Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Der blut'ge Bär, ein ungebändigt Thier,
Der Sitte ungewohnt, spricht brummend so –
..........................
Nächst ihm der Aff', ein Schalk wie Atheisten pflegen,
Ahmt Alle kindisch nach, statt Eig'nes zu erwägen.
Hirschkuh und Panther.
Das helle Licht in dem vorhin erwähnten Zimmer machte es Everarden leicht, seine Bekannten, Desborough, Harrison und Bletson zu erkennen, die sich rund um einen großen eichnen Tisch versammelt hatten, der nahe am Kamine stand, und auf welchem Wein, Bier und alles Nöthige zum damaligen Modevergnügen, dem Tabaksrauchen sich befand. Zwischen dem Tische und der Thür stand ein tragbarer Schenktisch, der ursprünglich, bestimmt war, bei feierlichen Gelegenheiten das Silbergeschirr aufzunehmen, jetzt aber als Schirm benutzt wurde, welchem Zwecke er auch so vollkommen entsprach, daß Everard, ehe er um denselben herum kam, folgendes Bruchstück von dem hörte, was Desborough mit seiner groben starken Stimme gesagt hatte: – »Der wird hergeschickt, um mit uns zu theilen, dafür stehe ich Euch. – Das war immer so die Art und Weise Sr. Excellenz, meines Herrn Schwagers – wenn der eine Mahlzeit für fünf Freunde zurichten ließ, so lud er mehr Leute dazu ein, als am Tische sitzen konnten – ich habe schon erlebt, daß er drei Leuten zwei Eier aufnöthigte.«
»Still, still,« sagte Bletson, und die Bedienten, die hinter dem hohen Schenktische hervorkamen, meldeten den Obersten Everard. Es wird vielleicht dem Leser nicht unangenehm seyn, wenn wir die Gesellschaft beschreiben, in die er jetzt eintrat.
Desborough war ein stämmiger Mann von mittler Größe, mit kurzem dicken Halse, groben und gemeinen Zügen, etwas grauen buschigen Augenbraunen und Glasaugen. Der Aufschwung in den Glücksumständen seines mächtigen Verwandten zeigte sich in seiner Kleidung, die weit mehr verziert war, als es sonst unter den Rundköpfen der Fall zu seyn pflegte. Sein Mantel war gestickt, sein Halskragen mit Spitzen besetzt; auf dem Hute hatte er eine Feder mit einer goldenen Schnalle, und sein ganzer Anzug glich dem eines Cavaliers oder Hofmanns eher, als der einfachen Tracht eines Offiziers von der Parthei des Parlaments. Aber höfische Anmuth oder Würde war, das weiß der Himmel, gar wenig, sowohl an der Gestalt als an dem Wesen des Mannes zu finden, der zu seinem schönen Anzuge paßte, wie das Schwein auf dem Wirthshausschilde zu seinem vergoldeten Wappen. Er war nicht gerade mißgestaltet oder unförmlich; einzeln genommen war vielmehr Alles recht leidlich, nur schienen seine Glieder nach entgegengesetzten und widersprechenden Grundsätzen sich zu bewegen. Sie stimmten gar nicht untereinander überein – die rechte Hand bewegte sich, als wäre sie uneins mit der linken, und die Füße sahen aus, als wollten sie nach verschiedenen Richtungen hingehen. Kurz, um mich eines tollen Vergleichs zu bedienen, die Gliedmaßen des Obersten Desborough schienen eher den streitsüchtigen Repräsentanten eines Föderativ-Congresses zu gleichen, als der wohlgeordneten Einigkeit der Stände in einer fest begründeten Monarchie, wo Jeder seinen eigenen Platz hat, und Alle den Befehlen eines gemeinschaftlichen Oberhauptes gehorchen.
