Albrecht Schaeffer
Das Prisma
Albrecht Schaeffer

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Die seltsame Trauung

1

In den Zeiten, da die Heiligen des Himmels noch die Erde und ihre Menschen liebten und mit Raten und Taten nicht ungern Teil an ihren Geschicken nahmen, lebte in einem Wälder-Lande ein Jüngling, der Sohn eines Ritters, der durch Fehden und anderes Unglück fast alle Habsal und darüber auch die Güte und das Gleichmaß seiner Sitten verloren hatte. Der Jüngling hieß Nikodemus nach dem Heiligen, an dessen Jahres-Tag er das Licht erblickte, und er war schöner Gestalt, heiter und einfältig, so daß er auch die Bitterkeit und den Jähzorn seines Vaters gleichmütig und freundlich ertrug, seiner Mutter zuliebe, die es schlimmer hatte als er, schwachen Leibes an Hof und Herd und viele harte Pflichten gefesselt, während er mit Fischen und Jagen in den Wäldern ein ungezwungenes Leben führte. Auch so diente er seinen Eltern, die Speise für ihre und die Tische des Gesindes beschaffend. Er jagte mit Spieß und Armbrust, aber auch mit einigen Falken auf die Reiher, deren Kopf-Zier er an Händler verkaufte und manches Silberstück dafür in die Truhe des Vaters lieferte. Dieser hatte mit der Felder-Wirtschaft, Bauern und Knechten Plage genug, wovon sie lebten. 422

Es geschah nun an einem heißen Sommer-Tage, kurz nachdem Nikodemus sein achtzehntes Jahr vollendet hatte, daß er müde vom Streifen Ruhe und Kühlung bei einer kleinen Wald-Kirche suchte, die er liebte, weil sie seinem Namens-Patron, dem heiligen Nikodemus, gewidmet war. Ihr Name war Nikodemus vom schwarzen Lack, nämlich von einem kleinen See oder einer Lache, an dem sie erbaut war, und der fast schwarz dalag unter den hohen Fichten der Hänge, auch einen Boden von schwarzer Erde hatte, aber das Blau und Weiß von Himmel und Wolke so gut wie ein anderer spiegelte, wenn es droben aufging. Am Ufer dieses Teiches lagerte sich Nikodemus in den Wurzeln einer bis in das Wasser greifenden Tanne; und er hatte noch kaum das freundliche Doppelbild des einsamen weißen Kirchleins auf grünem Plan gegenüber, nebst seiner genauen Spiegel-Umkehr unten im Dunkel der Flut – und darin auch das buntgemalte Bildnis des Heiligen über dem Tor-Bogen – recht ins Auge gefaßt, da löste sich ihm schon Alles in Farben auf, die verschwammen.

Noch glaubte er seinen Falken zu sehn, den er bei sich hatte – einen weißen isländischen, den er erst kürzlich erworben, der ihm aber bald so zugetan wurde, daß er ihn ohne Fessel und Haube auf der Schulter oder dem Rist seines Pferdes mit sich führte –, ihn glaubte er zu sehn, wie er über dem dunklen Wasser-Spiegel hin und her schwebte. Er wollte ihn locken, hatte aber schon keine Stimme mehr und dachte: Es ist die Taube, sie sucht das Land. Überdem ward die Welt lichtes Blau, darin der weiße Vogel 423 ihm voraufschwebte, der selber wie ein Licht in einer Hand grade emporflog. In einer schneeweißen Mauer war nun ein kleines Tor, wo der Vogel verschwand; Grün und Rosen waren darin zu sehn, und er ging hinein und dachte: Es ist Nikodemien. Siehe, da stand an Blumen-Beeten ein sehr holdes Geschöpf, Perlen im Haar und kostbar gekleidet, das ihn mit einem süßen und staunenden Lächeln begrüßte, aber still sich wendend davonging; der Falke wandelte hinter ihr auf dem Weg und trug ihre Schleppe mit dem Schnabel. Nikodemus war sehnsüchtig ihr zu folgen, kam aber lange nicht näher, bis sie stehen blieb, sich bückte und von einer Blume mit weißen Blättern und goldener Mitte, die sie erhob, die Blätter abzuzupfen begann, die leise davontrieben. Er war eben nahe zu ihr gekommen, als sie das letzte löste und – langsam die Augen und die Hand gegen ihn hebend – es gegen seinen Mund fliegen ließ. Dort schmolz es mit einer so feurigen Süße, daß sein Gesicht ganz davon brannte, und er wußte nicht, war es das Blatt oder ihr Mund oder ihr Augenpaar, das ihn mit solchem Kusse berührte.

