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Elftes Kapitel

Nach drei Monaten, als König Pynart von seinen Wunden wieder genesen war, da kam seine Tochter Synoglar und brachte wohl noch fünfzehntausend Gewaffnete in ihrem Gefolge. Synoglar war die schönste Heidin ihrer Zeit; Pynart war voller Freude, als er sie sah, er lief auf sie zu, herzte und küßte sie, und dankte ihr vielfältig, daß sie ihm zur Hilfe käme. Liebe Tochter, sprach er, längst schon hätte ich Konstantinopel gewonnen, wäre nicht ein junger Ritter darin, er heißt Lother, des Königs Sohn von Frankreich. Einen schönern Jüngling gibt es nirgend; wollte er seinen Gott verleugnen und an Mahomet glauben, so gäbe ich ihn dir zum Gemahl. Er ist der schönste und dabei der tapferste Mann, der je auf ein Pferd gesessen, er hat mich zwölfmal niedergeworfen; hätte ich ihn in meiner Gewalt, ich ließe ihn nicht eher, und drängte ihn so lange, er müßte an Mahomet glauben, dann würdest du sein Weib. – Von dieser Rede ward Synoglar in Liebe entbrannt gegen Lother. Sie dachte in ihrem Herzen: nimmer werde ich wieder froh, ich habe denn Lother von Frankreich gesehen.

König Helding stand dabei und hörte die Reden des Königs Pynart. Er liebte die Prinzessin schon seit langer Zeit, und Pynart hatte sie ihm jederzeit versprochen; darum trat er jetzt vor und sagte: Edler König, ich habe Euch hunderttausend Mann gebracht, sie sind auf meine Kosten in Euerm Dienst, und will Euch auch nicht verlassen, bis wir die Stadt eingenommen. Das geschieht um Eurer Tochter willen, die Ihr mir zugesagt habt; wenn ich aber weiß, daß Ihr sie mir nicht geben wollt, so wollte ich morgen des Tages mit meiner Mannschaft aufbrechen, wieder heim in mein Land zu reiten. – Bei Mahomet, antwortete Pynart, lieber Helding, das hatte ich ganz vergessen; wohlan, könnt Ihr mir Lother und Maller in meine Hände geben, so sollt Ihr meine Tochter haben. König Helding sagte ihm dieses zu; ihm wäre aber besser gewesen, er hätte dies nicht getan.

Ich habe etwas erdacht, sprach Synoglar, wodurch Ihr sicher einen von den beiden in Eure Hand bekommt, ehe noch die Sonne untergeht. – O sagt mir das, sprach Helding, denn ich will nicht Ruhe haben, bis ich es ausgeführt. – So waffnet Euch, sprach Synoglar, setzt Euch zu Pferd, nehmt Eure Lanze, und laßt mich geschmückt und reich geziert, wie es einer Königstochter zukommt, auf einem andern Pferd Euch zur Seite reiten. So wollen wir hin zu den Graben an der Mauer. Ist Lother nun so ein Held, als mein Vater von ihm rühmt, und er sieht Euch mit mir freundlich zusammen sprechen, so kommt er sicherlich heraus, denn schöne Jungfrauen pflegt man gern zu sehen, und wessen Mannes Herz zu schönen Frauen nicht Liebe hat, der ist wohl nimmer ein Held im Streite. Bei Mahomet, ich weiß gewiß, wenn Lother mich so schön und trefflich geschmückt erblickt, so kommt er sicher heraus, und sollte es sein Leben kosten. Wenn Ihr dann gegen ihn streitet, so will ich Euch mit meinem Dolch wohl zu Hilfe kommen und ihn damit in den Rücken stechen, bis wir ihn überwunden haben. – Wenn Ihr mir helfen wollt, sprach König Helding, so gehe ich mit Euch bis in den Tod. Ich gehe jetzt mich zu waffnen, geht auch Ihr und bereitet Euch.