General Harrison, der zweite Commissär, war ein langer hagerer Mann von mittlerem Alter, der seinen hohen Posten in der Armee, und seine vertraute Bekanntschaft mit Cromwell, seinem kühnen Muthe im Felde verdankte, die Gunst aber, in der er beim Volke stand, seiner Schwärmerei unter den militärischen Heiligen, Sektirern und Independenten, aus denen die Armee großentheils bestand. Harrison war von niederer Geburt, und von seinem Vater, einem Fleischer, zu dessen Handwerk erzogen worden. Bei dem Allen war er in seinem Aeußeren zwar roh, aber nicht gemein wie Desborough, ungeachtet dieser durch Geburt und Erziehung so viel vor ihm hätte voraus haben sollen. Er war, wie schon gesagt, ziemlich groß, kräftig, wohlgebildet, und sein Wesen deutete einen rohen Krieger an, den man wohl fürchten, nicht aber verachten oder verlachen konnte. Seine Adlernase und dunkeln schwarzen Augen standen seinem sonst unregelmäßigem Gesicht recht gut, und die wilde Schwärmerei, die zuweilen in ihnen auffunkelte, wenn er seine Meinung Andern auseinandersetzte, und oft unter seinen langen dunkeln Wimpern zu schlummern schien, wenn er selbst darüber nachsann, gab seinen Zügen etwas auffallend Wildes, ja sogar Edles. Er war einer der Hauptanführer derer, die man die Männer der fünften Monarchie nannte, die noch über den gewöhnlichen Fanatismus des Zeitalters hinausgingen, und vorwitziger Weise das Buch der Offenbarungen nach ihrem eigenen Belieben auslegten, und meinten, die zweite Ankunft des Messias und das tausendjährige Reich oder die Herrschaft der Heiligen auf Erden sey nahe, und sie selbst, mit der Kraft, diese nahen Ereignisse vorauszusehen, begabt, wie sie glaubten, wären die auserwählten Werkzeuge zur Begründung der neuen Regierung oder fünften Monarchie, wie man sie nannte, so wie sie auch bestimmt wären, die damit verbundene Ehre zu erwerben, diese möchte nun himmlischer oder irdischer Art seyn.
Wenn dieser Geist der Schwärmerei, der wie ein partieller Wahnsinn wirkte, nicht unmittelbar Harrisons Geist ergriff, so war er ein kluger Weltmann und guter Soldat, und dabei einer, der nie die Gelegenheit versäumte, seine Umstände zu verbessern, und in Erwartung der fünften Monarchie ein bereitwilliges Werkzeug, die Herrschaft des Obergenerals zu begründen. Ob es nun seinem früheren Gewerbe zuzuschreiben war, und der dadurch erworbenen Gleichgültigkeit gegen Schmerz und Blutvergießen, oder seiner natürlichen Stimmung und Mangel an Gefühl, oder endlich seiner erwachten Schwärmerei, der zufolge er Alle, die sich ihm widersetzten, als widerspenstig gegen den göttlichen Willen, und folglich der Gunstbezeigungen oder des Erbarmens unwerth betrachtete, dies möchte nicht leicht zu bestimmen seyn. Alle aber kamen darin überein, daß nach einem Siege oder nach glücklicher Erstürmung einer Stadt Harrison einer der grausamsten und erbarmungslosesten Männer in Cromwell's Armee sey, der immer einen übelangewandten Text anführte, um die immerwährenden Hinrichtungen der Flüchtlinge gut zu heißen, ja zuweilen sogar um die umzubringen, die sich als Gefangene ergeben hatten. Zu Zeiten sollte, wie es hieß, die Erinnerung an einige dieser Grausamkeiten sein Gewissen beunruhigen, und die seligen Träume stören, denen seine Phantasie nachhing.
Als Everard ins Zimmer trat, saß dieser wahre Repräsentant der fanatischen Krieger jener Zeit, welche die Reihen und Regimenter ausfüllten, die Cromwell klüglich auf den Beinen erhalten hatte, so lange er noch die bezwingen mußte, bei denen das presbyterianische Interesse vorherrschte, ein wenig abgesondert von den Uebrigen, mit kreuzweis übereinander gelegten und nach dem Feuer zu ausgestreckten Beinen, den Kopf auf den Ellenbogen gelehnt und aufwärts blickend, als studiere er im tiefsten Ernste, das nur halbsichtbare Schnitzwerk der gothischen Zimmerdecke.