Nikodemus erwachte; vor seinen Augen flirrte die heiße Natur, sein Gesicht aber brannte von den Pfeilen der Mittags-Sonne, die in dichtem Bündel durch die Zweige über ihm regneten. Doch war auch die Süßigkeit noch wie von Beeren auf seinen Lippen und mit Angst und Gluten in seiner Brust; das Antlitz der Jungfrau schwebte vor ihm, Sehnsucht erregend. Da ging er schlaftrunken und inbrunstvoll um den See, kniete am Tor vor dem 424 Bildnis des Heiligen und sprach einfachen Herzens die Worte:

Heiliger Mann, nun bitte ich dich, daß du dich meines Traumes annimmst, den ich in deinem Schatten erscheinen sah, und giebst mir die liebe Gesellin.

Der Heilige, der oben als schöner Erzbischof stand, mit dem Hirten-Stab und im Arme die Mitra, worin das obere Stück seines Kopfes steckte, das ihm selber fehlte, lächelte anerkennend und nickte. Nikodemus erhob sich, rief seinen Falken und schritt gläubig davon, dem Traum-Antlitz nach, das voranzog. Und er vergaß es nicht wieder, diesen Tag und die folgenden, und obwohl es in der Folgezeit langsam blasser wurde, zuletzt kaum noch erkennbar, – blieb, ja mehrte sich das Verlangen nach ihm, so daß er wie ein Verstörter umherging, einsilbig, Fragen überhörend oder Falsches erwidernd. Und kurz: die Folge von Diesem war, daß er sich eines Abends in den Wäldern verirrte und das Nahen eines Unwetters erst wahrnahm, da es sich mit Regen-Prasseln und Blitzen über ihn entlud. Er hatte auch diesmal den Falken mit sich, weil er sich von diesem Zeugen und Gesellen seines Traumes gar nicht mehr trennen mochte. Beim ersten Blitz stürzte der sich kopfüber von Nikodemens Schulter und bohrte den Kopf unter seine Achsel; beim zweiten schrie er auf wie ein Kind, klagte und schlug mit den Flügeln; der dritte Blitz stand noch wie eine Flammen-Schlange über dem Tal, als der Falke aufflog, so daß es dem geblendeten Nikodemus schien, er gleite an der goldenen Linie empor. Er 425 war verschwunden, der Regen donnerte in den Tann; Nikodemus war froh, triefend naß und vom Regen-Schlag blind, in einer Felsschlucht einige schrägliegende Blöcke zu finden, die ihm Obdach boten, und wo er die Nacht verblieb. Den Falken hoffte er heimgefunden oder doch zu benachbarten Menschen, die ihn bringen würden. Da er sich letzthin viel mit ihm abgegeben und oft Erinnerung und Hoffnung in die klaren, Vieles sehenden Vogel-Augen hineingesprochen, hatte er ihm auch ein kleines Silberschild umgehängt, Überbleibsel von einem zerbrochenen Ehren-Becher, das ihm schon in der Wiege Spielzeug gewesen war. Darauf ritzte er die Worte:

Ich heiße Nikodem.
Bin ich dir angenehm?

Warum gerade dies, wußte er kaum; es sollte nur ein Kennzeichen des Vogels sein.

Er fand andern Morgens zu Menschen und durch sie zum väterlichen Schlosse zurück, betrat es aber zögernd in Ungewißheit seines Falken, weil sein Vater es ihm oft und öfter verwiesen hatte, das Tier ungefesselt und haubenlos bei sich zu haben. Der Falke war nicht im Haus, und nun geschah es denn auch, daß alle heimliche liebende Sorge des Vaters über das Ausbleiben des Sohnes sich in lauter Galle über den Verlust des Vogels verkehrte, als Nikodemus ungefährdet zurückkam. Der alte bittere Mann geriet in so heftige Wut, daß er Nikodemus zuschrie: er verlasse sofort das Haus und betrete es nicht wieder ohne den Vogel. Nikodemus erwiderte: Recht so, mein Vater! – 426 aber in seinem Herzen dachte er, daß er weniger nach dem Vogel fragen wolle als nach der niegesehenen Geliebten in seinem Traum, denn Alles, was ihm der Vogel galt, das galt er ihm nur durch den Traum. – Er nahm zärtlich Abschied von seiner weinenden Mutter, nahm Spieß und Armbrust, zog seinen alten grauweißen Hengst aus dem Stall und saß auf und ritt gegen Morgen.

2

Es ereignete sich nun auf dieser Reise Nikodemens das Wunderbare, daß, wo immer er am Morgen erwachen mochte, der Falke in seiner Nähe war, ob er im Freien übernachtet hatte oder in einer Herberge. Dann saß der Gesell auf dem Fenster-Sims oder dem Bett-Pfosten, auf dem Rücken seines nahe grasenden Rosses oder auf seiner eigenen Fußspitze, äugte durchdringend, verweilte aber nie, sondern schlug die Flügel auf, kreiste einmal über Nikodemen und schwebte davon. Hieraus schloß Nikodemus, daß der Freund ihm die Weg-Richte zu zeigen kam, und folgte ihm fröhlich. Ja, als er auf diese Weise in eine Hafen-Stadt kam, verkaufte er getrosten Mutes sein Pferd und betrat ein Schiff, das einzige, das eben die Segel spannte, um nach Island, der grünen Insel, zu steuern, ob er gleich die Sprache dieses Landes keineswegs verstand. Auch schien es richtig zu sein, denn an jedem Morgen der Fahrt zeigte der weiße Führer sich auf der Spitze des Mastes, lüpfte alsbald seine Schwingen und flog vor der Bahn des Schiffes seiner Heimat zu. In der Hafen-Stadt 427 weilte Nikodemus nur, um zu nächtigen, und folgte wie immer dem Boten des Morgens landeinwärts, nur langsamer jetzt, weil zu Fuß.

