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Es war Abend geworden. Der Vollmond war über die Berge heraufgestiegen, hoch in den wolkenlosen Himmel. Die Schieferdächer der Häuser schimmerten in seinem Licht. Kaum ein Lüftchen regte sich; nur manchmal schauerte es ganz leise durch die hohen Pappeln, die am Rande des großen Teiches standen und dann wehten ein paar dürre Blätter herab auf das schwarze, im Mondschein schimmernde Wasser. Drei Gänse, die man in all' dem Wirrwarr des Tages einzutreiben vergessen hatte und die jetzt an dem Rande des Teiches bivouakirten, zogen plötzlich, alle mit einem Male, die Köpfe unter den Flügeln hervor und schnatterten und zischelten; denn nicht weit hinter ihnen aus einem der kleinen Gärtchen, die zwischen dem Teiche und den Hinterseiten der Häuser lagen, war eine weibliche Gestalt herausgetreten, hatte sich, als sie aus dem Gärtchen in das helle Mondlicht kam, scheu umgesehen und war dann, als alles still blieb und selbst die Gänse, nachdem sie sich von der Harmlosigkeit des Störenfriedes überzeugt, die Köpfe wieder unter die Flügel gesteckt hatten, eilenden Fußes auf dem grasigen Rande fortgeschritten, bis sie etwas weiter hin in den dichten Schatten gelangte, den der steile Landgrafenberg über diesen Theil des Ufers und noch eine Strecke in den Teich warf. Dort blieb sie stehen und holte tief Athem, wie Jemand, der ein gefährliches Abenteuer glücklich überstanden hat. Und doch wurde sie von Niemand erwartet und sie ihrerseits erwartete auch Niemand. Sie hatte nichts weiter gewollt, als allein sein, ganz mutterseelenallein, um sich so recht allein, allein und verlassen zu fühlen, und sich noch einmal so recht von Herzen ausweinen zu können.
Zwar hatte sie von heute Mittag an noch nicht viel Anderes gethan als geweint, aber sie hatte es sehr verstohlen thun müssen – hinter der Stubenthür ein paar Augenblicke, ein paar Minuten auf dem Boden, ein paar in dem Ziegenstall, ein paar am Brunnen – denn der Vater, der von seinem Ausgange bald wieder zurückgekommen war, hatte sie immerfort scharf im Auge behalten, und auch vor der Magd, der Christel, hatte sie sich in Acht nehmen müssen. Christel, die heut Abend in die Schenke zum Tanz ging, sollte nicht erzählen können, daß die Grete, seitdem sie den Hans wieder gesehen, »nur noch geheult habe«. Jetzt war die Christel zum Tanz, und der Vater hatte noch einmal zu dem Herrn Pfarrer hinauf gemußt, und da hatte es die Grete nicht in der Stube gelassen, wo die Wände Ohren hatten und die alte Schwarzwälder Uhr hinter der Thür am Ende gar dem Vater wiedererzählte, was sie gehört. Hier draußen war's besser; der Teich war still und tief, der sagte nichts wieder; die hohen Pappeln bekümmerten sich nicht um so ein kleines Mädchen, das da an ihrem Fuße weinte, und der Mond – ach! der liebe Mond hatte schon mehr als einmal da oben gestanden, wenn sie mit dem Hans sich hier ein Stelldichein gegeben, noch in der letzten Nacht vor zwei Jahren, als der Hans unter die Soldaten ging und hier an dieser Stelle von ihr Abschied nahm.
