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Sollte ein solches Verhältnis beim Elektrisieren offenbar werden? Das Elektrisieren kann, wie aus mehreren Versuchen erweisbar ist, keine Art von Verbrennung sein, was selbst Lavoisier vermutet hatte; das Elektrisieren gehört in eine höhere Sphäre der Naturoperationen als das Verbrennen.
Man muß als ersten Grundsatz in der Elektrizitätslehre einräumen, daß keine Elektrizität ohne die andere da ist noch da sein kann.
Aus diesem Grundsatz, der in diesem Fall durch die Erfahrung auffallender als bei andern Phänomenen bestätigt wird, läßt sich am bestimmtesten endlich der Begriff positiver und negativer Kräfte ableiten. Weder positive noch negative Prinzipien sind etwas an sich oder absolut-Wirkliches. Daß sie positiv oder negativ heißen, ist Beweis, daß sie nur in einem bestimmten Wechselverhältnis existieren.
Sobald dieses Wechselverhältnis aufgehoben wird, verschwindet alle Elektrizität. Eine Kraft ruft die andere hervor, eine erhält die andere, der Konflikt beider allein gibt jedem einzelnen Prinzip eine abgesonderte Existenz.
Wir haben oben bei der Theorie des Verbrennens ein solches Wechselverhältnis aufgestellt. Als das positive Prinzip des Verbrennens haben wir das Oxygene angenommen. Allein es ist klar, daß dieses Oxygene ganz und gar nicht an sich existiert, und deshalb auch in der Anschauung für sich nicht darstellbar ist. Es existiert als solches nur im Augenblick des Wechselverhältnisses zwischen ihm und dem negativen Prinzip des verbrennlichen Körpers. Nur wenn die Rupulsivkraft des Körpers bis zum relativen Maximum erregt ist, tritt es an den Körper, um ein relatives Minimum der Repulsivkraft wiederherzustellen. Sobald der Prozeß vorbei ist, existiert das Oxygene nirgends mehr als solches, sondern ist mit dem verbrannten Körper identifiziert. – Ebenso das Phlogiston, oder das negative Prinzip des Verbrennens. Nur im Augenblick, da der Körper bis zum höchsten Grade erregt ist, erscheint es (es kündigt sich durch die Veränderung der Farbe an, die man am Körper wahrnimmt, unmittelbar ehe er brennt), denn es drückt selbst nichts anderes aus als die Grenze der phlogistischen Erregbarkeit des Körpers.
Da in der Natur ein allgemeines Bestreben nach Gleichgewicht ist, so erweckt jedes erregte Prinzip notwendig und nach einem allgemeinen Gesetze das entgegengesetzte Prinzip, mit welchem es im Gleichgewicht steht. Man hat nicht Unrecht, dieses Gesetz als eine Modifikation des allgemeinen Gesetzes der Gravitation anzusehen; es ist wenigstens mit dem Gesetz der allgemeinen Schwere von einem gemeinschaftlichen höheren Gesetze abhängig.
Man muß annehmen, daß in jedem chemischen Prozesse ein solcher Dualismus entgegengesetzter, wechselseitig-erregter Kräfte herrsche. Denn in jedem chemischen Prozesse entstehen Qualitäten, die vorher nicht da waren, und die ihren Ursprung bloß dem Bestreben entgegengesetzter Kräfte sich ins Gleichgewicht zu setzen verdanken. Es ist von jeher der Ehrgeiz der Philosophen und Physiker gewesen, den Zusammenhang zu erforschen, in welchem die chemische Anziehung der Körper mit der allgemeinen Anziehung stehe. Man muß behaupten, daß beide Anziehungen unter demselben ursprünglichen Gesetze stehen, diesem nämlich, daß die Materie überhaupt ihre Existenz im Raume durch ein kontinuierliches Bestreben nach Gleichgewicht offenbare, ohne welches alle Stoffe einer Zerstreuung ins Unendliche ausgesetzt wären. Was die chemische Anziehung von der allgemeinen unterscheidet, ist nur die eigentümliche Sphäre, in welche die Körper, zwischen denen sie stattfindet, durch besondere Naturoperationen gleichsam erhoben, und dadurch den Gesetzen der allgemeinen Schwere entzogen werden. Alle Körper, insofern ihre Kräfte ein relatives Gleichgewicht erreicht haben, gehören dem allgemeinen System der Schwere an. Dadurch, daß zwei Körper einer im andern das Gleichgewicht der Kräfte stören, nehmen sie sich wechselseitig aus diesem allgemeinen System hinweg. Jede zwei Körper, die miteinander in chemischer Wechselwirkung stehen, bilden von dem ersten Augenblick ihrer Wechselwirkung an ein besonderes, eignes und für sich bestehendes System, und kehren erst, nachdem sie sich wechselseitig auf ein gemeinschaftliches Moment der Kraft reduziert haben, unter das Gesetz der allgemeinen Schwere zurück.
Nicht also weil beide Elektrizitäten einander entgegengesetzt sind, ziehen sie sich an, sondern umgekehrt, weil sie sich anziehen, sind sie sich entgegengesetzt. Jede erregte Kraft erweckt eine andere, durch welche sie zum Gleichgewicht zurückgebracht wird (gegen welche sie sonach gravitiert). Diese muß notwendig die entgegengesetzte der ersten sein, weil nach einem allgemeinen Gesetze zwischen verschiedenen Materien nur dann Anziehung ist, wenn das quantitative Verhältnis der Grundkräfte in der einen das umgekehrte von demselben Verhältnis in der andern ist (Ideen z. Ph. d. N. S. 236 [Ob. S. 414]).
Man kann auf diese Art a priori ein Gesetz des Verhältnisses beider Elektrizitäten (ohne ihre spezifische Beschaffenheit näher erforscht zu haben) aufstellen. Wenn man jede Materie als Produkt einer expandierenden und als »jede Materie (ihrer Elastizität nach)...und (ihrer Masse nach) als«. Erste Auflage. Produkt einer anziehenden Kraft betrachten kann, so gilt es als allgemeines Gesetz: daß die Materie von einfacher Masse mit doppelter Elastizität der Materie mit einfacher Elastizität und doppelter Masse gleich gilt. (Dieses Gesetz ist in den Sätzen aus der Naturmetaphysik von Eschenmayer aus den ersten Prinzipien abgeleitet.) So drückt die dort aufgestellte Formel 2 E. M = 2 M. E das Gleichgewicht der beiden elektrischen Materien aus.
Aus dem Begriff einer realen Entgegensetzung (so wie derselbe in der Mathematik gebraucht wird) folgt unmittelbar, daß beide entgegengesetzte Größen wechselseitig in bezug aufeinander negativ oder positiv sein können. Die Zeichen ± drücken nicht irgend eine bestimmte (spezifische) Beschaffenheit der beiden Elektrizitäten, sondern nur das Verhältnis der Entgegensetzung aus, in welchem sie stehen. Die spezifische Natur der elektrischen Materie also (welche Stoffe in ihr wirksam seien), ist der Gegenstand einer besondern experimentierenden Untersuchung.
Aus demselben Begriff folgt a priori, daß die beiden Elektrizitäten etwas Gemeinschaftliches haben müssen, weil nur Größen einer Art sich reell-entgegengesetzt sein können. Dieses Gemeinschaftliche bei der elektrischen Materie ist die expandierende Kraft des Lichts. Unterscheiden also können sich beide nur durch ihre ponderablen Basen.
Es ist das Hauptverdienst der experimentierenden Physik, daß sie allmählich alle verborgenen Ursachen verbannt hat, und in den Körpern nichts zuläßt, was nicht aus ihnen sichtbar entwickelt wird, oder durch Zersetzung darstellbar ist. Wenn man bedenkt, daß die älteste und eben deswegen natürlichste Meinung die wirksamsten Materien überall verbreitet annahm, wird man die Entdeckung, daß die Quelle des Lichts in der umgebenden Luft liege, als den ersten Anfang zur Rückkehr zu dem ältesten und heiligsten Naturglauben der Welt ansehen.