So kam der Abend, wo ein Geschwisterkind jenes Unwetters, in dem ihm der Falke entkam – oder ob es dasselbe war, das noch einmal kam, um einen Auftrag zu Ende zu führen an Nikodemus –, ihm die Nacht eine Stunde verfrühte, merklich, mit Schloßen und Donnerschlag. Den Kopf eingezogen schritt er über eine fast kahle Haide und gewahrte nach langer Zeit im Leuchten der Blitze einen Hügel und die drohenden Umrisse einer Burg. Es währte dann nicht mehr lange, bis er, durchnäßt zwar und frostklappernd, ein gastlich offenes Tor durchschritt und im windstillen Burghof stand, wo erleuchtete Fenster in der Finsternis schwebten. Sein Pochen aber an der nur kleinen Tür blieb, auch mit dem Spießende, vergeblich. Siehe da, aber die Tür war nicht verschlossen, und drinnen wies eine Wand-Fackel die freundliche Windung einer Stiege.

Nikodemus stieg aufwärts und gelangte auf einen kleinen Vorplatz mit Türen; deren eine war angelehnt und von innen erleuchtet, aber auch ein schallendes Gelächter vielfacher Stimmen quoll heraus, Nikodemen erfreulich, weil er daraus schloß, daß es auch ihm hier nicht unfroh ergehen würde. Er pochte, allein es erging ihm wie unten; Niemand kam außer dem immer sich erneuernden Gelächter. Nikodemus faßte sich ein Herz und trat ein.

Er stand nun in einem kleinen getäfelten Saal, der hell war von dreißig Kerzen oder mehr. In der Mitte war 428 eine kleine Tafel weiß gedeckt und mit schimmerndem Geschirr aus Metall und Glas, mit Wein und Speisen überreichlich bestellt. Am linken Ende dieser Tafel saß ein violetter Prälat von so unglaublicher Dicke, daß Nikodemus erschrak, auf zwei Stühlen; ihm gegenüber am anderen Ende dagegen ein Mädchen, fast noch ein Kind, lieblich und Perlen im Haar; und hinter der Tafel eine mütterliche Frau in großer weißer Haube, rosig und klaräugig, – welche Alle auf ein vernehmliches Knarren der Tür hin sich herwandten, ihr Gelächter abbrechend, obwohl nur den Laut, nicht den Schein in Augen und Lippen, so wie ein Bach still wird hinter dem Fall, obwohl weiter glänzend von Sonne. So lachten sie Nikodemus an; aber der mehr als Dicke schwang einen gläsernen Kelch mit Wein und rief: Heißa, der Bräutigam! Doch Nikodemus überraschte in diesem Augenblick ein Anderes mehr; nämlich ein Falke, ein weißer, der sich von der Lehne des Stuhles, auf dem das Kind saß, erhob, mit lautem Flügelschlag durch den Raum schwirrte und mitten auf Nikodemens Brust prallte, wo er mit ausgebreiteten Fittichen kleben blieb, starr umheräugend und wie ein Täuberich zärtliche Laute gurgelnd. Das Schild hing silbern auf seiner Brust. Und nun war Stille im Saal.

Das Kind in einem langen tannfarbenen Falten-Kleide mit goldenem Mieder stand jetzt bei seinem Stuhl, den traumbefangenen Nikodemus mit einem süßen und staunenden Lächeln anblickend, an dem er es plötzlich erkannte. Ach, aber dies war ein Kind, vierzehnjährig zuhöchst; aber 429 das Traum-Wesen, zum Kinde zurückverjüngt, mußte es nicht aussehen wie dies? Schon wurde es ähnlicher . . . aber nun hörte er von den Lippen des Prälaten die Frage: Homo, quis es?

Da faßte er ihn verwirrt ins Auge und sah, daß er dasaß in einem ungeheuren Überflusse von Menschlichkeit. Aber nicht nur sein Leib quoll über von rosigem Dasein; sondern was golden um seinen Mund spielte und zaubervoll aus seinen strahlenden Augen brach, das schien die leibhaftige Seligkeit, so zart, so innig, so holdselig, wie die Erde noch nie war, wenn sie lachte. Nikodemus fühlte sich wie ein Schmetterling, festgesogen am Schmelz dieser Himmels-Frucht; seine Lippen wurden ihm süß, sein Herz hüpfte. Er sprach: Ich bin Nikodemus, ohne Gedanken die eigene Sprache brauchend, in der er die ersten Worte des Seligen gehört hatte. Der Heilige? fragte der wieder, und Nikodemus sprach: Nicht er selbst, nur sein Namens-Pate, indem er dachte: Er ernährt einen Engel; darum sieht er aus wie sechs Männer.

