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219. Die Schwerhörigkeit Vieler ist meist nur zu einem Viertel organisch. Der Rest fällt zu gleichen Teilen auf die Unfähigkeit, Konzentriertes zu verstehen, auf den Ärger darüber und auf den glücklichen Einfall, der Mann spreche zu leise. Tue es und er wird besser hören.
220. Der liebe Gott ist eine immer schlechter wirkende Medizin für Kränkliche. Auch mit Theosophie wirst du nicht mehr viel ausrichten. Erzähle dem Kranken Zoten, niederträchtige Anekdoten und schiebe seiner Vergangenheit schlaue Lumpereien unter. Er wird dich nach einer Woche lieben, nach der zweiten beschenken, nach der dritten zum Erben einsetzen.
221. Willst du in einer Gesellschaft den Geistreichen spielen, ohne auch nur den Mund zu öffnen, so mache, so oft jemand etwas Feines sagt, ein Gesicht, als regne es dir in die Nase. Man wird glauben, du hättest eine ganz besonders feine, dir wohl etwas beiweitem Feineres gedacht und wärest lediglich zu feinfühlig, es auszusprechen. (Hast du Zeit, es darauf anzulegen, kannst du dir auf diese nicht sehr anstrengende Weise literarischen Ruf verschaffen.)
222. Manche Intelligenzen stellen sich dumm, so wie ein Käfer beim Herannahen des Menschen sich tot stellt. Das Gegenmittel? Stell dich noch dümmer und bald wird der Andere so schrankenlos über dich triumphieren, daß du ihn erkennst und in der Hand hast.
223. Sprich von dem, was du erreichen willst, so oft wie möglich vor denen, die dir dabei behilflich sein können. Irgendwie wird es sie doch deiner Absicht dienstbar machen.
224. Ein gutes Mittel, um Leute auf dich aufmerksam zu machen, ist, etwas gegen sie dir herauszunehmen.
225. Willst du eine Frau veranlassen, dich sitzen zu lassen, so schreibe ihrer ärgsten Feindin einen Brief, in dem du jene verhöhnst, und schicke ihn – jener.
226. Bist du besorgt, jemand könnte dich einer unangenehmen Sache verdächtigen, so stecke den Arm in eine Binde und sage, du hättest ihn dir bei einem Auto-Unfall gebrochen. Man wird dich bedauern und den Verdacht fallen lassen.
227. Gerät ein Gespräch in eine für dich gefährliche Wendung, so tue, als würdest du unterm Tisch etwas suchen, das du verloren hast. Erscheint nach einer Minute dein Kopf wieder über der Tischplatte, so ist die Gefahr vorbei.
228. Gelingt es dir auf keine Weise, die Bekanntschaft eines Menschen zu machen, den du brauchst, so lasse ihn mitansehen, wie du mit einem seiner Feinde dich entzweist. Das wird ihn für dich einnehmen.
229. Jeder freut sich, verurteilen zu können. Fürchtest du also, jemand könnte eine deiner Eigenschaften verurteilen, so veranlasse ihn geschickt, diese Eigenschaft bei einem Andern zu verurteilen. Er wird auf die deine vergessen oder glauben, er habe sich geirrt.
230. Willst du jemanden für ein Projekt gewinnen, das für dich zwar vorteilhaft ist, sonst aber auf schwachen Füßen steht, so erkläre es während eines Spaziergangs durch eine sehr belebte Straße. Der Mann wird nur ein Drittel verstehen und den Rest sich hinzudenken, falls er überhaupt will.
231. Wer in seinem Wartezimmer, in dem ein gelblich zeigender Spiegel sich befindet, dich lange warten läßt, dem tu den Gefallen, dich unsicher und verlegen zu stellen. Dann wird er dir sein Spiel verraten.
232. Eine dicke Beule drückst du am besten mit einem großen Küchenmesser ein. Beschimpft dich jemand in der lächerlichsten Weise, so gib ihm jenes zur Antwort.
233. Wenn du hofftest, daß ein Schrecken von dir ausging, aber feststellen mußt, daß du den Andern lediglich beleidigt hast, so tue, als habest du einen Scherz gemacht. Sollte dir dieser Rückzug nicht glücken, so begib dich ins Klosett und komm nicht wieder.
