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Jenseits des Rheines · sah man dem Gestad'
Mit allen seinen Gästen · den König schon genaht.
Da sah man auch am Zaume · leiten manche Maid:
Die sie empfangen sollten · die waren alle bereit.
Als bei den Schiffen ankam · von Island die Schar
Und die der Nibelungen · die Siegfried eigen war,
Sie eilten an das Ufer · wohl fliß sich ihre Hand,
Als man des Königs Freunde · jenseits am Gestade fand.
Nun hört auch die Märe · von der Königin,
Ute der reichen · wie sie die Mägdlein hin
Brachte von der Feste · und selber ritt zum Strand.
Da wurden miteinander · viel Maid' und Ritter bekannt.
Der Herzog Gere führte · am Zaum Kriemhildens Pferd
Bis vor das Tor der Feste · Siegfried der Degen wert
Durft' ihr weiter dienen · sie war so schön und hehr.
Das ward ihm wohl vergolten · von der Jungfrau nachher.
Ortwein der kühne führte · Ute die Königin,
Und so ritt mancher Ritter · neben den Frauen hin.
Zu festlichem Empfange · das mag man wohl gestehn,
Wurden nie der Frauen · so viel beisammen gesehn.
Viel hohe Ritterspiele · wurden da getrieben
Von preiswerten Helden · (wie war es unterblieben?)
Vor Kriemhild der schönen · die zu den Schiffen kam.
Da hub man von den Mähren · viel der Frauen lobesam.
Der König war gelandet · mit fremder Ritterschaft.
Wie brach da vor den Frauen · mancher starke Schaft!
Man hört' auf den Schilden · erklingen Stoß auf Stoß.
Hei! reicher Buckeln Schallen · ward im Gedränge da groß!
Vor dem Hafen standen · die Frauen minniglich;
Gunther mit seinen Gästen · hub von den Schiffen sich:
Er führte Brunhilden · selber an der Hand.
Wider einander leuchtete · schön Gestein und licht Gewand.
In höfischen Züchten · hin Frau Kriemhild ging,
Wo sie Frau Brunhilden · und ihr Gesind' empfing.
Man konnte lichte Hände · am Kränzlein rücken sehn,
Da sich die beiden küßten · das war aus Liebe geschehn.
Da sprach wohlgezogen · Kriemhild das Mägdelein:
»Ihr sollt uns willkommen · in diesem Lande sein,
Mir und meiner Mutter · und allen, die uns treu
Von Mannen und von Freunden« · Da verneigten sich die zwei.
Oftmals mit den Armen · umfingen sich die Fraun.
So minniglich Empfangen · war nimmer noch zu schaun,
Als die Frauen beide · der Braut da taten kund,
Frau Ute mit der Tochter · sie küßten oft den süßen Mund.
Da Brunhilds Frauen alle · nun standen auf dem Strand,
Von waidlichen Recken · wurden bei der Hand
Freundlich genommen · viel Frauen ausersehn.
Man sah die edeln Maide · vor Frau Brunhilden stehn.
Bis der Empfang vorüber war · das währte lange Zeit,
Manch rosigem Munde · war da ein Kuß bereit.
Noch standen beieinander · die Königinnen reich:
Das freuten sich zu schauen · viel der Recken ohne Gleich.
Da spähten mit den Augen · die oft gehört vorher,
Man hab' also Schönes · gesehen nimmermehr
Als die Frauen beide · das fand man ohne Lug.
Man sah an ihrer Schöne · auch nicht den mindesten Trug.
Wer Frauen schätzen konnte · und minniglichen Leib,
Der pries um ihre Schöne · König Gunthers Weib;
Doch sprachen da die Kenner · die es recht besehn,
Man müsse vor Brunhilden · den Preis Kriemhilden zugestehn.
Nun gingen zueinander · Mägdelein und Frauen;
Es war in hoher Zierde · manch schönes Weib zu schaun.
Da standen seidne Hütten · und manches reiche Zelt,
Womit man erfüllt sah · hier vor Worms das ganze Feld.
Des Königs Freunde drängten · sich, um sie zu sehn.