Bekennt Ihr Euch, fragte der Gewaltige nun, als den Eigentümer des Vogels, der vor etlichen Wochen meiner Nichte Katharina zuflog, aber sie jeden Abend verließ, um morgens wiederzukehren?

Nikodemus bekannte sich freudevoll, und da er zu einem Beweis aufgefordert wurde, so sprach er, das Silberschild von der Brust des Vogels erhebend: Zur Wahrheit werde ich sagen, was auf diesem Schilde zu lesen ist. Ich habe diese Worte geschrieben, die ihr kennen werdet, sie lauten: 430

Ich heiße Nikodem.
Bin ich dir angenehm?

Er schloß mit Erröten, und der Beseligende rief: Katharina, er fragt dich! Ist er dir angenehm? und schütterte ganzen Leibes wie ein Berg von innerem Gelächter. Das Mädchen ward rot wie eine Rose und lief hinter den Stuhl der Mutter, wo sie verschwand.

Bewiesen! schrie der Prälat. Erröten und Verschwinden sind heilige Eide! Nikodemus, mein Sohn, sage mir an, bist du gekommen, um sie zur Braut zu begehren? Er plinkte selig der Mutter zu, die, obzwar lachend, Einspruch erheben wollte, und Nikodemus versetzte in aller Überzeugung seiner herzensreinen Natur und seiner himmlischen Geleitschaft: Ja!

Man gebe, wandte der Prälat sich an eine Anzahl Gesinde, das auf den Wandbänken um den Ofen saß, ganz geschwollen von Gelächter, diesem verregneten Pfauhahn seine ursprüngliche Gestalt zurück, damit wir ihn anstaunen.

Bald darauf fand der betäubte Nikodemus sich in einer Kleider-Kammer voller Truhen und Schreine. Lachende Gesichter tanzten umher, wetteifernde Hände lösten ihn aus dem nassen Zeug, unversehens verschwand er sich wieder in farbigen Kleidern. Ein dampfender Becher schwebte auf ihn zu, und er ergriff ihn, sich erinnernd, daß er fror; aber während er den heißen Gewürz-Wein herausleerte, starrte er nur in das Antlitz des Kindes, das in einer Glorie vor ihm schwebte und lächelnd fragte: Bin ich es? – 431 Als er den leeren Becher zurückgab, hätte er berauscht sein müssen; doch er glühte nur innig von Glückseligkeit und Vertrauen auf eine unendliche Güte der Welt.

So stand er denn wieder im Saal, lächelnd in die lächelnden Gesichter hinein, die mehr blumen- als menschenhaft zwischen goldenen Höfen der Lichter schwebten. Von der jauchzenden Rede jedoch, die der violette Prälat unendlich entströmen ließ, verstand er die Worte kaum und garnicht den Sinn, denn sie war eitel Unsinn und Gallimathias. Er stand aber darin wie ein grünes Gewächs in dem wärmsten Strome des Frühlings-Regens, nur daß er Augen hatte zu sehen und einen Sinn hatte, zu begreifen, daß die Wonne des Himmels in diesem dicken Manne offenbar war und aus seinen Lippen und Augen über ihn strömte. Er hatte zwei kleine hochsitzende Brauen; die tanzten und hüpften über den Quellen der Augen wie jubilierende Amseln, ein zwerchfellkitzelndes, bezauberndes Spiel. Endlich aber verschwamm Alles vor seinen Augen zu einem melodischen Gemenge von Behagen, quellend, schwirrend und wogend um eine blühende Mitte, aus der es überrann und in die es sich zurückzog. Das war das Antlitz Katharinens, die nur still da wie ein Engel saß, aber von Augenblick zu Augenblick älter und ähnlicher wurde, zugleich aber Kind blieb, ein unschuldiges Rätsel. Von der unendlichen Rede aber wurde ihm zuguterletzt dennoch klar, daß sie eine Werbung war, für ihn, an die Mutter gerichtet, der nämlich zuerst seinen Falken gesandt, nun aber selber aus Flügeln des Sturmes hereingedrungen war, um die Braut zu erobern; 432 der übrigens ein Sproß uralter Könige und Erbe unermeßlicher Länder sei. Die Mutter, hustend vor Lachen, rief: Nur zu, nur zu, für eine Stunde mag er sie haben! Geh hin, Mädchen, sei Braut!