234. Mangelt dir plötzlich der Gesprächsstoff, so sprich von – Vorstadtkneipen, Fabriksumgebungen, Brückenschlafstätten. Vieles, das an sich durchaus banal und gewöhnlich ist, wird interessant, wenn man davon spricht (oder darüber schreibt).
235. Benötigst du einmal eine Narbe, so laß dir keine bauen. Sie könnte dir später unangenehm werden. Zeige mit dem Finger auf die Stelle und sage, es sei kaum noch etwas zu sehen, die Wunde wäre meisterhaft behandelt worden.
236. Hast du eine neue Bekanntschaft gemacht, so rufe dir nach einer Woche das Merkwort »Venusblick« zu und laß alles, was du bisher gehört und gesehen hast, noch einmal an dir vorbeiziehen. Du wirst sicherlich Unwahrscheinlichkeiten, Widersprüche und Lügen feststellen. Deren Ausmaß wird dir den richtigen Weg weisen, den du sonst zweifellos verfehlt hättest.
237. Nimmst du während eines Gesprächs wahr, daß dein Partner nurmehr den Wunsch hat, dich unter allen Umständen ins Unrecht zu setzen, so beginne, plötzlich mit dem Taschentuch dir die Zähne zu putzen.
238. Ein gutes Mittel, dich einer Frau schnell ins Gedächtnis zu pflanzen, ist, ihr auf der Straße, ohne daß es nötig wäre, sehr deutlich so Platz zu machen, daß sie zweifelt, ob du ihr nicht vielleicht bloß aus dem Weg gegangen seist.
239. Manche gehen so, daß du sehen kannst, wie lange sie gesessen – haben. Tue so, als hättest du dasselbe erlitten, wenn du sie veranlassen willst, zu etwas die Zustimmung zu geben, die jeder Andere verweigern würde.
240. In gewissen (meist prekären) Situationen empfiehlt es sich weitaus mehr, auf eine treffende Antwort zu verzichten; die entscheidenden Worte aber so zu wiederholen, daß deren Aussprache bereits vernichtend wirkt. Es ist nicht leicht, kann aber auch durch Übung erreicht werden.
241. Ist das Gespräch auf einem toten Punkt angelangt, ohne daß es dir gelungen ist, klar zu sehen, so mache wahllos einige Verwirrungsmanöver. Dein Partner wird sich drehen und wenden und von ganz unerwarteten Seiten selbst beleuchten. (Dasselbe gilt auch für faule Situationen.)
242. Willst du jemanden zu einem Gespräch zwingen, dem er sich zu entziehen bemüht, so schlage ihm eine Kartenpartie vor. Die zweite oder dritte unterbrich plötzlich und setze ihm eine Frage auf die Brust. Er wird die begonnene Partie zu Ende spielen wollen und deshalb kurz antworten. Bei Bedarf unterbrich alle folgenden Partien auf diese Weise.
243. Sei sparsam mit Paradoxen, wenn du jemanden überreden willst. Aber verschwenderisch in Tönen.
244. Zwingt dich ein widriges Geschick, etwas dem Zufall zu überlassen, so zögere nicht, wenn ein ungünstiger erscheint, die Räder nach der entgegengesetzten Seite herumzuwerfen. Du kannst auf einen günstigen stoßen.
245. Bist du in einen falschen Schein geraten, so bekämpfe ihn dadurch, daß du in einen andern falschen Schein dich begibst. Man wird zu zweifeln beginnen, verwirrt werden und aufhören, mit dir sich zu beschäftigen.
246. Wenn jemand dir sagt, er habe dich, der du doch schwarzes Haar habest, vor wenigen Monaten in Brüssel mit braunem gesehen, so frage ihn, warum er damals dich nicht angesprochen habe, um davon sich zu überzeugen.
247. Weißt du keinen Ausweg mehr, so versuche, was dir durch den Kopf geht. Du kannst einen ausgezeichneten Truc entdecken.