Gleichwohl ist diese Untersuchung durch die Bemühung eines ganzen Zeitalters noch nicht zur Vollendung gebracht worden. Viele Phänomene machen geneigt zu glauben, daß das Licht noch ganz anderer Verbindungen und Kombinationen fähig ist, als man bisher entdeckt oder auch nur geglaubt hat.
Wenn die Quelle alles Lichts, das wir entwickeln können, in der Lebensluft zu suchen ist, so müßte auch die elektrische Materie ihren Ursprung einer Zerlegung dieser Luft verdanken.
Eine Menge Phänomene bestätigen diese Voraussetzung. – Daß
setze ich als bewiesen und ausgemacht voraus.
Auch betrachte ich Franklins Hypothese, daß ein Körper positiv-elektrisch ist, wenn er einen Überfluß, negativ-elektrisch, wenn er einen Mangel an elektrischer Materie hat, als längst widerlegt. Davon nichts zu sagen, daß sie äußerst dürftige Vorstellungen veranlaßt und auf atomistische Begriffe führt, ohne welche man gar nicht erklären kann, wie durch den Mechanismus des Reibens in dem einen Körper ein Überfluß, im andern ein Mangel an elektrischer Materie entstehe, so ist diese Hypothese ganz und gar außerstande, die chemischen Verhältnisse, von welchen es neuern Entdeckungen zufolge abhängt, ob ein Körper negativ oder positiv-elektrisch wird, begreiflich zu machen; auch hat weder Franklin noch irgend einer seiner Anhänger einen positiven Beweis für diese Hypothese vorgebracht, den einzigen ausgenommen, daß die Elektrizität immer in Einer Richtung vom positiv- zum negativ-elektrischen Körper wirke, eine Behauptung, die man späterhin als falsch befunden hat. Viele Erscheinungen, deren Anzahl durch genaue Beobachtung leicht vermehrt werden kann, vorzüglich die Phänomene der Leidener Flasche, beweisen, daß bei den elektrischen Phänomenen Bewegungen in entgegengesetzter Richtung stattfinden, daß also + E und – E reell– und positiv- entgegengesetzte Prinzipien sind.
Wenn es nun zwei wirkliche und einander entgegengesetzte elektrische Materien gibt, wodurch unterscheiden sich beide voneinander?
Antwort: Nur durch ihre ponderablen Grundstoffe. Erste Auflage: »ponderable Basen« statt »Grundstoffe«, ebenso im gleich folgenden.
Hier sind wieder zwei Fälle möglich.
Entweder sie unterscheiden sich bloß durch das quantitative Verhältnis ihrer Grundstoffe zum Licht;
Oder ihre Grundstoffe sind spezifisch voneinander verschieden.
Die erste Annahme habe ich in den Ideen zur Philosophie der Natur mit Gründen unterstützt. Eine Materie, könnte man sagen, von so großer Kraft, als die elektrische, kann durch die geringste Verschiedenheit in ihren innern Verhältnissen eine so verschiedene Natur annehmen, daß sie den Schein zweier ursprünglich einander entgegengesetzter elektrischer Materien gibt, obgleich es dieselbe Materie ist, die in beiden nur auf verschiedene Weise modifiziert und mit sich selbst gleichsam entzweit erscheint.
Der richtig-aufgefaßte Begriff reeller Entgegensetzung macht es notwendig, mit Franklin als Ursache der elektrischen Erscheinungen ein homogenes Wesen anzunehmen, unerachtet eben dieser Begriff nötigt, mit Symmer anzunehmen, daß, wo ein elektrischer Konflikt ist, auch zwei voneinander verschiedene und nur wechselseitig in bezug aufeinander positive oder negative, an sich selbst aber positive Prinzipien im Spiel seien.
Allein die elektrischen Materien könnten einem Fluidum ihren Ursprung verdanken, das, obgleich aus heterogenen, ja entgegengesetzten Stoffen zusammengesetzt, doch Ein homogenes Wesen vorstellte und nur beim Elektrisieren zerlegt würde. Die allgemeine Analogie läßt a priori erwarten, daß die beiden wechselseitig durcheinander erregten elektrischen Materien sich durch spezifisch verschiedene Stoffe voneinander unterscheiden.
Welche Materie nun beim Elektrisieren zerlegt werde, ist vielleicht möglich zu finden, wenn wir die Art und den Mechanismus der Zerlegung untersuchen.
Es ist allgemein bekannt, daß durch Reiben Wärme erregt wird. Auf diese Tatsache könnten wir uns im gegenwärtigen Fall berufen, auch wenn wir außerstande wären sie selbst zu erklären.
Daß auch die Wärme beim Reiben ihren Ursprung einer mechanischen Luftzersetzung verdanke, wie ich sonst geglaubt, und wie unter andern auch Hr. Pictet vermutet hatte, ehe ihn einige Versuche vom Gegenteil überzeugten, glaube ich jetzt nicht mehr. Denn es könnte keine Wärmematerie aus der Luft frei werden, ohne daß die umgebende Luft eine gleichzeitige Veränderung erlitte. Eine solche Veränderung nehmen wir nun allerdings wahr, sobald der Körper elektrisch wird. Van Marum hat gezeigt, daß die elektrische Materie die Wirkungsart der Wärme annehmen kann, und auch Pictet (in seinem Versuche über das Feuer § 162) vermutet, daß die durch Reiben erregte elektrische Materie die Entwicklung der Wärmematerie befördere.
Es ist sehr natürlich, daß die einmal entwickelte elektrische Materie auch als Wärme wirkt. Aber durch Reiben wird Wärme erregt, ehe noch Elektrizität erregt wird, und die vorhergehende Erwärmung eines Körpers scheint eher selbst die Bedingung zu sein, unter welcher er elektrisch wird.
Wenn die Erwärmung eines Körpers durch Reiben einer mechanischen Luftzerlegung zuzuschreiben wäre, so müßte ein stärkeres Reiben auch eine größere Erwärmung zuwege bringen. Herr Pictet hat hiervon gerade das Gegenteil gefunden. Baumwolle, die nur sehr leicht und an wenigen Punkten die Thermometerkugel berührte, bewirkte durch ein sehr gelindes Reiben, daß das Thermometer in kurzer Zeit um 5 – 6 Grade stieg, während die härtesten Substanzen aneinander gerieben eine höchst unbeträchtliche Wärme erzeugten.
Es muß aber hierbei die idio-elektrische Beschaffenheit der Baumwolle und des Glases in Betrachtung gezogen werden. Die harten Substanzen, die Hr. Pictet zum Reiben anwandte, waren alle mehr oder weniger elektrische Leiter, also würde am Ende gerade dieses Experiment für eine Luftzersetzung als Ursache der Wärmeerregung beweisen.
Daß in verdünnter Luft durch gleiches Reiben weit mehr Wärme erregt wird als in verdichteter Luft, ist eine äußerst merkwürdige Beobachtung des Hrn. Pictet. Soll man glauben, daß die verdünnte Luft leichter zerlegt wird als die verdichtete? Oder soll man sich an das Verhalten der Elektrizität in verdünnter Luft erinnern? Es ist allgemein angenommen, daß die verdünnte Luft ein besserer Leiter der Elektrizität ist als die verdichtete. Oder soll man glauben, daß die umgebende Luft, wenn sie unter der Glocke verdünnt wird, der spezifischen Wärme der Körper weniger das Gleichgewicht zu halten imstande ist als in ihrem dichteren Zustand?
Sobald der Körper bis zu einem gewissen Grade erhitzt ist, erlangt er eine gewisse Verwandtschaft zum umgebenden Oxygene; er könnte so die Luft, die ihn umströmt, zu elektrischer Materie modifizieren. Indes muß auch der Druck, dem die Luft zwischen den reibenden Körpern ausgesetzt ist, die elektrische Zerlegung befördern.
Das Elektrisieren wäre insofern eine chemische Zerlegung der Lebensluft, weil eine Erwärmung des Körpers und eine Vergrößerung seiner Anziehungskraft gegen das Oxygene seinem elektrischen Zustand vorangeht. Es wäre eine mechanische Zerlegung, insofern das bloße Reiben dabei mitwirkt.
