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Aber wie entschlossen Lieschen auch war, ihr Herz dadurch zu erleichtern, daß sie die junge Frau über ihre Lage aufklärte, das Bedenkliche ihres Entschlusses konnte sie sich nicht verhehlen. Wer mochte wissen, wie die junge Frau ihre Mitteilungen aufnehmen, und ob sie nicht gleich nach ihren ersten Worten sagen würde: Frau Wenhak, ich verbitte mir dergleichen; oder, warten Sie, Frau Wenhak, bis Sie gefragt sind, oder etwas derart, wovon Lieschen im voraus überzeugt war, daß sie dabei vor Scham in die Erde sinken würde.
Endlich fiel Lieschen zu ihrer großen Erleichterung ein, daß sie sich ja ganz umsonst quäle; die junge Frau, wenn sie auch wirklich zur Not ein paar Worte deutsch verstand, was kaum der Fall sein konnte, da sie bis jetzt auf all ihre Reden keine Silbe erwidert hatte – so eine lange Rede, wie sie ihr doch vorreden müßte – die verstand sie sicher nicht. Es war also der richtige Unsinn, wenn sie sich fortwährend im stillen auf eben diese Rede vorbereitete, während sie die junge Frau bei dem Abendessen bediente, das sie selbst hatte hinauf tragen müssen, da Stine durch nichts zu bewegen war, die Zimmer zu betreten, in denen sie der greulichen Alten hätte begegnen können.
Die Alte ließ sich nicht blicken; und so hätte Lieschen jetzt ungestörte Gelegenheit gehabt, mit der Sprache herauszugehen und es auf den Versuch ankommen zu lassen, ob die junge Frau sie verstehen würde oder nicht. Aber die sagte wieder kein Wort, sondern verzehrte mit gutem Appetit das gebratene Hühnchen und den Reis, und sah nur manchmal von dem Teller auf, um 54 Lieschen anzulächeln, wodurch sie doch hinreichend deutlich bewies, daß sie selbst eine Unterredung für unmöglich hielt.
So schwieg denn auch Lieschen, seelenfroh, daß sie es durfte. Ja, je länger sie darüber nachdachte, um so häßlicher kam ihr vor, was sie gewollt; und sie dankte ihrem Clas im stillen für seine Warnung, wenn dieselbe auch, wie es sich jetzt zeigte, gar nicht nötig gewesen wäre.
Sie hatte den Tisch abgeräumt, die rote Decke wieder übergebreitet, die beiden Lichter – es war mittlerweile beinahe dunkel geworden – angezündet und aufgesetzt, und mußte nun doch fragen, ob die gnädige Frau sonst noch Befehle für sie habe?
Die gnädige Frau, welche sich inzwischen wieder in die Sofa-Ecke gekauert hatte, antwortete nicht, und Lieschen wollte eben, nachdem sie einen Knicks gemacht, mit den Sachen auf dem Präsentierbrett aus dem Zimmer, als sie hinter sich sagen hörte: Gute Frau, nicht fortgehen; gute Frau viel fragen wollen.
Lieschen stand starr vor Schreck. Im ersten Moment glaubte sie, sie hätte das in ihrer großen Erregung nur so geträumt; aber es war doch, wenn auch sehr leise, ganz deutlich gesprochen worden, und es war die süße Stimme gewesen, die jetzt womöglich noch süßer geklungen hatte – wie eines Kindes, das die ersten Worte lallt. So setzte sie denn mit zitternden Händen das Präsentierbrett auf die Kommode neben der Thür und wendete sich langsam um.
Die gnädige Frau hatte sich ein wenig aufgerichtet, winkte ihr lächelnd, näher zu kommen, und deutete auf einen Stuhl, der neben dem Sofa stand.