Da hieß man Brunhilden · und Kriemhilden gehn
Und all die Fraun mit ihnen · hin, wo sich Schatten fand;
Es führten sie die Degen · aus der Burgunden Land.
Nun waren auch die Gäste · zu Roß gesessen all;
Da gab's beim Lanzenbrechen · durch Schilde lauten Schall.
Das Feld begann zu stäuben · als ob das ganze Land
Entbrannt war in der Lohe · da machten Helden sich bekannt.
Was da die Recken taten · sah manche Maid mit an.
Wohl ritt mit seinen Degen · Siegfried der kühne Mann
In mancher Wiederkehre · vorbei an dem Gezelt;
Der Nibelungen führte · tausend Degen der Held.
Da kam von Tronje Hagen · wie ihm der König riet;
Der Held mit guter Sitte · die Ritterspiele schied,
Daß sie nicht bestaubten · die schönen Mägdelein:
Da mochten ihm die Gäste · gerne wohl gehorsam sein.
Da sprach der edle Gernot · »Die Rosse laßt stehn,
Bis es beginnt zu kühlen · daß wir die Frauen schön
Mit unserm Dank geleiten · bis vor den weiten Saal;
Will dann der König reiten · find' er euch bereit zumal.«
Das Kampfspiel war vergangen · über all dem Feld:
Da gingen kurzweilen · in manches hohe Zelt
Die Ritter zu den Frauen · um hoher Lust Gewinn:
Da vertrieben sie die Stunden · bis sie weiter sollten ziehn.
Vor des Abends Nahen · als sank der Sonne Licht
Und es begann zu kühlen · ließ man es länger nicht:
Zu der Feste hüben · Fraun und Ritter sich;
Mit Augen ward geliebkost · mancher Schönen minniglich.
Von guten Helden wurden · viel Pferde müd' geritten,
Von den Hochgemuten · nach des Landes Sitten,
Bis vor dem Saale · abstieg der König wert.
Da diente man den Frauen · und hob sie nieder vom Pferd.
Da wurden auch geschieden · die Königinnen reich.
Hin ging Frau Ute · und Kriemhild zugleich
Mit ihrem Ingesinde · in ein weites Haus;
Da vernahm man allenthalben · der Freude rauschenden Braus.
Man richtete die Stühle · der König wollte gehn
Zu Tisch mit den Gästen · Da sah man bei ihm stehn
Brunhild die schöne · die da die Krone trug
In des Königs Lande · sie erschien wohl reich genug.
Da sah man viele Sitze · und gute Tafeln breit
Mit Speisen beladen · so hörten wir Bescheid.
Was sie da haben sollten · wie wenig fehlte dran!
Da sah man bei dem König · gar manchen herrlichen Mann.
Des Wirtes Kämmerlinge · in Becken goldesrot
Reichten ihnen Wasser · das wär' vergebne Not,
Sagte wer, man hätte · je fleiß'gern Dienst getan
Bei eines Fürsten Hochzeit · ich glaubte schwerlich daran.
Eh' der Vogt vom Rheine · hier das Wasser nahm,
Zu Gunthern trat da Siegfried · er durft' es ohne Scham,
Und mahnt' ihn seiner Treue · die er ihm gab zu Pfand,
Bevor er Brunhilden · daheim gesehen in Island.
Er sprach zu ihm: »Gedenket · mir schwur eure Hand,
Wenn wir Frau Brunhilden · brächten in dies Land,
Ihr gäbt mir eure Schwester · wo blieb nun der Eid?
Ihr wißt, bei eurer Reise · war keine Mühe mir leid.«
Da sprach der Wirt zum Gaste · »Recht, daß ihr mich mahnt.
Ich will den Eid nicht brechen · den ich schwur mit Mund und Hand:
Ich helf' es euch fügen · so gut es mag geschehn.«
Da hieß man Kriemhilden · zu Hofe vor den König gehn.
Mit ihren schönen Maiden · kam sie vor den Saal.
Da sprang von einer Stiege · Geiselher zutal:
»Nun heiß' wiederkehren · diese Mägdelein:
Meine Schwester soll alleine · hier bei dem Könige sein.«
Hin brachten sie Kriemhilden · wo man den König fand:
Da standen edle Ritter · von mancher Fürsten Land.
