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Des Herausgebers Bericht über die Bekehrungsgeschichte des Carsten Hinrich Hinz

Diesen Bericht habe ich vornämlich für Euch, liebe Amtsbrüder, geschrieben, weil ich in der Vorrede versprochen habe, über die geistliche Behandlung eines schweren und verhärteten Verbrechers aus meiner Erfahrung einige Winke mithzuteilen. – Preis und Ehre dem Herrn, der diese Seele (wie einen Brand) aus dem Feuer gerissen hat, und jetzt sie aus dem Brunnen des ewigen Lebens tränkt! Daß aber nach der Inhaftirung des Verbrechers, sieben viertel Jahre erforderlich waren, um ihn bis zu dem Quell dieses Brunnens zurückzuführen, ist des Predigers Schuld, der ihm zum Führer gegeben war. Ich bekenne mich aufrichtig dieser Schuld; und die Winke, die ich mitzutheilen habe, werden vornämlich nur Eingeständnisse von Fehlern sein, die ich begangen habe, und die Du, geliebter Amtsbruder, nun vermeiden wirst.

Die erste und zugleich schwerste Aufgabe des seelsorgenden Predigers ist: Geister unterscheiden. Es kann in der leiblichen Bildung des Menschen keine so große und außerordentliche Verschiedenheit gefunden werden, als wir in seinem Innern Verschiedenheiten entdecken: Verschiedenheit der Temperamente; Verschiedenheit der geistigen Anlagen und Kräfte; Verschiedenheit der Bildungsstufen, der Neigungen, der Laster; – und nach jeder Verschiedenheit der Seele muß die Seelsorge eine andre sein, andre Lehrweisen, andre Ermahnungen und Tröstungen gebrauchen, andre Triebfedern in Anspruch nehmen. Nicht minder sind die Verhältnisse zu unterscheiden. Mit Kranken, welche gefaßt sind, bald vor ihrem ewigen Richter zu stehen; und mit Menschen, die im Strudel des Lasters noch für diese Welt leben; – mit Gezüchtigten, und mit denen, welchen ihre Bosheit gelingt; – mit Suchenden, und mit denen, welche gesucht werden sollen, muß ganz anders gesprochen werden. Wie der Fischer für etliche Fische Netze für etliche Reusen, für etliche Angeln, für etliche Harpunen gebraucht, so müssen auch die, welche Menschenfischer sein sollen, verschieden eingerichtet sein. Ich wünschte, daß Cl. Harms [Dr. Claus Harms = berühmter Prediger seiner Zeit aus Süderdithmarschen; vgl. ADB/NDB] uns ein Buch schriebe über die Kunst, Menschen zu fangen. Aus der Erfahrung lernt sich diese Kunst zwar; aber langsam; und leider ist gewöhnlich Gefahr im Verzug; dies besonders bei Kranken, die täglich abscheiden können; und bei Verbrechern, die unter'm Beile leben; oder die bald in Raspel- [Haftanstalt, in der die Gefangenen mit Feilen = Raspeln Holz zerkleinern müssen] oder Zuchthäuser abgeführt, oder [aus] der Haft entlassen, in die sündige Welt zurückkehren. Eben aber bei Verbrechern pflegt die gewöhnliche Erfahrung und Menschenkenntniß am wenigsten auszureichen; – nirgends [ist] so viele Gefahr der Täuschung, und so viel Wahrscheinlichkeit, vergeblich zu arbeiten, und Seelen zu verlieren. Erkenntniß in der Religion, Hunger und Verlangen nach dem Evangelium dürfen wir in den Gefängnissen am wenigsten suchen; um so mehr aber Trotz im Herzen und Heuchelei auf der Zunge. Die gefangenen Verbrecher pflegen zwar den Prediger willkommen zu heißen; ein Zuspruch ist in der Lange(n)weile ihrer Gefangenschaft ihnen ein Zeitvertreib; die gute Meinung, welche der Prediger von ihrer Bußfertigkeit gewinnt, soll das Urtheil des inquirirenden [ermittelnden, zuständigen] Richters bestechen; oder sie wollen durch äußere Buße ihr Gewissen beschwichtigen. Sie sind aufrichtig in Allem, was schon in den Acten ist; und mittheilend in dem, was ihnen ungefährlich scheint; ihre Geheimnisse aber hüllen sie in undurchdringliche Schleier; – sie danken dem Prediger für seine Theilnahme und Mühe, aber fassen doch kein Vertrauen zu ihm, weil sie ihn als einen Auskundschafter beargwöhnen; sie heucheln vor ihm Glaube, Reue, Zerknirschung, selbst bis zu Thränen; bei allem dem sind sie gegen seine Lehre mit Unglauben, gegen seine Ermahnungen mit Trotz, gegen seine Androhungen des göttlichen Zornes mit Gleichgültigkeit gewaffnet. – So, wie ich sie hier beschrieben, waren fast alle Inculpaten, die ich kennen gelernt habe. Sie sind ein steiniger und dorniger Boden für den Prediger; – aber Gott will die Aussaat segnen. Eingedenk, daß wir berufen sind, die verlornen Seelen für das Reich Gottes wieder zu gewinnen, muß unser Eifer der Schwierigkeit der Aufgabe das Gleichgewicht halten.

Dies erkennend, übernahm ich an Carsten Hinz die Pflicht des Religionslehrers und Seelsorgers; Gott um Beistand bittend; und mit gutem Vertrauen, daß Er das Werk segnen werde. Ehe ich zu ihm ging, ließ ich mir von dem Criminalgericht diejenigen Indicien mittheilen, welche gegen den Inculpaten waren, um daraus besser selber eine gewisse Ansicht über die Wahrscheinlichkeit seiner Schuld oder Unschuld zu gewinnen. Was für die Schuld des Inculpaten sprach, waren vornämlich folgende Umstände:

1) Ein Mensch, welcher zugleich mit Carsten Hinz aus dem Zuchthaue entlassen war, hatte ausgesagt: Jener habe ihn aufgefordert, im Kirchspiel Oldenswort, in einem einzeln gelegenen Hause, in welchem zwei alte Leute und ein Mädchen wohnten, und wo er 100 bis 500 Mark baaren Geldes zu finden erwarte, einen Raub auszuführen; und daß Hinz geäußert habe, es solle bei dieser That »auf Leben und Tod gehen.« – –

2) Carsten Hinz hatte in dem ersten Verhör geleugnet, in der Nacht, da die That geschehen sei, von dem elterlichen Hause entfernt gewesen zu sein; als aber die Mutter seine Entfernung vom Hause eingestanden, hatte auch er sie eingeräumt, ohne aber sagen zu können, wohin und zu welchem Zweck er ausgegangen sei.

3) Sein Nachbar und dessen Sohn hatten ihn erkannt, als er am Abend vor der That über das Feld in Richtung nach Hamann's Hause gegangen war.

4) Die Größe, Statur und Kleidung, so viel Hamann's Wittwe sich deren hatte erinnern können; auch eine, in der Speisekammer in den Sand eingedrückte Fußspur stimmten überein mit der des Inculpaten.

5) Margarethe Koch, so hieß das Mädchen in Hamann's Hause, hatte auf Befragen, wer sie so übel zugerichtet habe, den Namen des Incuplaten genannt; und versichert, daß sie ihn sogleich als denjenigen Menschen erkannt habe, welcher in Friedrichstadt zwei Paar Stiefel aus den Marktbuden gestohlen, und dessen Ansehen und Namen sie bei der Gelegenheit sich gemerkt habe.

6) Die Wittwe Hamann hatte, als der Inculpat mit mehren ähnlich gestalteten Kerlen ihr vorgeführt ward, ihn sogleich als den Mörder ihres Mannes bezeichnet.

Obwohl ich aus diesen Indicien mich von der Schuld des Inculpaten überzeugt hielt, so konnte ich doch daraus mir noch keine gewisse Regeln für meine Behandlungsweise bilden. Ich kannte seinen Gemütszustand noch nicht weiter, als daß das Criminalgericht ihn mir als einen ganz verhärteten Bösewicht, der aller religiösen Erkenntniß zu ermangeln scheine, beschrieb. Ich bat Gott, Er wolle mich den rechten Weg finden lassen, dem Herzen dieses unglücklichen Menschen beizukommen. Vor allen Dingen richtete ich mein Bemühen darauf, sein Vertrauen zu gewinnen. Aus dieser Ursache ließ ich bei meinem jedesmaligen Besuch, so viel dies irgend verstattet [gestattet, erlaubt] war, die schwere Last seiner Ketten ihm erleichtern, und ihn aus dem Gefängniß in die Wohnstube des Schließers bringen; den Schließer hieß ich, sich aus der Stube [zu] entfernen, und nur außen vor der Thür Wache zu halten; zuvor aber wurden einige Waffen, die in des Gefangenenwärters Stube hingen, auf die Seite gebracht [aus dem Raum geschafft]. Den Inculpaten ließ ich neben mir niedersitzen.

Ich habe dies darum so umständlich beschrieben, weil ich glaube, es werde bei der Seelsorge an Verbrechern so leicht darin versehen [es komme zu oft dazu], daß der Prediger Scheu und Mißtrauen zeigt, wodurch nothwendig gegenseitiges Mißtrauen geweckt wird. Ich halte mich überzeugt, daß zur Aengstlichkeit hier kein Grund ist, weil auch von dem größesten Bösewicht nicht anzunehmen ist, daß er dem Prediger, der ihm Vertrauen beweist, ein Leid zufügen werde, so lange er darin nicht für sich einen Vortheil zu finden hofft.