Lieschen gehorchte schweigend; die Kniee wankten ihr, sie war froh, daß sie bis zum Stuhle gelangen konnte, wo nun die junge Frau, sich vornüber beugend, alsbald ihre beiden zitternden Hände ergriff und streichelte, und sie dabei mit den sanften, braunen Augen so recht freundlich und bittend anblickte, um ihr dann das feine, duftende Tuch in das Gesicht zu drücken und mit der sanften, weichen Stimme zu sagen: Nicht weinen, gute Frau, nicht weinen! Schwester sein! Unglückliche Schwester alles sagen von gutem Bruder, der liebt schlechten Bruder, und 55 von schönem Mädchen, das liebt schlechten Bruder. Schlechter Bruder guten Bruder fürchten und immer lügen vor Isäa, immer lügen. Isäa unglücklich, sehr, sehr unglücklich!
Und als das holde Geschöpf mit dem sanften Namen in ihrer kindisch süßen Weise und doch ganz verständlich, ach, nur zu verständlich für Lieschen, so gesprochen und nun das Tuch selbst gegen die schönen Augen drückte und leise hinter dem Tuche schluchzte, da that Lieschen, was sie, so gebeten, thun mußte, und hätte der Tod darauf gestanden. Und sagte ihr alles, was sie wußte, so mild wie möglich und beschönigend wie sie konnte, aber doch ehrlich und rechtschaffen, wie eine ältere Schwester zu einer geliebten jüngeren in solchem Falle gesprochen haben würde.
Dann hatte ihr die schöne, junge Schwester den reizenden Mund zum Kusse gereicht, und sie war wie trunken von dem Kusse und der großen Erregung, die ihr von ihrer langen Rede im Herzen und in allen Gliedern nachzitterte, aus dem Zimmer geschwankt, ohne auch nur an das Präsentierbrett zu denken, das mit den abgeräumten Sachen auf der Kommode neben der Thür stand.
Die Thür hatte sich hinter ihr geschlossen. Isäa blieb noch ein paar Momente in der Ecke gekauert sitzen, still vor sich hin lächelnd. Nun klatschte sie, sich aufrichtend, in die Hände, die Alte kam aus dem Nebengemach.
Das hat lange gedauert, sagte die Alte.
Dafür weiß ich aber jetzt alles, erwiderte Isäa, setze Dich zu mir, gute Zoë; Du sollst es auch erfahren.
Werde nicht viel neues zu hören bekommen, murmelte die Alte, indem sie sich am Boden auf ein Kissen kauerte, das ihr die Gebieterin vom Sofa zugeworfen.
Nicht viel Neues, da hast Du recht, sagte Isäa, er hat in letzter Zeit die Wahrheit so ziemlich durchblicken lassen.
Ein Fuchs, der langsam zur Höhle heraus kriecht, wenn das Feuer hinter ihm brennt, murmelte Zoë.
Unterbrich mich nicht. Zuerst, er ist weder so reich, als er dem Vater und mir im Anfang gesagt hat, aber auch nicht ganz so arm, wie Du und ich seitdem oft gefürchtet.
56 Der Spieler, der Räuber, sagte die Alte grollend.
Schweig! Sodann, er ist wirklich aus einer vornehmen Familie; daran habe ich freilich nicht mehr gezweifelt, seitdem er in München von dem Könige empfangen wurde.
Wer weiß, was er dem vorgelogen hat; ob er nicht die ganze Geschichte erlogen hat, murmelte die Alte, er lügt immer.
Schweig! Er hat auch in der That keine Eltern mehr, sondern nur einen älteren Bruder, dem allerdings, wenn ich die Frau recht verstanden, das Vermögen gehört, da Goustabos seinen Anteil schon, ehe er auf die Reise ging, durchgebracht hat. Aber jener Bruder ist nicht vermählt, ehescheu und liebt den jüngeren so, daß er ihm, wie schon vorher, so auch jetzt nichts verweigern wird.
Die Alte lächelte grimmig und sagte:
Wenn das wahr wäre, warum hätte er dann bis heute alles vor dem älteren Bruder verheimlicht?