Noch ist Bletson anzuführen, der an Person und Gestalt ganz das Gegentheil von den Andern war. In seinem Aeußeren war weder Geckerei noch Schmutz wahrzunehmen, auch hatte er nichts an sich, das auf Militärdienst oder Rang deutete. Ein kleiner Spazierdegen schien mehr den anständigen Mann anzudeuten, als die Absicht, die Hand mit dem Griffe oder das Auge mit der Klinge bekannt zu machen. Sein Gesicht war klein und scharf gezeichnet, mit Furchen, die mehr das Nachdenken als das Alter gezogen; ein spottender Zug in demselben, auch wenn er keineswegs Verachtung ausdrücken wollte, schien den, mit dem er sprach, zu versichern, daß er einem Manne von weit überlegenem Verstande gegenüberstände. Dies war nur ein Triumph des Verstandes; denn bei allen Gelegenheiten, wo über speculative Meinungen gestritten wurde, und überhaupt bei Streitigkeiten aller Art, vermied Bletson immer die letzte Entscheidung durch Streiche und Faustschläge.
Dieser friedliebende Mann hatte sich jedoch genöthigt gesehen, persönlich in der Parlaments-Armee zu Anfange des Kriegs zu dienen, bis er unglücklicher Weise mit dem feurigen Prinzen Ruprecht zusammenstieß, und sein Rückzug nun für so übereilt angesehen wurde, daß seine Freunde ihren ganzen Einfluß anwenden mußten, damit er nur nicht vor ein Kriegsgericht gestellt wurde. Da aber Bletson im Unterhause gut und sehr wirksam sprach, und deshalb in hoher Achtung bei seiner Parthei stand, so überging man sein Benehmen bei Edgehill, und er behielt fortwährend thätigen Antheil an allen politischen Ereignissen jener unruhigen Zeit, obwohl er sich nicht wieder dem Kriegsfeuer aussetzte.
Bletsons theoretische Grundsätze in der Politik hatten ihn früher geneigt gemacht, der Meinung Harrisons und Anderer beizutreten, welche davon träumten, eine reine Volksherrschaft in einem so weit ausgedehnten Lande, wie Großbritannien, zu begründen. Dies war eine unüberlegte Theorie, wo ein so unendlicher Unterschied zwischen den Ständen, der Gewohnheit, der Erziehung und den Sitten herrscht – ein so unendliches Mißverhältniß zwischen dem Reichthum der Einzelnen – wo ein großer Theil der Einwohner aus den unteren Klassen großer Städte und Fabrikbezirken besteht – Menschen, die unfähig sind, einen Antheil an der Leitung eines Staats zu haben, den die Mitglieder einer Republik doch im eigentlichen Sinne des Worts haben müssen. Sobald man daher den Versuch machte, wurde es augenscheinlich, daß eine solche Regierungsform auch nicht die geringste Dauer versprach, und es galt nun nur noch die Frage, ob das, was von dem langen Parlamente noch übrig wäre, was der Pöbel den Rumpf nannte, und was durch Entfernung so vieler Mitglieder auf höchstens 40 bis 60 zusammen geschmolzen war, fortfahren sollte, die Herrschaft zu verwalten, so sehr dasselbe auch immer in der Meinung des Volksgesunken seyn mochte, oder ob es sich ganz auflösen und Verordnungen erlassen sollte, um ein neues Parlament zusammen zu berufen, dessen Zusammensetzung Niemand verbürgen konnte, so wenig als die Maßregeln, die es ergreifen würde, wenn es einmal versammelt sey, oder ob endlich Cromwell, wie es wirklich geschah, nicht das Schwert in die Wage werfen, und sich kühnlich in den Besitz der Macht setzen müsse, welche dieser Ueberrest des Parlaments nicht behaupten konnte, und doch aufzugeben fürchtete.