248. Der mit Psychologie Behandelte wird von dir immer nur eines Weges getrieben, den er kennt. Und während du glaubst, du führst ihn deines Weges, treibt er dich seines. Bist du endlich am Ziel, so macht er nie das, was du wolltest, sondern bestenfalls etwas, worauf auch er nicht gefaßt war. Beschränkst du dich jedoch von allem Anfang an darauf, den Andern seinem Temperament und seinen Fähigkeiten nach ins Agieren zu bringen, so brauchst du lediglich aufzupassen, ihm, sobald die für dich günstige Konstellation erscheint, einen kleinen Stups zu geben. Und sofort tut er, was du willst.
249. Bist du sexueller Maniak, ist dein Lustanteil an einer solchen Spezialität so groß, daß du zu viel Lebensfreude opfern müßtest, wolltest du dich sexuell umstellen, so gib es ostentativ zu, ja prahle damit. Dadurch erreichst du, daß man es dir jahrelang nicht glauben will. Fängt man wider Erwarten doch einmal damit an, so hast du inzwischen wohl die Person gewechselt, den Schauplatz und vielleicht auch ein wenig schon deine Manie.
250. Sagt dir einer, daß er deine Bekanntschaft schon vor zwei Jahren in Rom gemacht habe, aber unter einem anderen Namen, so antworte ihm, daß er ein schlechtes Gedächtnis habe: du habest dich damals seines Namens bedient. Genauere Auskünfte verweigere mit dem Hinweis, daß du dies nicht wieder tun würdest, wenn er sich bemühen wolle, deine Physiognomie zu vergessen.
251. Frage jeden, mit dem du umgehst, tunlichst oft, warum er so sonderbar aussehe. Du wirst zwar schwerlich jemanden dabei ertappen, wie er sich ertappt vorkommt, aber man wird es nun doch unterlassen, dich zu schädigen.
252. Habe wenigstens in einer großen europäischen Stadt eine Wohnung, auch wenn du sie jahrelang nicht benützst, sondern eine Dame, die, wenn du ihr depeschierst, sofort kommt. Tagsdarauf sitzst du geborgen in deiner Wohnung und jene Dame an der Seite eines Herrn (in St. Moritz), der in deinem Auftrag dafür sorgt, daß sie etwas zu tun hat.
253. Belästigt dich jemand publik, so winde plötzlich deinen Oberkörper und behaupte, es steche dich eine Nadel. Sobald jener sich dazu entschließt, sie zu suchen, rufe sehr laut: »Ein Dieb, ein Dieb!« Sind Mehrere herbeigeeilt, so sage, du habest dich geirrt, und laß den Unverschämten stehen.
254. Erweist einer deiner Gesellschafter plötzlich sich als widerborstig, so ist, falls alles andere versagt, das beste Remedium, ihm, ohne daß er es weiß, ein Abführmittel einzugeben.
255. Trage nie eine Waffe bei dir. Sie bringt dich in Versuchung, sie zu gebrauchen. Dabei zieht man fast stets den Kürzeren. Und da du in eine Situation, wo du eine Waffe brauchst, nur kommst, wenn dein Kopf dich im Stiche läßt, so ist das beste Mittel, um nicht in eine solche Situation zu kommen, keine Waffe bei dir zu haben.
256. Fragt dich jemand, was für ein Beruf es dir gestatte, ein so erfreuliches Leben zu führen, so antworte ihm: »Der Ihre. «
257. Gib deinen Damen keine Kose-, sondern verlockende Spitznamen. Das hat zwar den Nachteil, daß es ein wenig auffällt, aber den großen Vorteil, dort, wo es darauf ankommt, alles sehr zu erleichtern. (Suggestiv-Namen!)
258. Bemüht jemand sich rücksichtslos um deine Dame, so sage ihm laut: »Ich weiß sehr wohl, daß Sie kein Mädchenhändler sind, aber wenn Sie mit dieser Dame reisen, werden Sie den zahlreichen glänzenden Angeboten nicht widerstehen können. «
259. Ein probates Mittel, eine hochnäsige und übergebildete Frau schnell ins Bett zu bekommen, ist, ihr einen ganzen Abend lang immer wieder Gelegenheit zu geben, über dein Loben und Bewundern sich lustig zu machen. Vor Publikum. Nachher bleibe mit ihr allein, um über dein Loben und Bewundern dich lustig zu machen und ihr allein unter all denen, die anwesend waren, die Palme des Verstandes zu reichen. Sie wird sehr wahrscheinlicher Weise schon in dieser Nacht mit dir schlafen.