Alle Beobachtungen über Erregung elektrischer Beschaffenheit weisen darauf hin, daß die elektrischen Erscheinungen in den allgemeinen Verkehr zwischen Licht und Wärme und die allgemeinen Verhältnisse der Körper zu der allgemein verbreiteten elastischen Materie, von der sie umgeben sind, eingreifen. Ich sehe nicht ein, warum man für diese Theorie nicht die Aufmerksamkeit der Naturforscher fordern darf. Wenn man die elektrische Materie aus hypothetischen Elementen zusammensetzt, so erklärt man eben damit, daß sich diese Theorie aller Prüfung entziehen wolle. Gegenwärtige Hypothese, die kein unbekanntes Element zuläßt, scheut die Prüfung nicht; einige Versuche sind hinreichend, sie außer Zweifel zu setzen, oder von Grund aus und für immer zu widerlegen.
Da auch beim Verbrennen eine Zerlegung der Lebensluft vorgeht, so fragt sich, wie und wodurch das Elektrisieren vom Verbrennen sich unterscheiden würde, vorausgesetzt, daß das Erstere auch eine bloße Zerlegung der Lebensluft wäre, oder wie sich ± O von ± E unterscheide.
Beim Verbrennen wird die Lebensluft in zwei voneinander absolut-verschiedene Materien zerlegt. Die Zeichen ± O können also nicht eine reale Entgegensetzung andeuten, denn diese ist nur zwischen Dingen Einer Art. Auf jeden Fall hätte also ± E eine ganz andere Bedeutung als ± O, diese nämlich, daß die beiden elektrischen Materien einander reell-entgegengesetzt, und durch das umgekehrte quantitative Verhältnis des imponderablen und ponderablen Stoffes sich unterscheiden.
Daß regelmäßig beim Elektrisieren solche entgegengesetzte Materien entstehen, ließe sich erklären, weil nach einem notwendigen Gesetze jede aus dem Gleichgewicht getretene Kraft ihre entgegengesetzte erweckt. Allein man kann zum voraus kaum glauben, daß die Heterogeneität des Mediums, in welchem elektrisiert wird, auf die Erregung heterogener Elektrizitäten gar keinen Einfluß habe.
Wo übrigens Licht ist, ist auch Oxygene, und so ist diese Materie gewiß ein Bestandteil beider elektrischer Materien, wenn man nicht etwa annehmen will, daß eine derselben erst im Durchgang durch die Sauerstoffluft Lichterscheinungen zeige. Daß aber eine von beiden sich durch den größern quantitativen Anteil an Oxygene unterscheide, ist für mich dadurch schon ausgemacht, daß Erwärmung beim Reiben mit ins Spiel kommt, »daß Erwärmung (durch Reiben z.B.) allgemeines Mittel der elektrischen Erregung ist«. Erste Auflage. da ein Körper nie erwärmt wird, ohne daß er zum Oxygene ein besonderes Verhältnis annehme.
Das Verbrennen ist eine totale Zerlegung in zwei absolut-verschiedene Materien, zwischen welchen daher keine reale Entgegensetzung möglich ist. Das Elektrisieren ist eine partielle Zerlegung der Lebensluft, wobei die beiden elektrischen Materien als gemeinschaftlichen Bestandteil das Licht erhalten.
Wenn die beiden elektrischen Fluida nichts anderes sind als ein auf entgegengesetzte Art modifiziertes Licht, so wird das elektrische Fluidum auch großenteils wenigstens den verschiedenen Verhältnissen folgen, die zwischen dem Licht und den Körpern stattfinden.
Es ist bekannt, daß in der Regel alle durchsichtigen, d.h. alle solchen Körper, die die positive Materie des Lichts anziehen, durch Reiben positiv-elektrisch werden.
Daraus würde folgen, daß die elektrische Materie, die den durchsichtigen Körpern eigentümlich ist, der positiven Materie des Lichts näher verwandt sein muß, als die elektrische Materie, die den undurchsichtigen Körpern eigen ist.
Daß das Glas z.B. seine positive Elektrizität seiner Durchsichtigkeit (seinem Verhältnis zum + O des Lichts) verdankt, ist wohl dadurch außer Zweifel gesetzt, daß das mattgeschliffene oder durch langes Reiben oder auf irgend eine andere Art undurchsichtig gewordene Glas mit sehr vielen Substanzen negativ-elektrisch wird.
Ja, man kann aus dieser Tatsache noch weiter schließen, daß beide elektrische Materien sich auf jeden Fall voneinander durch das verschiedene quantitative Verhältnis ihrer expandierenden Kraft zur ponderablen Basis unterscheiden. Denn offenbar sind beide Elektrizitäten dem Licht verwandt, der Unterschied liegt nur in dem Mehr oder Weniger. Denn es hängt nur von dem Mehr oder Weniger der Durchsichtigkeit ab, ob ein Körper positiv- oder negativ- elektrisch wird.
In der Regel werden alle undurchsichtigen, leichtverbrennlichen Körper mit Glas gerieben negativ-elektrisch. Die wenigen Ausnahmen dieser Regel lassen sich erklären, ohne daß man nötig hätte das Prinzip aufzugeben; durchsichtigen (festen) Körpern (dem Eis sogar, nach Hrn. Achard, bei einer Kälte von 20 Graden unter dem Eispunkte) ist die positive, undurchsichtigen (leichtverbrennlichen), im Konflikt mit jenen, die negative Elektrizität eigentümlich.
Es fragt sich, wie diese Eigentümlichkeit zu erklären sei – Der Leser wird sich erinnern, daß, wie der Graf Rumford erwiesen hat, alle leichtverbrennlichen Substanzen die Luft auf eine besondere Art um sich sammeln. Da man dies nicht anders als aus ihrer Verbrennlichkeit, d.h. aus ihrer großen Verwandtschaft zum – O erklären kann, so ist zum voraus zu vermuten, daß die Luft, die sie um sich sammeln, reine Lebensluft ist, die sie von der azotischen, mit der sie verbunden war, abscheiden; ja man wird sogar geneigt zu glauben, daß manche Körper zunächst ihrer Oberfläche durch ihre große Verwandtschaft zum – O die Lebensluft in einen der Zersetzung nahen Zustand bringen, und nur einen fremden Druck oder eine Vergrößerung ihrer Verwandtschaft zum – O erwarten, um die Luft elektrisch zu zerlegen.
Man begreift daraus leichter, warum die Luft, welche solche Substanzen zunächst umgibt, keine Leitungskräfte für Wärme zeigt; zufolge der Prinzipien wenigstens, die wir oben festgesetzt haben, ist das Oxygene überall der Grund vermehrter Kapazität. Allein was mehr als alles andere beweisend ist, ist die Erfahrung, daß solche Substanzen, wie z.B. Seide unter Wasser, dem Licht ausgesetzt, die reinste Lebensluft geben. Es ist nicht nötig zu erinnern, daß an eine Zerlegung des Wassers, oder an irgend eine andere Quelle dieser Luft als die Oberfläche der verbrennlichen Substanz, zu denken, schlechterdings unmöglich ist.
Ich gestehe, daß mir nach diesen Betrachtungen die alte Einteilung der Körper in selbstelektrische (idioëlectrica) und unelektrische (anelectrica, symperielectrica) bei weitem wahrer und vielen andern Erscheinungen analoger dünkt, als einige neuere Naturlehrer uns bereden wollen.
Wenn jene Substanzen ihre Luftbedeckung der Verwandtschaft zum – O verdanken, so muß zunächst ihrer Oberfläche das – O am stärksten angezogen werden, so doch, daß sich nicht vom + O trenne (was beim Verbrennen geschieht), es wird also dort eine Materie sich sammeln, die zwischen – O und + O in der Mitte schwebt, kurz eine Materie, wie wir uns die negative elektrische ungefähr denken können.
