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Lother lag eines Tages in seinem Bett, und sah sein Hemd an, daß es sehr unrein war. Hemd, sprach er, es ist sehr lang her, daß du nicht gewaschen bist, das kränkt mich am meisten. Maller, lieber Gesell, nimm mein Hemd, gib es einer Frau, daß sie es wasche, ich will im Bette liegen bleiben, bis es trocken ist. – Sehr gern, lieber Herr, sprach Maller, nahm es und ging damit hinaus, des Morgens ganz früh. Ich werde keine Frau suchen, sondern ich selbst will dich waschen, du Hemd, sprach er; denn einer schlechten Frau gönnte ich es nicht, daß sie dich wasche, und eine edle wird es nicht tun. Er ging aus dem Haus hinaus, und durch die Stadt, bis an die Burg, wo ein sehr schöner Garten lag, worin viel schöne Bäume waren. Von ungefähr hatte der Pförtner den Garten nicht wohl verschlossen, so daß die Tür weit offenstand. Maller ging hinein, und kam zu einem Brunnen, mitten in dem Garten; das Wasser lief hell und klar aus goldnen Löwenköpfen in ein großes Becken von weißem Marmor, einen schöneren Brunnen konnte man nicht erdenken; auch ging eine marmorne Treppe von hier nach einem Gang, auf marmornen Säulen, wo Zormerins Kammern waren, denn der Garten lag gerade hinter der Burg. Als Maller den Brunnen sah, warf er das Hemd hinein, und wusch und rieb es mit seinen Händen gar fleißig. In derselben Zeit kam Zormerin mit ihrem Fräulein, Scheidechin genannt, die Stufen herab in den Garten, und als sie den Ritter an dem Brunnen gewahrte, schlichen sie sich leise hinter einer Hecke nah herbei, um ihm zuzusehen, wie er das Hemd so fleißig wusch und rieb. Währenddem sprach Maller ganz laut mit sich selber, als ob er zu dem Brunnen redete: Ach du süßer Brunnen, könntest du sprechen, so könntest du dich wohl rühmen, daß du heute mit deinem Wasser das Hemd des tapfersten Ritters hast gewaschen, der je auf Erden gelebt, oder der jemals Waffen hat getragen. Verflucht sei doch die Stunde, da er seinen Namen hat verwechselt mit dem falschen verräterischen Rotkopf, dem Otto; erbärmlich ist es, daß ein Mann von so edler Abkunft nun solche Armut leiden muß! – Als Zormerin diese Worte vernommen hatte, schlich sie sich leise wieder mit ihrer Jungfrau die Stufen hinauf nach ihrem Gemach, und befahl dieser, daß sie sogleich wieder hinunter gehen und den Ritter zu ihr führen sollte, den sie unten die Worte habe sagen hören.
Scheidechin, Zormerins Fräulein, ging sogleich hinunter, wo sie Mallern noch an dem Brunnen antraf, und richtete die Botschaft ihrer Gebieterin aus. Maller folgte ihr auch sogleich nach, in das Gemach der Prinzessin. Er fand es so schön, und mit solcher Pracht verziert, daß er darüber erstaunte. Zormerin saß auf einem hohen Sessel, der mit Gold und edlem Gestein gar wohl geziert war. Maller sah sie an, und es überlief ihn kalt, da ihm zu gleicher Zeit die Worte einfielen, welche er am Brunnen mit sich selber geredet. Er kniete vor ihr nieder, und sprach: Der Gott, der um unsrer Erlösung willen die Marter litt, der wolle die Prinzessin Zormerin, und alles was ihr lieb ist, in seinen Schutz nehmen! Ich bitte Euch, Ihr wollet meinem Herrn zu essen schicken, er liegt fastend von gestern morgen her in seinem Bette. – Wie heißt Euer Herr, fragte Zormerin, dessen Hemd Ihr gewaschen habt? – Maller erschrak so sehr, daß er nicht ein einziges Wort hervorbringen konnte. – Erschreckt nicht, lieber Herr, fing Zormerin wieder an; wer in fremde Länder reist, um Abenteuer zu suchen, oder auch um Ehre zu erwerben, der kann nicht zu jeder Stunde alles haben, dessen er bedarf, oder was er gerne hätte. – Jungfrau, fing Maller an, ich gestehe es Euch, wäre mein Herr Otto, in seiner Heimat in der Lombardei, so wäre er reich und versorgt. – Wie ist es denn, daß Ihr ihn Otto wollt nennen? Mich dünkt, Ihr verwechselt seinen Namen, denn ich hörte Euch sagen: der Brunnen leiste den Dienst dem besten Ritter, der hieße Lother, und sei des König Karls Sohn aus Frankreich? so hörte ich Euch sprechen; und Ihr sagtet noch: verflucht sei die Stunde, daß er seinen Namen verwechselte; meine Jungfrau wird es bezeugen, daß ich Euch dies sagen hörte. – Ja wohl bezeuge ich es, sprach Scheidechin, und da ich Euch das Hemd so mit Euern Händen reiben sah, da hätte ich Euch gern ein Waschholz bringen wollen.
