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Zbyszko traf alle Vorbereitungen, wie er gesagt hatte, denn Mackos Zustand verschlimmerte sich sichtlich. Anfänglich hielt diesen die Freude aufrecht über den Einzug in die Heimat, aber schon am dritten Tage änderte sich dies und der Schmerz in der Seite verschlimmerte sich dermaßen, daß sich der Kranke niederlegen mußte. Zbyszko ging zuerst bei Tag in den Wald, besichtigte die Bienenstöcke, entdeckte ganz in der Nähe der Sümpfe eine deutliche Spur und beredete sich mit dem Zeidler Wawrek, welcher des Nachts gewöhnlich, zusammen mit einigen grimmigen Hunden aus Podhale, in einer Hütte zu schlafen pflegte, just aber wegen der herbstlichen Kühle in das Dorf übergesiedelt war.
Beide rissen gemeinsam die Hütte ab, führten die Hunde hinweg, bestrichen da und dort die Baumstämme mit Honig, um durch den Geruch das Tier anzulocken, dann kehrte Zbyszko nach Hause zurück und traf die weiteren Vorbereitungen zu seinem Unternehmen. Er kleidete sich der Wärme wegen in einen Oberrock von Elendsleder, der jedoch keine Aermel hatte, das Haupt bedeckte er mit einer festen Mütze aus Eisendraht, um sich dagegen zu schützen, daß ihm der Bär die Kopfhaut zerreiße, und schließlich bewaffnete er sich mit einer gut geschmiedeten, doppelzinkigen Heugabel und mit einem stählernen, breiten Beil, das einen weit längeren eichenen Stiel hatte, als die Beile, deren sich die Zimmerleute zu bedienen pflegen.
Als der Abend anbrach, befand er sich schon an Ort und Stelle.
Nachdem er einen geeigneten Platz ausgesucht hatte, ließ er sich, das Zeichen des Kreuzes machend, nieder und harrte auf das, was kommen werde.
Die rötlichen Strahlen der untergehenden Sonne schimmerten zwischen den Aesten hervor. Ueber den Wipfeln der Föhren flatterten Krähen, krächzend und mit den Flügeln schlagend; hin und wieder schoß ein Hase einer Quelle zu und veranlaßte dadurch ein Rascheln der goldgelben Sträuche und der gefallenen Blätter; bisweilen huschte ein Marder durch die Buchen. Im Dickicht war noch immer das Gezirpe der Vögel zu hören, das jedoch allmählich verstummte.
Allein selbst beim Sonnenuntergang trat im Walde keine Ruhe ein. Bald kamen Rudel von Wölfen lärmend und heulend an Zbyszko vorüber, bald trabten Elentiere in langen Reihen vorbei, eines den Kopf dicht an dem Schwanze des andern haltend. Die dürren Zweige krachten unter ihren Hufen, jene aber, noch von den rötlichen Sonnenstrahlen getroffen, strebten den Sümpfen zu, wo sie sich des Nachts ruhig und sicher fühlten. Schließlich vergoldete die Abendröte das ganze Firmament, die Wipfel der Föhren schienen wie in Feuer getaucht zu sein, und eine tiefe Ruhe lagerte sich über alles. Der Wald versank in Schlaf. Dunkelheit breitete sich über die Erde aus und stieg zu der leuchtenden Abendröte empor, welche allmählich verblaßte, um dann ganz zu erlöschen.