So sehe ich mich auf einem neuen Wege wieder zu demselben Satz geführt, den ich in den Ideen zur Philos. der Natur (S. 55 ff. [Oben S. 26]) von einer ganz andern Seite gefunden zu haben glaubte, nämlich: daß von zwei Körpern immer derjenige negativ-elektrisch wird, der die größere Verwandtschaft zum – O hat. Da nun gegen diese Behauptung mehrere Zweifel erhoben worden sind, so halte ich es für nötig sie hier zu beantworten. Es ist
1. gewiß, daß leichtverbrennliche, d.h. dem – O sehr verwandte Substanzen mit völlig durchsichtigem, wenigstens nicht mattgeschliffenem Glas gerieben, immer – E zeigen.
Eine Ausnahme von dieser Regel findet nur in dem Falle statt, wenn das Glas mit weißfarbigen Substanzen, z.B. mit weißem Flanell, gerieben wird. (Dies hat Cavallo gefunden, man s. seine Abh. von der Elektrizität, deutsche Übers. S. 324). Nun gilt aber ein weißfarbiger Körper in bezug auf das – O dem durchsichtigen Körper ganz gleich. Beide stoßen das – O zurück (die weißfarbige Substanz, weil ihre Oberfläche mit Oxygene tingiert ist), und beide ziehen das + O gegen das Glas treibe und sich selbst das + O aneigne. Ich wünschte, daß künftig bei allen Versuchen dieser Art die Farbe der Körper bestimmt würde, die, wie ich zeigen werde, den größten Einfluß dabei behauptet.
Es steht also wenigstens der Satz fest: Der Körper, der das – O zurückstößt, zeigt beim Elektrisieren + E, vorausgesetzt, daß er mit einem andern verbunden sei, der das – O weniger als er zurückstößt, oder dasselbe gar anzieht.
Ich könnte mich mit diesem Satz begnügen und die zweifelhafte Untersuchung, welches elektrische Verhältnis zwischen Körpern stattfinde, die beide dem – O verwandt sind, ganz vorbeigehen. Denn ob es gleich sehr natürlich ist und zum voraus zu erwarten sein sollte, daß von zwei verbrennlichen Körpern immer derjenige – E zeigte, der zum – O die größere Verwandtschaft hat, so findet doch dieser Satz in der Anwendung große Schwierigkeiten,
a) weil die Grade der Verwandtschaft der Körper zum – O höchst unbestimmt und zwischen einigen Körpern wirklich von unbestimmbar kleiner Differenz sind.
Es geschieht aus eben dem Grunde sehr oft, daß Körper, die eine gleiche Verwandtschaft zum – O haben, eine höchst unbeträchtliche Elektrizität zeigen. Eine vollkommene Zerlegung der elektrischen Materie ist nur dann möglich, wenn ein Körper von großer Verwandtschaft zum – O mit einem Körper von großer Verwandtschaft zum + O gerieben wird. Nur in diesem Fall können sich die beiden elektrischen Materien vollkommen scheiden und an beide Körper verteilen. So war es van Marum unmöglich, eine Scheibe von mattgeschliffenem Glas durch das Reiben mit Quecksilber auch nur im geringsten zu elektrisieren, was um so auffallender war, da sonst das Quecksilber als ein sehr guter Reiher sich zeigte. Man sollte sich also, wenn von einem allgemeinen Grundsatz die Rede ist, nach welchem bestimmt werden soll, welcher von zwei aneinander geriebenen Körpern – E zeigen werde, nur an die entscheidenden Beispiele halten, wo die erregte Elektrizität stark genug und von zufälligen kleinen Umständen weniger abhängig ist. Denn
b) es kommt wirklich bei dem elektrischen Verhältnis zweier Körper auf Kleinigkeiten an, die, weil man sie übersieht, den Schein einer Ausnahme von der Regel geben, im Grunde aber die vollkommenste Bestätigung der Regel sind.
So kann ein Körper, der sonst geringere Verwandtschaft zum – O zeigt als ein anderer, in diesem Falle gerade mehr erwärmt sein, und also in diesem Falle das – O stärker anziehen, und, wie es der Regel nach sein soll, – E zeigen, während er ein anderes Mal bei gleicher Erwärmung beider Körper + E zeigt, abermals wie es der Regel nach sein soll. So kann ein Körper, der an sich weniger verbrennlich ist, eine rauhere Oberfläche haben als der andere, er wird durch das Reiben stärker erhitzt und zeigt – E, da er der Regel nach, alles übrige gleich gesetzt, + E zeigen sollte. So hängt das elektrische Verhältnis der Körper großenteils von der relativen Stärke des Drucks ab, den sie erleiden. Z.B. wenn über ein seidenes Band ein anderes ihm völlig ähnliches so weggezogen wird, daß es immer seiner ganzen Länge nach dieselbe Stelle des andern Bandes reibt, so ist natürlich, daß diese beständig geriebene Stelle stärker erwärmt wird, als das Band, das seiner ganzen Länge nach gerieben wird, daß also jene Stelle das – O stärker anzieht, und, wie es sein soll, – E zeigt.
Auf solche Untersuchungen kann die experimentierende Physik sich einlassen; dem Philosophen ist es um allgemeine Gesetze zu tun. Durch kleine Umstände kann wohl der Fall, niemals aber die Regel selbst, welche auf größeren Analogien beruht, unmerklich verändert werden. Indes zeigt auch ein flüchtiger Blick auf die gewöhnlichen Tabellen, daß die Regel wirklich in den meisten Fällen der Veränderlichkeit der Umstände unerachtet doch eintrifft, nämlich:
2. daß von zwei verbrennlichen Körpern, alle anderen Umstände gleich gesetzt, derjenige, welcher die größere Verwandtschaft zum – O hat oder durch das Reiben erlangt, regelmäßig – E zeigt.
Wenn man Extreme vergleicht, wie Metalle und Schwefel, wird dieser Satz durchgängig bestätigt. Wo nur der Unterschied der Körper selbst stark genug markiert ist, zeigt sich auch der Unterschied ihrer Elektrizitäten sehr deutlich. Es ist kein Wunder, daß bei Körpern, die dem – O ganz oder beinahe gleich verwandt sind, dieser Unterschied von kleinen unbemerklichen Umständen abhängig oder auch ganz dunkel und undeutlich werden muß. Es wird niemand leugnen, daß Metalle ein geringeres Bestreben zeigen sich mit dem Sauerstoff der Lebensluft zu verbinden als z.B. Schwefel; denn daß einige Metalle der atmosphärischen Luft ausgesetzt, oxydiert werden (rosten), kommt höchstwahrscheinlich von einer Zerlegung des atmosphärischen Wassers her. Es scheint, daß das Oxygene in konkreterer Gestalt weit stärker auf Metalle wirkt, als in Gasgestalt. Ich bin weit entfernt zu leugnen, daß nicht auch die Metalle, so wie ohne Zweifel alle Körper, eine eigentümliche Atmosphäre um sich bilden; ich leugne auch nicht, daß sie in großem Grade das – O anziehen; ich behaupte nur, daß sie es weniger anziehen als verbrennlichere Substanzen. Nun zeigen auch wirklich Metalle, mit den meisten verbrennlichen Körpern gerieben, positive Elektrizität. Sie werden nur negativ mit Glas (auch dem mattgeschliffenen), mit weißer Seide, mit dem weißen Fell eines Tiers usw., positiv dagegen mit Harz, schwarzer Seide usw. Schwefel hingegen zeigt hartnäckig mit jeder andern Substanz – E. Ja die (negativ-) elektrische Beschaffenheit des Schwefels ist so stark, daß er Monate lang, wenn die Elektrizität einmal in ihm erregt ist, eine elektrische Atmosphäre um sich zeigt, zum deutlichsten Beweis, daß alle diese Körper eine idioelektrische Natur haben.