Hinz bewies sich bei'm Eintreten in die Stube höflich und freundlich; aber seine Freundlichkeit war widrig [nicht echt, geheuchelt], und drückte unverkennbaren Hohn über mich und mein Amt aus. Beiläufig gesagt: Ich ging nie anders als im Amtsrock zu ihm. Ich hatte mir vorgenommen, die Unterredung mit Gebet zu eröffnen; aber ich unterließ es, als ich seine höhnende Miene sah; dagegen sprach ich so herzlich und zutraulich, wie ich einem solchen Menschen gegenüber dazu im Stande war, ihm mein Bedauern darüber aus, daß er, so schwerer Missethat beschuldigt, in Ketten vor mir sitze. Natürlich fiel er mir sogleich mit Betheuerungen seiner Unschuld in die Rede; indeß suchte ich ihm diese ein- für allemale dadurch abzuschneiden, daß ich ihm sagte: es wäre nicht meine Sache, ihn über seine Schuld oder Unschuld zu vernehmen; aber es dürfe ihn nicht wundern, wenn ich den Indicien, die gegen ihn zeugten, mehr glaubte, als seinen Versicherungen; und daß ich deshalb zu ihm, als zu einem Schuldigen, sprechen müsse. »Ich komme«, sagte ich, »als Arzt zu dem Kranken; nicht um Dir wehe zu thun, sondern um mit Gottes Hülfe Deine Krankheit zu heilen; denn krank bist du.« Auf diese Erklärung schlug Hinz die Augen nieder, und schwieg.

Darauf fing ich an, seine Religionskenntniß zu prüfen, und fand völlig bestätigt, was das Criminalgericht mir über seine grobe Unwissenheit mitgetheilt hatte. Er konnte nothdürftig das Vaterunser aufsagen; die zehn Gebote aber waren ihm unbekannt, und von dem christlichen Glauben u.s.w. schien er nie gehört zu haben. Es war eine beklagenswerthe Finsterniß in ihm. Ich konnte nicht umhin, ihm darüber meine Verwunderung auszusprechen, und fragte ihn, ob er confirmirt sei? Er berichtete mir darüber, was der Leser schon weiß; und – »weil ich doch, um ihm nützlich zu werden, ihn kennen müsse,« – gab er mir einen kurzen, aber ziemlich treuen Abriß seiner Jugendgeschichte; und verschwieg auch nicht diejenigen Verbrechen, derer er früher schon überwiesen, und um welche er im Zuchthause gewesen war. Die Zeit seines letzten Verbrechens aber berührte er nicht.

Nachdem er seine traurige Erzählung beendigt hatte, fragte ich ihn, ob er mir ein aufmerksamer Zuhörer sein wolle, so würde ich jeden zweiten Tag ihn besuchen, um ihm die Wahrheiten der Religion zu erklären. Er versprach mir dieß, und damit hatte unsre erste Unterredung ein Ende.

Bei meinem nächsten Besuch eröffnete ich einen regelmäßigen Catechismus-Unterricht. Es gewährte mir ein trauriges Interesse, die Widersprüche in der Seele des Verbrechers zu beobachten; er zeigte zu gleicher Zeit die Unwissenheit des Kindes und die Verstandesreife des Mannes; bewies meinem Unterricht die gespannteste Aufmerksamkeit, und verrieth dennoch durch sein höhnisches Lächeln seinen Unglauben und seine Verachtung; oder sein finsterer Blick zeigte mir, wie sehr er sich bemühte, sein Herz gegen die Wahrheit zu verhärten.

In sieben Wochen hatte ich auf solche Weise in sechs bis acht wöchentlichen Stunden den ganzen Lehrcursus, nach Anleitung des lutherischen Catechismus, mit ihm durchgemacht; ohne für meine Bemühung eine andre Genugthuung zu haben, als daß Hinz das Vorgetragene mit Aufmerksamkeit angehört, die Aufgaben gelernt, und nun so viele Religionskenntnisse hatte, als von einem nothdürftig unterrichteten Confirmanden pflegt gefordert zu werden.

Als wir das fünfte Hauptstück beendigt hatten, verlangte Hinz das heil. Abendmahl von mir; welches ich ihm verweigerte, weil von Glaube und Buße noch kaum ein Funke in ihm geweckt war.

Nach Ostern wiederholte ich den ganzen Lehrcursus; wobei ich aber weniger, als das erste Mal, belehrend, sondern vielmehr ascetisch, und immer mit besonderer Anwendung auf das Herz meines Schülers, zu Werke ging. Jetzt erst glaubte ich einige leise Spuren seines erwachenden Vertrauens zu bemerken, und der Gefangenenwärter sagte mir, Hinz verriethe einige Freude über meine Besuche.

Gott, welcher beschlossen hatte, mein Werk an diesem Herzen zu segnen, hatte inzwischen die geeigneten Mittel herbeigeführt, seinen Trotz zu brechen, und ihm die Wege zur Bekehrung und zum Glauben zu ebnen. Wie nämlich Hinz mir später bekannt hat, so war er bisher noch nicht einmal von dem Dasein Gottes überzeugt worden. Die Religion hatte ihm, eben wie das bürgerliche Gesetz, für nichts anders gegolten, als für eine kluge Erfindung der begüterten und glücklichen Menschen zum Schutz gegen die gerechten Ansprüche der Armen und Niedrigen. Da Hinz mir diese, aus dem Zuchthause stammende Lehre verheimlicht hatte, so würde ich mit meinem Unterricht den Anker in's Bodenlose geworfen haben, wenn Gott nicht selber einen Grund des Glaubens in sein Herz gelegt hätte. Die Mittel, deren Gott sich dazu bediente, waren theils das zweimalige Mißlingen der Versuche, die Hinz zur Flucht gemacht hatte; theils die von Hinz erzählte Unterbrechung des ersten Gebetes, das ich für ihn und in seiner Gegenwart gesprochen hatte. Hinz hat mich später versichert, daß diese Umstände vielmehr, als alle meine Beweisgründe, ihn zu der Ueberzeugung gebracht haben, daß ein Gott sei. – Ich vermag es nicht für Aberglauben zu halten, wenn Hinz in dergleichen äußerlichen, scheinbar zufälligen Ereignissen eine unmittelbare Einwirkung Gottes erkennt. Wenn er z.B. glaubt, daß damals, als nach seinem ersten Diebstahl sein gestohlenes Pferd scheute, Gott ihm den Weg vertreten [versperrt], und zur Umkehr habe nöthigen wollen; – wenn er glaubt, daß eine Drehorgel, die das Gebet unterbrach, von Gott sei herbeigeführt worden, um dadurch das Gebet zu verwerfen; wenn er in dem zweimaligen Mißlingen seiner schlau angelegten Pläne zur Flucht die eingreifende Hand Gottes zu sehen glaubt: so ist nicht zu bezweifeln, daß Gott durch dergleichen äußerliche Mittel solchen Glauben hat wecken wollen; und es scheint auch Gottes im höchsten Grade würdig, daß Er bei einem so ganz sinnlichen Menschen zur ersten Anregung religiöser Empfindungen sich sinnlicher Mittel bedient habe. Es ist die allernatürlichste Ordnung, daß ein in Sünden verfinstertes Herz mehr durch das Gefühls-, als durch das Begriffs-Vermögen zu Gott zurückgebracht wird; denn wenn ein Mensch auch schon erblindet ist, so bleibt ihm doch das Gefühl; und dieser Sinn stirbt nicht, bis daß der ganze Mensch todt ist.

Es hatte mir nicht unbemerkt bleiben können, daß nach den oben erwähnten Umständen eine wichtige Veränderung in Hinzens Seele vorgegangen war. Er schien mehr in sich gekehrt und nachdenklicher; sein sonst so finstrer, trotziger Blick ward milder; sein höhnisches Lächeln verschwand mehr und mehr; auch erfuhr ich von dem Schließer, daß er nicht mehr so gottlose Reden und gräuliche Flüche im Munde führe, wie vordem. Mit Einem Wort, sein Trotz schien gebrochen. Ich benutzte eifrigst diese Stimmung, die mir schon ein Anfang der Buße zu sein schien; und, wie schon bemerkt, richtete ich jetzt den Unterricht mehr ascetisch ein, und mit beständiger Anwendung auf meinen Schüler.