Richtig gefragt, Alte, sagte Isäa, jetzt kommt die Lüge. Das junge Mädchen, seine Verwandte, von dem er in letzter Zeit ein paarmal erzählte: daß er mit ihr aufgewachsen sei und als Knabe sie gern gehabt habe, wie sie ihn, ist seine Braut gewesen vor Gott und den Menschen, die er nach den Gebräuchen und Gesetzen dieses Landes hätte heiraten müssen. Sie ist sehr schön und vielumworben, so hat er gehofft – das ist nämlich meine Ansicht und die Frau stimmt mir darin bei – sie werde, wenn er nun nichts von sich hören lasse, endlich des Wartens überdrüssig werden und heiraten, was sie aber nicht gethan hat, so daß er jetzt in einer schlimmen Lage ist, besonders weil sein Bruder das Mädchen wie eine Schwester liebt und ihm seine Treulosigkeit schwer vergeben wird.
Warum, wenn er bei dem Warten seine Rechnung fand, ist er dann nicht länger mit Dir dort unten geblieben? Warum hat er uns die unzähligen Meilen weiter in dieses Land der Barbaren geschleppt?
Er sagt, daß er von dem bayrischen Könige einen Auftrag an einen Fürsten hier oben hat, dessen Tochter unsern jungen König Otto heiraten soll, und daß, um jenen Auftrag 57 auszuführen, er sich zuvor mit seinen hiesigen Verwandten aussöhnen müsse. Sodann, Du weißt, das Glück in den Karten hatte ihn in letzter Zeit ganz verlassen. Endlich, ich selbst hatte das Warten satt; ich wollte wissen, woran ich war. Weshalb lachst Du?
Soll ich nicht einmal mehr lachen dürfen? murmelte die Alte.
Wenn Du lachst, hat der Böse in Dir freies Spiel. Ich wollte Dir noch anderes erzählen, sehr Wichtiges; aber ich traue Dir nicht mehr; Du hassest ihn zu sehr.
Dafür liebe ich Dich, rief die Alte, sich jäh aufrichtend und die Kniee ihrer jungen Gebieterin umklammernd; Dich, meinen Augapfel, mein süßes Herz, meine Wonne; Dich, an der ich Mutterstelle vertreten habe von Deinen Kindesbeinen an; Dich, die ich mit blutendem Herzen von mir that, als Dich Dein thörichter Vater in die große Stadt der Franken schickte; Dich, die ich mit jauchzender Lust in meine Arme schloß, als Du vier Jahre darauf, an seiner Hand, wie eine Göttin schön, in Napolis ans Land stiegst. Ach und ach, ins Meer hätte ich Dich zurückgeschleudert vor den Augen Deines Vaters, hätte ich ahnen können, daß der schöne Fremde, Euer Reisegefährte, Dich umgarnen würde – was sage ich, schon umgarnt hatte! Dich, kaum in die süße Heimat zurückgekehrt, entreißen würde Deinem alten Vater, Deinem Bräutigam – der voll Sehnsucht der Braut geharrt; sie, als sie nun zurück kam, überschüttend mit Edelsteinen und Perlen! Denselben Perlen, die Du Unglückliche da an Deinem schönen Halse trägst, um den er selbst sie befestigt, auf Deinem süßen Busen, der ihm gehörte, dem tapferen Valianos, und an dem Du jetzt das Kind nährst des blonden Deutschen, des verlogenen, feigen Barbaren! Ob ich ihn hasse! Ja, ja und dreimal ja! Sollte ich ihn nicht hassen, der Dich nicht mehr liebt – was sage ich, Dich nie geliebt hat! Dich nur bethört und entführt hat, weil er das Kind des großen Kaufmannes Andreas Kolokotronis auf Tino für eine unermeßlich reiche Beute hielt! Sich nur mit Dir vermählt hat – auf der Flucht in fremdem Land vor einem katholischen Priester 58 – weil er sein Opfer an sich fesseln wollte, Deinen Vater zwingen wollte, ihm, wenngleich blutenden Herzens, das einzige Kind zu überlassen! Der Bube, der Räuber, der Dich von sich gestreift haben würde, wie eine Kette, die ins Fleisch schneidet – hätte er gewußt, was acht Tage später geschah. O, der schnöden Knechte, die sich Regenten nennen in Griechenland an des Königs Statt und Deinen Vater einkerkerten, weil er freien Handel getrieben, wie es seine Väter gethan haben seit Jahrhunderten, ohne den hündischen Zöllnern dafür Tribut zu entrichten; sein Hab und Gut konfiszierten, die eigenen leeren Kassen damit zu füllen, und auf Deine Familie Schimpf und Schande häuften, die an ihnen gerochen werden soll, wenn es noch freie Herzen und scharfe Dolche gibt auf den Inseln! Aber denkst Du etwa, daß der Schimpf und die Schande, die der feige Barbar über die grauen Haare Deines Vaters, über die Familie Kolokotronis, über ganz Tino gebracht hat, nicht wird gerochen werden an ihm? Hast Du vergessen, daß der Verführer eines Mädchens bei uns vogelfrei ist? Daß jeder Freund der Familie, ja jeder ehrliche Tinote ihn, wo er ihn findet, niederschlagen darf, niederschlagen muß wie einen tollen Hund, er böte denn dem Vater der Verführten einen Stier, der so groß wäre, daß er von der Höhe des Berges Elias aus dem Meere tränke? Denkst Du, der Rächer wird Euch nicht finden, weil Ihr Länder und Meere gelegt habt zwischen ihm und Euch? Ich aber sage Dir, der Tag wird kommen, wo er vor Euch steht, der Rächer Valianos; und er wird seinen guten Dolch stoßen in das Herz des Verführers, ja, und auch in Deines, Unglückselige! In Dein süßes Herz, Du meines Lebens Wonne! O, hab' Erbarmen mit Dir selbst! Flieh', flieh! Noch ist es Zeit! er kommt vielleicht in Stunden nicht zurück, wir haben ebensoviel Vorsprung. Ich habe in dem Hafen der Stadt, aus der wir kommen, Schiffe vieler Nationen gesehen, vielleicht ist auch ein Griechenschiff darunter. Es wird uns aufnehmen, ich finde dahin den Weg; es ist Nacht, sie wird uns schützen; ich will Dich führen, Dich tragen; o komm', komm', komm'!
Sie lag noch immer auf den Knieen vor ihrer jungen 59 Gebieterin, ihr das Gewand, die Hände, die Füße küssend. Jetzt, halb sich aufrichtend, faßte sie dieselbe um den Leib und zerrte sie mit Gewalt vom Sofa auf. Isäa ließ es geschehen, entwand sich aber alsbald den sie umschlingenden Armen und glitt in die Sofa-Ecke zurück.
Du willst nicht? schrie die Alte, mit dem Fuße stampfend.
Isäa lehnte, lächelnd und die Augen schließend, den Kopf in die Kissen und sagte leise:
Du bist toll, Zoë. Das ist nun das zwanzigste Mal, daß Du mir dieselbe Scene spielst. Im Anfang machte es mir Spaß, nachgerade langweilt es mich. Du mußt auf etwas anderes sinnen, wenn Du mich unterhalten willst. Sei vernünftig, Alte! Geschehene Dinge sind nicht zu ändern; man muß sehen, was man aus ihnen machen kann. Ich denke, es wird sich etwas aus diesen hier machen lassen, wenn wir es klug anfangen. Ich will eine Fürstin sein hier unter den Barbaren.
Du verdienst es, mein Lieb', mein Herz, murmelte die Alte.
Eben deshalb, erwiderte Isäa lachend, will ich es sein und werde es sein. Bin ich nicht eine Kolokotronis und ist nicht Theodor Kolokotronis der Fürst der Morea?
Die Alte blickte die Lachende mit starren Augen an.
Ich glaube, Du rasest, Kind, sagte sie, Dein Vater heißt Andreas und war ein armer Schiffer, bevor er ein reicher Kaufmann wurde. Ach, wäre er immer arm geblieben, wie seine Eltern! Er läge jetzt nicht in Ketten und Banden! Willst Du Deines unglücklichen Vaters spotten?
Auch Theodor Kolokotronis liegt in Ketten und Banden, sagte Isäa mit einem lauernden Blicke.