»Jetzt, solange die Wölfe nicht heulen, wird es ruhig werden,« dachte Zbyszko. Er bedauerte gleichwohl, daß er die Armbrust nicht mitgebracht hatte, denn er hätte vielleicht mit Leichtigkeit einen Wolf oder ein Elentier erlegen können. Inzwischen drang von den Sümpfen her noch einige Zeit hindurch immer wieder ein dumpfer Ton, der wie schweres Stöhnen und Seufzen lautete. Mit einem gewissen Mißbehagen schaute Zbyszko nach dieser Richtung hin, war es doch auch ihm bekannt, daß der Bauer Radzik, welcher dort irgendwo in einer Lehmhütte gewohnt hatte, plötzlich mit seiner ganzen Familie verschwunden war, als ob ihn die Erde verschlungen hätte. Etliche Leute behaupteten, er sei von Räubern überfallen worden, andere dagegen wollten in der Nähe des Häuschens seltsame Spuren gesehen haben, die weder von Menschen noch von Tieren herrühren konnten, und diese Leute schüttelten den Kopf, ja, sie überlegten, ob es nicht wohl ratsam sei, den Geistlichen aus Krzesnia zu berufen, damit er die Hütte weihe. Dazu kam es freilich nicht, denn es fand sich niemand, der hier wohnen wollte, und das Häuschen, oder vielmehr der Lehm, mit dem die Reisigwände beworfen waren, wurde nach und nach von dem Regen ausgewaschen, von da an stand aber die Gegend in üblem Rufe. Der Zeidler Wawrek, der während des Sommers hier in einer kleinen Hütte nächtigte, kümmerte sich zwar nichts darum, allein gerade deshalb wurde auch viel über ihn gesprochen. Zbyszko, mit einer Heugabel und einem Beil bewaffnet, fürchtete sich zwar nicht vor wilden Tieren, allein es erfaßte ihn sofort ein gewisses Unbehagen bei dem Gedanken an unsichtbare Gewalten, und er war sehr froh darüber, als schließlich jene Töne verstummten.
Immer dunkler ward die Nacht. Kein Luftzug regte sich mehr, sogar das gewöhnliche Rauschen in den Wipfeln der Föhren ließ sich nicht mehr vernehmen. Eine solche Ruhe herrschte, daß wenn von Zeit zu Zeit da und dort ein Tannenzapfen zur Erde fiel, der Klang weithin tönte, eine so lautlose Stille umgab Zbyszko, daß er seinen eigenen Atem hören konnte.
Lange Zeit saß der junge Ritter unbeweglich auf seinem Platze und wartete auf den Bären. Nach und nach aber schweiften seine Gedanken ab; er gedachte Danusias, die mit Anna Danuta in ferne Gegenden fuhr. Lebhaft sah er sie vor sich, wie er sie in die Arme genommen hatte, als er sich von ihr und von der Fürstin verabschiedete, er erinnerte sich, wie ihr die Thränen über das Antlitz rannen, er erinnerte sich ihrer zarten Gesichtsfarbe, ihres goldhaarigen Köpfchens, ihres Kränzleins aus Kornblumen, ihres Gesanges, ihrer roten spitzen Schuhe, die er beim Abschied geküßt hatte. An seinem geistigen Auge zog all das vorüber, was sich seit der Zeit ereignet hatte, seit er und Danusa sich näher getreten waren, und ein solcher Schmerz über die Trennung, ein solches Sehnen nach dem geliebten Mädchen ergriff ihn, daß diese Gefühle alles andere aus seinem Gedächtnis verdrängten. Er vergaß, wo er war, er vergaß des Bären und sagte sich immer und immer wieder: »Ich werde zu Dir wandern, denn ohne Dich hat das Leben für mich keinen Wert!«
Ja, das wollte er thun, er mußte nach Masovien reisen, in Bogdaniec würde er zu Grunde gehen, das fühlte er. Und Jurand kam ihm in den Sinn und dessen auffälliger Widerstand, und er sagte sich, er müsse sich auch zu diesem begeben, um die geheimnisvollen Gründe zu erforschen, die sich seinem Werben hindernd entgegen stellten, die aber vielleicht durch eine Forderung zum Kampfe auf Leben und Tod beseitigt werden konnten. So lebhaft stürmten diese Gedanken auf ihn ein, daß ihm war, als ob Danusia ihm die Hände entgegenstrecke und rufe: »Zbyszko, komm, komm!« Weshalb sollte er diesem Rufe nicht Folge leisten? Nein, er schlummerte nicht, und doch sah er die Geliebte so deutlich vor sich, wie es nur im Traume möglich war. Wie wenn es Wirklichkeit wäre! Ja, da fährt Danusia jetzt neben der Fürstin dahin und läßt ihre Finger über die Laute gleiten und singt! Doch sie denkt an ihn. Sie weiß, daß sie ihn bald wiedersehen wird, und vielleicht blickt sie umher, ob er nicht hinter ihnen im Galopp daherreite. Aber es ist nicht so – er befindet sich im finsteren Walde.
Hier fuhr Zbyszko aus seinem Sinnen empor, aber nicht deshalb, weil er sich plötzlich erinnerte, wo er sich befand, sondern hauptsächlich darum, weil er ein Geräusch zu vernehmen glaubte. Er faßte die Heugabel fest in die Hand, neigte das Haupt vor und lauschte gespannt.