Als er gerüstet war, und Synoglar königlich geschmückt, da ritten sie hinaus aus dem Lager auf einen Hügel, einen Bogenschuß weit von der Stadt, und als sie sich auf diesem Hügel umsahen und niemand im Tale erblickten, da ritten sie ganz nahe zur Stadtmauer hin. Nun seht zu, sagte Helding zu Synoglar, daß Ihr den Dolch nicht vergeßt, wenn ich ins Gedränge mit Lother komme. Er wird herreiten zu uns, sobald er Euch gewahr wird, des bin ich gewiß, denn einen kühnern Ritter gab es nie, und nie einen schönern Jüngling. Euer Vater hatte ihn gefangen, da erlöste ihn Maller, sein Geselle, mit großer List. Wäre er nicht so hinweggekommen, so hätte Euer Vater ihn dennoch nicht getötet, sondern ihn an seinem Hof behalten, um seiner Schönheit und Tapferkeit willen. Als Synoglar den Ritter so von seinem Feind rühmen hörte, da gewann sie ihn im Herzen immer lieber. Ach, dachte sie in ihrem Sinn, möchte doch der Jüngling erst herauskommen, und gewiß kommt er, da er so ein gar kühner Held ist; wenn er dann Helding überwunden hat, so will ich mit ihm gehen, will Mahomet verleugnen und will der Christen Glauben annehmen. Wie könnte mir wohl ein besserer Mann, ein schöneres Glück werden, als mit diesem Helden. Helding meint, ich sollte ihm helfen; aber verflucht will ich sein, wenn ich meine Hand gegen den schönen Jüngling aufhebe! – Woran denkt Ihr, schönes Fräulein? fragte Helding. – Laßt uns nun, sagte Synoglar, nahe zur Mauer hinreiten, dort ruft mit lauter Stimme, Ihr habt Eure Liebste hier, wäre Lother von Frankreich der tapfre Ritter, so käme er heraus, sie Euch abzugewinnen. Vergeßt Euer Messer nicht, sagte Helding. Nur keine Sorge, antwortete Synoglar.

Da rief Helding mit lauter Stimme: Wo bist du, König Karls Sohn? Komme heraus, gewinne mir meine schöne Liebste ab! – Die auf der Mauer waren, die gingen es dem Lother zu sagen. Er stieg auf die Mauer und sah den Heidenkönig mit der schönen Jungfrau. Lother von Frankreich, rief Heiding, komme heraus, eine Lanze mit mir zu brechen, wenn du Mut hast, um dieser schönen Jungfrau willen! – Wer ist die Schöne, fragte Lother, die so köstlich geschmückt ist? – Sie ist König Pynarts Tochter; ihr Vater hat sie mir gelobt, aber ich darf sie nicht eher zu meiner Hausfrau nehmen, das habe ich ihrem Vater versprochen, bis ich dich, oder deinen Gesellen Maller erschlagen habe. Darum bin ich hergekommen, daß ich mit dir kämpfe, Leib gegen Leib, wenn du anders so kühn bist, es gegen mich zu wagen. – Erwarte mich hier, antwortete Lother, ich will mich waffnen. So spute dich, rief Helding.

Lother ging eilends nach dem Palast, hier fand er König Orschier und Maller. Er legte ihnen die Sache vor, wie der Heide gekommen sei, mit ihm eine Lanze zu brechen, und wie er es angenommen habe. Das ist mir leid, rief Orschier erschrocken. – Herr, sagte Maller, ich will hinaus und mit ihm fechten; es ist nicht gut, daß ihr hinausgeht. Das leide ich nimmermehr, sprach Lother, bringe meinen Harnisch her, und helfe ihn mir anlegen. Zormerin, die es erfuhr, kam eilends herzu, und weinte sehr. Sie bat Lother mit freundlichen Worten, daß er doch nicht hinausreiten möchte; Lother aber ließ sich auch von ihr nicht abhalten, sondern nahm von ihnen Urlaub, und ritt hinaus vor die Stadt.

Als Helding ihn kommen sah, sprach er zu Synoglar: Nun seht den, der Euch wohl verhaßt sein darf. Dies ist der Lother von Frankreich, der Euern Vater zwölfmal im Streite hat überwunden, und ihm viel der Mannschaft erschlagen hat; ich bitte Euch, Fräulein, Ihr mögt des Dolches nicht vergessen, wenn ich ins Gedränge mit ihm komme. – König Orschier, Maller und viele andre Ritterschaft standen auf der Mauer, dem Streite zuzusehen, auch Zormerin ging hinauf und weinte sehr.