Bei diesem Zustande der Angelegenheiten bemühte sich der Staatsrath bei Vertheilung dessen, was er zu geben vermochte, die Armee zu beschwichtigen und zufrieden zu stellen, gleich wie ein Bettler einem knurrenden Kettenhunde Brodrinden hinwirft. In dieser Absicht war Desborough zum Commissär in der Woodstocker Sache ernannt worden, um Cromwell einen Gefallen zu erweisen, Harrison, um die grimmigen Männer der fünften Monarchie zu beschwichtigen, und Bletson als ein aufrichtiger Republikaner und einer von ihrem eigenen Sauerteige.
Wenn sie aber meinten, daß Bletson im Geringsten geneigt sey, ein Märtyrer seines Republikanismus zu werden, oder sich deshalb irgend einem ernstlichen Verluste zu unterwerfen, so irrten sie sich gewaltig in dem Manne. Er theilte aufrichtig ihre Grundsätze, ohngeachtet man sie unausführbar fand; denn das Mißlingen eines Experiments bekehrt einen politischen Speculanten eben so wenig, als das Platzen einer Retorte den Alchymisten aus dem Irrthum zieht. Aber Bletson war auch ganz bereit, sich Cromwell oder jedem andern zu unterwerfen, der die Macht in Händen hätte. Er war ein stets bereitwilliger praktischer Unterthan der bestehenden Gewalt, und machte keinen großen Unterschied unter den verschiedenen Regierungsformen, indem er sie in der Theorie fast alle für gleich unvollkommen hielt, sobald sie von dem Muster der Harringtonschen Oceana James Harrington, geb. 1610 zu Upton in Nordhamptonshire, König Karls I. treuer Diener und Begleiter zum Schaffot, schrieb unter dem Titel: Oceana (mit seinen übrigen Schriften, London, 1700 Fol.), nach dem Muster von Platos Republik, Betrachtungen über die beste Staatsverfassung, wobei er sich die Venetianische zum Vorbilde nahm. Unter Karl II, der Verrätherei beschuldigt, schmachtete er lange Zeit im Gefängniß, verfiel in Wahnsinn, und starb zu London 1677. Anm. d. Uebers. abwichen.
Cromwell hatte schon mit ihm gespielt, ihn wie ein Stück Wachs zwischen den Fingern drehend, mit dem er in Kurzem zu siegeln gedachte, und dabei innerlich lachen mußte, wenn er sah, wie das Parlament den Staatsrath Bletson, als treuen Anhänger, Belohnungen ertheilte, indeß er selbst seiner Zustimmung gewiß war, wie bald auch immer die erwartete Veränderung in der Regierung statt finden möchte.
Aber Bletson hing noch mehr seinem metaphysischen als seinem politischen Glauben an, und trieb seine Lehre über die Vervollkommnungsfähigkeit des Menschengeschlechts soweit, als die hinsichtlich der erreichbaren Vollkommenheit einer Musterregierung, und so wie er sich in diesem Falle gegen eine Macht erklärte, die nicht von dem Volke selbst ausginge, so wollte er in seinen moralischen Speculationen nicht gern ein Naturphänomen einer endlichen Ursache zuschreiben. Wenn man ihn jedoch sehr in die Enge trieb, so sah er sich genöthigt, einige undeutliche und unverständliche Lehren über einen animus mundi (Weltseele) herzumurmeln, eine schaffende Macht in den Werken der Natur, durch welche sie ursprünglich ihre Werke ins Daseyn rief und fortwährend erhält. Dieser Macht, sagte er, erzeigten einige der reinsten Metaphysiker eine gewisse Huldigung, auch sey er selbst keineswegs geneigt, die zu tadeln, welche durch Einsetzung von Fasttagen, Chortänzen, Gesängen und harmlosen Schmausereien und Libationen geneigt seyn möchten, die große Göttin Natur zu verehren, wenigstens könnten sie, da das Tanzen, Singen, Schmausen und Scherzen für Jung und Alt behagliche Dinge