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Als der kühne Dankwart · unter die Türe trat
Und Etzels Ingesinde · zurückzuweichen bat,
Mit Blut war beronnen · all sein Gewand;
Eine scharfe Waffe · trug er bloß an seiner Hand.
Hellauf rief da Dankwart · einem Degen zu:
»Ihr sitzt, Bruder Hagen · hier zu lang in Ruh!
Euch und Gott vom Himmel · klag' ich unsre Not:
Ritter und Knechte · sind in der Herberge tot.«
Der rief ihm hin entgegen · »Wer hat das getan?«
»Das tat der Degen Blödel · und die ihm untertan.
Auch hat er's schwer entgolten · das will ich euch sagen:
Mit diesen Händen hab' ich · ihm sein Haupt abgeschlagen.«
»Das ist ein kleiner Schade« · sprach Hagen unverzagt,
»Wenn man solche Märe · von einem Degen sagt,
Daß er von Heldenhänden · zu Tode sei geschlagen:
Den sollen desto minder · die schönen Frauen beklagen.
»Nun sagt mir, Bruder Dankwart · wie seid ihr so rot?
Ich glaube gar, ihr leidet · von Wunden große Not.
Ist der wo hier im Lande · von dem das ist geschehn?
Der üble Teufel helf ihm denn · sonst muß es ihm ans Leben gehn.«
»Ihr seht mich unverwundet · mein Kleid ist naß von Blut.
Das floß nur aus Wunden · andrer Degen gut,
Deren ich so manchen · heute hab' erschlagen,
Wenn ich's beschwören sollte · ich wüßte nicht die Zahl zu sagen.«
Da sprach er: »Bruder Dankwart · so hütet uns die Tür
Und laßt von den Heunen · nicht einen Mann herfür!
So red' ich mit den Recken · wie uns zwingt die Not:
Unser Ingesinde · liegt ohne Schuld von ihnen tot.
»Soll ich Kämmrer werden?« · sprach der kühne Mann,
»Bei so reichen Königen · steht mir das Amt wohl an:
Der Stiege will ich hüten · nach allen Ehren mein.«
Kriemhildens Recken · konnte das nicht leider sein.
»Nun nimmt mich doch wunder« · sprach wieder Hagen,
»Was sich die Heunendegen · hier in die Ohren sagen:
Sie möchten sein entbehren · der dort die Tür bewacht
Und der die Hofmären · den Burgunden hat gebracht.
»Ich hörte schon lange · von Kriemhilden sagen,
Daß sie nicht ungerochen · ihr Herzleid wolle tragen.
Nun trinken wir die Minne · und zahlen Etzels Wein:
Der junge Vogt der Heunen · muß hier der allererste sein.«
Ortlieb das Kind erschlug da · Hagen der Degen gut,
Daß vom Schwerte nieder · zur Hand ihm floß das Blut
Und das Haupt herabsprang · der Königin in den Schoß.
Da hob sich unter Degen · ein Morden grimmig und groß.
Darauf dem Hofmeister · der des Kindes pflag,
Mit beiden Händen schlug er · einen schnellen Schlag,
Daß vor des Tisches Füße · das Haupt ihm niederflog;
Es war ein jämmerlicher Lohn · den er dem Hofmeister wog.
Er sah vor Etzels Tische · einen Spielmann:
Hagen in seinem Zorne · lief zu ihm heran.
Er schlug ihm auf der Geigen · herab die rechte Hand.
»Das habe für die Botschaft · in der Burgunden Land!«
»Ach meine Hand!« sprach Werbel · Etzels Spielmann:
»Herr Hagen von Tronje · was hatt' ich euch getan?
Ich kam in großer Treue · in eurer Herren Land:
Wie kläng' ich nun die Töne · da ich verlor meine Hand?«
Hagen fragte wenig · und geigt' er nimmermehr.
Da kühlt' er in dem Hause · die grimme Mordlust sehr
An König Etzels Recken · deren er viel erschlug:
Er bracht' in dem Saale · zu Tod der Recken genug.
Volker sein Geselle · von dem Tische sprang,
Daß laut der Fiedelbogen · ihm an der Hand erklang.
Ungefüge fiedelte · Gunthers Spielmann:
Hei! was er sich zu Feinden · der kühnen Heunen gewann!
Auch sprangen von den Tischen · die drei Kön'ge hehr.
Sie wollten's gerne schlichten · eh' Schadens würde mehr.
Doch strebten ihre Kräfte · umsonst dawider an,
Da Volker mit Hagen · so sehr zu wüten begann.
Nun sah der Vogt vom Rheine · er scheide nicht den Streit:
Da schlug der König selber · manche Wunde weit
Durch die lichten Panzer · den argen Feinden sein.
Der Held war behende · das zeigte hier der Augenschein.
Da kam auch zu dem Streite · der starke Gernot:
Wohl schlug er den Heunen · manchen Helden tot
Mit dem scharfen Schwerte · das Rüdeger ihm gab:
Damit bracht' er manche · von Etzels Recken ins Grab.