Bei der Wiederholung des ersten Hauptstückes ließ ich ihn, wie in einem Spiegel, sein eignes Bild sehen; und es ward mir nicht schwer, bei jedem einzelnen Gebot ihm das Bekenntniß abzunöthigen, daß er es übertreten habe; nur bei dem fünften Gebot gab er dieß nicht unumwunden zu. »Wenn der ein Todtschläger ist,« – sagte er – »der seinen Bruder hasset, so bin ich es auch; aber Blut habe ich nicht vergossen.« – Als wir zu den gewaltigen Schlußworten der zehn Gebote gekommen waren: »Ich, der Herr, dein Gott, bin ein starker, eifriger Gott,« u.s.w., da glaubte ich, daß es an der Zeit wäre, einmal einen besondern Angriff auf sein Gewissen zu machen. Ich stellte ihm den angedrohten Fluch und den verheißenden Segen auf das Allernachdrücklichste vor; und ich glaube, daß ich nicht ohne Leidenschaft gesprochen habe. Im Anfang blickte Hinz mich finster an; allmälig rollte sein Auge wilder und zorniger; die Adern an seiner Stirn schwollen hoch auf; sein Gesicht ward wie mit Blut übergossen; und als ich mit den Worten schloß: »Sieh, Unglücklicher, hier ist Fluch und Segen! wähle nun!« da griff er heftig in seine Ketten und fragte: »Was soll ich? was verlangen Sie von mir?« »Daß Du Deine Schuld bekennst,« sagte ich, »und den Gott der Gnade bittest, daß Er Dir gnädig sein mag!« – Da sprang er im Zorn gegen mich auf; ich glaubte, er würde mir seine Ketten in's Gesicht schlagen; aber dicht vor mir blieb er stehen, starrte mich mit glühenden, tückischen Augen an, und sprach: »Das sagt mir ein Prediger? und fordert mich auf zu lügen, und zu bekennen, was nicht wahr ist?« – »Was wahr oder nicht wahr ist, das weiß Gott!« sagte ich; – »und Er, der in das Verborgene sieht, wird zu seiner Zeit auch dies Geheimniß an's Licht bringen. Er möge Dir das Herz lenken, daß dieß durch das Bekenntniß Deines eignen Mundes geschehe! denn nur die bußfertigen Bekenner haben Gnade zu hoffen.«

Hinz setzte sich wieder hin, und auf beiden Seiten erfolgte eine lange Pause. Der Mörder schien in seinem Gewissen einen schweren Kampf zu bestehen; aber sein Trotz, den ich unvorsichtiger Weise geweckt hatte, siegte über sein besseres Gefühl. Viele Tage lang konnte ich ihm keine Rede wieder abgewinnen [Er sprach nun tagelang nicht mehr mit mir]. Ich erkannte meine Uebereilung. Das Gesetz wirkt wohl Erkenntniß der Sünde, aber nicht Buße. Die Androhung des göttlichen Zornes hatten nichts zur Bekehrung dieses steinernen Herzens beitragen können, sondern nur es erbittert; – und ich hatte nicht bedacht, daß Hinz nur angefangen hatte, an Gott, aber noch nicht an die Gnade Gottes zu glauben.

In den nächsten Tagen ging mein ganzes Bemühen darauf hin, den übeln Eindruck, den ich auf Hinz gemacht hatte, wieder auszulöschen, und sein Vertrauen auf's Neue zu gewinnen, und es gelang mir, Dank sei es der milden, auch die härtesten Gemüther besänftigenden Glaubenslehre, zu deren Wiederholung wir übergegangen waren.

O, wie ganz anders ging doch diese Lehre in das sündige Herz ein. Sein Auge hing an meinen Lippen, als wenn er von mir das ewige Urtheil seiner Begnadigung oder Verdammniß zu hören erwartete. Wie sanft, wie zu Thränen gerührt wurde sein Blick, wenn ich mit den schönsten und kräftigsten Bibelworten, die ich finden konnte, den unerschöpflichen Reichthum der göttlichen Gnade beschrieb; – wenn ich ihm sagte, »daß Gott nicht Gefallen hat an dem Tode des Sünders, sondern will, daß sich Jedermann zur Buße kehre und lebe;« und »daß Christus in die Welt gekommen ist, nicht daß Er die Welt richte, sondern daß die Welt durch ihn selig werde;« – und »daß Freude im Himmel sein wird über einen Sünder, der Buße thut;« u.s.w. Aber wie niedergeschlagen, wie traurig sah er vor sich hin; wie ging sein Athem bald schneller, bald tiefer; ja, welches Zittern ergriff ihn, wenn ich dann wieder ihn an den Ernst und Eifer Gottes erinnerte; und an die Thränen, die Jesus über das verlorne Jerusalem weinte; und an die Bedrohung derer, welche muthwillig sündigen, nachdem sie Erkenntniß der Wahrheit empfangen haben; daß sie kein Opfer mehr für ihre Sünden haben, sondern nichts, als ein schreckliches Warten des Gerichtes, und des Feuereifers, der die Gottlosen verzehren wird!« – O, wie oft glaubte ich da nicht schon das Bekenntniß seiner Schuld auf seinen Lippen zittern zu sehen! – wie oft ging ich mit der Ueberzeugung von ihm weg, daß er bei meinem nächsten Besuch mir sein beklommenes Herz ausschütten würde! Aber ich sollte es erfahren, daß ich mit diesem armen Menschen, eben da ich dem ersehnten Ziele am nächsten zu sein glaubte, mich allmälig wieder entfernt hatte.

Ich konnte es nicht fassen, wie Glaube und Buße so ernstlich in einer Seele sein, und wie es gleichwohl ihr fehlen könne an der nothwendigen Frucht der Buße, nämlich an dem aufrichtigen Bekenntniß der Schuld. Die fleischliche Furcht, die grauenvolle Gewißheit, daß er durch ein freimüthiges Geständniß des Mordes unfehlbar sich selber das Todesurtheil sprechen würde, konnte begreiflicher Weise das entscheidende Wort lange zurückdrängen; allein, wenn die Seele so wahr, wie mir dies schien, von den Lockungen der Gnade und den Schrecken der Verdammniß ergriffen war, so, glaubte ich, müsse jede irdische Rücksicht endlich verschwinden, und die fleischliche Furcht von dem Verlangen, die unsterbliche Seele zu retten, überwunden werden. Weil aber das erwartete Bekenntniß noch immer ausblieb, so fing ich an, in meiner Ueberzeugung, daß Hinz den Mord begangen habe, zu wanken.

Um diese Zeit traf es sich, daß ich auf einige Wochen verreiste; und auf meine Bitte wurde mein[em] Amtsbruder, Herr Pastor Havenstein aus dem benachbarten Kirchspiel Cating, von dem Criminialgericht committirt [gestattet], den Inculpaten während meiner Abwesenheit zu besuchen. Er ging wöchentlich zu ihm; und als ich von meiner Reise zurückkam, theilte er mir seine Ansicht über den Verbrecher mit. Herr Pastor Havenstein war auf dieselbe Weise, wie ich, an ihm irre geworden.

Ich sprach auch mit dem Herrn Justizrath Tetens darüber, welcher die Untersuchung leitete; aber aus dem, was derselbe mir aus den Acten mittheilte, schien mir die Unmöglichkeit, daß Hinz unschuldig sein sollte, hervorzugehen. Dazu kam, daß Hinz, während er zu bekennen sich fürchtete, doch auch zu leugnen sich scheute; denn in den letzten Verhören hatte er eher das hartnäckigste Stillschweigen beobachtet [an den Tag gelegt], als daß er, wie früher, seine Unschuld betheuert hätte. – Ich kam deshalb auf die Vermuthung, daß ich unvorsichtiger Weise selber ihn zu einem gefährlichen Irrthum könnte verleitet haben. Abgeschreckt nämlich durch den Versuch, ihn durch die Androhung des göttlichen Gesetzes zu schrecken, war ich in den entgegengesetzten Fehler gefallen. Ich hatte nach jenem Tage zwar viel von der Sünde, aber wenig von den einzelnen Sünden zu ihm gesprochen. Daher mogte Hinz, dessen Begriffe von Recht und Unrecht nicht hinreichend aufgeklärt waren, sich überredet haben, daß jene besondre Sünde, die ihm so vortheilhaft schien, nämlich das Nichtbekennen vor der Obrigkeit, keine Sünde sei; – oder auch, daß dieselbe bereits in die allgemeine Vergebung mit eingeschlossen sei, sobald er nur sich bewußt war, sein Herz vor Gott aufgedeckt zu haben.

Wäre Hinz weniger in diesem Irrthum befangen gewesen, so würde vermuthlich eine äußerliche Veranlassung, die ich jetzt erzählen will, ihm schon damals das später erfolgte Bekenntniß abgenöthigt haben. Es war nämlich der König in Tönning; und als derselbe von Hinz, als einem so arg verstockten Verbrecher, hörte, ließ er sich zu ihm in's Gefängnis bringen, und sagte zu ihm, »bevor er nicht aufrichtig bekenne, könne er auch auf seines Königs Gnade nicht rechnen.« Hinz schwieg aber, und bekannte nicht.

Bald nach diesem Tage war seit meinem ersten Besuche bei Hinz ein volles Jahr vergangen; und ich mußte mir sagen, daß ich unter solchen Umständen für die Rettung seiner Seele nur sehr wenig gethan hatte. Die Wahrheiten der Religion waren ihm zwar nicht mehr fremd; sie hatten auch so weit ihre Kraft an ihm bewährt, daß sie seinen eisernen Trotz gebrochen, ja, daß sie Schmerzen und Angst der Buße, und auch ein herzliches Verlangen nach der Vergebung seiner Sünden in ihm geweckt hatten. Während aber die Eisrinde [Eis-Panzer] seines Unglaubens hinwegschmolz, hatte sich jene andre, fast so verderbliche Rinde um sein Herz gelegt: ich meine jenen Irrthum, als ob er durch heimliche Reue, ohne offnes Bekenntniß, und ohne die Sühne weltlicher Gerechtigkeit, der Gnade bei Gott versichert sein könne.