wären, eben sowohl an solchen bestimmten Festtagen scherzen, tanzen und schmausen, als unter irgend einem andern Vorwande. Doch sollte dieser geringe äußere Schein von Religion mit solchen Ausnahmen geübt werden, welche der Eid von Highgate zuläßt, und Niemand sollte gezwungen werden, zu tanzen, trinken, singen oder schmausen, wenn sein Geschmack sich zufällig nicht zu dergleichen Vergnügungen hinneigte, auch sollte Niemand gezwungen seyn, die schaffende Macht zu verehren, weder unter dem Namen animus mundi, noch unter irgend einem andern. Das Einwirken der Gottheit in die Angelegenheiten der Menschen leugnete er ganz, und bewies wenigstens zu seiner eigenen Zufriedenheit, daß diese Idee nur von den Priestern herrühre. Kurz, mit Ausnahme des oben erwähnten metaphysischen Anstrichs, kam Herr Josua Bletson von Darlington, Parlaments-Mitglied für Littlecreed, dem Begriffe eines Atheisten so nah, als es vielleicht bei Menschen möglich ist. Doch sagen wir dieses mit dem nothwendigen Vorbehalt; denn wir haben gar Manche gekannt, die Bletson gleichen und deren Schutzwehren durch Aberglauben gewaltig erschüttert wurden, obwohl ihre Furcht durch keinen religiösen Glauben geheiligt wurde. Die Teufel, versichert man, glauben und zittern, aber auf Erden sind viele, die, in einem schlimmeren Zustande als selbst die Kinder der natürlichen Verderbniß, zittern, ohne zu glauben, und selbst noch in Furcht sind, während sie Lästerungen ausstoßen.
Hieraus folgt natürlich, daß Herr Bletson nichts geringer schätzte, als die Streitigkeit über Katholicismus, Presbyterianismus, Independenten, Quäker, Wiedertäufer, Muggletonianer und Brownisten, und alle die verschiedenen Sekten, unter welchen der Bürgerkrieg begonnen hatte, und deren Zwietracht noch immer fortwährte. Es wäre, sagte er, gerade so, als wenn Lastthiere unter einander über die Form ihrer Halfter und Packsättel streiten wollten, statt eine günstige Gelegenheit zu ergreifen, sie abzuwerfen. Da wo Ort und Zeit es gestatteten, pflegte er auch wohl noch andere witzige und nachdrückliche Bemerkungen zu machen, z. B. in dem Klub, der den Namen Rota führte, den St. John besuchte, und Harrington zum freien Besprechen politischer und religiöser Gegenstände gestiftet hatte.
Außer dieser Academie oder Festung der Philosophie aber sah sich Bletson sorgfältig vor, in seiner Verachtung der allgemeinen Meinung, zu Gunsten der Religion und des Christenthums, weiter zu gehen, als zu einer bloßen Einwendung oder einem höhnischen Lächeln. Hatte er aber Gelegenheit allein mit einem klugen und offenherzigen jungen Menschen zu sprechen, so suchte er zuweilen einen Proselyten aus ihm zu machen, und zeigte viel Geschicklichkeit, die Eitelkeit der Unerfahrnen zu bestechen, indem er ihnen zu verstehen gab, ein Geist, wie der ihrige, müsse die Vorurtheile der Kindheit von sich stoßen, und beim Anlegen des Gewandes der Vernunft müßten solche, wie sie, die Seifenblasen jugendlicher Unfähigkeit, wie Bletson es nannte, aufgeben und für sich selbst prüfen und entscheiden. Es geschah häufig, daß der junge Mensch vermocht wurde, entweder ganz oder theilweis die Lehren des vermeintlichen Weisen anzunehmen, der seinen natürlichen Geist wahrgenommen, und ihn vermocht hatte, selbst zu prüfen, zu entdecken und zu entscheiden; und so gab die Schmeichelei dem Unglauben Proselyten, welche alle mächtige Beredtsamkeit oder künstliche Sophisterei der Ungläubigen nicht hatte gewinnen können.