In dem weiten Saale · hieß man sie stille stehn;
Frau Brunhilden sah man · eben auch zu Tische gehn.
Da sprach der König Gunther · »Schwester, edle Maid,
Bei deiner Zucht und Güte · löse meinen Eid.
Ich schwur dich einem Recken · und nimmst du ihn zum Mann,
So hast du meinen Willen · mit großen Treuen getan.«
Die edle Maid versetzte · »Lieber Bruder mein,
Ihr sollt mich nicht flehen · ich will gehorsam sein.
Wie ihr mir gebietet · so soll es sein getan:
Dem will ich mich verloben · den ihr, Herr, mir gebt zum Mann.«
Von lieber Augen Blicken · ward Siegfrieds Farbe rot:
Zu Diensten sich der Recke · Frau Kriemhilden bot.
Man ließ sie miteinander · in einem Kreise stehn
Und frug sie, ob sie wolle · diesen Recken ausersehn.
Scheu, wie Mädchen pflegen · schämte sie sich ein Teil;
Jedoch war Siegfrieden · so günstig Glück und Heil,
Daß sie nicht verschmähen · wollte seine Hand.
Auch versprach sich ihr zum Manne · der edle Held von Niederland.
Da er sich ihr verlobte · und sich ihm die Maid,
Ein gütlich Umfangen · war da alsbald bereit
Von Siegfriedens Armen · dem schönen Mägdlein zart:
Die edle Königin küßt' er · in der Helden Gegenwart.
Sich schied das Gesinde · Als das geschah,
Auf dem Ehrenplatze · man Siegfrieden sah
Mit Kriemhilden sitzen · ihnen dient' da mancher Mann.
Man sah die Nibelungen · zugleich mit Siegfried sich nahn.
Der König saß zu Tische · bei Brunhild der Maid.
Da sah sie Kriemhilden · (nichts war ihr je so leid)
Bei Siegfrieden sitzen · zu weinen hub sie an,
Daß ihr manch heiße Träne · über lichte Wangen rann.
Da sprach der Wirt des Landes · »Was ist euch, Fraue mein,
Daß ihr so trüben lasset · lichter Augen Schein?
Ihr solltet recht euch freuen · euch ist untertan
Mein Land und meine Burgen · und mancher waidliche Mann.«
»Recht weinen sollt' ich eher« · sprach die schöne Maid,
»Deiner Schwester wegen · trag' ich Herzeleid.
Ich seh' sie sitzen neben · dem Eigenholden dein:
Wohl muß ich immer weinen · soll sie so erniedrigt sein.«
Da sprach der König Gunther · »Schweigt davon jetzt still,
Da ich euch ein andermal · die Kunde sagen will,
Warum meine Schwester · Siegfrieden ward gegeben.
Wohl mag sie mit dem Recken · allezeit in Freuden leben.«
Sie sprach: »Mich jammern immer · ihre Schönheit, ihre Zucht;
Wüßt' ich, wohin ich sollte · ich nähme gern die Flucht
Und wollt' euch nimmer eher · nahe liegen bei,
Bis ich wüßte, weshalb Kriemhild · die Braut von Siegfrieden sei.«
Da sprach König Gunther · »Ich mach' es euch bekannt:
Er hat selber Burgen · wie ich und weites Land.
Das dürft' ihr sicher glauben · er ist ein König reich:
Drum gönn' ich ihm zum Weibe · die schöne Magd ohne Gleich.«
Was ihr der König sagte · traurig blieb ihr Mut.
Da eilte von den Tischen · mancher Ritter gut:
Das Kampfspiel ward so heftig · daß rings die Burg erklang.
Dem Wirt bei seinen Gästen · ward die Weile viel zu lang.
Er dacht', er läge sanfter · der schönen Frauen bei.
Er wurde des Gedankens · nicht mehr im Herzen frei,
Von ihrer Minne müsse · ihm Liebes viel geschehn.
Da begann er freundlich · Frau Brunhilden anzusehn.
Vom Ritterspiel die Gäste · bat man abzustehn:
Mit seinem Weibe wollte · zu Bett der König gehn,
Vor des Saales Stiege · begegneten da
Sich Kriemhild und Brunhild · noch in Güte das geschah.