Katharina erhob sich. Wie sie aber nun einen Schritt vor ihm stand und ihm die Lippen zum Brautkuß zu bieten schien, glich sie so ganz dem Gebilde des Traums, war zugleich ihr liebliches Antlitz wie gehämmert in goldenem Ernst, so daß Nikodemus in allen Gliedern erschrak. Rasch machte er selber sich ernst, so gut er vermochte, und furchtsam, dem heiligen Augenblick unrein entgegenzugehen. Dann bog er sich zitternd vor, ehe aber sein Mund den ihren erreichte, drehte sich ihr Gesicht, so daß er kaum ihre Wange und den Bausch ihres Schläfen-Haars streifte; doch traf ihn daraus ein feuriger Schlag, daß seine Knie erloschen und sein Antlitz brannte wie damals im Traum. Glückstammelnd hörte er aus weiter Ferne die Stimme des mehr als Dicken: Es ist vollzogen, es ist geschehn! Nun auf, ich werde euch trauen! Nehmet die Lichter! Nikodemus glaubte Gelächter und einen Aufschrei der Mutter zu hören, doch löste sich Alles jetzt in Getümmel auf, die Leuchter, in Händen empor schwebend, schwangen die Flammen, die Stimme des Fetten befahl: Zur Kapelle! Er erhob sich mit schwerer Mühe, faßte Nikodemus zur Linken, Katharinen zur Rechten, eine Tür stand offen, Lichter flackerten eine breite Treppe hinunter, und Nikodemus tanzte hinab neben dem ungeheuer hinabtanzenden Gottesmann. Ja, wie eine Seifenblase über einen rauhen 433 Ärmel hinunterspringt, in erstaunlichen Sprüngen hüpfte dieser Selige in die Tiefe. Dort aber war nichts Andres als schon die Kapelle im Dämmerscheine der Altar-Lichter, Pfeiler und heilige Gestalten. Nikodemus sah Katharinen nicht, der Priester verbarg sie; aber als der die Stufen des Altars erklomm, war sie da und gab ihm die Hand.

Konnte aber Wirklichkeit sein, was nun geschah? Er stand neben Katharinen und hielt ihre Hand, der Gewaltige aber gab sie ehelich zusammen mit allen Worten und Gebärden dieser heiligen Handlung, die aber vermischt waren mit andern von eitel Aberwitz, ein haarsträubender Wirbel von Späßen und Heiligkeit, wozu der Segnende seine Arme wie ein Zauberer schwang. Sein Antlitz aber strahlte von Heiterkeit eines himmlischen Kindes; und doch, als an Nikodemus plötzlich die ewige Frage der Bindung erscholl, stockte sein Herz, und er schwieg.

Da flüsterte neben ihm die reine Stimme des Kindes einhelfend: Sag ja! Und eben noch am Erlöschen, war er geronnen und hart wie ein Glockenguß und sagte ers. Es tönte. Aus den Lippen des Priesters schwang sich ein Nachtigall-Chor, und schon hörte Nikodemus den heiligen Laut Katharinens glockenhell und rein in den seinen klingen. Der Priester jubelte Amen, und plötzlich war Nacht. Nikodemus schien es, als ob Alles, was eben im Lichte gewesen, der Priester, die Altar-Segel, Katharina, die Kerzen, in einem Wirbel-Winde an ihm vorüber fegte, und selber davon ergriffen, flog er herum. Fern entschwebte ein einzelnes Licht in die Nacht, und er glaubte die Schatten 434 Katharinens und ihrer Mutter treppauf fliehen zu sehen, einen Pulsschlag bevor die Nacht sie verschlang. Dann lief er in wildem Entsetzen, angstvoll, an einer gottlosen Gaukelei Teil genommen zu haben, ihnen nach, stürzte die Treppe empor und stand wieder im Saal, staunend, denn es war hier Alles wie eben, jedoch nichts Lebendiges mehr darin als eine einsame Kerze, hoch und schlank, über dem Wirrwarr des Tafel-Geschirrs. Das Licht brannte aber so geheimnisvoll und mit einer heiligen Warnung in seine Augen, daß sie sich mit Tränen füllten und er fassungslos rief: Nikodeme, Nikodeme, was habe ich getan? Es blieb still, und Alles, was kam, war eine glühende Müdigkeit, die sich verzehrend über ihn legte. Er setzte sich auf die Ofenbank, und dann wußte er Nichts mehr von sich.

3

Erwachend sah Nikodemus ein helles Sonnen-Licht, das durch offene Fenster in den Saal von gestern hereinströmte. Er lag auf der Bank am Ofen; in dessen Nähe stand jetzt ein Tisch mit morgendlichen Geschirren, und Katharinens Mutter war beschäftigt, aus einem Napf dampfenden Brei in einen Teller zu gießen. Nikodemus erhob sich sogleich, sagte den Morgen-Gruß, stand aber nun in größter Verwirrung da.