Daß sie ihn so wiedersehen mußte! Ja, ja, das war es, worüber sie geweint hatte, worüber sie jetzt wieder weinte, und – wie ihr kleines volles Herz ihr in diesem Augenblick sagte – immer, immer weinen würde. So wiedersehen! in diesem Aufzuge, zerlumpt, zerrissen, mit glühenden, branntweinfeuchten Augen, ein Spaßmacher für die Dorfkinder! So wagte er in ihr Haus zu kommen, wagte so, wenn sie von sich selber auch absehen wollte, obgleich sie das wahrlich nicht um ihn verdient hatte! – wagte, so vor ihren Vater hinzutreten, seinen Oheim und Vormund, der von jeher mit ihm unzufrieden gewesen war, immer behauptet hatte, es werde noch einmal ein schlechtes Ende mit ihm nehmen, und heute wieder, als er vom Pfarrer zurückkam und den Hut an den Nagel hing, gesagt hatte: Siehst Du, Grete, das kommt davon, wenn man Gottes Wort nicht fürchtet. Jetzt ist es klar, der Hans ist ein verlorner Mensch und wird ein Ende nehmen, wie sein Vater, als Wilddieb und Säufer. Das meint der Herr Pfarrer auch, und der Herr Pfarrer hat gesagt, er werde schon dafür sorgen, daß er nicht allzulange hier bleibe, denn ein räudiges Schaf stecke leicht die ganze Heerde an.
Ach Gott, ach Gott! das von dem leiblichen Vater hören zu müssen! und wenn er nun gar Recht hätte, wenn der Hans wirklich so grundschlecht geworden wäre! Und doch, das war ja gar nicht möglich! Wild war er immer gewesen, und auch wohl leichtsinnig und zu jedem tollen Streiche bereit, aber schlecht, richtig schlecht? nein, und nein und dreimal nein.
Hundert kleine Geschichtchen fielen der treuen Seele ein, die alle beweisen sollten, daß der Hans mit Nichten einen schlechten Charakter habe – Geschichtchen, die in Wald und in den Feldern, im Gärtchen hinter dem elterlichen Hause, hier am Teich, überall rings umher spielten, vor vielen, vielen Jahren – so ein zwölf bis vierzehn – wo er und sie – sie ein ganz kleines Mädchen und er, der ihr schon als kleiner Junge immer wie ein Riese an Körperkraft und Körperlänge erschienen war – noch zusammen spielen durften, und er ihr Vogeleier von den höchsten Bäumen holte, oder hübsche Steinchen aus dem tiefsten Wasser, und ihr Weidenruthen zu Körbchen flocht und Baumrinde zu Schiffen schnitt und Alles that, was er ihr an den Augen absehen konnte. Und das war doch gewiß auch nicht schlecht von ihm, daß er sich später, als der Onkel (nach dem Tode der Tante) sich dem Trunk ergeben hatte, trotzdem zu seinem Vater hielt und die Dorfjungen, wenn sie hinter dem Trunkenen herlärmten, mit blutigen Nasen und Köpfen nach Hause schickte! Und das konnte man ihm doch auch nicht verdenken, daß, als die Schwäger (Hans' Vater und ihr eigener Vater) über den Bergwerksantheil in Streit und hernach in Prozeß geriethen (über den der Onkel weg starb), er wiederum auf seines Vaters Seite gestanden hatte! War es denn nicht hart, daß dem Hans in Folge dieses Prozesses, in dessen Kosten er noch dazu verurtheilt wurde, nichts auf der Welt übrig blieb, als das kleine, alte, verfallene Häuschen drüben am jenseitigen Ufer? und hatte er so Unrecht, wenn er es eine Sünde nannte (und noch viel schlimmere Worte darüber in den Mund nahm), als das Gericht, auf Antrag des Gemeinderathes, ihm seinen Onkel, Gretchens Vater, den Mann, der ihm das Seine abprozessirt hatte, zum Vormund setzte?
Die arme Grete mußte wohl jetzt an das Alles denken, denn es war unzählige Mal mit allem Für und Wider in ihrer Gegenwart durchgesprochen worden, in dies Ohr von dem Vater, in das andere von dem Hans, daß sie manchmal vor Kummer und Herzeleid sich hätte in den Teich stürzen mögen und sich ordentlich leicht fühlte, als der Hans, nachdem er sich festgeloost, vor zwei Jahren unter die Soldaten ging, und zwar nicht in eine der Nachbarstädte zu liegen kam, sondern, weil er so groß und stark war, weit fort in die Residenz mußte unter die Garde, nicht in die Residenz Seiner Durchlaucht des Landesfürsten, sondern nach Berlin – von wegen der Militärkonvention, oder wie das schwere Wort hieß.