Er betete viel, und ich will glauben, aufrichtig; auch sah er es gern, wenn ich mit ihm und für ihn die göttliche Barmherzigkeit anrief. Wenn er sein Herz in jene falsche Ruhe, die er für den wirklichen Frieden im Gewissen hielt, am tiefsten eingewiegt hatte, so pflegte er wohl seine Freude gegen mich auszusprechen; aber es ward mir nie schwer, diesen falschen Frieden wieder zu stören; denn das Wort Gottes hat eine Kraft der Wahrheit, die wie ein Schwerdt in die Seele durchdringt. Dann aber wurde er sehr finster, und schien mich für seinen Feind zu halten, der darauf ausgehe, ihm die kaum verharrschte [verheilte] Wunde wieder aufzureißen, und seine Angst und Schmerzen zu erneuern. Wäre er offen mit seinem unseligen Irrthum gegen mich hervorgetreten, so hätte ich ihn vielleicht bald überwunden; aber diese Aufrichtigkeit hätte ja zugleich ein Bekenntniß seiner That mit einschließen müssen; und dazu hatte er den Muth nicht. So habe ich lange Zeit als gegen einen verborgenen, unsichtbaren Feind gekämpft, und habe ohne Zweifel viele Luftstreiche geführt. Weil ich indeß überzeugt war, daß er angefangen hatte, »Christum zu einem Deckmantel seiner Bosheit zu machen,« mit andern Worte, daß er glaubte, ohne vollständige Buße durch Christum Vergebung der Sünden zu haben, so lenkte ich das Gespräch fast regelmäßig jetzt auf das eigentliche Wesen der Buße und auf richtige Erkenntniß der Sünde. Ich sagte ihm geradezu, daß ich den Zustand seiner Seele durchschaue; und daß dieser verkehrte Zustand vornämlich daher rühre, weil er mehr sich vor Menschen, als vor Gott fürchte; und nicht begreifen wolle, daß die Obrigkeit von Gott ist, um in seinem Namen Recht und Gerechtigkeit auf Erden zu verwalten; daß aber die Lügner und Heuchler ein Gräuel vor Gott sind, und nach seiner ausdrücklichen Versicherung, das Reich der Seligen nicht ererben können. Auf solche und ähnliche Angriffe versuchte Hinze keine Rechtfertigung, und überzeugte mich durch sein finstres Schweigen immer mehr, daß ich seinen Zustand richtig beurtheilte. –

Diese Unterredungen wiederholten sich so oft, und so erfolglos, daß ich endlich ermüdete. Ich sagte es ihm, daß wenn er so darin beharre, dem heil. Geiste zu widerstreben, und absichtlich sich in Irrthum zu verhärten, so müsse ich meine Zeit und Mühe für verschwendet halten, und hätte in meinem Amte Wichtigeres zu thun, als ihn so vergeblich zu besuchen; ich würde deshalb nun von ihm wegbleiben; wenn er indeß mit Gottes Hülfe andern Sinnes würde, könne er mich wieder zu sich rufen lassen. Diese Ankündigung erschütterte ihn aber sehr, und er ließ mich mit Bitten nicht los, bis ich ihm versprach, ihn nicht zu verlassen. Dieser Auftritt wiederholte sich indeß öfter, und endlich nahm ich mir fest vor, ihn eine Zeitlang nicht zu besuchen. Ich hoffte, er würde vielleicht eher in sich gehen, wenn ich ihn mit seinem zerrissenen Gemüth einige Wochen sich selber überließe. – Hinz hielt diese Probe sechs Wochen lang aus. Von dem Gefangenenwärter, der mir oft Nachricht bringen mußte, erfuhr ich, daß er sehr niedergeschlagen sei, und viel lese und bete; auch oft ein Verlangen nach mir äußere, aber doch nicht wolle mich rufen lassen. – Endlich, nach sechs Wochen, schickte er zu mir. Ich ging sogleich zu ihm hin, und fragte ihn, wie er es habe, und was sein Begehren sei? Er verlangte das heil. Abendmahl. Dies überraschte mich; und ich wandte meine ganze Beredtsamkeit auf, sein Gewissen zu erschüttern, und ihm die große Gefahr für seine Seele zu zeigen, wenn er ohne aufrichtige Buße das Sakrament nehmen würde. Er blieb indeß bei seinem Verlangen, und ich versprach ihm, nach drei Tagen wieder zu kommen, und wenn er noch darauf bestehen würde, ihm das Abendmahl auf seine Gefahr zu geben. – Den weitern Erfolg, und daß Hinz drei Tage später das heil. Abendmahl wirklich empfangen hat, hat der Leser schon aus Hinzens Erzählung erfahren; aber eines Mißgriffs, welchen bei dieser Gelegenheit ich und mit mir das Gericht begangen hat, erwähnt seine Erzählung nicht.

Ich glaubte nämlich, daß entweder Hinz schon jetzt zum Bekenntniß geneigt, die Absicht habe, durch den Empfang des Abendmahls sich in seinem Vorsatz zu stärken; oder daß auch ohne seine Absicht diese Feier, nebst der vorhergehenden Beichte, ihn zur Aufrichtigkeit stimmen würde. In dieser Meinung hatte ich das Gericht ersucht, sich in dem Gefangenenhause zu versammeln, während ich im Gefängniß mit dem Inculpaten beschäftigt wäre; um sodann gleich nach vollendeter Feier ein Verhör mit ihm vorzunehmen. Das Abendmahl wurde ertheilt, und das Verhör ging vor sich. Abwechselnd mit dem Richter drang ich selber in ihn, daß er in dieser Stunde seine Seele ihrer Last vollends entledigen, und nicht durch Leugnen den Segen des heil. Sakramentes sich zum Fluch machen solle. Aber Hinz blickte finster vor sich hin, und sprach auf all' unser Fragen und Ermahnen kein Wort. Er ward in sein Gefängniß zurückgebracht. Wir hatten sehr unrecht an Hinz gehandelt; damit, daß der heil. Feier unmittelbar ein peinliches Verhör folgte, haben wir leider wohl selber den guten Eindruck und die nachhaltige Wirkung des Abendmahls gestört, und hatten Hinz nur erbittert. Die Wirkung der Gnadenmittel soll man dem heil. Geist überlassen, und sich dabei menschlicher Künste enthalten. Hinz hat mir dieß Verhör lange Zeit nicht vergeben können.

Uebrigens kam ich nach diesem Tage wieder häufiger zu ihm, und las mit ihm einige ganz vorzügliche Bußpredigten, die ich auch ihm zum Nachlesen im Gefängniß ließ. Was Hinz über diese Predigten sagt, ist bemerkenswerth. »Ich habe sie fast lieber, als die Bibel selber gelesen; und auch vielmehr daraus gelernt, weil sie mir verständlicher waren.« – Ich fürchte, wir Prediger versehen es [begehen einen Fehler] oft damit, daß wir die Bibel selber solchen Leuten zum Lesen empfehlen, die das Gelesene nur sehr theilweise verstehen, und oft schrecklich mißverstehen. Recht evangelische, aber sehr einfache, populäre Postillen und Andachtsbücher sind die wahre Bibel des Volkes.

Durch Zufall war mir eine Aeußerung des Carsten Hinz gegen einen seiner Mitgefangenen bekannt geworden. Er hatte zu diesem gesagt: »Er wolle seinem ärgsten Feinde nicht die Angst wünschen, mit welcher eine schwere Missethat den Thäter Tag und Nacht peinige.« Ich benutzte dies, und bei meinem nächsten Besuch schilderte ich ihm mit den stärksten Farben die Folter des bösen Gewissens; wie es Tags durch die schrecklichsten Vorstellungen, und Nachts durch böse Träume die Seele quäle; und wie es, je länger, je ärger mit der Angst würde; bis endlich in der Ewigkeit der Wurm, der nicht stirbt, und die Flamme, die nicht erlischt, jeden Trost und jede Hoffnung ausschließt. Und ich sagte ihm darauf, daß diese tägliche und nächtliche Marter sein Fall sei, und daß er es nicht leugnen könne, sie aus Erfahrung zu kennen; daß es aber nur Einen Weg gebe, davon frei zu werden: eine vollständige Buße schon in diesem Leben, welche bestehen müsse im Bekenntniß der Schuld und in der Sühne des Gesetzes.

Schon waren seit der Gefangenschaft des Mörders sieben viertel Jahre verflossen. Wie viele wiederholte Angriffe ich auch von allen Seiten versucht hatte, dieß unbeugsame Herz aus der Verschanzung seines Unglaubens und seiner absichtlichen Irrthümer hinauszuschlagen, so schien der Erfolg doch nur gering, und der Sieg zweifelhaft. Aber der Geist Gottes arbeitet, wie in der Natur, so auch im Reich der Gnade, verborgen und allmächtig; – wir streuen den Saamen in die Erde; aber die Entwicklung des Keimes sehen wir nicht, bis in der geheimnißvollen Werkstatt das Wunder des Gewächses fertig ist; und je edler die Frucht, um so langsamer reift sie.