Welche kleine Umstände auf das elektrische Verhältnis verschiedener Körper Einfluß haben, sieht man aus den spielenden Versuchen, die vorzüglich Symmer mit Bändern von verschiedener Farbe angestellt hat. Ein schwarzes seidenes Band und ein weißes, zwischen den Fingern gerieben, zeigen, jenes – E, dieses + E. Ich habe schon oben gesagt, daß Körper mit weißgefärbter Oberfläche, ebenso wie durchsichtige Körper, das – O zurückstoßen und das + O anziehen. Daher kommt es, daß das schwarze Band, das auch im Brennpunkt leichter sich entzündet, weil es das – O stärker anzieht, mit einem weißen immer negativ-elektrisch wird. Ein weißes Band auf einen schwarzen Strumpf gelegt und mit einem schwarzen Strumpf gerieben, wird positiv. Ein weißes Band mit schwarzem warmen Sammet gerieben, wird positiv, ein schwarzes mit weißem Sammet gerieben, negativ. (Man findet diese und ähnliche Versuche in den Philosoph. Transact Vol. LI, P. I. no 36.) Ich brauche nicht zu wiederholen, daß die schwarze Farbe das beständige Zeichen phlogistischer Beschaffenheit (d.h. einer großen Verwandtschaft zum – O) ist.
Da wo die verbrennlichen Körper näher aneinander grenzen und ihre Unterschiede ineinander verfließen, scheint oft bloß die Farbe ihr elektrisches Verhältnis zu bestimmen. Daß z.B. Wolle mit so vielen Körpern, mit mattgeschliffenem Glas, Harz, Siegellack, Holz usw. + E zeigt, kommt aller Wahrscheinlichkeit nach daher, daß man gewöhnlich weiße Wolle gebraucht hat, ebenso beim Papier und bei andern Substanzen, wo man bisher immer die Farbe umbestimmt gelassen hat.
Doch vielleicht tritt hierbei noch ein anderes Verhältnis ein, worauf uns die verschiedene elektrische Leitungskraft der Körper aufmerksam machen muß.
Wenn wir dem oben aufgestellten Begriff von Leitungskraft treu bleiben wollen, so sind elektrische Nichtleiter alle diejenigen Körper, die gegen + O oder – O eine große Kapazität beweisen. Das Glas, das vom + O (dem Licht) durchdrungen wird, der Schwefel, die Wolle und andere leichtverbrennliche Körper, die sich mit dem – O durchdringen, und diese Materie, selbst im gewöhnlichen Zustand, als eine eigentümliche Atmosphäre um sich sammeln, sind Nichtleiter der positiven sowohl als negativen Elektrizität.
Körper, die sich gegen die elektrische Materie neutral verhalten, sind Halbleiter, wohin man vorzüglich das Wasser rechnen kann, das zwar ein Leiter, aber ein schlechterer Leiter der Elektrizität ist. An solchen Körpern bewegt sich die elektrische Materie nur vermöge ihrer eigenen Elastizität fort.
Leiter der Elektrizität sind solche Körper, die die elektrische Materie durch eine eigentümliche Bewegung (Zurückstoßung) fortpflanzen.
Es ist sehr merkwürdig, daß kein elektrischer Leiter phosphoresziert, daß kein leichtverbrennlicher Körper im gewöhnlichen Zustand die elektrische Materie leitet, daß aber auch kein verbrannter (mit dem – O verbundener) Körper ein elektrischer Leiter ist. Aus dem letzten Umstand hat Priestley (Observations on different kinds of air II, 14) geschlossen, daß die Körper ihre leitende Eigenschaft dem Phlogiston verdanken. »Hätte ich noch im Wasser«, sagt er, »Phlogiston gefunden, so würde ich geschlossen haben, es gebe in der Natur keine leitende Kraft, die nicht die Folge einer Verbindung dieses Prinzipiums mit irgend einem Grundstoffe wäre. Metalle und Holzkohlen stimmen damit genau überein. Sie leiten, solange sie Phlogiston enthalten, sie leiten nicht mehr, sobald man ihnen dasselbe entzieht«. In einer Anmerkung setzt er alsdann hinzu: »Da ich seit dieser Zeit gefunden habe, daß ein langes Hin- und Herschütteln der Luft im Wasser dieselbe verderbt, so daß alsdann kein Licht mehr in ihr brennt, welches genau die Wirkung einer jeden Zersetzung des Phlogiston ist, so schließe ich nun, daß der angeführte Grundsatz allgemein wahr sei«. (Man vgl. Cavallo a. a. O. S. 94.)
Allein Priestley hat hierbei den Umstand übersehen, daß die Körper wirklich nicht bloß im Verhältnis des Grads ihrer phlogistischen Beschaffenheit Leiter der Elektrizität sind, sondern daß hier ein kombiniertes Verhältnis eintritt. Ich werde dies weiter erklären.
Idioelektrisch sind Körper nur, wenn sie das + O der elektrischen Materie nicht in eben dem Grade zurückstoßen, als sie die ponderable Materie anziehen. Elektrische Leiter hingegen sind alle solche Körper, die in eben dem Grade, in welchem sie die ponderable Materie anziehen, das + O der Elektrizität zurückstoßen. Mit diesem Grundsatz stimmt die Erfahrung überein. Die Metalle leiten die Elektrizität im umgekehrten Verhältnis ihrer Schmelzbarkeit durch den elektrischen Funken, oder was dasselbe ist, im umgekehrten Verhältnis ihrer Durchdringlichkeit für das + O der Elektrizität. (Denn sie können durch den elektrischen Funken nur insofern geschmolzen werden, als das elektrische Licht sie durchdringt, weil [nach der obigen Theorie] phlogistisiertes Licht = Wärmematerie ist, und kein Körper anders als durch Wirkung der Wärmematerie schmelzbar ist.) Van Marum hat gefunden, daß von allen Metallen das Kupfer am wenigsten durch Elektrizität schmelzbar ist. (Man sehe seine Beschreibung einer großen Elektrisiermaschine usw. erste Fortsetzung S. 4.) Eisen, wenn es auch zu dick ist durch den Funken geschmolzen zu werden, wird wenigstens glühend, Kupfer nur, wenn es sehr dünn ist. (Das. S. 8.) Dieses Metall nun, das für das elektrische Licht am undurchdringlichsten scheint, ist nach van Marum (a. a. O. S. 33) zugleich der beste Leiter der Elektrizität.
Man weiß, daß Metalle (im metallischen Zustande) überhaupt dem Licht impermeabel sind, daß sie, wenn nur ihre Oberfläche gilt poliert ist, das Licht in großer Quantität und mit großer Kraft zurückstoßen. Dagegen scheinen andere, in gewöhnlichem Zustand undurchsichtige Körper im elektrischen Zustand für das Licht in gewissem Grade permeabel zu werden, und gerade diese Körper sind Nichtleiter der Elektrizität. Wenn man Glaskugeln, in denen die Luft verdünnt ist, inwendig so mit Siegellack überzieht, daß sie nur um ihre Pole auf einige Zoll weit ohne Überzug und also durchsichtig sind, so bemerkt man mit Erstaunen, daß die Hand, welche sie von außen reibt, durch den Überzug von Siegellack hindurch bis auf ihre kleinsten Züge sichtbar wird.
Vielleicht ist die größere Permeabilität für das + O die Ursache, warum einige verbrennliche Körper vor andern von gleicher Verbrennlichkeit, mit diesen gerieben, die positive Elektrizität sich aneignen.
Was ganz klar wird, ist, daß die idioelektrischen Körper nicht sowohl wegen ihrer Verwandtschaft zum – O, als weil sie für das + O durchdringlicher sind, die Elektrizität zurückhalten. Dies ist ganz, wie wir es erwarten mußten, da die elektrische Materie eigentlich nur dem + O ihre Expansibilität verdankt. Das Gesetz also, nach welchem die Körper negativ- elektrisch werden, ist von dem, nach welchem sie Leiter oder Nichtleiter der Elektrizität sind, ganz verschieden. Negativ-elektrisch werden die Körper im Verhältnis ihrer Anziehungskraft gegen das – O. Sobald diese Anziehungskraft einen gewissen Grad übersteigt, hören sie auf idioelektrisch zu sein, und werden Leiter der Elektrizität. Idioelektrisch werden sie nur bei einem Grade der Anziehung gegen das – O, der nicht in eine Zurückstoßung gegen das + O ausschlägt. Daher werden idioelektrische Körper durch Erwärmung, d.h. durch Vergrößerung ihrer Anziehungskraft gegen das – O, elektrische Leiter, nicht weil sie jetzt das – O stärker anziehen, sondern weil sie in gleichem Verhältnis das + O stärker zurückstoßen. Das Glas zeigt vielleicht eben deswegen eine so große Verschiedenheit in Ansehung seiner Fähigkeit, elektrisch zu werden. Priestley hat gefunden, daß die nächste Ursache dieser Verschiedenheit darin liegt, daß die Oberfläche von neugeblasnem Glase sich einigermaßen leitend verhält (History and present state of electricity p. 588). Nollet will dasselbe von frischgegossenem Harz und Wachskuchen wahrgenommen haben. Vielleicht, daß sie erst allmählich eine gewisse Permeabilität für das Licht erlangen. Doch hat van Marum nichts Ähnliches bemerkt.