Ja, ordentlich leicht war's der Grete ums Herz geworden, aber die Freude hatte nicht lange gedauert – kaum vierundzwanzig Stunden. Dann war ihr das Herz wieder schwer geworden, viel schwerer noch, als vorher. Sie hatte gar nicht gewußt, was es nur eigentlich war; sie wußte nur, daß sie immer an den Hans denken mußte, wo sie ging und stand, bei der Arbeit, im Hause, in der Kirche sogar, und immer nur an den Hans. Ja, in der Nacht, wenn sie erwachte – sie hatte es früher nie gethan, und jetzt geschah es so oft! – wenn sie erwachte in der Nacht, war es, als ob sie des Hans Stimme gehört hätte, ganz vernehmlich: lieb' Gretchen, oder: wie geht's, Gretchen? oder etwas der Art. Im Anfang hatte sie sich ordentlich gefürchtet, so sehr deutlich war die Stimme gewesen; dann aber hatte sie sich daran gewöhnt, hatte ein Vaterunser gesprochen und immer hinzugefügt: und behüt' mir meinen Hans, lieber Gott! – hatte ein paar Minuten noch in die Sterne geschaut und war dann ruhig wieder eingeschlafen.
In dem letzten Jahre aber, als Hans gar niemals schrieb, hatte sie die Stimme seltener gehört, endlich gar nicht mehr; sie hatte auch des Hans' Lieblingslieder, die sie manchmal halbe Tage lang bei der Arbeit leise und laut, wie's eben kam, vor sich hingesungen, nicht wieder angestimmt, und hatte geglaubt, sie sei doch dem bösen Hans, der sie gewiß schon lange in der großen Stadt vergessen habe, gar nicht mehr gut; aber dann brauchte nur ein Mensch schlecht zu sprechen von dem Hans – und das kam – Gott sei's geklagt! – noch immer oft genug vor, oder sie brauchte auch nur des Abends an des Hans' väterlichem Haus vorbeizugehen, das jetzt schrecklich verfallen aussah, und nur von einer armen Wittfrau mit vier häßlichen, halbnackten Kindern bewohnt wurde – da war es ihr immer gleich so sonderbar ums Herz, und sie wußte wieder, daß sie doch noch dem Hans gut sei, und keinem Burschen sonst, am allerwenigsten dem dicken reichen Jakob Körner, der sechs Pferde im Stall hatte und zu denken schien, er brauche bloß anzupochen, da müßten die Thüren aus den Angeln fliegen.
Durch Jakob Körner war es auch – und es war dies das einzige Mal gewesen – daß direkte Nachricht von Hans in das Dorf kam. Herr Körner, wie er sich nennen ließ, nachdem sein Vater gestorben, hatte eine große Reise gemacht, sich die Welt anzusehen, und war auch bis nach Berlin gekommen. Da war ihm der Hans auf der Straße begegnet, Arm in Arm mit einem paar Kameraden, und sei halb betrunken gewesen, der Hans; und zum zweiten habe er ihn in einem Tanzlokal getroffen, aber diesmal nicht halb, sondern ganz betrunken.
Grete hatte kein Wort davon geglaubt; sie hatte an zu weinen gefangen, als Herr Körner so schändliche Dinge von dem Hans erzählte, und hatte durch ihre Thränen hindurch – in ihres Vaters und noch einiger Nachbarn Gegenwart – Herrn Jakob Körner ins Gesicht gesagt: ein so reicher Mann solle sich schämen, wider einen armen Jungen, der Niemand ihn zu vertheidigen habe, so bösen Leumund zu reden; er solle doch wenigstens warten, bis der Hans zurück sei, und es ihm ins Gesicht sagen, wenn er dann noch den Muth dazu habe. – Der Vater war außer sich gewesen über diese Rede und hatte ihr den Mund verboten und sie ins Hans geschickt; aber jetzt! aber jetzt!
Das arme Mädchen drückte das Gesicht in die Hände und fing wieder an zu weinen. Es war so still um sie her, und in die Stille hinein schallte der Lärmen von der Schenke; brum, brum, brum ging der Baß, und manchmal hörte sie auch ein paar Takte von der Melodie, oder gar einen hellen Juchzer. Das schnitt ihr jedesmal durch die Seele. Nicht, daß sie auch hätte dabei sein mögen! Der Vater hatte ihr das nie erlaubt; sie wußte es nicht anders, als daß sie nicht tanzen dürfe und sich vergnügen, wie ihre Gespielinnen; aber daß er da tanzen konnte und juchheien, während sie hier am stillen Teiche saß und sich um ihn härmte – das war zu schlecht von ihm, zu schlecht!