Hier bin ich, rief Lother, als er zu Helding kam, und bin bereit mit dir zu rennen; gewinnst du, so führst du mich mit dir, überwinde ich aber dich, so führe ich die schöne Jungfrau mit mir. Ich werde um desto mutiger fechten, da es eine schöne Jungfrau gilt. – Ich achte deiner hohen Worte nicht, sagte Helding, solche Worte, wären sie auch noch so groß, führen keinen Streich aus. Lother nahm seinen Speer, so tat auch König Helding, und nun rannten sie frisch gegeneinander. Heldings Speer zerbrach, und er ward von Lother so getroffen, daß er vom Pferde fallen mußte. Synoglar lief hinzu und rief: Wie ließest du dich, du falscher Mann, so bald herabstechen! Verflucht seist du bei Mahomet! Meinen Leib sollst du sicher nie gewinnen. Bei diesen Worten zog sie ihren Dolch und wollte ihn damit erstechen, aber Lother verhinderte sie daran, und sprach zu Helding: Sitzt wieder auf, Herr, denn zu Fuß mag ich nicht mit Euch streiten. Helding setzte sich wieder auf sein Roß, ritt auf Lother zu und schlug nach ihm, Lother deckte sich mit seinem Schild, so daß Helding eine Hand breit von dem Schild herunter schlug. Lother schlug wieder nach ihm, und traf eine Achsel, so daß sein Blut herabfloß. Des war Synoglar im Herzen froh: Lieber Herr, rief sie Lother zu, habt kein Mitleid mit dem Lecker; wenn Ihr ihn erschlagt, so will ich aus Liebe zu Eurer Heldenkühnheit mit Euch reiten, Mahomet verleugnen, und der Christen Gott verehren, samt der Mutter, die ihn getragen. Das hörte Lother und freute sich. Er und Helding schlugen frisch aufeinander, und führten beide gar harte Streiche gegeneinander. Endlich schlug Helding so auf Lothers Pferd, daß es tot niederfiel; Lother sprang wieder auf, verwundete Helding in der linken Seite, und sprach: Steig von deinem Pferde ab, oder ich töte es. Ich will absteigen, sprach Helding, wenn du mir so lange nichts tun willst, bis ich abgestiegen bin. Lother stand, und sagte: Steig sicher ab, ich tu dir eher nichts. So bin ich sicher vor dir, sprach Helding, denn ich bin nicht willens, eher abzusteigen, bis ich in meinem Zelt bin. Mahom empfohlen! Ich lasse dir meine Liebste, Fräulein Synoglar, die gar übel an mir gehandelt hat. Ich will mir meine Wunden verbinden lassen, denn ich bin sehr verwundet. Damit wandte er sich und ritt schnell fort; Synoglar blieb allein bei Lother. Du hast ein verzagtes Herz, du falscher Heide, rief dieser ihm nach, ich hätte es nicht von dir gedacht.

Lother nahm Fräulein Synoglar freundlich in seine Arme, und fragte sie: Schöne Jungfrau, begehrt Ihr der Taufe von ganzem Herzen? Jawohl, antwortete sie, von ganzem Herzen. Lother setzte sich auf ihren weißen Zelter, und sie setzte sich hinter ihn, und während sie nach der Stadt ritten, redeten sie gar freundlich miteinander. Lieber Herr, sagte sie, ich hörte so viel von Eurer Tapferkeit und Schönheit reden, daß ich es nicht unterlassen konnte, ich mußte Euch sehen. Mein Vater hatte mich dem Helding zum ehelichen Weibe zugesagt, wenn er Euch und Maller überwinden, und in seine Hände liefern würde. Da machte ich die Erfindung, daß Helding herreiten und mich mit sich nehmen mußte, damit ich Euch nur zu sehen bekäme. – Lother antwortete mit Lachen: Dafür müßt Ihr Dank haben, schöne Synoglar, daß Ihr so schöne Erfindungen könnt ersinnen. Helding hätte wohl kühner streiten sollen, er sollte sich wirklich schämen, daß er sich eine so schöne Jungfrau so leicht abgewinnen ließ.

 


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