Endlich nahte der in dieser Bekehrungsgeschichte so höchst denkwürdige Buß- und Bettag des Jahres 1843 heran. Wie dieser Tag die Frucht der Buße zur Reife gebracht hat, und für Hinz ein Tag der Umkehr und des Heils geworden ist, das hat Hinz in seiner Lebensgeschichte der Wahrheit gemäß beschrieben. In einem seiner Briefe, deren Hinz nach seiner Bekehrung viele an seine Angehörigen schrieb, kommen über diesen Tag folgende Worte vor: »Es war am 12ten Mai 1843, am Bußtage, da sandte Gott, der nicht will, daß ein Sünder verloren gehen soll, noch einmal seinen Diener zu mir, und ließ durch dessen Mund mich fragen, ob ich noch seine Gnade hinnehmen, oder ob ich verloren sein wollte? Der Pastor nahm Himmel und Erde über mich zum Zeugen; er legte mir Leben und Tod, Segen und Fluch vor, und sagte, ich solle nun wählen. Mein Pastor war so hart mit mir an [zu mir], daß ich kein Glied mehr am Leibe hatte, welches nicht zitterte. Die Worte, welche er mir sagte, schlugen mir an das Herz, wie ein Hammer, der Felsen zermalmt. Es war mir nicht anders, als wenn Gott selber durch seinen Diener nun zum letzten Mal mich ermahnte, und warnte, ich sollte das Leben wählen; wo nicht, so wäre ich ewig verflucht. Als der Prediger mich verließ, war ich so beklommen, daß ich kaum athmen konnte. Ich war in dem Augenblick auf dem allergefährlichsten Punkt. Ich war daran, wider den heiligen Geist zu sündigen, und es hing an dieser Stunde Tod und Leben, Seligkeit und Verdammniß. Am Abend habe ich Gott viel und lange gebeten, daß Er mir Kraft geben möge, offen vor der Welt meine Schuld einzugestehen. Ich bezeuge aber, daß ich mehr vor der Schande, als vor dem Tode mich gefürchtet habe.«

Sein Gebet ward erhört. Indeß ist es ihm selber wohl kaum zum klaren Bewußtsein gekommen, welche äußerliche Umstände mit dazu beigetragen haben, ihn endlich in dem Beschluß, ein freimüthiges Bekenntniß abzulegen, zu (be)festigen; – denn Gott, wenn Er eine Seele retten will, läßt gemeiniglich mehre Umstände zusammenwirken, dem sündigen Herzen den schweren Sieg über sich selber zu erleichtern. Zu diesen mitwirkenden Ursachen rechne ich besonders, daß kurz vor jenem Tage ihm ein Fiskal und ein Defensor gesetzt [dass im ›Mordfall Hinz‹ ein Ankläger und ein Verteidiger bestimmt worden waren], und ihm bekannt geworden war, daß Anklage und Vertheidigung öffentlich geschehen würden. Im Zuchthause hatte er gehört, daß dergleichen öffentliche Verhandlungen nur Statt zu finden pflegen, wenn ein Verbrechen auf den Tod soll angeklagt werden [wenn ein Gerichtsverfahren mit einem Todesurteil enden könnte]. Das eigne Bewußtsein der That; die Gewißheit, daß das Gericht und das Publicum, durch die Kraft der Indicien, von seiner Schuld sich überzeugt hielten; dazu nun die Schrecken der öffentlichen Anklage, hatten vermuthlich ihm die letzte schwache Hoffnung geraubt, daß er durch anhaltendes Leugnen der Strafe des Beiles [dem Tod durch Enthauptung per Beil] sich würde entziehen können.

Er verrieth diese Befürchtung gegen den Schließer und einen Mitgefangenen, und fragte ängstlich, was sie von dem Ausgange seiner Sache glaubten. Die Antwort war trostlos: »Wenn er bekenne, so müßten die Richter sein Todesurtheil aussprechen; wenn er aber nicht bekenne, so würde er als ein, wenn gleich nicht geständiger, so doch überwiesener [überführter] Mörder keine gelindere Strafe zu erwarten haben, als Staupbesen und Brandmark, und danach lebenslängliche Gefangenschaft im Raspelhause.« Eine fürchterliche Aussicht; die aber gewiß viel dazu beitrug, den Entschluß eines offenen Bekenntnisses endlich zur Reife zu bringen.

Indeß möchte ich doch daraus nicht folgern, daß die Furcht vor Staupbesen [= Stäupen; Körperstrafe am Pranger], Brandmark [= dem Täter wurde für sein Vergehen auf dem Körper ein Brandmal eingebrannt] und Raspelhause der alleinige, oder auch nur der hauptsächlichste Antrieb zum Bekenntnisse war. Das Beil des Henkers muß der menschlichen Natur doch fürchterlicher sein; auch nehmen Verbrecher, wenn sie gleich zu lebenslänglicher Gefangenschaft verurtheilt werden, nie ganz von der Hoffnung Abschied, daß noch einmal die Gelegenheit zum Entspringen, oder weil bei fehlendem Geständniß doch noch immer ein Zweifel an der Schuld übrig bleibe, eine spätere Begnadigung sich finden werde. Daß er aber durch ein offenes Bekenntniß noch seine Strafe mildern, und schon jetzt auf Begnadigung Anspruch machen [hoffen] könne, durfte Hinz wegen der unerhörten Grausamkeit, mit der er gemordet, und wegen der Verstocktheit, mit der er bis jetzt geleugnet hatte, nicht hoffen; und hoffte es wirklich nicht, zumal, da er die Gelegenheit, welche der König ihm gegeben hatte, um Gnade zu flehen, ungenutzt hatte vorüber gehen lassen. Es konnte aber auch nicht Lebensüberdruß sein, welcher Hinz die Todesstrafe vorziehen ließ; denn eben die Liebe zum Leben hatte ja, trotz der Buße, die in ihm vorging, ihm das Geständniß so sehr und lange erschwert. Wohl aber konnte und mußte es ihm das Bekenntniß erleichtern, wenn das fernere Leugnen ihm eine, kaum weniger düstere Aussicht ließ. – So halte ich die äußerlichen Umstände wohl für mitwirkende und beschleunigende Ursachen seines Bekenntnisses; der vornehmste Antrieb aber kam ohne Zweifel von innen, aus den Schmerzen der Buße, die das arme Herz seit einem Jahre zerrissen, und nach Frieden verlangend gemacht hatten.

Daß ich übrigens die Tage, welche zwischen dem Bußtage und dem Bekenntniß lagen, durch Krankheit gehindert war, zu Hinz zu kommen, scheint Gott darum so gefügt zu haben, damit die letzte Reise der Buße ohne Zureden und Zuthun eines Menschen, allein ein Werk seines heiligen Geistes bliebe; und als solches sah ich, und mit mir Hinz, seine Bekehrung auch ganz und gar an.

Als ich nach dem Bekenntniß zuerst wieder in Hinzens Gefängniß ankam, war er wie umgewandelt; so frei und fromm war der sonst so finstre Blick. »Gott ist mir sehr gnädig gewesen!« sagte er, und dabei stürzten ihm die Thränen aus den Augen. Ganz gegen seine frühere Weise war er gesprächig und mittheilend. Er konnte mir nicht genug erzählen, wie tief er schon in dem Abgrund des Verderbens gewesen; welche fürchterlichen Kämpfe er in seinem Gewissen ausgehalten, und wie gnädig und mächtig Gott ihm beigestanden habe, ihn aus der Verzweiflung und der Verdammniß zu reißen.

»Nun will ich es ihnen wohl bekennen,« sagte er mir, »daß manchmal, wenn sie [Sie] so hart mit mir (an)waren, daß ich die That gestehen sollte, ich bei mir selber gelobte, daß weder sie [Sie], noch irgend ein Mensch dahin mich bringen sollten; aber Gott ist doch stärker, als das allertrotzigste Herz; und nun bin ich glücklich, daß ich von seinem heil. Geiste mich habe überwinden lassen.« Ein andermal sagte er: »Seitdem Gott mir diese Last vom Herzen genommen hat, fühle ich erst, was das heißt: Frieden mit Gott haben. O, wie habe ich mich doch früher getäuscht, wenn ich manchmal glaubte, ich hätte schon Frieden! Der Friede Gottes ist höher, als alle Vernunft.« Und doch hatte das arme Herz diesen Frieden keineswegs ununterbrochen. Bald war es die Erinnerung seiner bösen Thaten, die ihn schmerzlich betrübte; bald beunruhigte ihn die Vorstellung seines schmachvollen Todes. Das herzliche Mitleid, das ich mit dem armen Menschen hatte, ließ mich auf Mittel sinnen, diese Wunden zu heilen. Ich dachte daran, daß Gott unsern Stammeltern nach dem Sündenfall Arbeit aufgelegt hat; nicht, um sie, die schon elend waren, zu plagen, sondern um sie ihres Elendes und des verlornen Paradieses vergessen zu machen, und ihre Herzen gegen fernere Anfechtungen der Sünde zu bewahren. Die Wohlthat der Arbeit pflegt leider den schweren Verbrechern in ihrer Haft entzogen zu werden, weil man mit Recht den Mißbrauch jeglichen Arbeitsgeräthes fürchtet; sei es nun, daß sie darin ein Mittel zu ihrer Befreiung, oder zu ihrer Entleibung finden könnten. Hinz hatte die Wohlthat der Arbeit lange Zeit entbehren müssen; vornämlich aber hatte er nicht schreiben dürfen. Nach seinem Bekenntniß bat ich, daß ihm ein Spinnrad und die Erlaubniß zum Schreiben gegeben würde; und weil man sich nichts Arges mehr von ihm versah [nichts Schlimmes mehr von ihm befürchtete], wurde ihm beides gewährt. Das Spinnen hatte er im Zuchthause gelernt; und weil er schon nothdürftig schreiben konnte, gab ich ihm Anleitung, seine Lebensbeschreibung aufzusetzen. Anfangs zwar wurden die trüben Gedanken dadurch mehr angeregt, als vertrieben; aber das Mittel wirkte, wie eine Aetzung bei Geschwüren; die schadhafte Stelle schmerzt so viel mehr, aber sie heilt doch. – Als Hinz mit seiner Lebensbeschreibung fertig war, da verloren sich die schmerzlichen Erinnerungen; und weil ich viel mit ihm über den Tod sprach, und ihm auch ein Buch »Christliche Vorbereitung auf den Tod« zum Lesen gab, so wurde sein Herz allmälig auch nach der Seite stark.