Aber ich will auch nicht mehr weinen, sagte die kleine Grete; keine Thräne mehr um ihn; ich will ihn nie wieder sehen, nie, nie wieder an ihn denken. Und wenn ich ihm begegne –
Das Mädchen fuhr bei diesem Gedanken erschrocken in die Höhe. Ein Windhauch strich durch die Pappeln, daß sie zischelten, und die Gänse, die so lange still gewesen waren, fingen an zu schnattern; und da – war das nicht eine Menschengestalt, die da ganz in ihrer Nähe – nur ein paar Schritte von ihr – an dem Stamm eines der Bäume stand?
Grete wollte fliehen, aber es war, als ob sie ihre Füße nicht vom Boden heben könnte; ihr Herz schlug zum Zerspringen, ihre Augen starrten auf die große Gestalt, und im nächsten Momente war die Gestalt an ihrer Seite; eine wohlbekannte Stimme sagte leise: Gretchen, ich bin's, und der Hans streckte die Arme aus, und eh' sie noch wußte, wie ihr geschah, hatte er sie von der Erde aufgehoben, als ob sie ein Kind wäre, und sie geküßt. Und jetzt stand sie wieder auf ihren Füßen, am ganzen Leibe zitternd vor Schreck und Liebe und Zorn.
Ja, vor Zorn! Wie durfte er sie küssen, der schlechte Mensch vom Tanzboden! der Spaßmacher, der Trunkenbold!
Und, was der kleinen Grete nur eben noch fast das Herz abgedrückt und ihr so viele Thränen gekostet hatte, das kam nun Alles aus ihrem kleinen Munde mit einer solchen Zungenfertigkeit und Leidenschaft! Der Hans stand daneben, ließ den Kopf und die langen Arme hangen und sprach kein Wort, bis Grete zum Schluß ihrer Predigt und zur Bestätigung dessen, was sie gesagt, anfing jämmerlich zu schluchzen, und, die Hände vor das Gesicht drückend, weg wollte, aber geradenwegs in den Teich hinein gelaufen wäre, wenn der Hans sie nicht gehalten hätte.
Gretel, sagte Hans, Gretel!
Mehr sagte er nicht, aber, so oder so, mußte es gerade das rechte Wort gewesen sein und den rechten Ton mußte er auch getroffen haben, denn Grete wollte nun nicht mehr weglaufen, weder nach Hause noch in den Teich, sondern duldete es, daß der Hans sie sanft um den Leib faßte und zu sich nieder auf denselben Baumstumpf zog, auf dem sie vorher gesessen hatte.
Nun war die Reihe zum Sprechen an den Hans gekommen, und da erschien freilich Alles ganz anders, daß es der Grete wie Schuppen von den Augen fiel. Was hatte er denn so Böses gethan? Er hatte nicht geschrieben? Wie sollte er schreiben? und an wen? Er hatte keinen einzigen Freund im Dorf, auf den er sich verlassen konnte, nicht einen! und an sie selbst hatte er doch nicht schreiben können, ohne daß es der Vater erfahren, und der würde ihr einen schönen Text über den Brief gelesen haben. Dafür habe er aber immer an sie gedacht, jeden Tag die zwei Jahre hindurch; wenn er Posten gestanden habe im Winterwetter in der Nacht und die Sterne über ihm geglitzert hätten am Himmel, habe er an sie gedacht, und auf dem Marsch in Staub und Hitze, wenn ihm die Zunge am Gaumen geklebt und er seine Seligkeit für einen Trunk Wasser gegeben haben würde – immer habe er an sie gedacht. Und was der dicke Jakob Körner erzählt habe, das sei Alles erfunden und erlogen; getrunken habe er wohl – ob ein Soldat nicht trinken solle? – auch wohl einmal ein Glas über den Durst, aber sich betrunken? nein, nicht ein einziges Mal. – Und glaubst Du denn, Gretel, daß ich heut Morgen betrunken war? Lustig bin ich gewesen, daß ich wieder hier war und Dich