260. Warte, sobald du an das Weib gelangt bist, zumindest fünf Minuten, bevor du beginnst. Je länger, desto besser. Es wirkt stets außerordentlich.
261. Lauert eine Frau nur so darauf, dir im Gespräch eins auszuwischen, so gib ihr so oft wie möglich Gelegenheit dazu. Vielleicht fällt es ihr dann so auf, daß du mit ihr ins Einvernehmen kommst. Andernfalls lasse sie in dem Glauben, du seist ein Hornvieh. Das ist verwendbar.
262. Eine Frau, die dich für ein Hornvieh hält, kannst du mit Erfolg darum ersuchen, deiner Freundin sagen zu wollen, was für ein intelligenter Mensch du seist. Sie wird ihr unter schallendem Gelächter das Gegenteil sagen, bei ihr sich unmöglich machen und nun so mißtrauisch gegen dich werden, daß sie, noch bevor sie ihr Urteil über dich zu revidieren wagt, mit dir schläft.
263. Wen du von einer Frau fernhalten willst, vor dem darfst du weder ihr Loblied singen noch sie reduzieren. Am besten ist es, so nebenhin fallen zu lassen, du habest gehört, sie gehe so eigenartig, weil sie eine sehr störende Operation hinter sich habe.
264. Entweicht dir in Gesellschaft unter Knall ein Gas, so frage deinen Nachbar: »Wie bitte?« (Wenn du nicht vorziehen mußt, zu schweigen, gibt es kein besseres Mittel.)
265. In sehr dubiosen Fällen, da es schier unmöglich erscheint, deinen Willen durchzusetzen, ist es das Klügste, dich gänzlich gehen zu lassen, zu stottern, zu klagen. Telefoniert man dir am nächsten Morgen, so hast du es erreicht.
266. Rede niemals öffentlich mit, selbst wenn der unwahrscheinliche Fall sich ereignen sollte, daß du dich zwingen lassen mußt, eine öffentliche Position einzunehmen. Wer öffentlich mitredet, hat augenblicks seinen überlegenen Standpunkt (Gummiball) eingebüßt.
267. Schmeichle stets vorsichtig. Semper aliquid haeret.
268. Droht dir ganz unerwartet in einer Gesellschaft Gefahr, so laß dich, wenn andere Mittel als unzweckmäßig sich erweisen sollten, ins Reden geraten, zu einem heftigen Monolog übergehen und schließlich ausbrechenden Wahnsinn heucheln. Sobald der Arzt da ist, beruhige dich ein wenig, laß dich von ihm fortführen und stelle ihm auf der Straße, wenn er dich internieren will, ein Bein. Abreise.
269. Oft geschieht es, daß allein schon die Einladung zum Diner den Glauben erweckt, du wolltest zum Hineinlegen ausholen. Manche legst du viel sicherer hinein, wenn du sie zwingst, dich einzuladen.
270. Sei, so weit deine Interessen es gestatten, exklusiv. Das ist stets vorsichtig und hat den Vorteil, daß du zu Legenden über dich anregst.
271. Beginnst du in einer Stadt dich unsicher zu fühlen, ohne abreisen zu können, so gehe mit einem großen Bauch spazieren. Ein Dickwanst ist bei den Behörden immer gern gesehen und der beste Schutz seines Besitzers gegen Molestierungen. Das wird auch auf dich zurückwirken.
272. Setz dich hie und da bei einem Pferderennen auf einen exponierten Platz und betrachte gelangweilt einen Holzpfeiler. Es wird sich im Nu herumsprechen und dir ein großes Renommée verschaffen.
273. Zwingt man dich, deine Biographie von dir zu geben, so erzähle jedes Mal eine andere. Darauf hingewiesen, zeige dich entrüstet darüber, daß man jene Diskretion, die jeder für sich beanspruchen darf, dir nicht zubilligen will. Man wird deine Phantasie bewundern und deiner Biographie alles zutrauen.