Das Geräusch dauerte an, und während einiger Zeit war es ganz deutlich zu vernehmen. Die dürren Aeste krachten wie unter äußerst vorsichtigen Schritten, die gefallenen Blätter und Sträuche knisterten ... Irgend etwas Lebendiges näherte sich.
Zeitweise ließ indes das Geräusch nach, gerade als ob ein Tier durch die Bäume zurückgehalten werde, um gleich darauf so sachte und behutsam wieder anzuheben, daß Zbyszko es nur durch angestrengtes Horchen vernehmen konnte. Stets aufs neue aber ließen sich Schritte unterscheiden und immer wieder fragte sich Zbyszko vor Staunen, was das wohl sein könne, das so leise durch den Wald schleiche. Vielleicht fürchtet sich »der Alte« vor den Hunden, welche in der hier gestandenen Hütte gehalten wurden, sagte er sich nach kurzem Ueberlegen, oder vielleicht mag es auch ein Wolf sein, der mich wittert.
Mittlerweile hörten die Schritte auf. Zbyszko vernahm deutlich, daß irgend ein Wesen zwanzig oder dreißig Schritte vor ihm Halt machte – gerade als ob es sich niederkauere. Immer wieder strengte er seine Sehkraft an – allein, wenn er auch die Baumstämme trotz der Dunkelheit zu unterscheiden vermochte, er konnte nichts Auffälliges entdecken. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als geduldig zu warten.
Und er mußte so lange warten, daß er abermals von Staunen ergriffen ward.
Der Bär wird doch kaum zu den Bienenstöcken kommen, um zu schlafen, sagte er sich, ein Wolf aber würde mich längst gewittert haben und mich nicht bis früh morgens unbehelligt lassen.
Mit einem Male lief ihm ein Frösteln über den ganzen Körper.
Wie, so dachte er, wenn irgend ein Gespenst aus den Sümpfen emporgestiegen wäre, um sich ihm von hinten zu nähern? Oder was sollte er thun, wenn ihn die feuchtkalten Hände eines Ertrunkenen packen würden, wenn ihn ein Vampyr mit seinen grünen Augen zu durchbohren suchte, was sollte er beginnen, wenn plötzlich ein lautes Lachen hinter ihm ertönte, oder wenn ein Kopf auf Spinnenfüßen mit einem geisterhaften Antlitz hinter einer Tanne hervortreten würde? Er fühlte, wie sich ihm unter seiner Mütze von Eisendraht die Haare sträubten – da plötzlich ertönte das Geräusch vor ihm lauter und deutlicher als zuvor. Der junge Kämpe atmete erleichtert auf. Ohne Zweifel hatte ihn das Ungeheuer im Kreise umgangen, um sich ihm nun von vorn zu nähern. Das war ihm sehr erwünscht. Von neuem faßte er die Heugabel fest in die Hand, erhob sich leise und wartete gespannt.
Mit einem Male fuhr ein Rauschen durch die Wipfel der Föhren, von den Sümpfen her wehte ein leichter Luftzug, ein übler Geruch zog in die Nase des Harrenden.
Jetzt konnte kein Zweifel mehr herrschen, Meister Petz rückte heran.
Alle Furcht war von Zbyszko gewichen. Den Kopf vorbeugend, strengte er Augen und Ohren übermenschlich an. Schwere Tritte wurden deutlich vernehmbar, der üble Geruch verstärkte sich, und nach wenigen Sekunden ertönte ein lautes Schnauben und Brummen.
Wenn es nur nicht zwei sind! dachte Zbyszko.
Aber in diesem Augenblick gewahrte er den unförmigen Körper eines großen dunkeln Tieres, das von den Sümpfen kommend, ihn noch nicht gewittert haben mochte, weil es durch den Geruch des auf die Stämme gestrichenen Honigs angezogen wurde.
»Willkommen, Großväterchen!« rief Zbyszko, unter den Tannen hervortretend.
Der Bär stieß ein kurzes Gebrüll aus; zweifellos erschreckte ihn die unerwartete Erscheinung, allein er war schon zu nahe gekommen, um sich durch die Flucht zu retten. Ohne weiteres erhob er sich auf den Hinterfüßen und streckte die Vordertatzen wie zu einer Umarmung aus. Darauf hatte Zbyszko gewartet; er nahm einen Anlauf, sprang wie der Blitz vor, um dann mit aller Gewalt seiner kräftigen Arme dem Tiere die Heugabel in die Brust zu stoßen.
