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Zo Köln em ahle Kümpchenshoff
Wonnt ens ne Boerschmann,
Dä hat en Mäd, die nännt sich Griet,
Ne Knäch, dä nannt sich Jan.
Also hebt es an, das niederrheinische Volkslied von Jan von Werth, der ein berühmter Reitergeneral im Dreißigjährigen Krieg gewesen ist, als Schwed und Franzos sich in die Zeche deutscher Uneinigkeit teilten. Daß aber der große Jan von Werth in jungen Jahren eines Kölner Bauern Knecht gewesen war und lediglich seinem Unglück in der Liebe sein Glück im Lebensspiel verdankte, das weiß man nur in und bei der alten Stadt am Rhein.
Jan war ein fleißiger Gutsknecht, eine treue Seele und auch kein übler Bursch. Manchem hübschen Mädchen wäre der Jan als Freier gar nicht unwillkommen gewesen; aber des Braven verliebtes Herz lag seit langem in dem Bann der Griet, einer Magd des Kümpchenshofes. Nicht allzu lange glühte Jans Liebe im Verborgenen. Eines Tages trat er vor die Angebetete und gestand ihr unter vielem Stottern, daß er sie herzlich gern habe und für sie freudig zweimal so viel schaffen würde wie für den Bauern. Nachdem der wackere Freier noch viel geredet, was er lange mit sich herumgetragen, fragte er die schmucke Griet, ob sie nicht seine Frau werden wolle.
Da stemmte die dralle Griet die runden Arme in die Seite, warf den hübschen Kopf zurück, und ihre Augen maßen prüfend den biederen Freiersmann. Dann schüttelte die Griet bedauernd den blonden Kopf, und ein Lächeln, schier spöttisch, zuckte um ihren frischen, vollen Mund.
»Du bist ein Knecht, Jan, und wirst es, glaub' ich, bleiben Dein Lebtag. Du kannst nichts dafür; ich aber möchte als Mann einen reichen Halfen haben mit Kühen, Ochsen und Pferden.«
Da stieg dem ehrlichen Jan eine Blutwelle ins Gesicht; aber er beherrschte sich, denn er hatte sie herzlich gern, die da so herzlos redete.
»Wie du willst!« sagte er gelassen und wandte der hochfahrenden Maid den Rücken. Hat von der Stunde an kein weiteres Wort mehr zu ihr gesprochen außer dem üblichen Gruß. Die übrigen Knechte und Mägde aber lispelten untereinander, die Griet habe dem Jan einen Korb gegeben, und manches spöttische Lächeln traf den verunglückten Freiwerber, mehr von den Männern als von den Weibern. Da hat es den Jan nimmer gehalten auf dem Kümpchenshof, und so ist er eines Tages fortgegangen, hat Handgeld genommen und ist Soldat geworden.
Ein langwieriger Krieg war's, den dazumal der Kaiser gegen die Reichsfeinde ausfocht, und an Soldaten war Mangel. Verwegene Krieger vermochten es da wohl zu etwas zu bringen, der Jan Werth war einer von denen. Der ehemalige Knecht vom Kümpchenshof brachte es bald durch seine Tapferkeit zum Korporal, und als er in einer Schwedenschlacht abermals durch seinen persönlichen Mut die Entscheidung herbeiführte, ward ihm ein ganzes Regiment anvertraut. Endlich stieg er gar zum geadelten Reitergeneral empor, und der Name des großen Jan von Werth ward mit einem Schlage berühmt, als er die gefürchteten Franzosen in mehreren kühnen Zügen aufs Haupt schlug.
Auch von einer zarten Seite versöhnte ihn das Glück; dem berühmten General Jan von Werth reichte ein liebreizendes adeliges Fräulein die Hand zum Ehebunde.
Jener aber, die den armen Bauersknecht Jan vor Jahren verschmäht hatte, war das Glück wenig hold gewesen. Die hübsche Griet wartete Monat um Monat und Jahr um Jahr auf den reichen Halfen mit Kühen und Ochsen und Pferden; aber der erträumte Freier kam nicht, weil schon dazumal bei dem rheinischen Bauernvolk die roten Dukaten mehr Wert hatten als rote Wangen, und blitzende Taler mehr Reiz besahen als blitzende Frauenaugen. Aber die blitzenden Augen und roten Wangen wurden allgemach alt, und es kamen Tage, wo die alternde Griet recht gern einem fleißigen Knecht wie weiland der Jan als Ehegespons gefolgt wäre. Leider kam keiner. Und so hat denn die Griet, nachdem die roten Wangen und blitzenden Augen längst vergangen waren, alle Hoffnung auf eine reiche Heirat wehmütig eingesargt. Hat dann am Severinstor einen Obststand aufgeschlagen und sich kümmerlich durchgeschleppt ihre alten Tage.
Da ist eines Tages im Severinsviertel eine mächtige Bewegung entstanden unter den Leuten. Neugiervoll strömten die Kölner herzu, um einen der Ihrigen zu sehen, der heute durch das Severinstor einziehen sollte mit seinem siegreichen Heerhaufen. Der hatte es vom einfachen Bauersknecht zum Reitergeneral gebracht. Da kam er bereits, hoch auf reichgezäumten Roß, angetan mit dem goldstrotzenden Generalskleid, auf dem kühnen Kopf den breitkrempigen Hut mit der wallenden Feder: der große Jan von Werth. Hinter ihm ein Troß stattlicher Reiter.
Das Soldatenkorps, die Funken, wirbelten die Trommeln, und die Kölner schrieen ihrem berühmten Landsmann Vivat zu. Das hutzelige Weiblein aber, das am Tor bei ihrem Obststand saß und soeben Kastanien briet, schaute mit einem merkwürdigen Ausdruck zu dem stolzen Reitergeneral auf. Da hält dieser dicht vor ihrem Kram das Pferd an, blickt ihr ins Gesicht und spricht dann lächelnd: »Griet, wer et hätt gedonn!«
Da zuckt es in dem runzeligen Gesicht auf, und schlagfertig erwidert die grauhaarige Griet: »Jan, wer et hätt gewoß!«
Und der große Jan von Werth ritt ein in das alte heilige Köllen. Die Stadtsoldaten wirbelten die Trommeln, und die Kölner schrien ihrem berühmten Landsmann Vivat zu.
Ein prächtiges Denkmal haben ihm die Kölner inzwischen in seiner Vaterstadt gesetzt, und den Mädchen am Niederrhein ist sie wohl bekannt, die Geschichte von Jan und Griet. Manche spröde Maid da unten im Bann der ehrwürdigen Stadt Köln soll durch sie bewogen worden sein, nicht gar so hartherzig zu verfahren mit ihrem Freiersmann, sintemal man nicht wissen kann, ob in ihm ein künftiger Reitergeneral steckt, wie in dem großen Jan von Werth. Vielleicht geht auch manchem andern rosigen Mägdelein, dessen Wiege nicht am Rhein steht, diese Geschichte zu Herzen, und es gelobt, in der Liebe nicht allzu wählerisch zu sein, damit es nicht eines schönen Tages mit der grauen Griet zu seufzen hat: »Wer et hätt gewoß!«