274. Behaupte alles, wenn es vonnöten ist. Nachher ist es immer möglich, dich so zu désavouieren, daß dein Prestige nicht leidet. (Naht! Dreher!)
275. Stellst du fest, daß jemand dir ähnliche Lügen vorsetzt wie ein Anderer, so sei überzeugt, daß beide sie von einem Dritten haben. Den Beweis dafür erhältst du von diesem dadurch, daß er über jene Sachverhalte dir ähnliche Lügen vorsetzen wird. (Hast du Glück, die Wahrheit.)
276. Wenn es dir nicht gelingt, etwas glauben zu machen, so tue, als hättest du ein wichtiges Detail zu erwähnen vergessen und es dir soeben wieder entfallen lassen. Hierauf aber sprich von etwas ganz anderem. Wohl schon nach einer halben Stunde wird der Andere auf das zurückkommen, was du ihn glauben machen willst. Und nun wird er es sicherlich nicht mehr bezweifeln.
277. Eine mißgestimmte Gesellschaft versuche nie aufzuheitern, sondern lenke sie durch ein Gespräch (über Astronomie oder Luftschiffahrt) ab. Eine ausgelassen heitere bemühe dich nicht zum Seriösen hinleiten zu wollen, sondern zerschlage eine Fensterscheibe, zerbrich eine Vase, heuchle einen Ohnmachtsanfall etc. So wirst du in beiden Fällen bald jene Stimmung erzeugt haben, die es dir ermöglicht, das zu sagen, was du willst.
278. Trachte immer, den Andern zu veranlassen, viel zu erzählen. Auch bei dem ihm am fernsten Liegenden verrät er mehr von sich, als wenn er über sich selber sprechen würde. Da gibt er stets verflucht acht.
279. Ein sehr Verschlossener wird dir den ersten Aufschluß über sich geben, wenn du ihm einen anonymen Brief schreibst. Er wird ihn kommentieren oder Veränderungen in seinem Verhalten aufweisen.
280. Willst du einem Tänzer seine Dame abjagen, so trachte, ihn von ihrer Seite fort zu mystifizieren, ohne daß er später erkennen kann, wie ihm geschah. Sonst machst du dir einen unversöhnlichen Feind – pour si peu.
281. Wenn du an einer Wohnung läutest; wenn man deinen Schritt hört; wenn man dich von Weitem erblickt: immer muß man sofort wissen, daß du es bist. So wirst du Vertrauen erwecken und kannst jederzeit dich so gehaben, daß man durchaus nicht weiß, wer es ist.
282. Ist es dir möglich, bei einem Projekt auf den Einfluß der Frauen zu verzichten, so wirst du es am besten dadurch fördern, daß du dein Kopfhaar vernachlässigst und dich nicht rasierst. Der homme parfait, ist er zudem homme à femmes, hat es bei den Männern schwerer.
283. Durchstöbere plötzlich deine Taschen, wenn es dir in Gesellschaft nicht gelingen will, zur Geltung zu kommen und behaupte, eine Tausendmarknote verloren zu haben. Haben alle eine Viertelstunde dir beim Suchen geholfen, ziehe die Banknote aus deiner Weste. Man wird aufatmen, noch lange über diesen Vorfall mit dir reden und nun wird es dir ein Leichtes sein, der Mittelpunkt zu bleiben.
284. Einen Truc, der dir mißraten ist, darfst du in derselben Stadt nicht wiederholen. Und einen geglückten erst recht nicht.
285. Mache oft kleine Geschenke. Keiner wird dich sehr hassen können und manche, die sich nicht bestechen lassen, wird es doch ein wenig beeinflussen.
286. Schwere Komplikationen müssen dich vorerst veranlassen, dir eine Zigarre anzuzünden und in ein Klubfauteuil dich zu setzen. Alles andere wirst du dann schon finden. Nur Ruhe!
287. Kommt es zu einer wüsten Rauferei, so drück dich nur, wenn du sicher bist, daß niemand es bemerken kann. Andernfalls halte dir sofort mit beiden Händen den Bauch, wimmere und stöhne, du habest einen Fußtritt erhalten.