Jetzt scheint erklärt, warum alle leichtschmelzbaren und leichtverbrennlichen Substanzen negativ- idioelektrisch sind. Sie sind negativ-elektrisch, weil sie leicht verbrennlich sind, idio-elektrisch, weil sie leicht schmelzbar, d.h. dem Licht durchdringlich sind.
Es ist erklärt, warum durchsichtige, unverbrennliche Körper positiv-idioelektrisch sind. Sie sind positiv- elektrisch, weil sie unverbrennlich sind, oder mit andern Worten, weil sie das – O zurückstoßen, idioelektrisch, weil sie in demselben Verhältnis durchsichtig sind, oder mit andern Worten das + O anziehen.
Es ist endlich erklärt, warum alle verbrennlichen aber schwerflüssigen Substanzen, wie die Metalle, Leiter der Elektrizität sind. Sie leiten die Elektrizität, weil sie nicht nur verbrennlich sind, d.h. das – O anziehen, sondern weil sie auch schwerflüssig, d.h. für das + O in hohem Grade impermeabel sind.
Es ist äußerst merkwürdig, daß nach demselben Gesetze, nach welchem die Kapazität eines Körpers für die Wärme vermehrt oder vermindert wird, auch seine Kapazität für die Elektrizität vermehrt oder vermindert wird. Ein Körper heißt in dem Grade erhitzt, als er die Wärmematerie zurückstößt. So leiten elektrische Leiter, wenn sie erhitzt werden, noch besser; Halbleiter werden durch Erwärmung vollkommene Leiter, Nichtleiter wenigstens Halbleiter der Elektrizität. In eben dem Verhältnis, in welchem ein Körper mit dem – O sich verbindet, wird seine Kapazität für die Wärmematerie vermehrt. Ebenso verlieren die besten elektrischen Leiter, die Metalle, durch Verkalkung ihre Zurückstoßungskraft gegen die Elektrizität, und werden in eben dem Verhältnis idioelektrisch, als sie von dem – O durchdrungen oder dem Zustand der Verglasung nahegebracht werden.
Ist irgend etwas beweisend für die Identität der positiven Materie des Lichts, der Wärme und der Elektrizität, so ist es diese Übereinstimmung der Gesetze, nach welchen sie in diesen verschiedenen Zuständen, deren sie fähig ist, von den Körpern angezogen oder zurückgestoßen wird. Ich habe diese Übereinstimmung nicht gesucht, sie hat sich mir selbst angeboten.
Ich bin überzeugt, daß wer das in der Natur immer wiederkehrende Wechselverhältnis zwischen dem Oxygene und der Wärme richtig aufgefaßt hat, mit demselben den Schlüssel zur Erklärung aller Hauptveränderungen der Körper gefunden hat. Man sollte denken, daß so viele Analogien über die Quelle der elektrischen Erscheinungen nicht zweifelhaft lassen können. Jene Analogien aber sind nur da für den, der sie aufzufassen fähig ist, für diesen sind sie oft beweisender als selbst angestellte Versuche; Versuche aber sind allgemein-überzeugend. Alle bisher angestellten Versuche aber reichen noch bei weitem nicht hin, irgend eine Theorie außer Zweifel zu setzen. Neue und bis jetzt unbekannte Versuche werden die Sache zur Entscheidung bringen, wenn erst irgend ein Chemiker entschlossen ist, der Lavoisier der Elektrizität zu werden.
Ich kann und will mir selbst nicht bergen, wie unvollständig die voranstellende Untersuchung ist, da sie uns höchstens nur über das Wesen der einen von beiden elektrischen Materien Aufschluß gibt. Ich kann mich nämlich, je länger ich darüber nachdenke, immer weniger überreden, daß in den beiden elektrischen Materien kein anderer Stoff außer dem Oxygene tätig sei. Ich glaube zuerst gefunden zu haben, daß das elektrische Verhältnis der Körper sich nach ihrer verschiedenen Verwandtschaft zum Oxygene richtet. Ich wünsche aber nichts mehr, als daß irgend ein höheres Verhältnis entdeckt werde.
Versuche haben über den elektrischen Dualismus noch nichts Entscheidendes gelehrt. Ich glaube aber a priori zu wissen, daß in den elektrischen Erscheinungen ein Konflikt zweier Materien sich offenbart, deren Verhältnis ein höheres ist, als das zwischen Oxygene und phlogistischer Materie stattfindet, oder deutlicher, daß das Elektrisieren etwas ganz anderes ist als ein Verbrennen. Das Azote, so wie es in der Atmosphäre vorkommt, ist kein brennbarer Stoff. Eben deswegen ist es vielleicht derjenige Bestandteil der atmosphärischen Luft, der sie einer elektrischen Zerlegung fähig macht. Einer phlogistischen Zerlegung wäre sie fähig, auch wenn sie reine Lebensluft wäre. Wer weiß, ob in reiner Lebensluft überhaupt Elektrizität erregbar ist, oder ob wenigstens in einem solchen Medium beide Elektrizitäten erweckt werden können.
So lange, bis wirkliche Versuche uns eines Bessern belehren oder gar vom Gegenteil überzeugen, werde ich immer geneigt sein, zu glauben, daß die ursprüngliche Heterogeneität der atmosphärischen Luft (in welcher bis jetzt allein experimentiert worden ist) mit der Heterogeneität der beiden elektrischen Materien in irgend einem noch unbekannten Zusammenhang stehe.
Wenn man bedenkt, daß im elektrischen Prozeß ein Dualismus sich offenbart, daß derselbe Dualismus in der animalischen Natur (deren ersten Entwurf gleichsam die atmosphärische Luft enthält) wiederkehrt, so wird man zum voraus geneigt, die Zusammensetzung der atmosphärischen Luft für etwas weit Höheres zu halten, als man gewöhnlich sich einbildet.
Vielleicht, daß es neuen und bis jetzt ununternommenen Versuchen aufbehalten ist, uns über die Natur der Stickluft, die jetzt noch so gut als verborgen ist, Aufschlüsse zu geben.
Solange man uns diese wunderbare und gleichförmige Vereinigung ganz heterogener Materiell in der atmosphärischen Luft nicht gründlicher als durch eine Vermengung zweier heterogener Luftarten erklären kann, betrachte ich, der zahlreichen Versuche der Chemie unerachtet, die Luft, die uns umgibt, als die unbekannteste, und beinahe möchte ich sagen, rätselhafteste Substanz der ganzen Natur.
Sollte das Azote der Atmosphäre wirklich nur zu dem Ende da sein, daß nicht eine reine Ätherluft unsere Lebenskraft erschöpfe, oder sollte die Stickluft noch unbekannte Eigenschaften und irgend einen positiven Zweck haben? Die französischen Chemiker haben neuerdings gefunden, daß das Atmen in reinem Sauerstoffgas nicht mehr Luft zersetzt als das Atmen in gemeiner Luft, und doch hat das fortgesetzte Einatmen reiner Luft so gefährliche Folgen für den tierischen Körper.
Sind denn die Erfahrungen über das Leuchten des Phosphors im Stickgas schon alle hinlänglich erklärt und auf die Seite gebracht? Wie, wenn ein Element der elektrischen Materie im Stickgas enthalten wäre? – Die leuchtenden Wolken, welche der Phosphor in diesem Gas aussendet und durch den ganzen Raum des Rezipienten verbreitet, haben sie nicht Ähnlichkeit mit dem elektrischen Licht in luftverdünntem Raum?