Der jüngste Sohn Frau Utens · auch zu dem Streite sprang:
Sein Gewaffen herrlich · durch die Helme klang
König Etzels Recken · aus der Heunen Land;
Da tat viel große Wunder · des kühnen Geiselher Hand.
Wie tapfer alle waren · die Kön'ge wie ihr Lehn,
Jedennoch sah man Volkern · voran all andern stehn
Bei den starken Feinden · er war ein Degen gut:
Er förderte mit Wunden · manchen nieder in das Blut.
Auch wehrten sich gewaltig · die in Etzels Lehn.
Die Gäste sah man hauend · auf und nieder gehn
Mit den lichten Schwertern · durch des Königs Saal.
Allenthalben hörte man · von Wehruf größlichen Schall.
Da wollten die da draußen · zu ihren Freunden drin:
Sie fanden an der Türe · gar wenig Gewinn;
Da wollten die da drinnen · gerne vor den Saal:
Dankwart ließ keinen · die Stieg' empor noch zutal.
So hob sich vor den Türen · ein ungestümer Drang
Und von den Schwerthieben · auf Helme lauter Klang.
Da kam der kühne Dankwart · in eine große Not:
Das beriet sein Bruder · wie ihm die Treue gebot.
Da rief mit lauter Stimme · Hagen Volkern an:
»Seht ihr dort, Geselle · vor manchem Heunenmann
Meinen Bruder stehen · unter starken Schlägen?
Schützt mir, Freund, den Bruder · eh' wir verlieren den Degen.«
Der Spielmann entgegnete · »Das soll alsbald geschehn.«
Dann begann er fiedelnd · durch den Saal zu gehn:
Ein hartes Schwert ihm öfters · an der Hand erklang.
Vom Rhein die Recken sagten · dafür ihm größlichen Dank.
Volker der kühne · zu Dankwarten sprach:
»Ihr habt erlitten heute · großes Ungemach.
Mich bat euer Bruder · ich sollt' euch helfen gehn;
Wollt ihr nun draußen bleiben · so will ich innerhalben stehn.«
Dankwart der schnelle · stand außerhalb der Tür:
So wehrt' er von der Stiege · wer immer trat dafür.
Man hörte Waffen hallen · den Helden an der Hand:
So tat auch innerhalben · Volker von Burgundenland.
Da rief der kühne Fiedelmann · über die Menge laut:
»Der Saal ist wohl verschlossen · ihr, Freund Hagen, schaut!
Verschränkt ist so völlig · König Etzels Tür:
Von zweier Helden Händen · gehn ihr wohl tausend Riegel für.«
Als von Tronje Hagen · die Türe sah in Hut,
Den Schild warf zurücke · der schnelle Degen gut:
Nun begann er erst zu rächen · was ihm war geschehn.
Da konnten seine Feinde · sich nicht des Lebens mehr versehn.
Als der Vogt von Berne · recht dies ersah,
Wie der starke Hagen · die Helme brach allda,
Der Fürst der Amelungen · sprang auf eine Bank.
Er sprach: »Hier schenkt Hagen · den allerbittersten Trank.«
Der Wirt war sehr in Sorgen · das tat ihm wahrlich not.
Was schlug man lieber Freunde · ihm vor den Augen tot!
Er selbst war kaum geborgen · vor seiner Feinde Schar.
Er saß in großen Ängsten · was half ihm, daß er König war?
Kriemhild die reiche · rief Dietrichen an:
»Hilf mir mit dem Leben · edler Held, hindann,
Bei aller Fürsten Tugend · aus Amelungenland:
Denn erreicht mich Hagen · hab' ich den Tod an der Hand.«
»Wie soll ich euch helfen« · sprach da Dietrich,
»Edle Königstochter? · ich sorge selbst um mich.
Es sind so sehr im Zorne · die Gunthern untertan,
Daß ich zu dieser Stunde · niemand Frieden schaffen kann.«
»Nicht also, Herr Dietrich · edler Degen gut!
Laß uns heut' erscheinen · deinen tugendreichen Mut
Und hilf mir von hinnen · oder ich bleibe tot.«
Es trieb zu solcher Sorge · Kriemhilden wahrhafte Not.
»Ich will es versuchen · ob euch zu helfen ist,
Jedoch sah ich wahrlich · nicht in langer Frist
In so bitterm Zorne · manchen Ritter gut:
Ich seh' ja durch die Helme · von Hieben springen das Blut.«
Mit Kraft begann zu rufen · der Ritter auserkorn,
Daß seine Stimme hallte · wie ein Büffelhorn
Und daß die weite Veste · von seiner Kraft erscholl.
Dietrichens Stärke · die war gewaltig und voll.
Da hörte König Gunther · rufen diesen Mann
In dem harten Sturme · Zu horchen hub er an:
Er sprach: »Dietrichs Stimme · ist in mein Ohr gekommen.
Ihm haben unsre Degen · wohl der Seinen wen benommen.
»Ich seh ihn auf dem Tische · winken mit der Hand.