288. Verläumde den, der dich verläumdet, noch um einiges ärger.
289. Verteidige dich nie. Ermüde.
290. Ein Gespräch, während dessen du keinen Truc lancieren konntest, wird dir nicht viel gesagt haben. Sind dir aber mehrere geglückt, so rechne mit dem Mißtrauen deines Opfers: jammere sofort darüber, wie unmöglich es sei, einander wirklich kennen zu lernen.
291. Beschimpfe dich ein wenig. Lehnt man es ab und spricht von etwas anderem, so ist es mißraten. Erklärt man dir aber, warum du ungerecht mit dir verfährst, so weißt du, was man von dir hält oder – haben möchte.
292. Lobe dich vorsichtig ein wenig. Überhört man es, so ist es geglückt. Teilt man dein Selbstlob ebenso vorsichtig wie du, so glaubt man das Gegenteil. Lobt man dich sehr, so glaubt man vielleicht dein vorsichtiges Selbstlob.
293. Bedauere eine Frau irgendwie. Lehnt sie es ab und spricht von etwas anderem, so ist es geglückt. Erklärt sie dir, daß sie wirklich zu bedauern sei, so ist es nicht der Fall. Will sie aber wissen, was dich eigentlich dazu veranlaßte, so ist es mißraten.
294. Mache eine abfällige Bemerkung über die Frau eines Bekannten. Überhört er es, so liebt er sie. Will er wissen, was dich zu dieser Bemerkung veranlaßte, so traut er weder seiner Frau noch dir. Sagt er aber, du habest dich geirrt, so ist es mißraten.
295. Mache eine abfällige Bemerkung über den Mann einer Bekannten. Überhört sie es, so kannst du sie haben. Will sie wissen, was dich zu dieser Bemerkung veranlaßte, so hofft sie, eine Handhabe gegen ihren Mann zu bekommen. Sagt sie, daß du dich geirrt hast, so interessiert sie sich weder für dich noch für ihren Mann. Lacht sie aber neckisch auf, so ist es mißraten.
296. Verabschiede dich in jenem Augenblick, da es dir gelungen ist, Interesse zu erregen. Hält man dich mit unwilligen Worten zurück, so ist es geglückt. Wird man, dich auf den Stuhl zwingend, jovial, so hofft man, von dem Gespräch mit dir zu profitieren. Läßt man dich ohne Weiteres gehen, so ist man entweder schon neidisch oder beginnt, dich zu hassen. Nur wenn man dir gleichgültig sagt: »Wir sehen uns ja wohl bald wieder«, ist es mißraten.
297. Bleibe sitzen, obwohl alles darauf hinweist, deinen Besuch zu beenden. Läßt man dich fühlen, daß es Zeit wäre, fortzugehen, oder bemüht man sich, es dich nicht fühlen zu lassen, so ist es mißraten. Nur wenn man sich freut, daß du dich hier so wohl fühlst, ist es geglückt.
298. Die letzten sieben Fragmente sollen dir nicht nur beweisen, was Erfahrung ist (im Gegensatz zu stupider Psychologie), sondern dich auch veranlassen, die deine also zusammen zu fassen. Jedem sein eigenes Handbrevier.
299. Bestelle die Person, der du den Eindruck machen willst, daß du ihre Angelegenheit nun mit aller Energie in die Hand genommen hast, um acht Uhr morgens zu dir.
300. Willst du jemanden zwingen, sich schnell und zu deinen Gunsten zu entscheiden, so bestelle ihn um elf Uhr nachts in dein Hotelzimmer, empfange ihn, auf deinen reisefertigen Koffern sitzend, und bemühe dich offensichtlich, deine Ungeduld zu verbergen.
301. Halte den, der häßlich oder abfällig über dich sich äußerte, nicht schon für deinen Feind. Er kann aus tausenderlei Gründen gelogen haben. Lerne deine Feinde rasch persönlich kennen. Oft sind deine besten Gesellschafter darunter.
302. Versagen in einer außerordentlich wichtigen Situation alle deine Trucs, so greife zum allerletzten: weine! Die Männer wird es rühren, den Frauen unsäglich schmeicheln.
303. Befiehl dir immer wieder, keine Trucs gegen dich anzuwenden. Halte dich aus, wenn du nicht schwach werden willst. (Merkwort: »Brückengeländer!«)