Es war wieder um die Zeit, da ich alljährlich, zur Erholung von den Geschäften meines Amtes, auf einige Wochen zu verreisen pflege. Als ich von der Reise zurückkam, und zuerst wieder Hinz besuchte, fand ich ihn nicht ganz, wie ich wünschte. Das Spinnrad hatte die Zeit durch geruht, und dagegen waren von Hinz viele Briefe und ganze Bücher geschrieben, worin er seinen Verwandten und Freunden seine Bekehrung anzeigte, und sie aufs Eifrigste ermahnte, [sich] an ihm ein Beispiel zu nehmen.

Mehre von diesen Briefen waren, mit Bewilligung der Obrigkeit, an ihre Bestimmung abgegangen; die noch zurück [noch nicht abgeschickt] waren, nahm ich mit mir, um sie zu Hause durchzulesen. Ich fand, was ich fürchtete: daß Hinz an derjenigen Klippe gescheitert war, welche den Neubekehrten allemal gefährlich zu sein pflegt. Er war ruhmredig über seine Bekehrung, und voll geistlichen Stolzes geworden. Seine Briefe athmeten zwar Liebe zu denjenigen, an welche er schrieb, und zu allen Menschen; aber er stellte sich als einen vollendet Gerechten, und als ein heiliges Kind Gottes über sie alle, und richtete sie um ihre [wegen ihrer] Sünden und ihre Unbußfertigkeit; sich dagegen nannte er einen auserwählten Liebling Gottes, welcher der ewigen Krone gewiß sei. Besonders war eine Aeußerung mir auffallend. Ich hatte nämlich nach seiner Bekehrung ihn gewarnt, er solle nun nicht wanken; und weil ihm eine Erleichterung seiner Ketten vergönnt war, solle er Gott bitten, ihn vor Mißbrauch dieser Gunst und vor Gedanken an der Flucht zu bewahren. Nun fand ich in einem seiner Briefe, daß er mich des mangelnden Vertrauens zu dem Heilande anklagte, weil ich an die Möglichkeit dächte, daß derselbe ihn könnte wieder abfallen lassen; u.s.w. Dergleichen überraschte mich zwar sehr; ich sah es an für Auswüchse der ersten Freude und Liebe zu dem Heiland. Aber es waren doch Auswüchse, die einer schleunigen und gründlichen Heilung bedurften; denn der geistliche Hochmuth hat selbst Engel des Lichtes zu Fall gebracht, daß aus ihnen Engel der Finsterniß wurden.

Ich ging in der ernstlichen Absicht zu ihm, nicht abzulassen, bis ich seinen Hochmuth und sein Sicherheitsgefühl würde gedämpft haben. Er erkannte meine Absicht bald, und fühlte sich tief gekränkt. Er versuchte es, das Bibelwort zu seinem Schilde zu machen: »Wer will verdammen? Christus ist hie, der für uns gestorben ist! Ist Jemand in Christo, so ist er eine neue Creatur; das Alte ist vergangen, und siehe, es ist Alles neu geworden. Es ist nichts Verdammliches an denen, die in Christo Jesu sind! Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen?« u.s.w. Er machte es mir schwer, ihn zu überzeugen, daß ein Christ trotz aller dieser Wahrheiten fallen und abfallen könne. Ich stellte Bibelwort gegen Bibelwort, bis ihn die Kraft der Wahrheit überwältigte. Er wurde beschämt, gerührt, und dankte mir endlich für die Zurechtweisung. – Weil Hinz jetzt mehr als je eines geistlichen Wächters zu bedürfen schien, wiederholte ich meine Besuche häufiger. Der Herr aber that abermals auch hier das Beste zur Sache; Er ließ ihn in mehrfache Anfechtungen fallen. Mit Wehmut erzählte Hinz mir, daß er manchmal nicht recht zum Gebet kommen könne; bald, daß er zänkisch gegen den Schließer gewesen; bald, daß er in seinen Gefängnißleiden nicht Geduld, daß er in Erwartung seines Todes nicht Ruhe und Ergebung behalten könne. Er lernte also die Nothwendigkeit, zu wachen und zu beten, aus Erfahrung kennen. Das demüthigte und läuterte ihn. Er fuhr zwar fort, ermahnende Briefe zu schreiben; und drang auch, wozu ihm jetzt täglich Gelegenheit gegeben wurde, mit Bitten und Ermahnen auf seine Mitgefangenen ein; – aber der Geist seiner Ermahnungen war ein anderer und besserer; das Gefühl der Schwachheit und Sündhaftigkeit gab ihm die Worte ein. Dadurch vornämlich wurde sein Einfluß auf die Mitgefangenen segensreich; die rohesten, trotzigsten Menschen wurden stille, in sich gekehrt, und in ihren Verhören aufrichtiger.

Es wurde Hinz erlaubt, von seinen Eltern und Geschwistern Besuche anzunehmen. Diese beweinten und bejammerten ihn; er aber sagte ihnen, daß wenn sie nicht sich bekehren würden, sie viel beklagenswerther wären, als er. Denn Hinzens Anverwandte sind rohe, zum Theil verbrecherische Menschen; – sie verließen ihn nie ohne tiefe Zerknirschung. Sein alter Vater scheint aufrichtig seiner Bekehrung sich hinzuneigen; – bei den Kindern wird die Gnade Gottes hoffentlich nachhaltig wirken.

Hinz fühlte das Bedürfnis, von der Wittwe des ermordeten Hamann und von dem durch ihn so scheußlich verstümmelten Mädchen Verzeihung zu erflehen. Die Wittwe ließ sich bewegen, zu ihm zu gehen. Die Scene war ergreifend. Mit Abscheu gegen den Mörder ihres Mannes war sie gekommen; als aber Hinz auf seinen Knieen und mit viel Thränen sie um Vergebung angefleht hatte, sprach sie das Wort aus: »Wenn Gott Dir vergeben kann, so will ich es auch thun.« Sie ging; blieb an der Thür stehen, kehrte wieder um, gab ihm weinend die Hand, und sprach: »Hinz, ich habe Dir Alles vergeben, was Du an meinem armen Manne und an mir gethan hast.« – Das Mädchen antwortete schriftlich, daß sie um Christi willen ihm verzeihe, aber sich nicht überwinden könne, ihn in diesem Leben wieder zu sehen. Das schmerzte Hinz; aber die Demüthigung war ihm heilsam. Sein ganzes Wesen ward zusehends bescheidener, sanfter, hingebender.

Im October 1843 rückte endlich der Tag der fiskalischen Anklage und Defension heran. Die Verhandlung wurde im landschaftlichen Hause In diesem Gebäude tagte damals das Eiderstedter Gericht; heute Hotel/Restaurant. in Tönning gehalten. Oberstaller, Staller und Rathleute saßen zu Gericht; Hinz saß auf der Armensünderbank; der Saal war gedrängt voller Menschen. Der Fiskal hielt sich bei der Beweisführung nicht lange auf, da das offene, eigne Bekenntniß des absichtlichen Raubmordes vorlag; nachdem die Scheußlichkeit der That an's Licht gesetzt war, forderte der Fiskal den Tod des Mörders durch das Rad. Das Rädern war eine der grausamsten und schmachvollsten Hinrichtungsarten: Der Verurteilte wurde auf ein Schafott gebracht und festgebunden. Meist ließ der Henker das Richtrad – beginnend an den Beinen und dann bis zu den Armen herauf – mehrmals auf den Körper des Opfers fallen. Nachdem dem Betroffenen dadurch die Knochen gebrochen worden waren, wurde sein Körper auf ein Rad ›geflochten‹; danach wurde der Delinquent meist erdrosselt oder enthauptet. Der Leichnam blieb auf dem Rad, wurde von Tieren gefressen oder verweste. – Der Defensor konnte und wollte die That nicht vertheidigen, er machte jedoch das Gericht darauf aufmerksam, daß Hinz den gegen das Mädchen beabsichtigten Mord nicht vollführt habe; und daß er den alten Hamann zwar erschlagen habe, aber ohne diesen Mord beabsichtigt zu haben; – demnach wäre die That gegen das Mädchen nur ein Versuch zum Morde; die gegen Hamann aber nur ein unvorsätzlicher Todschlag. Danach schilderte der Defensor auf eine rührende Weise die Reue, und den gegenwärtigen guten Seelenzustand des Verbrechers, und trug schließlich auf Zuchthausstrafe an [plädierte auf eine Freiheitsstrafe].

Hinz hatte gesenkten Blickes, und, wie mir schien, mit vieler Fassung der Anklage zugehört; doch wollen Einige bemerkt haben, daß er zuweilen furchtsam zu dem Fiskal hinaufgeblickt habe. Bei der Defension wurde er weich, und vergoß Thränen. Nach geschlossener Verhandlung ging ich zu ihm, um den Eindruck zu erforschen, und ihn darauf aufmerksam zu machen, daß der Antrag seines Defensors mehr geschehen sei, um der Form zu genügen, als daß er daraus wirklich auf eine besondre Milderung der Strafe hoffen dürfe. Er versicherte mich, daß er die Sache auch so ansehe, und auf den Tod gefaßt sei.