Frauen, ich kann es nicht leugnen, antwortete Maller, es ist wahr, ich habe das Hemd des tapfersten, des frommesten Ritters gewaschen, mit meinen Händen; könnt ich aber auch ein Königreich damit gewinnen, so möchte ich keinem lebenden Menschen seinen wahren Namen sagen, weil ich einen teuern Eid geschworen habe, es nicht zu tun. – Als Zormerin dies hörte, dünkte es ihr schlimmer, daß sie diese Sache nicht gründlich und ganz zu Ende hören sollte, als wenn sie gar nichts davon erfahren hätte. Denn es ist gemeinlich so der Frauen Art: so man ihnen etwas zu erzählen beginnt, wird all ihr Sinn bewegt, und sie gewinnen keine Ruhe, bis sie auch das Ende davon erfahren. Sie fragte also den Maller noch einmal, da er aber darauf bestand, er dürfe es keinem Menschen entdecken, sprach sie: – Hört eine List; ich will mit Scheidechin in eine andre Kammer gehen, dann entdeckt Ihr hier der Erde Euers Herrn Namen, dies kann mit Eurem Eide sehr wohl bestehen; sollt ich es dann von ungefähr auch hören, so will ich es doch nimmer jemand sagen, bis die Zeit um ist. – Werte Frau, sprach Maller, ich will tun, was Ihr befehlt; versündige ich mich an meinem Eid, so will ich Gott stündlich bitten, daß er es mir wolle verzeihen um Euerntwillen. – Da entfernten sich Zormerin und Scheidechin, und gingen in eine andre Kammer.
Erde, fing Maller an: höre zu; dir will ich klagen von dem großen Schalk, dem Otto von Lombardei; der hat meinen Herrn mit glatten Worten dazu verführt, daß er seinen Namen mit dem des Otto vertauschte, der nun den Namen meines Herrn trägt, der ist: Lother, König Karls Sohn von Frankreich! Darum bietet jetzt König Orschier dem Otto solche große Ehre, in meines Herrn Namen, während mein Herr sich in Ottos Namen so schämen muß, und solche Armut erleiden, nebst seinen Gesellen; niemals hat ein so großer Herr solche Armut leiden müssen. – Ehe er noch weiterreden konnte, sprang Zormerin aus der Kammer hervor, und sprach: Lieber Geselle, dein Herr soll genug bekommen. O fürwahr, mir hat diese Verräterei lange schon geahnt, oft sah ich in der Kirche wie deinem Herrn die heißen Zähren über die Wangen liefen, daß es mich jammerte. Mein Herz hat es mir gleich gesagt, es hat mehr nach ihm gestanden als nach dem Verräter Otto, wenngleich mein Vater mich diesem zum Weibe zugesagt, aber nimmer, nimmer soll er mich haben; denn wer mich zum Weibe haben will, der muß mich erst verdienen. Wie heißt Ihr, Geselle? – Ich heiße Maller. – Lieber Maller, zur glücklichen Stunde habt Ihr Euers Herrn Hemd am Brunnen gewaschen, ich will Euerm Herrn so viel schicken, daß er die Armut, welche er und seine Gesellen erlitten haben, bald vergessen und daß er sich mit ihnen wohl ergötzen mag.