wiedersehen sollte. Zum Heischer hab' ich mich machen lassen, um den Jungen zu zeigen, wie man's anfangen müsse, aber in Deines Vaters Haus habe ich gar nicht gewollt, und bin nur gegangen, als sie mich neckten und ich wußte, daß ich die Sache nur noch schlimmer machen würde, wenn ich nicht mit ginge. Der Vater hat auf mich geschimpft, gelt? das weiß ich; aber laß ihn schimpfen, Du weißt doch wohl, warum er's thut. Ich hab' ihm nie was Böses gethan; er aber mir desto mehr. Na, Gretel, wollen davon nicht sprechen. Geschehen ist einmal nun geschehen; ich will nicht wieder von der alten Geschichte anfangen, er soll's aber auch nicht. Er soll mich in Ruhe lassen und mir keinen Knüppel in den Weg werfen, wenn ich mir morgen hier einen Dienst suche. Ich habe einen guten Abschied bekommen, und stark bin ich auch noch wie sonst und vielleicht noch stärker. Da kann's mir gar nicht fehlen. Sie werden mich Alle haben wollen, und wer am besten zahlt, der soll mich haben. Dann verdiene ich ein schweres Geld, und wenn's genug ist, Gretel, dann machen wir Hochzeit.
Und der Hans nahm sie wieder in seine Arme und herzte und küßte sie, und die Grete ließ sich's gefallen, denn es hatte Alles so treu und gut geklungen, was er gesagt, und wenn er sie heirathen wollte, mußte er's ja doch ehrlich meinen, obgleich noch mancher Berg dazwischen lag.
Hans aber wollte nichts davon wissen. Die Welt sei rund und drehe sich; wer nicht wage, nicht gewinne; was ein ordentlicher Soldat sei, der scheue das Feuer nicht, und so heiß werde auch nichts gegessen, als es gekocht werde.
Das ging dem Hans vom Munde, wie Wasser vom Mühlrad, und Grete mußte lachen einmal übers andere – ja, sie lachte jetzt selbst über den Aufzug heute Morgen, nur daß er der Christel aus der Schenke ihre Kleider angehabt habe, wollte ihr nicht gefallen. Die Christel sei ein schlechtes Mädchen und der Herr Pfarrer habe sie auch letzten Sonntag nicht zum Abendmahl gelassen. Hans meinte, er sei kein Pfaffe, und habe mit der Christel nichts zu thun gehabt, nur mit ihren Röcken. Darüber hätten sie sich beinahe wieder erzürnt – der Hans und die Grete – plötzlich rief eine ärgerliche Stimme in nicht gar weiter Entfernung: Grete, Grete!
Grete zuckte zusammen und Hans schwieg und rührte sich nicht und lauschte.
Grete, Grete! rief es wieder.
Es ist der Vater, sagte Grete.
Der lange Hans sagte gar nichts. Er nahm das zitternde Mädchen nur noch einmal in die Arme und küßte sie; dann war er mit zwei Schritten seiner langen Beine hinter dem Stamm der nächsten Pappel und mit zwei weiteren Schritten in dem dichten Schatten der Kopfweiden und Haseln, die sich über den Bach wölbten, der hier von der Landgrafenschlucht herab in den Teich fiel.
Ich komme, Vater, rief Grete, so muthig sie konnte, und eilte an dem Ufer hin auf den Vater zu, der in der Pforte des Gärtchens stand und noch immer Grete, Grete! rief.
Wo bist Du gewesen? fragte er ärgerlich, als er seiner Tochter ansichtig wurde.
Ich habe hier gesessen; es war so heiß im Zimmer, sagte Grete.
Dummes Zeug, sagte der Vater, mach' daß Du hineinkommst.
Die drei Gänse zischelten und schnatterten, und als der Alte die Gartenpforte hinter sich und der Tochter zuwarf, rief die eine überlaut: Giek, Gak, Giek, Gak! wie zum Spott über den Alten. Aber der Alte verstand sich auf die Gänsesprache nicht.