Die edle Frau, freundlich, wenn auch nicht eben heiter aus ihren sehr klaren Augen schauend, erwiderte seinen Gruß. Auf Nikodemens Brust lag ein Berg wirrer und schrecklicher Erinnerungen, aber er ermannte sich und tat, 435 ihn wegzuwälzen, die erste Frage: Edle Frau, sagt mir, bei wem ich bin. Sie versetzte in fester Rede:

Dies, wenn Ihr es wissen wollt, könnt Ihr im Hause und im Land überall erfragen. Wenn Ihr aber ein Edelmann seid, so möchte ich Euch bei Eurer Ehre bitten, es nicht zu tun, sondern von dieser Speise zu nehmen, die ich Euch biete, und rasch zu gehen. Und ich bitte Euch noch, fügte sie errötend und unwillig hinzu, den Traum, den Ihr in diesem Hause geträumt haben mögt, zu vergessen.

Da sagte Nikodemus: Liebe Frau! Ich habe schon einmal einen Traum, den ich träumte, nicht vergessen, und deswegen bin ich jetzt hier.

Was war das für ein Traum? versetzte sie wißbegierig, und Nikodemus erzählte ihr unverhohlen die ganze Wahrheit, anfangend mit seinem Schlaf bei Nikodemus vom schwarzen Lack und endend mit seinem Eintritt in diesen Raum unter Führung des Falken. – Ja, sagte sie, als er schwieg, wunderbar scheint es, aber was will es besagen?

Das möchte ich wissen, sprach Nikodemus, durch die eigene Erzählung befestigt und wieder glaubensvoll, ob eine Trauung immer und allezeit eine Trauung ist oder nicht.

Um Himmels willen, rief sie aus, es ist ja Alles nur Scherz gewesen! Ach Gott, daß ich mich zu Anfang habe verleiten lassen, so konnte ich später kein Ende finden! Nun burrt Euch im Kopfe ein Wespen-Nest!

Herrin, sagte Nikodemus, vielleicht sind es Bienen. 436

Güte Gottes! rief sie klagend, vierzehn Jahr ist das Kind! O mein Bruder, mein Bruder, wenn ich das je von ihm hätte denken können! Sie weinte. Sprach Nikodemus: Weinet nicht, liebe Herrin, wir wollen uns beraten, was zu tun ist. Denn er war Manns genug, um zu raten, daß eine Frau, wenn sie weint, es nur tut, weil sie hülflos ist, damit ihr geholfen werde. Saget mir um Christi willen, wo bin ich denn, und wie kommt es, daß Ihr meine Sprache redet und daß – schloß er versagenden Mutes, Alles so wunderbar stimmt?

Sie faßte sich nun, setzte sich, hieß ihn sitzen und sprach: Ich bin wie Ihr aus den deutschen Landen hierhergekommen, die meine liebe Heimat sind. Dieses Haus gehört einem deutschen Grafen, der mein Ehemann ist. Er war ein jüngerer Sohn und tatenlustig und fahrtendurstig, als er jung war; darum zog er aus und kam in das Land Norweg und diente dem König Hakon so gut, daß er ihn liebte und an hohe Stellen setzte. Und mit ihm kam er in dieses Land, damals als der König es mit Norweg verleibte, und es gefiel ihm, so daß er als Statthalter blieb, dieses Schloß erwarb und auch mich aus dem Vaterland hierher holte. Später kam auch mein Bruder, der Bischof, den Ihr gesehen habt, der Jüngste unseres Hauses; damals war er Mönch und kam mit andern Brüdern und gründete ein Kloster hier nahebei. Nun ist er Bischof, aber – ach, und so gottlos geworden! Er war immer ein lustiger Mann und voll Späße, doch hat er sonst nie übertrieben. Der Graf war auf einer Reise; wir 437 erwarteten ihn gestern zurück, aber das Wetter wird ihn verhalten haben. Darum hast du das Tor offen gefunden. Statt seiner kam mir dieser Schein-Heilige herein und machte uns lachen, und wir wurden froh, wieder einmal die Sprache unserer Mutter miteinander zu reden, denn das Gesinde versteht sie ja nicht. Da kamt Ihr herein und sprachet die Sprache, als wäret Ihr nur über das Meer getreten.

Sie verstummte und wußte wohl nicht, wie wohlgefällig sie ihn anblickte, und Nikodemus lächelte wieder. So saßen sie Beide eine Weile und lächelten sich an, ohne Etwas zu denken. Indem erscholl unter den Fenstern ein schöner Chorgesang männlicher Stimmen, welche die Worte: Salutem dicimus, volumus intrare! im Kanon wiederholten und verhallen ließen. Was ist das? sagte die Edelfrau und lief zum Fenster; Nikodemus folgte und erblickte eine Schar Mönche unten im Hof, in der Mitte den Bischof auf einem stämmigen Maultier, allesamt heiter und vertraulich emporschauend. Die Frau sagte: Wie ist das möglich?

Die Mönche halfen ihrem Hirten vom Tier, als gerade Katharina unten aus einer Türe an seine Brust flog; er küßte sie väterlich. Ihre Mutter zog sich vom Fenster zurück und setzte sich gefaßt. Nikodemus schlug mehr als ein Herz.