Diese Versuche, den Einfluß dessen zu erweitern, was Freidenkerei und Philosophie genannt wurde, übte, wie wir schon vorhin andeuteten, der Philosoph mit einer Vorsicht, die ihm seine Schüchternheit vorschrieb. Er wußte, daß seine Lehren verdächtig wären, und sein Benehmen von den beiden Hauptsekten, den Prälatisten und Presbyterianern, bewacht würde, welche, wie feindselig sie auch immer gegen einander gesinnt seyn mochten es doch noch mehr gegen einen Widersacher waren, der sich nicht blos einer kirchlichen Einrichtung irgend einer Art, sondern jeder Art des Christenthums überhaupt widersetzte. Er fand es bequemer, sich unter den Independenten zu verbergen, die eine allgemeine Gewissensfreiheit oder unbeschränkte Duldung verlangten, und deren Glaube in jeder Hinsicht von einander abweichend, bei Einigen sich in so ausschweifende Irrthümer verlor, daß sie ganz über die Gränzen des Christenthums hinausgeriethen, und dem Unglauben selbst sehr nahe kamen, wie denn überhaupt Extreme aller Art nähe mit einander verwandt sind. Bletson mischte sich viel unter diese Sektirer, und so groß war sein Vertrauen zu seiner eigenen Logik und Geschicklichkeit, daß man meinte, er habe Hoffnungen gehegt, den schwärmerischen Vahne sowohl, als den nicht minder schwärmenden Harrison zu seiner Meinung hinüber zu bringen, wenn er sie nur vermögen könnte, ihre Träume von einer fünften Monarchie aufzugeben, und sich mit der Regierung der Philosophen in England während der natürlichen Dauer ihres Lebens zu begnügen, statt der Herrschaft der Heiligen während des tausendjährigen Reiches.
Dies war die seltsame Gruppe, in welche Everard jetzt eintrat, die in ihren verschiedenen Meinungen zu erkennen gab, an wie vielen weit auseinanderliegenden Küsten die menschliche Natur Schiffbruch leiden kann, wenn sie einmal den Anker verloren hat, den die Religion ihr zur Stütze gegeben; indem der scharf ausgesprochene Dünkel und die weltliche Gelehrsamkeit Bletsons, die unbesonnenen, unwissenden Schlüsse des grimmigen, ungebildeten Harrison in die entgegengesetzten Extreme der Schwärmerei und des Unglaubens leiteten, während Desborough, von Natur stumpfsinnig, gar nicht über die Religion nachdachte; und indeß die andern rüstig nach verschiedenen, aber gleich irrigen Wegen hinsegelten, konnte man von ihm sagen, daß er verloren ging, wie ein Schiff, das einen Leck bekommt und auf der Rhede zu Grunde geht. Es war wunderbar mit anzusehen, welch eine seltsame Mannigfaltigkeit von Mißgriffen und Irrthümern von Seiten des Königs und seiner Minister, des Parlaments und seiner Führer und der verbündeten Königreiche von Schottland und England gegen einander sich vereint hatten, um Menschen von so gefährlicher Meinung und solchem eigennützigen Charakter unter denen aufzubringen, die das Schicksal Britanniens in Händen hatten.
Diejenigen, die für irgend eine Parthei sprechen, werden alle Fehler auf einer Seite sehen, ohne sich herabzulassen, auf die der andern zu blicken; die aber, welche Geschichte zu ihrer Belehrung studieren, werden merken, daß nichts als Mangel an Nachgeben auf beiden Seiten, und die furchtbare Höhe, zu der die Feindseligkeit der königlichen und Parlaments-Parthei sich erhoben hatte, das sowohl begründete Gleichgewicht der englischen Verfassung so ganz über den Haufen werfen konnte. Doch wir verlassen eiligst diese politischen Betrachtungen, um so mehr, da die unsrigen vermuthlich weder den Whigs noch den Torys gefallen werden.