Sie holte Hemden und Kleider von ihrem Vater, gab sie Maller, daß er sie seinem Herrn in ihrem Namen bringe, dazu auch einen kostbaren Gürtel. Maller dankte ihr, nahm Urlaub von ihr, und ging desselben Wegs, den er gekommen war, wieder zu seinem Herrn in die Herberge. Wo kommst du so eilends her? Da warf Maller, was er auf seiner Schulter trug, auf das Bett. – Hast du diese köstlichen Kleider einem reichen Mann gestohlen? fragte Lother, so trag sie nur wieder dahin, woher du sie genommen hast, nimmermehr sollen sie an meinen Leib kommen. – Man sollte mich eher rühmen, rief Maller, daß ich so geschickt war, einen reichen Mann zu bestehlen; hätte ich einen Armen beraubt, so wäre ich den Galgen wert! Lieber Herr, nehmt des reichen Mannes Gut hin, die Sünde will ich tragen, und will sie dazu nimmer beichten. Ist es nicht besser, einen Reichen bestehlen, als einen Armen Hungers sterben lassen? – So sprach Maller im Schmerz, seinen Herrn neckend; doch als er sah, daß dieser gar zornig um des gestohlnen Gutes ward, da fing er ernstlich an, ihm die Wahrheit zu erzählen, wie die Königstochter ihn am Brunnen gewahrte, wie sie ihn durch ihr Fräulein zu sich berief, und alles, was sich hier zugetragen. Da Lother den Verlauf gehört, freute er sich herzlich. Sehr lieb ist es mir, sprach er, daß du deinen Eid nicht gebrochen hast, denn wahrlich, lieber Maller, so du dieses hättest getan, ich wäre dir nimmer wieder hold. – Nun lieber Herr, habt guten Mut; wenn es Euch gefällt, so will ich ein Bad für Euch bestellen, darin sollt Ihr Euch baden, ehe Ihr die weißen Kleider antut. – Das wäre mir sehr lieb, antwortete Lother, nur fürchte ich, die Wirtin wird es nicht bereiten wollen, weil ich ihr schon so viel schuldig bin. – Maller schwieg, und ging hinaus zur Wirtin. Da er sie fragte: ob sie seinem Herrn ein Bad bereiten wolle, da war sie sehr freundlich, und sagte: sie wolle es gern tun. Indem sie noch mit ihm redete, kam ein Knecht vor die Türe, der führte ein Pferd mit Gold und Silber schwer beladen. Diesen Schatz, sprach der Knecht, sendet die Prinzessin Zormerin, des Königs Tochter dem Gaste, der hier in der Herberge liegt; sie hat vernommen, wie er große Armut hier leiden muß, dies wird sie nimmer geschehen lassen. – Maller nahm das Geld und trug es in die Kammer zu seinem Herrn. Seht, lieber Herr, rief er, das kommt Euch von der schönen Zormerin. Gott beschütze sie! rief Lother. Nun will ich wieder fröhlich essen und trinken, da ich meinen Wirt bezahlen kann; auch will ich, nach dem Bade, mich auf mein Roß setzen und wieder etwas reiten; es ist mehr als vier Wochen her, daß ich auf kein Pferd gekommen bin, denn ich hatte nicht den Mut dazu, solange es bei dem Wirt verpfändet stand. Lother bezahlte den Wirt mit fröhlichem Mut, und dankte ihm, daß er ihm so gütlich geborgt, rief dann seine Gesellen alle zusammen, und gab ihnen allen Geld zu Pferden, zu Rüstungen und schönen Kleidern; badete sich, legte schöne Kleider an, und war von Herzen fröhlich.