Da kam ihr Ingesinde · sie säumten länger nicht:
Ihre reichen Kämmerlinge · brachten ihnen Licht.
Es teilten sich die Recken · in beider Kön'ge Lehn.
Da sah man viel der Degen · hinweg mit Siegfrieden gehn.
Die Helden kamen beide · hin wo sie sollten liegen.
Da dachte jedweder · mit Minnen obzusiegen
Den minniglichen Frauen · des freute sich ihr Mut.
Siegfriedens Kurzweil · die wurde herrlich und gut.
Als Siegfried der Degen · bei Kriemhilden lag
Und er da der Jungfrau · so minniglich pflag
Mit seinen edeln Minnen · sie ward ihm wie sein Leben:
Er hätte nicht die eine · für tausend andre gegeben.
Ich sag' euch nicht weiter · wie er der Frauen pflag.
Nun hört diese Märe · wie der König Gunther lag
Bei Brunhild der Frauen · der zierliche Degen
Hätte leichtlich sanfter · bei andern Frauen gelegen.
Das Volk hatt' ihn verlassen · zumal, so Frau als Mann:
Da ward die Kemenate · balde zugetan.
Er wähnt', er solle kosen · ihren minniglichen Leib:
Da währt' es noch gar lange · bevor sie wurde sein Weib.
Im weißen Linnenhemde · ging sie ins Bett hinein.
Der edle Ritter dachte · »Nun ist das alles mein,
Wes mich je verlangte · in allen meinen Tagen.«
Sie mußt' ob ihrer Schöne · mit großem Recht ihm behagen.
Das Licht begann zu bergen · des edeln Königs Hand.
Hin ging der kühne Degen · wo er die Jungfrau fand.
Er legte sich ihr nahe · seine Freude die war groß,
Als die Minnigliche · der Held mit Armen umschloß.
Minnigliches Kosen · möcht' er da viel begehn,
Ließe das willig · die edle Frau geschehn.
Doch zürnte sie gewaltig · den Herrn betrübte das.
Er wähnt, er fände Freude · da fand er feindlichen Haß.
Sie sprach: »Edler Ritter · laßt euch das vergehn:
Was ihr da habt im Sinne · das kann nicht geschehn.
Ich will noch Jungfrau bleiben · Herr König, merkt euch das,
Bis ich die Mär' erfahre« · Da faßte Gunther ihr Haß.
Er rang nach ihrer Minne · und zerrauft' ihr Kleid.
Da griff nach einem Gürtel · die herrliche Maid,
Einer starken Borte · die sie um sich trug:
Da tat sie dem König · großen Leides genug.
Die Füß' und die Hände · sie ihm zusammenband,
Zu einem Nagel trug sie ihn · und hing ihn an die Wand,
Als er im Schlaf sie störte · sein Minnen sie verbot.
Von ihrer Stärke hätt' er · beinah' gewonnen den Tod.
Da begann zu flehen · der Meister sollte sein:
»Nun löst mir die Bande · viel edle Fraue mein.
Ich getrau' euch, schöne Herrin · doch nimmer obzusiegen
Und will auch wahrlich selten · mehr so nahe bei euch liegen.«
Sie frug nicht, wie ihm wäre · da sie in Ruhe lag.
Dort muß' er hangen bleiben · die Nacht bis an den Tag,
Bis der lichte Morgen · durchs Fenster warf den Schein:
Hatt' er je Kraft besessen · die ward an seinem Leibe klein.
»Nun sagt mir, Herr Gunther · ist euch das etwa leid,
Wenn euch gebunden finden« · sprach die schöne Maid,
»Eure Kämmerlinge · von einer Frauen Hand?«
Da sprach der edle Ritter · »Das würd' euch übel gewandt.
»Auch wär' mir's wenig Ehre« · sprach der edle Mann:
»Bei eurer Zucht und Güte · nehmt mich nun bei euch an.
Und ist euch meine Minne · denn so mächtig leid,
So will ich nie berühren · mit meiner Hand euer Kleid.«
Da löste sie den König · daß er nicht länger hing:
Wieder an das Bette · er zu der Frauen ging.