Ein schaudererregendes Gebrüll erfüllte jetzt den ganzen Wald. Der Bär, die Heugabel mit seinen Tatzen ergreifend, strengte sich vergeblich an, sie herauszuziehen, die scharfen Zinken saßen fest. Durch dies Bemühen vergrößerte daher das Tier nur den entsetzlichen Schmerz, und als es versuchte, seinem Gegner näher zu kommen, trug es abermals dazu bei, daß die Heugabel noch tiefer in seine Brust drang. Zbyszko aber, der sich nicht klar darüber war, ob er die Heugabel tief genug eingestoßen hatte, ließ den Stiel nicht los. So standen sich Mensch und Tier zerrend und zausend gegenüber. Voll Wut und Verzweiflung brüllte der Bär laut auf. Zbyszko war nicht im stande, das Beil zu erfassen, so lange er nicht das Ende des zugespitzten Stieles der Heugabel in die Erde zu stoßen vermochte, der Bär hingegen, als ob er verstünde, um was es sich handle, zerrte unaufhörlich mit den Vorderpfoten die Heugabel und mit ihr Zbyszko hin und her – und trotz der Qual, welche ihm bei jeder Bewegung die tiefeinbiegenden Zinken verursachten, widersetzte er sich so Zbyszkos Absicht. In solcher Weise zog sich der Kampf in die Länge, und Zbyszko fühlte immer deutlicher, daß seine Kräfte erlahmten. Gleichzeitig sagte er sich aber auch, daß er verloren wäre, sobald er stürzen würde. So nahm er sich denn nochmals zusammen, bot seine ganze Kraft auf, stemmte die Füße fest auf die Erde, bog sich, um nicht nach rückwärts zu stürzen, so weit vor, daß sein Rücken vollständig gekrümmt war und murmelte voll Wut durch die aufeinander gepreßten Zähne: »Einer von uns muß zu Grunde gehen, ich oder Du.«
Und es erfaßte ihn schließlich ein solcher Zorn, ein solcher Grimm, daß er eher sich selbst geopfert hätte, als die Bestie freigegeben. Doch siehe da, er strauchelte mit einem Male über eine Baumwurzel und würde sicherlich zu Boden gestürzt sein, wenn nicht in diesem Augenblicke eine zweite dunkle Gestalt vor ihm aufgetaucht wäre, wenn nicht eine zweite Heugabel die Bestie getroffen und ihm eine Stimme zugerufen hätte: »Das Beil!«
In der Hitze des Kampfes überlegte Zbyszko nicht erst, woher ihm die unerwartete Hilfe komme, sondern er ergriff das Beil und versetzte dem Bären einen wuchtigen Schlag. Die Heugabeln zerbrachen krachend unter der gewaltigen Schwere des in Konvulsionen sich krümmenden Tieres, das sich wie vom Blitz getroffen röchelnd auf der Erde wälzte. Aber schließlich hörte dies Röcheln auf. Die herrschende Stille ward nur durch das laute Atmen Zbyszkos gestört, der sich an eine Tanne lehnte, da seine Füße den Dienst zu versagen drohten. Gleich darauf erhob er jedoch das Haupt, erblickte eine neben ihm stehende Gestalt und fuhr erschreckt zusammen, sagte er sich doch, dies könne kein menschliches Wesen sein.
»Wer ist hier?« fragte er schließlich unruhig.
»Jagienka!« erwiderte eine zarte weibliche Stimme.
Zbyszko, von Staunen ergriffen, glaubte seinen Ohren nicht trauen zu dürfen. Allein jeder Zweifel mußte bald weichen, denn Jagienka ließ sich von neuem vernehmen: »Ich schlage jetzt Feuer an ...«
Sofort ertönte das Zusammenschlagen des Feuersteines, die Funken sprühten, und bei ihrem flimmernden Scheine gewahrte Zbyszko die weiße Stirn, die dunkeln Brauen und die gespitzten Lippen des Mädchens, das den glimmenden Zunder anblies. Und als er sich sagte, daß dies junge Mädchen in den Wald gekommen war, um ihm beizustehen, daß er ohne dessen Hilfe elend zu Grunde gegangen wäre – da floß sein Herz über von Dankbarkeit. Ohne seine Handlungsweise lange zu erwägen, umfaßte er Jagienka und küßte sie auf beide Wangen.