Daß die Väter derer, die ihn hineingebracht, zum Teufel gehen! schrie die Alte. Unsere Hoffnung, unsern Stolz, unsern Adler von den Bergen, den Helden von Kleonä, er, der Hellas befreit hat von den Türkenhunden, damit es eine Beute der deutschen Barbaren werde. Ach, wäre er unser König geworden, wie es ihm zukam, er hätte Deinen Vater nimmer eingekerkert, nicht, weil er einen Namen mit ihm führt, wie Adler und Krähe beides Vögel sind, sondern weil der Adler, der auf 60 Raub ausgeht, der Krähe nicht verbietet, nach ihrer Nahrung zu suchen wie sie kann. Ach und ach! Nun werden sie beide sterben müssen, der Adler und die Krähe, nur daß sie den Adler erschießen, und für die Krähe der nächste Strick gut ist. Mögen ihren Henkern die Hände am Leibe verfaulen!
Während die Alte, offenbar völlig vergessend, wovon ursprünglich die Rede gewesen, ihre wilden Worte mit wilden Gebärden begleitend, durch das Zimmer stürmte, hatte sich Isäa nicht aus ihrer Sofa-Ecke gerührt. Nur ein paarmal hob sie die Augen mit einem schnellen, prüfenden Blicke. Gut, daß sie nicht weiter gegangen war: der Alten die Lüge nicht anvertraut hatte, die Goustabos ersonnen, sich und sie bei den Leuten hierzulande mit einem Schlage zu höchstem Ansehen zu verhelfen! Sie würde einen schwereren Stand mit der patriotischen Närrin haben, als sie gedacht; jedenfalls mußte sie eine passende Gelegenheit abwarten, bevor sie mit der Sprache herausging.
Sie richtete sich ein wenig auf und sagte lächelnd:
Das nun, gute Zoë, wollen wir der heiligen Jungfrau anheimstellen. Jetzt aber müssen wir an den Augenblick denken. Goustabos ist gefahren, seinen Bruder aufzusuchen. Dieser Bruder ist hier der Herr, wie es scheint. Wer den Herrn für sich hat, braucht um die Gunst der anderen nicht zu sorgen. Sie werden alsbald kommen. Putze mich, Zoë! mach' Isäa noch schöner, als sie bereits ist. Oder nein! Dieser Bruder soll ein einfältiger Mann sein, ich werde ihm ungeputzt am meisten gefallen. Nimm mir die Perlen ab, so! und hier die Ringe. Hilf mir aus dem Kleide und gib mir mein Nachtgewand. Das ist recht. Du bist meine gute, alte Zoë. Und sollst es gut haben auf dem schönen Landgute, wohin wir jetzt gehen, und wo ich die Herrscherin sein werde; und niemand wagen soll, die alte Zoë nur scheel anzublicken. Schnell, schnell! Ich höre den Wagen, der sie bringt. Geh' und mache Dich nebenan zurecht, Du siehst entsetzlich aus. Und, Zoë, wenn ich in die Hände klatsche, so komm' mit dem Kinde herein! Sie sind schon auf der Treppe – fort, fort!
Die Alte, welche in den letzten Minuten sich mit 61 jugendlichem Eifer um ihre schöne Herrin bemüht hatte und darüber ihren Groll gänzlich vergessen zu haben schien, verschwand aus dem Zimmer, indem sie bereits ihr zerzaustes graues Haar mit beiden Händen unter das Kopftuch zu stopfen begann. Isäa, als hätte sie geschlafen und sei durch das Pochen an der Thür erweckt worden, strich mit den kleinen Händen über das Gesichte blickte die Eintretenden mit weiten, traumumflorten Augen an; stieß, auf die Füße taumelnd, einen leisen Schrei der Ueberraschung aus und schritt, die langen Wimpern wie in Verschämung senkend, ein süßes Lächeln um den kleinen Mund, die runden, halbnackten Arme mit der Gebärde eines bittenden Kindes erhebend, auf Hans zu, der verlegen in der Nähe der Thür stehen geblieben war und jetzt der sich Nähernden zögernd die breite Hand entgegen streckte, bis an die Stirn errötend, als das schöne Wesen, ehe er es verhindern konnte, diese seine Hand erfaßt, geküßt und an den Busen gepreßt hatte.
Das war das letzte, was Clas, der die Herren hinauf begleitet, noch sah, bevor er die Thür, welche er in der Hand hielt, widerwillig schließen mußte.