Er legte sich so ferne · daß er ihr Hemde fein
Nicht oft darnach berührte · auch wollte sie des ledig sein.
Da kam auch ihr Gesinde · das brachte neu Gewand:
Des war heute Morgen · genug für sie zur Hand.
Wie froh man da gebahrte · traurig genug
War der Herr des Landes · wie er des Tags die Krone trug.
Nach des Landes Sitte · die zu begehen Pflicht,
Unterließ es Gunther · mit Brunhild länger nicht:
Sie gingen nach dem Münster · wo man die Messe sang.
Dahin auch kam Herr Siegfried · da hob sich mächtiger Drang.
Nach königlichen Ehren · war da für sie bereit,
Was sie haben sollten · die Krone wie das Kleid.
Da ließen sie sich weihen · als das war geschehn,
Da sah man unter Krone · alle viere herrlich stehn.
Das Schwert empfangen Knappen · sechshundert oder mehr,
Den Königen zu Ehren · auf meines Worts Gewähr.
Da hob sich große Freude · im Burgundenland:
Man hörte Schäfte klirren · an der Schwertdegen Hand.
Da saßen in den Fenstern · die schönen Mägdelein.
Sie sahen vor sich leuchten · manches Schildes Schein.
Nun hatte sich der König · getrennt von seinem Lehn:
Was man beginnen mochte · er ließ es trauernd geschehn.
Ihm und Siegfrieden · ungleich stand der Mut:
Wohl wußte, was ihm fehlte · der edle Ritter gut.
Da ging er zu dem König · zu fragen er begann:
»Wie ist's euch gelungen · die Nacht? Das sagt mir an.«
Da sprach der Wirt zum Gaste · »Den Schimpf und den Schaden
Hab' ich an meiner Frauen · in mein Haus geladen.
Ich wähnte sie zu minnen · wie schnell sie mich da band!
Zu einem Nagel trug sie mich · und hing mich hoch an die Wand.
»Da hing ich sehr in Ängsten · die Nacht bis an den Tag,
Eh' sie mich wieder löste · wie sanft sie da lag!
Das sei dir in der Stille · geklagt in Freundlichkeit.«
Da sprach der starke Siegfried · »Das ist in Wahrheit mir leid.
»Das will ich euch beweisen · verschmerzt ihr den Verdruß.
Ich schaffe, daß sie heute Nacht · so nah euch liegen muß,
Daß sie euch ihre Minne · nicht länger vorenthält.«
Die Rede hörte gerne · nach seinem Leide der Held.
Da sprach der starke Siegfried · »Es wird noch alles gut.
Uns beiden war wohl ungleich · heute Nacht zumut.
Mir ist deine Schwester · wie Leben lieb und Leib!
So muß nun auch Frau Brunhild · noch heute werden dein Weib.
»Ich komme heute Abend · zu deinem Kämmerlein
Also wohl verborgen · in der Tarnkappe mein,
Daß sich meiner Künste · niemand mag versehn.
Laß dann die Kämmerlinge · zu ihren Herbergen gehn:
»So lesch' ich den Knappen · die Lichter an der Hand:
Daß ich sei darinnen · sei dir dadurch bekannt,
Und daß ich gern dir diene · So zwing' ich dir dein Weib,
Daß du sie heute minnest · ich verlör' denn Leben und Leib.«
»Wenn du sie nicht minnest« · der König sprach da so,
»Meine liebe Fraue · des andern bin ich froh;
Was du auch tust und nähmst du · Leben ihr und Leib,
Das wollt' ich wohl verschmerzen · sie ist ein schreckliches Weib.«
»Das nehm' ich,« sprach da Siegfried · »auf die Treue mein,
Daß ich sie nicht berühre · die liebe Schwester dein
Geht mir über alle · die ich jemals sah.«
Wohl glaubte König Gunther · der Rede Siegfriedens da.
Da gab's von Ritterspielen · Freude so wie Not,
Den Buhurd und das Lärmen · man allzumal verbot.
Da wo die Frauen sollten · nach dem Saale gehn,
Geboten Kämmerlinge · den Leuten, nicht im Weg zu stehn.
Von Rossen und von Leuten · räumte man den Hof.