Ihr aber fielen Zunder und Feuerstein aus den Händen.
»Verhalte Dich ruhig, hörst Du?« gebot sie mit etwas gedämpfter Stimme, allein trotzdem entzog sie ihm ihr Antlitz nicht, nein, im Gegenteil, sie näherte wie unwillkürlich ihren Mund den Lippen Zbyszkos.
Dieser gab sie indessen frei und sagte: »Gott wird Dir lohnen. Ich weiß nicht, was ohne Dich aus mir geworden wäre!«
Nun ließ sich Jagienka, die sich niederkauerte, um in der Dunkelheit Feuerstein und Zunder wieder zu finden, also vernehmen: »Ich fürchtete für Dich, weil Bezduch, trotzdem er wie Du mit der Heugabel und mit dem Beile auszog, von den Bären zerrissen ward. Gott verhütete dies. Was hätte aber auch Macko angefangen, er, der ja so schon nur schwer zu atmen vermag. Nun, ich bewaffnete mich mit der Heugabel und folgte Deiner Spur.«
»Demnach schlichst Du zwischen den Tannen hindurch?«
»Ja, ich.«
»Und ich glaubte, es sei der Böse.«
»Mich überkam auch keine geringe Furcht, denn gar unheimlich ist es in dunkler Nacht bei den Sümpfen von Rudzik.«
»Weshalb hast Du denn nicht gerufen?«
»Ach, ich fürchtete, Du könntest mich wegjagen.«
So sprechend, fing sie wieder von neuem an, Feuer zu schlagen. Dann legte sie auf den glimmenden Zunder ein Stückchen dürrer Rinde von einem Flachsstengel, das sofort in helle Flammen aufging.
»Ich habe zwei kleine scheite Holz bei mir,« rief sie hierauf, »Du aber mußt rasch einige dürre Aeste sammeln, dann werden wir gleich ein gutes Feuer haben.«
In der That knisterte auch schon nach wenigen Minuten ein lustiges Feuer, dessen Schein den in einer großen Blutlache liegenden schmutzig-braunen Körper des Bären grell beleuchtete.
»Ei, welch mächtiges Tier!« rief Zbyszko mit einer gewissen Selbstgefälligkeit.
»Aber sieh nur, der Kopf ist fast ganz gespalten. Ach, Herr Jesus!«
Nach diesen Worten bückte sie sich und fuhr mit der Hand in das zottige Fell des Ungetüms, um sich zu überzeugen, ob das Tier fett sei. Gleich darauf erklärte sie mit frohem Gesicht: »Auf wenigstens zwei Jahre hinaus werdet Ihr Fett haben.«
»Die Heugabeln sind aber ganz entzwei. Schau nur her!«
»Das ist einmal ein Unglück! Was soll ich nun zu Hause sagen?«
»Was ist denn, was hast Du denn?«
»Ach, das Väterchen hätte mir nicht erlaubt, des Nachts in den Wald zu gehen. Ich mußte daher warten, bis sich alle schlafen gelegt hatten. Erzähle keinem Menschen, daß ich hierher gekommen bin,« fügte sie nach kurzem Schweigen hinzu, »man könnte mich sonst verspotten.«
»Nach Hause werde ich Dich aber begleiten. Wie leicht könnten Dich Wölfe überfallen, und Du hast jetzt keine Heugabel mehr.«
»Ja, das ist mir recht.«
Noch eine geraume Zeit plauderten sie bei dem getöteten Bären, an dem lustig prasselnden Feuer stehend, und glichen in ihrer jugendlichen Schöne zwei holden Waldgeschöpfen.
Zbyszko blickte sinnend auf das liebliche, von der Flamme des Feuers hell beleuchtete Antlitz Jagienkas und sagte plötzlich voll unwillkürlicher Bewunderung: »Ein zweites Mädchen wie Du giebt es auf der ganzen Welt nicht mehr. Du solltest mit in den Kampf ziehen.«
Da schaute ihm Jagienka tief in die Augen und erwiderte fast traurig: »So sagen alle, doch verlache mich darob nicht!«