Sollte wenigstens das Azote die Bedingung sein, unter welcher allein aus der Lebensluft entgegengesetzte elektrische Materien entwickelt werden können, so wie Göttlings Versuchen zufolge die Gegenwart der Stickluft die notwendige Bedingung ist, ohne welche der Phosphor bei niedriger Temperatur nicht leuchtet, ein Phänomen, das wohl auch eigentlich noch nicht erklärt ist?
Sollten nicht Versuche, in dieser Rücksicht angestellt, selbst über die bis jetzt unbekannte Zusammensetzung des Phosphors Aufschluß geben? Wird ein Element der elektrischen Materie vielleicht aus dem Phosphor selbst entwickelt, wenn er in Stickluft leuchtet? Woher der Phosphorgeruch, der sich in einem Zimmer verbreitet, wo man elektrisiert? Große Chemiker vermuten, daß ein Hauptbestandteil des Phosphors Azote (Phosphorogène?) sei. Woher die große Quantität Phosphor, die im tierischen Körper kontinuierlich erzeugt wird?
Ehe man in verschiedenen Luftarten, erst in reiner Lebensluft, dann in Stickgas, dann in einer aus beiden Gasarten in verschiedenem Verhältnis gemischten Luft elektrisiert hat, ist selbst die Theorie des Lichts und des Verbrennens, wie viel mehr die Theorie der Elektrizität unvollständig und ungewiß.
Ehe man erst die Wirkung der negativen so gut als der positiven Elektrizität auf verschiedene Substanzen, und vorzüglich auf verschiedene Luftarten geprüft hat, kann man aus den einseitigen Experimenten, welche bis jetzt mit positiver Elektrizität angestellt wurden, auf die Natur der elektrischen Materie überhaupt keine sicheren Schlüsse machen. Wenn es zwei ganz entgegengesetzte elektrische Materien gibt, werden sie nicht ganz verschiedener Wirkungen fähig sein?
Achard sah geschmolzenen Schwefel durch elektrische Schläge alkalisch werden (v. Humboldt, über die gereizte Nerven- und Muskelfaser S. 446). Diese Erfahrung leidet mehrere Erklärungen. Wie aber, wenn das Azote, oder ein Element desselben, in die elektrische Materie einginge, welche Bestätigung fände hierdurch der Gedanke der neuern Chemiker, das Azote als das principe alcaligène anzusehen! Welch ein durchgreifender Dualismus alsdann! In der Atmosphäre wären das positive und negative Prinzip des Lebens, positive und negative elektrische Materie, oxygène und alcaligène, ein Gegensatz, der sich in der ganzen Natur (zuerst zwischen Säuren und Alkalien) wiederfindet.
Es ist wahr, daß einigen Experimenten zufolge, die ich im Anhang zu diesem Abschnitt zugleich mit den merkwürdigsten Versuchen, die Natur der elektrischen Materie betreffend, anführen werde, das elektrische Wesen keinen phlogistischen Stoff mit sich führen sollte. Aber das Azote, so wie es in der Atmosphäre vorhanden ist, ist auch kein phlogistischer Stoff. Der elektrische Funken nur schlägt eine schwache Salpetersäure nieder aus einem Gemisch von reiner und azotischer Luft. Eben jene Erfahrung ist ein Beweis, daß das Elektrisieren in eine weit höhere Sphäre der Naturoperationen gehört als die Oxydationsprozesse. Denn beim Elektrisieren zeigt sich keine Spur einer schon vorhandenen oder erst erzeugten Säure.
Die Erzeugung der Elektrizität im Großen hängt so sehr zusammen mit der Beschaffenheit der Atmosphäre und den merkwürdigsten Revolutionen derselben, daß eine neue und auf genaue Versuche gebaute Theorie der Elektrizität endlich vielleicht auch über den dunkelsten Teil der Naturlehre, die Meteorologie, einen neuen Tag heraufführen würde.
Die Frage, welche ich in den Ideen zur Philosophie der Natur aufgeworfen habe, durch welche Mittel die Natur dieselbe (chemische) Beschaffenheit der atmosphärischen Luft, der zahllosen Veränderungen in ihr unerachtet, kontinuierlich zu erhalten weiß, ist meines Erachtens von der höchsten Wichtigkeit, aber aus allen Tatsachen und Theorien der bisherigen Physik unbeantwortlich.
Vielleicht sind eben jene Veränderungen in dem Luftkreis selbst das Mittel, durch welches die Natur die glückliche Proportion der Mischung unserer atmosphärischen Luft kontinuierlich zu erhalten weiß. Wie wenn Elektrizität aus einer Veränderung dieser Proportion entstünde, und wenn eben deswegen eine elektrische Explosion das Mittel wäre sie wiederherzustellen? Verkündet nicht die allgemeine Bangigkeit, die den großen elektrischen Explosionen vorangeht, eine veränderte Mischung der allgemeinen Luft, und das freiere Atmen der ganzen lebendigen Natur nach jedem Gewitter die wiederhergestellte Proportion in diesem allgemeinen Medium des Lebens? Verrät nicht das Steigen des Barometers und die auf jedes Gewitter erfolgende erfrischende Kühle eine Vermehrung des Sauerstoffs in der Atmosphäre, da von diesem allein die Wärmekapazität der Luft abhängt? (Vgl. oben S. 524 ff.)
Die Quelle der Elektrizität, die aus der Gewitterwolke sich entladet, liegt, so wie die Quelle des Regens, den sie ergießt, außer ihr. Dies hat de Luc erwiesen.
So wäre also der Regen nur das Phänomen einer allgemeinen Kapazitätsveränderung der Luft, und die Wolke nur der Vorhang, der uns jenen großen atmosphärischen Prozeß verbirgt, der die Ordnung der Natur wiederherstellt.
Es ist kein Wunder, daß die bisherigen Vermutungen über den Ursprung der atmosphärischen Elektrizität die Dürftigkeit der Vorstellungsart mit den bisherigen Hypothesen über den Ursprung des Regens geteilt haben.
Wenn die Wolken nichts weiter sind als präzipitierte Wasserdünste, so ist der Gedanke, die elektrische Materie mit dem Wasser von der Erde aufsteigen und mit ihm zur Erde zurückkehren zu lassen, allerdings der natürlichste Gedanke. Volta nahm an, daß Wasser in Dunst verwandelt eine größere Kapazität für die elektrische Materie erlange und umgekehrt. Das erstere schloß er aus einigen Versuchen, denen zufolge das Wasser ein Gefäß, aus dem es verdünstet, negativ-elektrisch zurückläßt. Man sieht leicht, daß er hierbei die Franklinsche Hypothese im Sinn hatte. Überdies hat Saussüre gefunden, daß das Gefäß, aus welchem Wasser verdünstet, beinahe ebenso oft positive Elektrizität erlangt.
So gemein auch die Behauptung ist, daß mit jeder Erzeugung von Dünsten oder Dämpfen Elektrizität entstehe, so wünsche ich doch, daß man genau zusehe, ob nicht in den meisten Fällen, wo sich beim Verdünsten Elektrizität zeigte, eine Zerlegung des Wassers mit im Spiel war.
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Saussüre hat über die Erzeugung der Elektrizität durch Verdampfung folgende interessante Versuche gemacht.
Wasser, in einen bis zum Glühen erhitzten Schmelztiegel von Eisen gegossen, erzeugte Elektrizität, anfangs + E, dann – E bis zum höchsten Grad, den die Elektrizität in dieser Aufeinanderfolge erreichte, darauf o, endlich wieder + E. – Ganz verschieden fiel derselbe Versuch aus, als er zum zweitenmal mit demselben Gefäß angestellt wurde. Die Elektrizität war beständig positiv. (Vielleicht weil das Gefäß beim zweiten Versuch eine vollkommenere Zerlegung des Wassers zu bewirken fähig war.) Ein dritter Versuch, der in einem kleinen Schmelztiegel von Kupfer angestellt wurde, gab beständig + E; da der Versuch wiederholt wurde, anfänglich – E, dann + E bis ans Ende. Ein kleiner Schmelztiegel von Silber zeigte bei dem nämlichen Versuch das erste Mal beständig – E, dann + E, darauf o. Im dritten Versuch erhielt man eine weit stärkere Elektrizität, anfänglich – E, wobei die Korkkugeln des Elektrometers um 3 1/2 Linien auseinander gingen, hernach + E, wo dieselben von 7/10 einer Linie bis zu 6 Linien auseinander getrieben wurden. – In einem Schmelztiegel von Porzellan erhielt man durch denselben Versuch immer – E.