Endlich sprang denn die Türe, und der Bischof trat königlich ein, freudeprangenden Angesichts, links auf einen Bruder, rechts auf Katharinens zarten kleinen Körper 438 gestützt. Dennoch schien es Nikodemus sogleich, daß er weit nicht so glänzte wie gestern, wo er wie auf Goldgrund gewesen, ein heiliges Bildnis. Und seine Schwester fragte ihn, so daß er zurückprallte, wie eine Richterin an: Wo kommst du her?

Schwester, erwiderte er staunend, wo soll ich denn hergekommen sein, als von wo ich ausgeritten bin in der Frühe, um dich heimzusuchen, von meinem Kloster?

Und er ging hin, faßte zwei Stühle und ließ sich nieder. Katharina blickte Nikodemus still an, vertraut und wie eine Schwester.

Kannst du mir aber erklären, Bruder, klagte seine Schwester, wie du gestern Nacht schon hier warst und schreckliche Dinge begingst, die ich nicht aussprechen mag?

Wenn ich denn hier war, erwiderte er unverzagt, und nicht fortgegangen bin, so werde ich noch in der Kammer schlafen. Gehe Einer und sehe nach. Er sagte den Befehl mit so würdiger Strenge zu den eingetretenen Mönchen, daß zwei sich gehorsam entfernten. Schweigen herrschte, bis sie zurückkehrten und verkündeten, es sei Niemand darin. – Nun sagte der Bischof:

Bei dem Leben und Sterben unseres Heilandes, ich schwöre dir, Schwester, daß ich mich von diesen Stühlen nicht erhebe, als bis du mir Alles offenbar gemacht hast, was ich hier beging.

Das will ich, sagte sie klar. Katharina, stelle dich an meinen Stuhl, und Ihr, wandte sie sich zu Nikodemus, fanget an. 439

Nikodemus fing an und berichtete noch einmal Alles von seiner Herkunft und Fahrt, was er soeben der Schloßfrau berichtet hatte. Danach trug sie selber mit Reinheit und Würde die Geschehnisse des Abends vor bis zu den unglaublichen Augenblicken in der Kirche, wo sie vom Entsetzen wie gelähmt gewesen sei, und bis zu dem jähen Erlöschen der Lichter, wo sie Katharinen erhascht und mit ihr, auf sonst Nichts achtend, geflohen sei und nicht von ihr gewichen, bis sie im Bette gelegen habe; worauf sie voll Zorn auf den Bruder, nach ihm nicht fragend, das ihre gesucht habe, weil man ihr sagte, der fremde Gast schlafe auf der Ofenbank.

Es war Nikodemus während seiner und der Edelfrau Rede merkwürdig zu sehn, daß in dem ihm so lebendig bekannten Antlitz des Abtes sich Nichts bewegte und daß es, obwohl er die Augen weit offen stehn hatte, so leer von Leben war wie eine Melone. Es erschien aber, während sie sprachen, in einem der Fenster ganz lautlos der weiße Falke und saß da, mit seinem Gefieder beschäftigt, als gehörte er dazu, aber ohne Verantwortung. Die Edelfrau schwieg, und ihr Bruder sagte:

Dann, wenn es nicht der Teufel gewesen, so ist es der heilige Nikodemus gewesen.

Bruder! schrie sie, willst du das einem Heiligen zumuten?

Allein Nikodemus sprach: Wenn es erlaubt ist, so möchte ich sagen, daß der hochwürdigste Herr, der Herr Bischof, so heilig und köstlich er mir erscheint, gestern sehr viel heiliger und erleuchteter gewesen ist. 440

Er hat schon wieder recht, sagte sie seufzend; aber was soll es heißen? Wirst du mir schwören, Bruder, daß es nur Possen waren? pfui, und so gottlose!

Mutter, sagte Katharina, das Kind, mir war es ernst.

Oh und mir auch! rief Nikodemus mit Feuer, obwohl übertönt vom Schrei der Mutter: Du Entsetzliche! ich habe dich nicht geboren!

Der Bischof derweil war gleichmütig verblieben und sagte nun mit Salbung:

Wenn sie getraut worden sind, dann sind sie getraut. Nun aber habe auch ich Etwas zu sagen. Mir nämlich ist dies widerfahren, daß ich einen Traum in dieser Nacht träumte, der war deiner Erzählung, meine Schwester, so gleich, wie ich selber im Traum und im Wachen mir gleich bin. Er begann aber auf solche Weise, daß ich eine Stimme rufen hörte, aber wie aus weiter Ferne, durch viele Wände des Schlafs: Ambrosius, wache auf! Ich war aber unlustig, dachte: der Schreihals, was will er? und stellte mich schlafend. Da rief er zum andern Mal lauter: Wache auf! – Doch ich erwachte nicht. Wahrlich, meine Kinder, denn ich schlief. Aber zum dritten Mal rief es mit Donner-Stimme: Auf! Borge mir deinen Leib! – Und indem ergriff es mich, oder es fuhr in mich, oder ich entfuhr, – bei meinem Scheitel, ich fuhr mitten in dieses Haus und begrüßte dich, Schwester, und ich habe alle tausend Tollheiten getrieben, aber doch lag ich in meiner Zelle und schlief, bis mich Bruder Eustachius weckte wie immer und ich mich erhob und gleich beschloß, hierher zu fahren, denn es war mir sehr merkwürdig. 441