Das Urtheil des Gerichts wurde, ohne dem Publico [Publikum] bekannt geworden zu sein, zur Bestätigung an das Ober-Criminalgericht eingesandt; von da ging es an das Ober-Appellationsgericht, und endlich an den König. Fünf Monate vergingen, ehe die Bestätigung erschien [erfolgte]. Während dieser Zeit hielt Hinz sich in der erwünschtesten Stimmung; doch konnte es nicht fehlen, daß nicht einige Hoffnung des Lebens in ihm sich hätte regen sollen. Er stellte sich die Möglichkeit einer lebenslänglichen Zuchthausstrafe vor; und obwohl diese Strafe einem jungen, lebenskräftigen Manne wohl schrecklicher, als selbst der Tod auf dem Schaffot erscheinen konnte, so malte doch seine Einbildungskraft sich dieß fürchterliche Loos gar lieblich aus. Er sprach viel mit mir über die Möglichkeit, daß Gott ihn könne dazu bestimmt haben, im Zuchthause ein Bußprediger zu werden; welches Amt er denn auch mit vieler Freundlichkeit ausrichten würde. – Es wurde mir eine Zeitlang schwer, ihn in der Erwartung des wahrscheinlichen Todesurtheils fest zu halten. Mit den stärksten Farben schilderte ich ihm die Schwierigkeiten, und die große Gefahr für seine Seele, wenn er auf die Zeit seines Lebens [bis zu seinem Lebensende] in die Gemeinschaft mit lauter Verbrechern, Bösewichtern und Spöttern der Religion sollte eingeführt werden. Allmälig entfiel ihm auch der Muth dazu, und damit zugleich der letzte Rest von Lebenslust. Er wünschte zu sterben; nicht aus Schwermuth; sein Gemüth war nicht schwer; sondern aus Verlangen nach Frieden für seine Seele, und nach derjenigen Ruhe, wo keine Schwachheit und Anfechtung ihm länger gefährlich werden kann; und aus herzlichem Verlangen nach dem ewigen Erbe, welches Christus denjenigen zusichert, die in aufrichtiger Buße zu ihm kommen.

Hinz bat, daß außer seiner Familie auch einigen gläubigen Christen aus meiner Gemeinde, mit welchen ich ihn gesprächsweise bekannt gemacht hatte, der Zutritt zu ihm verstattet würde; auch daß ihm erlaubt würde, Sonntags die Kirche zu besuchen. Dies Letztere wurde ihm aus polizeilichen Rücksichten abgeschlagen; doch erlangte ich von dem Gericht für ihn die Gewährung der andern Bitte, indem ich mich für zwei christliche Männer in meiner Gemeinde verbürgte, daß deren Zuspruch dem armen Hinz nützlich sein würde. Meine Amtsgeschäfte hatten eben um die Zeit sich so sehr gehäuft, daß ich mit jenen beiden Männern die Abrede nahm [die Vereinbarung traf], daß sie abwechselnd mit mir Hinz besuchen sollten; außerdem ging auch mein Amtsbruder jetzt zu ihm. Es war erfreulich zu bemerken, wie sein Gemüth zusehends ruhiger, fester und freudiger in der Todeserwartung wurde.

Auf den 3. April d. J. wurde ihm endlich die Publication seines Urtheils angekündigt [Hinz wurde mitgeteilt, daß die Urteilsverkündung am 3. April erfolgen würde]. Ich ging vorher zu ihm. »Ich weiß schon,« sagte er, »und bin ruhig und fröhlich.« Das war er in der That. Ich hatte es nicht für möglich gehalten, daß ein schwacher Mensch das Urtheil seines Todes mit solcher Heiterkeit erwarten könne; und dankte Gott, daß Er so Großes an diesem armen Menschen gethan hatte. Es war 11 Uhr Vormittags, als ich ihn verließ, weil er wünschte, die letzten Minuten vor der Publication des Urtheils allein im Gebet zuzubringen. Von ihm ging ich denn in das landschaftliche Haus, wo schon das Gericht versammelt war. Der Saal sowohl, als die Vordiele waren gedrängt voller Menschen; auch standen mehre Hunderte vor dem Hause, um Hinz kommen zu sehen. Um 11 ½ Uhr ward er gebracht. Seine Miene war frei und sanft, und er schien alle Leute freundlich zu begrüßen. Als er in den Saal geführt ward, entstand Todtenstille. Ihm wurde sein Platz angewiesen, wo er stehend sein Urtheil vernehmen sollte. Der Actuar des Gerichts [Aktenverwalter, Gerichtsschreiber] las mit lauter Stimme den Hergang des Verbrechens, die von dem Gericht hervorgehobenen Entscheidungsgründe und das Urtheil, daß Carsten Hinz durch das Rad vom Leben zum Tode solle gebracht werden. Jetzt trat eine schauerliche Stille ein; Aller Augen waren auf den Verurtheilten gerichtet; – er schien unter Allen in seinem Gemüthe der Ruhigste zu sein; doch lag nichts Gewaltsames oder Hartes in seinen Mienen.

Nach einer Pause kündigte der Präses des Gerichts [Gerichtsvorsitzende] dem Verurtheilten an, daß Se. Majestät, der König, von seinem schönen Begnadigungsrecht Gebrauch gemacht, und die härtere Todesstrafe des Rades in die einfachste, mit dem Beile, verwandelt habe. – Diese Milderung schien jedoch so wenig, wie die zuerst ausgesprochene Verurtheilung, sein Gemüth zu erschüttern. Er bat um die Erlaubniß, zu reden. Die ward ihm zugestanden; und mit ungekünstelten Worten sprach er in plattdeutscher Rede auf eine tief ergreifende Weise sich über die Gnade aus, nicht die ihm der König, sondern die ihm Gott habe widerfahren lassen. Seine Worte hatten mich, so wie fast alle Umstehende, zu sehr gerührt, als daß ich jetzt im Stande wäre, sie aus dem Gedächtniß wieder zu geben. Nur dessen erinnere ich mich, daß er mit Schaam und Wehmuth auf seinen früheren, schrecklichen Zustand hinwies, da er nicht einmal an das Dasein eines Gottes geglaubt hatte; daß er jetzt aber seinem Heilande nicht genug danken könne, weil derselbe ihm seine unsterbliche Seele gerettet habe, und nun ihn bald ganz zu sich ziehen werde.

Als er wieder in sein Gefängniß zurückgebracht ward, schienen die Menschen alle in ihrem Rechtsgefühl befriedigt zu sein; doch drückte sich auf den Gesichtern viel mehr Mitleid, als Abscheu gegen den Mörder aus. – War Hinz schon in der Erwartung seiner Verurtheilung ruhig gewesen, so war er nun so viel ruhiger, da nach so langer bänglicher Ungewißheit endlich die Entscheidung da war.

Die Verurtheilung hatte am Mittwoch in der stillen Woche stattgefunden; sein Wunsch war jetzt, während der heil. Festtage zur Kirche zugelassen zu werden; er hätte gern zum Osterfest in versammelter Gemeinde mit seiner Familie das heil. Abendmahl empfangen. Leider wurde ihm diese Bitte nicht gewährt. Wir machten denn am zweiten Osternachmittage aus seinem Kerker ein Kirchlein; in der Gewißheit, wo zwei oder drei versammelt sind in Jesu Namen, da ist Er mitten unter ihnen. Versammelt waren der Vater des Verurtheilten; (die Mutter konnte Krankheit halber nicht kommen) – der Bruder und dessen Frau, drei Mitgefangene, der Schließer, der Verurtheilte und ich. Hinz und seine Angehörigen empfingen das Abendmahl; – es war eine ungemein rührende und erhebende Feier; doch war der Verurtheilte vielleicht unter uns Allen der Einzige, der die Rührung ganz rein zu empfinden vermogte. Der Friede Gottes, welcher höher ist, als alle Vernunft, spiegelte sich ab in seiner Seele und in seinem Antlitz. Wir andern Alle, wenn gleich durch die Abendmahlsfeier gehoben, waren doch eben so sehr menschlich betrübt und mit bangen Vorstellungen der nächsten Zukunft erfüllt; – besonders glaube ich, daß die vielen Thränen, die der alte Vater vergoß, mehr [wegen] der Trauer um den Tod des Sohnes, als [wegen] der Andacht geflossen sind. Als ich nach beendigter Feier, mit Hinweisung auf C. Hinz, auch noch besonders den mit anwesenden Verbrechern zusprach, waren selbst diese harten Menschen in Thränen aufgelöst. Möchten es Thränen aufrichtiger Buße gewesen sein! –

Es war bekannt geworden, daß Hinz, so weit es mit der Ruhe und Ordnung des Gefangenenhauses verträglich war, Besuche annehmen durfte; und es kamen aus der Stadt und der Umgegend täglich, und beinahe stündlich Menschen zu ihm; einige aus christlicher Liebe, in der Absicht, ihn in seinem Glauben zu stärken; – viele aus bloßer Neugier, um den bekehrten Mörder kennen zu lernen; unter diesen auch viele ungläubige und mißtrauische Leute, welche für ihre Behauptung, daß Hinz ein Heuchler sei, Bestätigung suchten. Alle aber, die ihn besuchten, fanden ihn anders, als sie erwarteten. Die ihn trösten und stärken wollten, fanden ihn des nicht bedürftig; denn sein Glaube und sein Friede standen fest und auf gutem Grunde; und er hatte Lust, abzuscheiden und bei Christo zu sein. Die Neugierigen empfingen Eindrücke, auf die sie nicht gefaßt waren; seine kurzen, kräftigen Bußpredigten und Anpreisungen der göttlichen Gnade erschütterten die gleichgültigsten, härtesten Gemüther. Die Ungläubigen wurden beschämt, und sprachen es laut aus, daß eine solche Ruhe und Freudigkeit zum Tode nicht geheuchelt sein könne. Der Schließer versichert, daß selten Jemand von Hinz weggegangen sei ohne sichtliche Merkmale der guten Eindrücke, die sie bei ihm empfangen hätten. –

Ich hatte gefürchtet, daß die zahlreichen Besuche, vornämlich derer, die nur aus Neugier kamen, ihm lästig und störend werden möchten, und veranlaßte deshalb einige Einschränkungen; aber dankte Hinz mir nicht; sondern bat vielmehr, daß man ihm doch so viel wie möglich Raum geben möge, unbußfertigen und ungläubigen Seelen zuzusprechen, ob vielleicht durch ihn Einige für das Reich Gottes mögten gewonnen werden. Es wurde deshalb die Erlaubniß erneuert, daß, mit Ausnahme von Kindern, Jeder zu ihm gehen dürfe; – aber auch selbst zu den Kindern, deren sich immer viele vor seinem Gefängniß versammelten, sprach er durch das Fenster, und gab ihnen die vortrefflichsten Ermahnungen, immer auf sein eignes Beispiel hinweisend.