Aus diesen Erfahrungen zieht Saussüre (Voy. dans les Alpes T. III, § 809 – 822) folgenden Schluß: »l'électricité est positive avec les corps capables de décomposer l'eau (tels, que le fer et le cuivre), et negative avec ceux, qui ne causent aucune alteration«. Bis hierher, wie mir dünkt, ganz gut.
Saussüre schließt weiter: »Je serois donc porté à regarder le fluide électrique comme le résultat de l'union de l'élément du feu avec quelque autre principe, qui ne nous est pas encore connu. Ce seroit un fluide analogue à l'air inflammable, mais incomparablement plus subtil. – Le fluide électrique serait produit comme le gaz inflammable par la décomposition de l'eau. – Suivant ce système losque l'opération, qui convertit l'eau en vapeur, produit en même temps une décomposition, il s'engendre du fluide électrique etc.«
Gegen diese Hypothese kann man einwenden, daß man bei so vielen Experimenten über die Wasserzerlegung, z.B. wenn das Wasser durch glühende eiserne Röhren getrieben wird, immer brennbare Luft (gaz hydrogène) erhält, daß also die elektrische Materie, die dabei mit zum Vorschein kommt, nicht auch brennbares Gas sein, oder aus demjenigen Bestandteil des Wassers entspringen kann, der dieses Gas bildet. Saussüre könnte sich zwar auf einen Versuch berufen, den er a. a. O. erzählt, nämlich, als er in eine Eisengranate von 3 1/2 Zoll Diameter, nachdem sie bis zum Weißglühen erhitzt war, Wasser goß, zeigte sich an ihrer Öffnung eine sehr lebhafte Flamme – offenbar die Flamme des gaz hydrogène, das, mit der atmosphärischen Luft in Berührung, durch das Glühen des Eisens entzündet wurde. » Solange,« sagt S., » als die Flamme erschien, war keine Elektrizität zu spüren, im Augenblick, da sie verschwand, zeigte sich Elektrizität.« Allein als die Granate Zeichen von Elektrizität zu geben anfing, entwickelte sich ohne Zweifel auch noch brennbares Gas, nur daß es nicht mehr entzündet wurde, weil die Granate jetzt nicht mehr so stark als vorher glühte; daß aber keine Elektrizität sich zeigte, solange das entwickelte Gas in Flamme geriet, ist sehr begreiflich, weil Flamme und Rauch vorzüglicher Leiter der Elektrizität sind.
Eher also bin ich geneigt zu glauben, daß die Quelle der Elektrizität, die bei diesen Versuchen zum Vorschein kommt (nicht in dem brennbaren Bestandteil, sondern) im Oxygene des Wassers zu suchen ist. Das Wasser wird in die zwei Luftarten, in brennbares und in Sauerstoffgas, zerlegt: daß entzündliches Gas sich entwickelt, hat S. selbst gefunden. Also muß dabei auch Sauerstoffgas entstehen; dieses, indem es einen Teil seiner ponderabeln Basis an das glühende Metall abgibt, muß, wenn unsere obige Theorie richtig ist, dadurch zu elektrischer Materie modifiziert werden.
Warum jetzt + E, jetzt – E erscheint, kann Saussüre nicht ohne neue Hypothesen erklären. Nach unserer Hypothese könnte es bloß von dem Grade der Oxydation abhängen, dessen das Metall fähig ist, ob es das Sauerstoffgas zu positiver oder zu negativer elektrischer Materie modifiziert; und so stimmen freilich auch diese Versuche mit der Voraussetzung überein, daß beide elektrischen Materien nichts anderes sind als ein zerlegtes Oxygene.
Indes verlangen alle diese Versuche eine neue Prüfung. Warum gibt die Kohle (wenn sie isoliert ist) immer – E bei der Verdampfung? Dieses Phänomen ist schwer zu erklären nach unserer Hypothese; schwerer noch nach der Saussüreschen.
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Wenn wir mit Volta annehmen wollen, daß die atmosphärische Elektrizität nur durch die Präzipitation der Wasserdünste erzeugt werde, wie wollen wir etwa erklären, daß bei der heitersten Luft, vorzüglich im Winter (wo bei weitem weniger Ausdünstung ist), eine weit größere Menge elektrischer Materie als im Sommer zur Erde herabkommt? (»En été l'électricité de l'air serein est beaucoup moins forte, qu'en hiver.« Saussure § 802).
Es ist merkwürdig, daß die elektrische Irritabilität der Luft mit der Kälte des Himmelsstrichs und der Jahrszeit (wo bei trockener Witterung das Oxygene in der Atmosphäre konzentriert ist) auffallend zunimmt. – (Über die elektrische Beschaffenheit der russischen Atmosphäre hat Äpinus einige interessante Beobachtungen in seinem Brief an Dr. Guthrie mitgeteilt). – Ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß zwischen der chemischen Beschaffenheit des Luftkreises, der atmosphärischen Elektrizität, den Barometer- und Witterungsveränderungen künftig irgend ein Zusammenhang entdeckt werde. Um dieselbe Zeit, wenn das Barometer in unsern Gegenden fällt, bei einer zum Regen geneigten warmen Witterung, verschwindet allen Beobachtungen zufolge oft alle atmosphärische Elektrizität (als ob sie zur Bildung des Regens verwandt würde). Warum wird oft in einer feuchten Luft alle elektrische Erregung unmöglich gemacht? – Daß die Luft ein elektrischer Leiter wird, erklärt die Sache nicht Denn wo keine Elektrizität erregt wird, kann auch keine fortgeleitet werden. Der Regen fällt, und mit ihm kommt eine große Menge elektrischer Materie zur Erde herab. Zu gleicher Zeit gewinnt der Luftkreis wieder seine vorige Schwere; sowie der Himmel heiter wird, ist die atmosphärische Elektrizität beständig ( Saussüre und alle Meteorologen haben gefunden, daß die Elektrizität der heitern Luft niemals = o ist). Wenn man bedenkt, daß die Schwere der atmosphärischen Luft großenteils von dem quantitativen Verhältnis des Sauerstoffs und des Stickstoffs in ihr abhängt; wenn man ferner bedenkt, daß ohne allen Zweifel eine Quelle der Elektrizität im Sauerstoff zu suchen ist; daß unmittelbar vor jedem Regen die Schwere der Luft vermindert und gewöhnlich auch die atmosphärische Elektrizität schwächer wird; daß regelmäßig nach gefallenem Regen die Schwere der Luft und mit ihr die Elektrizität sich wiederherstellt: so kann man sich den Gedanken an irgend einen Zusammenhang jener Erscheinungen, auch wenn man ihn sich selbst oder andern nicht völlig entwickeln kann, doch nicht versagen.
Wenn auch in der Nähe der Erde ein solches verändertes Verhältnis der beiden Bestandteile unserer Atmosphäre unmittelbar vor dem Regen sich nicht im Eudiometer darstellen läßt, so beweist dies nicht, daß in Gegenden, wohin kein Experiment reicht, in der eigentlichen Region des Regens, nicht unmittelbar vor dem Regen eine unverhältnismäßige Quantität Sauerstoffluft auf irgend eine unbekannte Weise verschwinden, und indem der Regen fällt, wieder erzeugt werden könne.
Ohnehin sprechen noch andere Erscheinungen, z.B. der oft so schnelle Wechsel von Kälte und Wärme, für ein schnelles Entstehen und Verschwinden von Sauerstoff in der Atmosphäre, wenn dieser (nach dem obigen) der Grund der Wärmekapazität der Luft ist. Woher z.B. die unverhältnismäßig-schnelle Zunahme der Kälte unmittelbar vor Aufgang der Sonne?