Der Frauen jedwede · führt' ein Bischof,
Als sie vor den Königen · zu Tische sollten gehn.
Ihnen folgten zu den Stühlen · viel der Degen ausersehn.
Bei seinem Weib der König · in froher Hoffnung saß:
Was Siegfried ihm verheißen · im Sinne lag ihm das.
Der eine Tag ihn dauchte · wohl dreißig Tage lang:
Nach seiner Fraue Minne · all sein Denken ihm rang.
Er konnt' es kaum erwarten · bis vorbei das Mahl.
Brunhild die schöne · rief man aus dem Saal
Und auch Kriemhilden · sie sollten schlafen gehn:
Hei! was man kühner Degen · sah vor den Königinnen stehn!
Siegfried der Herre · gar minniglich saß
Bei seinem schönen Weibe · mit Freuden ohne Haß.
Sie koste seine Hände · mit ihrer weißen Hand,
Bis er ihr vor den Augen · sie wußte nicht wie, verschwand.
Da sie mit ihm spielte · und sie ihn nicht mehr sah,
Zu seinem Ingesinde · sprach die Königin da:
»Mich wundert sehr, wo ist doch · der König hingekommen?
Wer hat seine Hände · mir aus den meinen genommen?«
Sie ließ die Rede bleiben · Da eilt' er hinzugehn,
Wo er die Kämmerlinge · fand mit Lichtern stehn:
Die lescht' er unversehens · den Knappen an der Hand:
Daß es Siegfried wäre · das war da Gunthern bekannt.
Wohl wußt' er, was er wolle · er ließ von dannen gehn
Mägdelein und Frauen · Als das war geschehn,
Der edle König selber · verschloß der Kammer Tür:
Starke Riegel zweie · die warf er eilends dafür.
Hinterm Bettvorhange · barg er der Kerzen Licht.
Ein Spiel sogleich begannen · vermeiden ließ sich's nicht,
Siegfried der starke · und die schöne Maid:
Das war dem König Gunther · beides lieb und auch leid.
Da legte sich Siegfried · der Königin bei.
Sie sprach: »Nun laßt es, Gunther · wie lieb es euch auch sei,
Daß ihr nicht Not erleidet · heute so wie eh.«
Nicht lang, so tat die Fraue · dem kühnen Siegfried ein Weh'.
Er hehlte seine Stimme · kein Wörtlein sprach er da.
Wohl hörte König Gunther · obgleich er sie nicht sah,
Daß Heimliches von beiden · wenig geschehen sei;
Nicht viel bequeme Ruhe · im Bette fanden die Zwei.
Er stellte sich, als wär' er · Gunther der König reich;
Er umschloß mit Armen · das Mägdlein ohne Gleich'.
Sie warf ihn aus dem Bette · dabei auf eine Bank,
Daß laut an einem Schemel · ihm das Haupt davon erklang.
Wieder auf mit Kräften · sprang der kühne Mann,
Es besser zu versuchen · wie er das begann,
Daß er sie zwingen wollte · da widerfuhr ihm Weh.
Ich glaube nicht, daß solche Wehr · von Frauen je wieder gescheh'.
Da er's nicht lassen wollte · das Mägdlein aufsprang:
»Euch ziemt nicht zu zerraufen · mein Hemd also blank.
Ihr seid ungezogen · das wird euch noch leid.
Des bring' ich euch wohl inne« · sprach die waidliche Maid.
Sie umschloß mit den Armen · den teuerlichen Degen
Und wollt' ihn auch in Bande · wie den König legen,
Daß sie im Bette läge · mit Gemächlichkeit.
Wie grimmig sie das rächte · daß er zerzerret ihr Kleid!
Was half ihm da die Stärke · was seine große Kraft?
Sie erwies dem Degen · ihres Leibes Meisterschaft.
Sie trug ihn übermächtig · das mußte nur so sein,
Und drückt' ihn ungefüge · bei dem Bett an einen Schrein.
»O weh,« gedacht' er, »soll ich · Leben nun und Leib
Von einer Maid verlieren · so mag jedes Weib
In allen künft'gen Zeiten · tragen Frevelmut
Dem Manne gegenüber · die es sonst wohl nimmer tut.«
Der König hörte alles · er bangte für den Mann.