Gewöhnlich war er denn gegen Abend von diesen Anstrengungen ganz erschöpft; ging früh zu Bette, betete und schlief die Nächte sanft und ruhig. Mehre Male hatte er mich gebeten, ich mögte doch Tag und Stunde seiner Hinrichtung suchen in Erfahrung zu bringen und ihm sagen. Am 12. April konnte ich ihm mit einiger Gewißheit sagen, daß der 16. April festgesetzt sei. Er freute sich des; und sein Friede wurde noch friedlicher, seine Gemüthsruhe noch ruhiger, als am folgenden Tage der Herr Staller bei ihm erschien, meine Nachricht zu bestätigen. Der Herr Staller, Justizrath Ingwersen, kam von dem Gefängniß zu mir, und war sehr gerührt. Er konnte kaum Worte finden, um zu beschreiben, wie Hinzens Gesicht nun so ungemein sanft und gut anzusehen sei; da es doch vor 2 ½ Jahren bei der Gefangennehmung und bis zur Zeit des Geständnisses einen so merkwürdig boshaften, wildtrotzigen, tiegerartigen Ausdruck gehabt habe. Dieselbe Bemerkung war mir längst aufgefallen, und ich habe sie, wenn ich nicht irre, auch schon früher ausgesprochen; – und die Tauende, die ihn zum Richtplatz haben hinführen sehen, werden es bestätigen, daß der gute Geist, der in ihm Wohnung gemacht hatte, sein Antlitz wunderbar lieblich verklärt hatte. Ich berufe mich ausdrücklich auf deren Zeugniß, weil man mir, dem einzelnen, und vielleicht partheiisch scheinenden Erzähler, den Vorwurf der Uebertreibung machen könnte.

Am 14. war Hinzens Familie bei ihm, um Abschied zu nehmen. Er bat mich, die Erbauungs- und Andachtsbücher, die ich ihm geliehen hatte (vornämlich aus dem norddeutschen Verein), seinen Eltern und Geschwistern schenken zu dürfen. Ich bewilligte dies gern, und er entließ jene unter den herzlichsten Ermahnungen; als letztes Vermächtniß trug er ihnen auf, so oft sie in [nach] Tönning kommen würden, zu mir zu gehen und christlichen Zuspruch zu suchen; – mich bat er, sie nicht von mir zu weisen. Guter Hinz! deine Bitte und dein Vertrauen soll mir heilig sein! – Merkwürdig ist es, daß Hinz, durch religiöse Rührung leicht zu Thränen bewegt, keiner fleischlichen Rührung mehr fähig schien; von Eltern und Geschwistern nahm er ohne Thränen den letzten Abschied.

Desselbigen Tages erlitt die Heiterkeit seines Gemüthes eine Trübung und Demüthigung. Mit vielem andern Volk hatte der Vater des durch ihn in dem Hamannschen Hause verstümmelten Mädchens vor seinem Gefängniß sich eingefunden, und überschüttete ihn mit Haß und gräulichen Verwünschungen. Hinz zeigte sich am Fenster, und bat den Alten inständig, er möge ihm doch nicht fluchen, sondern vergeben, so wie Gott ihm vergeben habe. Als aber der Alte mit Verfluchungen nicht aufhörte, ward Hinz sehr traurig, und sprach: »So muß ich denn das noch leiden, damit ich in der Freude über die mir widerfahrene Gnade nicht vergesse, daß ich ein Mörder bin. Kannst du aber mir nicht vergeben, so will ich Gott bitten, daß er dir dein unversöhnliches Herz vergeben mag!«

Am Montage, den 15., hatte Hinz noch die Freude, vom frühen Morgen bis zum Abend vor zahlreichen Menschen Zeugniß seines Glaubens und der Gnade Gottes abzulegen. Um 8 Uhr Abends wurde keinem Fremden der Zutritt zu seinem Kerker länger verstattet. Nun ging ich zu ihm, und fand ihn in einer wahrhaft verzückten Stimmung. »Morgen ist mein Ehrentag!« – sagte er – »da werde ich abscheiden und bei meinem Heiland sein.« Wir knieten mit einander zu einem herzlichen Dankgebet; – danach ließ ich ihn allein, weil er noch einige Briefe schreiben, und dann schlafen wollte. Mein und eines andern christlichen Freundes Anerbieten, die Nacht bei ihm zuzubringen, hatte er abgelehnt. Bis 1 Uhr schrieb er; danach schlief er. Am 16., Morgens 6 Uhr, ging der Schließer zu ihm, weil er ihn wach glaubte; aber das Aufschließen des Kerkers weckte ihn erst aus einem ruhigen, festen Schlaf. Als er die Augen aufschlug, lächelte er dem Schließer freundlich zu, und bat, daß er ihm noch zwei Stunden zum Schreiben Ruhe lassen, und dann sein »hochzeitlich Kleid« bringen mögte. Um 8 Uhr ging ich zu ihm; er schrieb noch; schloß aber bald, und ließ sich zum Tode ankleiden. Das lange, weite Gewand, schneeweiß mit schwarzen Schleifen, sein friedlich seliges Gesicht, der herzliche Druck seiner noch so lebenswarmen Hand machte den feierlichsten, rührendsten Eindruck auf mich, den je empfunden zu haben ich mich entsinnen kann.

Wir lasen das 17. Cap. des Ev. Joh., sprachen aber wenig; dann knieten und beteten wir, und ich segnete ihn. Die Uhr schlug neun. Das war die Stunde. Er bat mich, hinauszugehen; er wollte noch zwei Augenblicke mit seinem Heiland allein sein. Der Wagen fuhr vor. Mein Amtsbruder fand sich ein; wir gingen zusammen zu ihm hinein, um ihn aus seinem Kerker der ewigen Freiheit entgegen zu führen.

Hinz und der Stockschließer setzten sich rückwärts auf den Wagen; mein Amtsbruder und ich setzten uns jenen gegenüber. Der Herr Staller hielt mit seinem Wagen in der Nähe, und fuhr voraus, den Zug nach der Richtstätte leitend. Dragoner schützten beide Wagen gegen den Andrang des Volkes. Die Straßen, durch welche wir fuhren, waren mit zahllosen Menschen erfüllt; auch alle Fenster mit Zuschauern besetzt. Auf allen Gesichtern lag theilnehmender Ernst und herzliche Aussöhnung mit dem Mörder. Sein Auge fand viele Bekannte, die er freundlich grüßte; – zu einigen, die ihm nahe genug kamen, sprach er schöne Worte über den Tod, als eine dunkle Pforte, die aber in die rechte Heimath führe; und über die Gnade, die ihm widerfahren sei, daß er vor den Schrecken des Todes und der Hölle sich nicht mehr fürchten dürfe. Uns Predigern blieb keine Veranlassung, ihn zu trösten und zu stärken. Er war stärker als wir. Als der Richtplatz erreicht war, wurde mein Amtsbruder heftig ergriffen; Hinz bemerkte es, und indem er vom Wagen stieg, sprach er leise: »Ei, Herr Pastor! nun muß ich wohl ihnen noch zusprechen! seien sie doch standhaft; es ist bald überstanden!«

Das Blutgerüste hatte zwei Etagen; auf der untern saß das Gericht, unsrer Ankunft gewärtig: der Herr Oberstaller der Landschaft, die Rathmänner, und der Actuar; – auf der obern stand der Scharfrichter mit drei Gehülfen. Festen Schrittes bestieg Hinz die ersten Stufen. Seine Ketten wurden ihm abgenommen; er stand vor seinen Richtern; wir Prediger ihm zur Seite. So wurde ihm mit lauter Stimme noch einmal sein Urtheil vorgelesen; – es hub an mit einer Beschreibung des Verbrechens und gab eine Aufzählung aller Entscheidungsgründe. Während der Vorlesung, die wohl zehn Minuten währte, stand Hinz, mit gesenktem Auge, und warf nur einige Male einen Blick, der um Schonung zu flehen schien, auf den Präses des Gerichtes; – aber die Form musste ja erfüllt, und die Folter des Anhörens getragen werden. – Nachdem der Actuar seine, uns allen so höchst peinliche Vorlesung geschlossen hatte, erhob sich der Herr Staller, und übergab den Verurtheilten dem Gerichtsdiener, mit dem Befehl, ihn weiter dem Scharfrichter zu überliefern. Hinz athmete freier auf, als diese schreckliche Ceremonie beendigt war. Mit seiner vorigen Festigkeit bestieg er die letzten Stufen des Schaffots; wir Prediger mit ihm.

Vom Blutgerüste herab hielt er eine kurze Anrede an das Volk. Einige der Umstehenden haben sich bemüht, das Gehörte schriftlich aufzufassen, und ich glaube, daß es ihnen gelungen ist; ich lasse es wörtlich folgen, wie sie es mir mitgetheilt haben.


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