den geschlossenen Lippen entgegenknurrten. Ob es sich auch lohne, wegen eines minderwertigen Mädchengeschöpfes einander zu befehden; sie wären immer brüderlich einträchtig zusammen ausgekommen, bis dieser verwünschte verräterische Rotschopf den Frieden verpfuscht habe. Von Gesima wolle er nichts mehr wissen, denn sie hintergehe den einen wie den andern. «Weißt du, was sie von dir gesagt hat? Du seiest ein grausamer Mensch, daß du den Katzen nicht einmal gönnest, Mäuse zu fressen. Und dann hat sie noch gesagt, sie bedanke sich für jemand, der alles zweimal erlebe; sie habe genug daran, daß man ihr im letzten Winter einen Zahn auszog, sie wolle sich ihn nicht noch einmal ausziehen lassen. Sogar einen Witz hat sie über dich gemacht.» – «Das hingegen glaube ich nicht», knirschte Gerold, «das wäre zu gemein.» «Ich kann dir sogar sagen, was für einen: sie hat gesagt, du gehörest gewiß zur schweren Artillerie, man sehe dirs an.»

Das wirkte. Vieles konnte Gerold ertragen, aber Witze! Anspielungen auf sein Körpergewicht! nein, das war zu viel, das brachte ihn außer sich. Also billigte jetzt sein zorniger Blick den Separatfrieden mit dem Bruder, durch welchen Gesima ausgeschlossen und von beiden Parteien verstoßen wurde. Den feierlichen Handschlag, da Gerold sich nicht rühren durfte, ersetzten sie durch einen Nielenstengel, den Hansli dem Verbündeten in die Hand schob. Indem jeder ein Ende des Stengels in der Hand hielt, war das Bundessinnbild hergestellt.

Und sofort gab Hansli die neue Gruppierung der Mächte Gesima zu verstehen, indem er auf dem Brücklein eine lebhafte Pantomime von spöttischen Gebärden und herausfordernden Sprüngen aufführte. Um aber völlig ehrlich und unzweideutig zu handeln, schien ihm eine förmliche Kriegserklärung schicklich. Ist nirgends ein Stück Papier? Dort lag so etwas am Boden, ein zerknitterter Brief, zwar eng beschrieben, doch hinten am Ende zwischen der letzten Zeile, wo es hieß: ›glaube nicht, daß ich dich darum weniger lieb habe‹, und der Unterschrift ›Dolf‹ fand er noch etwas Raum. Dort hinein schrieb er: ›häßliche Gesima, hast rote Haare‹, hierauf schmeichelte er den Zottelhund heran, schob ihm die Botschaft unters Halsband und bedeutete dem Mädchen durch Zeichen, den Hund an sich zu locken. Dieses schnippte mit den Fingern, empfing den Hund, las das Sendschreiben, kritzelte etwas hin, und Hansli schmeichelte den Briefhund wieder herüber. Zuoberst auf dem Papier, über dem Titel ›Mein armes, armes Marianneli‹ erhielt er den Bescheid: ›Böser Hansli, hast eine Warze am linken Zeigefinger.‹

Weiterer Korrespondenz wehrte ein Naturereignis: mitten aus dem blauen Himmel schoß plötzlich ein Schauer von silberglänzendem Regen in großen Tropfen hernieder, daß alle Welt kreischend flüchtete. Die drei Kinder, von der höheren Gewalt vereinigt, fanden sich auf der Veranda zusammen, das fremde Hochzeitspaar hatte der Schreck in ein Gartenhäuschen gescheucht. Da war der Regen auch schon zu Ende, wie mit einer Hagschere abgeschnitten.

Ein joviales Milchgesicht guckte aus dem Hausgang. «Kommt, der Wagen ist fertig», meldete er, «macht schnell, wir mögen just noch knapp nach Bischofshardt, ehe das Bombardement beginnt, die Wolken hocken ja am Dürenberg haushoch wie schwarze Stiere aufeinander.»

Erst stattete Gerold nach dem Gartenhäuschen hinüber dem gastfreundlichen Fremden geschwind noch seinen Dank ab, die Absätze zusammenschlagend, die Hand am Käppi, und eine der neuen Verbeugungen ausführend, die er von Gesima gelernt hatte, dann hasteten sie durch den Hausgang.

«Auf den Bock», bettelten die Buben. Das Milchgesicht packte einen nach dem andern am Kragen und lud sie auf den Bock wie junge Hunde. «Seppli heiß ich», erklärte er, während er zwischen ihnen Platz nahm. Da wurde im Oberstock ein Fenster aufgerissen, und das verweinte Gesicht des Marianneli erschien zwischen dem Rahmen, um ihnen etwas zuzurufen; statt dessen schnellte sie linksgeschwenkt um und schrie in die Stube zurück: «Und ich will keinen andern, und ich nehme keinen andern.»

Der Seppli grinste schmunzelnd. «Da ist Feuer im Dachboden! aber ich weiß manchen im Kanton, der sie gerne tröstete. Ich auch. – Was ist? sind wir fertig? können wir reisen?» Und schon tat der Braune einen ungeduldigen Ruck.

Allein von hinten wimmerte Gesima kläglich. Sie konnte nicht einsteigen, der Wagentritt war ihr zu hoch, so daß ihr Füßchen beständig ins Leere tappte, wie ein Pudel, wenn er das Pfötchen geben will. Mit einem Satz sprang Gerold auf die Erde, umringte von hinten her, unter ihren Achseln durch, ihre Brust und hob sie also, mit den Knien und dem Bauch nachhelfend, ächzend in den Wagen.

«Es tut mir leid», flüsterte sie zum Dank und reichte ihm bittend die Hand hin. Ob diesem Spruch wurde ihm mit einem Male weich, so daß er beinahe ihren Handschlag angenommen hätte; da erinnerte er sich, daß sie ihn einen schweren Kanonier genannt hatte, darum verhärtete er gewaltsam sein Herz und stieg ohne ein freundschaftliches Wörtlein wieder auf seinen Sitz.

Kaum war er von neuem oben angelangt, so rollte das Fuhrwerk klingelnd von dannen.


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