Da schämte sich Siegfried · zu zürnen fing er an.
Mit ungefügen Kräften · ihr widersetzt' er sich
Und versuchte seine Stärke · an Brunhilden ängstiglich.
Es währte lang dem König · bis Siegfried sie bezwang.
Sie drückte seine Hände · daß aus den Nägeln sprang
Das Blut von ihren Kräften · das war dem Helden leid.
Bald zwang er zu verleugnen · diese herrliche Maid
Den ungestümen Willen · den sie erst dargetan.
Alles vernahm der König · doch hört' er's schweigend an.
Er drückte sie ans Bette · daß sie aufschrie laut:
Des starken Siegfrieds Kräfte · schmerzten übel die Braut.
Da griff sie nach der Hüfte · wo sie die Borte fand,
Und dacht' ihn zu binden · doch wehrt' es seine Hand,
Daß ihr die Glieder krachten · dazu der ganze Leib.
Da war der Streit zu Ende · da wurde sie Gunthers Weib.
Sie sprach: »Edler König · nimm mir das Leben nicht:
Was ich dir tat zuleide · vergüt' ich dir nach Pflicht.
Ich wehre mich nicht wieder · der edeln Minne dein:
Ich hab' es wohl erfahren · daß du magst Frauen Meister sein.«
Aufstand da Siegfried · liegen blieb die Maid,
Als dächt' er abzuwerfen · eben nur das Kleid.
Er zog ihr vom Finger · ein Ringlein von Gold,
Daß es nicht gewahrte · die edle Königin hold.
Auch nahm er ihren Gürtel · eine Borte gut.
Ich weiß nicht, geschah es · aus hohem Übermut.
Er gab ihn seinem Weibe · das ward ihm später leid.
Da lagen beieinander · der König und die schöne Maid.
Er pflag der Frauen minniglich · wie es geziemend war:
Scham und Zorn verschmerzen · mußte sie da gar.
Von seinen Heimlichkeiten · ihre lichte Farb' erblich.
Hei! wie von der Minne · die große Kraft ihr entwich!
Da war auch sie nicht stärker · als ein ander Weib.
Minniglich umfing er · ihren schönen Leib;
Wenn sie noch widerstände · was könnt' es sie verfahn?
Das hat' ihr alles Gunther · mit seinem Minnen getan.
Wie minniglich der Degen · da bei der Frauen lag
In freundlicher Liebe · bis an den lichten Tag!
Inzwischen war Herr Siegfried · längst schon hindann:
Da ward er wohl empfangen · von einer Frauen wohlgetan.
Er wich allen Fragen · aus, die sie erdacht,
Und hehlt' ihr noch lange · was er mitgebracht,
Bis sie in seinem Lande · unter der Krone ging:
Da unterblieb's nicht länger · daß sie die Gabe empfing.
Dem Wirt am andern Morgen · viel höher stand der Mut.
Als am ersten Tage · da ward die Freude gut
In allen seinen Landen · bei manchem edeln Mann.
Die er zu Hof geladen · denen ward viel Dienst getan.
Vierzehn Tage währte · diese Lustbarkeit,
Daß sich der Schall nicht legte · in so langer Zeit
Von aller Lust und Kurzweil · die man erdenken mag.
Wohl verwandte hohe Kosten · der König bei dem Hofgelag'.
Des edeln Wirtes Freunde · wie es der Herr gewollt,
Verschenkten ihm zu Ehren · Kleider und rotes Gold,
Silber auch und Rosse · an manchen fremden Mann.
Die um Gabe warben · die schieden fröhlich hindann.
Auch der kühne Siegfried · aus dem Niederland
Mit seinen tausend Mannen · – all das Gewand,
Das sie gebracht zum Rheine · ward ganz dahin gegeben,
Schöne Ross' und Sättel · sie wußten herrlich zu leben.
Bevor die reiche Gabe · noch alle war verwandt,
Schon daucht' es die zu lange · die wollten in ihr Land.
Nie sah man ein Gesinde · mehr so wohl verpflegen.
So endete die Hochzeit · da schied von dannen mancher Degen.