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I.
Auf dem Concertzettel der Mad. Camilla Pleyel prangten Compositionen neben einander, die auf die würdigste Richtung der Künstlerin schließen ließen. Das G moll-Concert von Mendelssohn hatten wir vor Kurzem von Mendelssohn selbst gehört. Es war interessant, das Spiel der lebhaften Französin mit dem des Meisters zu vergleichen; den letzten Satz nahm sie sogar schneller. Im Uebrigen mag der Componist mit der immer musikalischen Auffassung sicher einverstanden gewesen sein, bis auf einzelne Gesangstellen, die wir einfacher, innerlicher, weniger affectvoll gespielt wünschten. Anders als andere Claviervirtuosen, die gar kein ganzes Concert mehr öffentlich zu Gehör zu bringen wagen, gab uns Mad. Pleyel sogar ein zweites, das Concertstück von Weber, das gerade heute ein doppeltes Interesse bot, da es, der Vorgänger des Concerts von Mendelssohn, an vielen Stellen in die Phantasie des, wie er's schrieb, noch jungen Künstlers verführerisch hineingespielt haben mag, sich übrigens in Zartheit und Feinheit des Ausbaues mit dem jüngern Werke wohl kaum messen kann. Mad. Pleyel trug es äußerst glücklich vor und mit derselben warmen Leidenschaft, mit der sie alle Musik aufzufassen scheint. So hatte sich auch im Publicum bald jene freudige mittheilende Stimmung verbreitet, wie sie nur nach Genuß und Wechselwirkung von Meisterwerk und Meisterspiel aufkommen kann. Von dem Stück, mit dem die Künstlerin den reichen Musikabend schloß, wünschten wir das Gleiche sagen zu können; doch blieb hier das Geschick des schaffenden Talentes hinter dem ausübenden offenbar zurück, es war eine Composition der Virtuosin, in der wir, selbst was aus Themen von Weber dazu genommen war, schöner gesetzt und bearbeitet wünschten. Doch war gerade hier der Beifall so rauschend, daß sie wiederholen mußte.
Mad. Pleyel gibt nächsten Sonnabend noch ein zweites Concert und reist dann über Dresden und Wien nach Frankreich zurück. Die höchst interessante Frau wird überall durch ihr Spiel erfreuen, und mehr als das, durch ihre Vorliebe für das Edelste ihrer Kunst zu dessen Verbreitung mitwirken.
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II.
Die Leistungen schienen durch den Enthusiasmus zu wachsen und dieser mit jenen. Die genialische Frau hatte schön gewählt: das C moll-Concert von Beethoven und »Oberons Zauberhorn« von Hummel, und im gestrigen Abonnementconcert das Concert in E moll von Kalkbrenner und zum Schluß das Concertstück von Weber wiederholt. Kalkbrenner war früher eine Zeit lang ihr Lehrer, daher die Wahl; sie spielte es hin, wie man ungefähr ein in jungen Jahren gelerntes Gedicht später einmal wie zum Vergnügen sich vorspricht; die vollendete Schule war in der Meisterin aufgegangen. Im Concert von Beethoven traten andere Seiten ihrer musikalischen Natur vor; sie trug es würdig, ohne Fehl, im deutschen Sinne vor, daß uns die Musik wie ein Bild ansprach, während es in der Phantasie von Hummel wie aus luftigem Geisterreich zu uns herabklang. Das Concert von Weber zog einen freudigen Aufstand nach sich; es flogen Blumen und Kränze auf die Dichterin. Das Publicum schwärmte. »Es ist mehr Poesie in dieser Frau als in zehn Thalbergs«, sagte Jemand. Die Bewegung währte noch lang. Die feine, blumenhafte Gestalt der Künstlerin, ihr kindisches Verneigen, als ob ihr dieser Beifall nicht gebühre, noch mehr was sie Tieferes durch ihre Kunst offenbarte, wird die Erinnerung noch in die Zukunft verfolgen. Mit den innigsten Wünschen sehen wir der scheidenden Künstlerin nach, und daß sie vom Glück, mit dem sie so Viele erfüllt, auch an sich selbst erfahren möge. –
Florestan.
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