In dem Schweigen, das plötzlich herrschte, tat sich der Mund Katharinens auf und fragte kindlich und hell:

Heißt es nicht, lieber Vater, liebe Mutter, daß die Ehen im Himmel geschlossen werden?

Das Antlitz ihres Oheims leuchtete auf, und er sprach: Wahr sprichst du, mein Kind, und du bescherst uns den Angelhaken, mit dem wir diesen Leviathan der Verwirrung aus der Tiefe emporziehen werden. Lasset mich nachdenken.

Er bedeckte seine Augen nicht nur mit den Lidern, sondern auch mit der Hand und blieb lange Zeit abwesend. Dann ließ er die Hand fallen, seine Augen glimmten schon verheißend, und er begann:

Bin ich hier gewesen, so bin ich hier gewesen. Habe ich getraut, so habe ich getraut. Ich kann ernsthaft trauen oder mit Possen, so ist es immer getraut, eine Verordnung besteht nicht darüber, aber ich traue, denn ich bin gesalbt. Habe ich getraut, so war es im Himmel beschlossen. Wenn es aber beschlossen wurde, daß Nikodemus aus Deutschland Katharina aus Island zur Ehe bekommen sollte: allmächtige Vorsehung, welche Schwierigkeit!

Er funkelte, während er weiter sprach, er glänzte bald über und über, indem er, die Hand hebend, die Finger spreizte, um abzuzählen:

Nur ein Heiliger konnte es lösen! Gesetzt nämlich, daß Nikodemus, in das Heirats-Alter getreten, sich umsah nach einer Gefährtin, wie hätte er Katharina in Island gesehn? Und wenn er aufgebrochen wäre, um sie in der 442 Ferne zu suchen, wie wäre er von selber je nach Island gefahren? Wäre er aber nach Island gekommen und sogar in dies Schloß, so wäre sie ja vierzehn Jahre alt gewesen, und er hätte des Kindes ja nicht geachtet. Hätte er aber ihrer geachtet, so hätte sie sein nicht geachtet. Hätten sie aber einander geachtet, so hätte ihr Vater doch ihn nicht geachtet, denn wer ist er? Ich weiß es nicht einmal.

Nikodemus sprach, weil Jener schwieg: Ich bin arm, aber mein Blut ist edel und rein. Ich will aber sagen, daß ich der Jungfrau nicht zu achten gewagt hätte, wenn mir der Heilige sie nicht im Traum gezeigt hätte.

Und ich, sagte Katharina, ich hätte seiner wohl nicht zu achten gewagt, wenn nicht der Vogel gekommen wäre mit dem Schildchen.

Denn so, versetzte der Bischof schimmernd, ward er dir angenehm und bedeutungsvoll.

Ach, klagte die Mutter, wäre aber der Vater nur hier gewesen, so hätte es keine Tänze gegeben.

Deshalb, sagte der Abt, war er abwesend, aber ich wurde anwesend. Denn wenn ich sie nicht über Hals über Kopf miteinander versprochen hätte in meinem heiligen Eifer, er bekreuzte sich, so wäre es niemals geschehn.

Und wenn, rief die Mutter ergrimmt, sie kein Kind gewesen wäre, so wäre sie nicht verführt worden von deinen Späßen!

Ja, wenn, trompetete er, ich nicht ich gewesen und solche Späße getrieben hätte, so hättest du Einhalt getan und 443 die Beschlüsse des Himmels ins Wanken gebracht. Da sei aber Gott vor!

Nach diesen Worten schien nunmehr Alles gesagt zu sein. Die Mutter sprach tränenden Auges lächelnd: Katharina, komme zu mir. Nikodemus, du auch. Da sie Beide vor ihr knieten, sprach sie leise aber heiter: Du gefällst mir gut, Nikodemus; vielleicht daß du dem Himmel auch so gefallen hast. Ich will es beim Vater vertreten, wenn du mir gelobst, drei Jahre keine Rechte zu beanspruchen, was der Himmel gewiß nicht im Sinne hatte, denn sie ist ja ein Kind.

Darauf küßte sie Beide. Bischof Ambrosius sprach: Amen, ich will es auch vertreten, wie ich den Heiligen habe vertreten müssen; er aber soll dienen wie Jakob.

Es giebt, schließt der Chronist, Leute, die heutigen Tages nicht minder merkwürdig von Welt-Enden zusammengeleitet wurden.

 


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