Ihr Vettern und Freunde · von Burgundenland,
Haltet ein mit Streiten · laßt hören erst und sehn,
Was hier diesem Degen · von meinen Mannen sei geschehn.«
Als so der König Gunther · bat und auch gebot,
Da senkten sie die Schwerter · in des Streites Not.
Das war Gewalt bewiesen · daß niemand da mehr schlug.
Er fragte den von Berne · um die Märe schnell genug.
Er sprach: »Viel edler Dietrich · was ist euch geschehen
Hier von meinen Freunden? · Ihr sollt mich willig sehn:
Zur Sühne und zur Buße · bin ich euch bereit.
Was euch jemand täte · das wär' mir inniglich leid.«
Da sprach der edle Dietrich · »Mir ist nichts geschehn!
Laßt mich aus dem Hause · mit euerm Frieden gehn
Von diesem harten Streite · mit dem Gesinde mein.
Dafür will ich in Wahrheit · stets zu Dienst beflissen sein.«
»Was müßt ihr also flehen?« · sprach da Wolf hart,
»Es hält der Fiedelspieler · die Tür' nicht so verwahrt,
Wir erschließen sie so mächtig · daß man ins Freie kann.«
»Nun schweig«, sprach da Dietrich · »du hast den Teufel getan!«
Da sprach der König Gunther · »Das sei euch freigestellt:
Führt aus dem Hause · so viel euch gefällt,
Ohne meine Feinde · die sollen hier bestehn.
Von ihnen ist mir Leides · bei den Heunen viel geschehn.«
Als das der Berner hörte · mit einem Arm umschloß
Er die edle Königin · ihre Angst war groß!
Da führt' er an dem andern · Etzeln aus dem Haus.
Auch folgten Dietrichen · sechshundert Degen hinaus.
Da begann der Markgraf · der edle Rüdiger:
»Soll aber aus dem Hause · noch kommen jemand mehr,
Der euch doch gerne diente · so macht es mir kund:
So walte steter Friede · in getreuer Freunde Bund.«
Antwort gab Geiselher · aus Burgunden Land:
»Frieden und Sühne · sei euch von uns bekannt:
Ihr haltet stete Treue · ihr und euer Lehn;
Ihr sollt mit euren Freunden · ohne Sorgen hinnen gehn.«
Als Rüdiger der Markgraf · räumte Etzels Saal,
Fünfhundert oder drüber · folgten ihm zumal.
Das ward von den Helden · aus Treue getan,
Wodurch König Gunther · bald großen Schaden gewann.
Da sah ein Heunenrecke · König Etzeln gehn
Neben Dietrichen · des wollt' er Frommen sehn.
Dem gab der Fiedelspieler · einen solchen Schlag,
Daß ihm gleich am Boden · das Haupt vor Etzels Füßen lag.
Als der Wirt des Landes · kam vor des Hauses Tor,
Da wandt' er sich und blickte · zu Volkern empor:
»O weh mir dieser Gäste · wie ist das grimme Not,
Daß alle meine Recken · vor ihnen finden den Tod!
»Ach weh des Hofgelages!« · sprach der König hehr:
»Da drinnen ficht einer · der heißt Volker,
Wie ein wilder Eber · und ist ein Fiedelmann;
Ich dank' es meinem Heile · daß ich dem Teufel entrann.
»Seine Weisen lauten übel · sein Bogenstrich ist rot;
Mir schlagen seine Töne · manchen Helden tot.
Ich weiß nicht, was uns Schuld gibt · derselbe Fiedelmann,
Daß ich in meinem Leben · so leiden Gast nicht gewann.«
Sie hatten, die sie wollten · entlassen aus dem Saal:
Da hob sich innerhalben · ein furchtbarer Schall.
Die Gäste rächten bitter · ihr Leid und ihre Schmach.
Volker der kühne · hei, was der Helme zerbrach!
Sich kehrte zu dem Schalle · Gunther der König hehr:
»Hört ihr die Töne, Hagen · die dorten Volker
Mit den Heunen fiedelt · wenn wer zur Türe trat?
Es ist ein roter Anstrich · den er am Fiedelbogen hat.«
»Es reut mich ohne Maßen« · sprach Hagen entgegen,
»Daß ich hier blieb drinnen · fern von dem Degen.
Ich war sein Geselle · er der Geselle mein,
Und kehren wir je wieder heim · wir wollen's noch in Treuen sein.
»Nun schau, hehrer König · Volker ist dir hold:
Wie will er verdienen · dein Silber und dein Gold!
Sein Fiedelbogen schneidet · durch den harten Stahl,
Er wirft von den Helmen · die hellen Zierden zutal.
»Ich sah nie Fiedelspieler · noch so herrlich stehn,
Als diesen Tag von Volker · dem Degen ist geschehn.
Seine Weisen hallen · durch Helm und Schildesrand:
Gute Rosse soll er reiten · und tragen herrlich Gewand.«
So viel der Heunendegen · auch waren in dem Saal,
Nicht einer blieb am Leben · von ihnen allzumal.
Da war der Schall beschwichtigt · als niemand blieb zum Streit.
Die kühnen Recken legten · da ihre Schwerter beiseit.