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Wissenschaft, Poesie und Kunst

 

 

Sagt nur nichts halb:
Ergänzen, welche Pein!
Sagt nur nichts grob:
Das Wahre spricht sich rein.

 

 

Verfahre ruhig, still;
Brauchst dich nicht anzupassen;
Nur, wer was gelten will,
Muß andre gelten lassen.

*

Bekenntnis heißt nach altem Brauch
Geständnis, wie man's meint;
Man rede frei und wenn man auch
Nur zwei und drei vereint.

*

Wie sind die Vielen doch beflissen!
Und es verwirrt sie nur der Fleiß.
Sie möchten's gerne anders wissen
Als einer, der das Rechte weiß.

*

Denn es ist kein Anerkennen,
Weder Vieler, noch des Einen,
Wenn es nicht am Tage fördert,
Wo man selbst was möchte scheinen.

*

Und wo sich die Völker trennen,
Gegenseitig im Verachten,
Keins von beiden wird bekennen,
Daß sie nach demselben trachten.

*

Ein jeder denkt in seinem Dunst,
Andrer Verdienst sei winzig klein.
Bewahre jeder die Vergunst,
Auf seine Weise toll zu sein.

*

Entweicht, wo düstre Dummheit gerne schweift,
Inbrünstig ausnimmt, was sie nicht begreift,
Wo Schreckens-Märchen schleichen, stutzend fliehn,
Und unermeßlich Maße lang sich ziehn.

*

Im Auslegen seid frisch und munter!
Legt ihr's nicht aus, so legt was unter.

*

Was wir Dichter ins Enge bringen.
Wird von ihnen ins Weite geklaubt.
Das Wahre flöten sie an den Dingen –
Bis niemand mehr dran glaubt.

*

So hoch die Nase reicht, da mag's wohl gehn;
Was aber drüber ist, können sie nicht sehn.

*

»Sagt! wie könnten wir das Wahre
– Denn es ist uns ungelegen –
Niederlegen auf die Bahre,
Daß es nie sich möchte regen?«

Diese Mühe wird nicht groß sein
Kultivierten deutschen Orten;
Wollt ihr es auf ewig los sein.
So erstickt es nur mit Worten.

*

Laß dich nur zu keiner Zeit
Zum Widerspruch verleiten!
Weise fallen in Unwissenheit,
Wenn sie mit Unwissenden streiten.

*

Daran erkenn' ich den gelehrten Herrn!
Was ihr nicht tastet, steht euch meilenfern;
Was ihr nicht faßt, das fehlt euch ganz und gar;
Was ihr nicht rechnet, glaubt ihr, sei nicht wahr;
Was ihr nicht wägt, hat für euch kein Gewicht;
Was ihr nicht münzt, das, meint ihr, gelte nicht.

*

»Sag, was enthält die Kirchengeschichte?
Sie wird nur in Gedanken zunichte;
Es gibt unendlich viel zu lesen,
Was ist denn aber das alles gewesen?«

Zwei Gegner sind es, die sich boxen,
Die Arianer und Orthodoxen.
Durch viele Säkla dasselbe geschicht,
Es dauert bis an das Jüngste Gericht.

*

X hat sich nie des Wahren beflissen.
Im Widerspruche fand er's.
Nun glaubt er alles besser zu wissen,
Und weiß es nur anders.

*

Umstülpen führt nicht ins Weite;
Wir kehren, frank und froh.
Den Strumpf auf die linke Seite
Und tragen ihn so.

*

O ihr Tags- und Splitterrichter,
Splittert nur nicht alles klein!
Denn fürwahr! der schlechtste Dichter
Wird noch euer Meister sein.

*

[An die Kotzebuben]

Natur gab dir so schöne Gaben,
Als tausend andere Menschen nicht haben;
Sie versagte dir aber den schönsten Gewinst:
Zu schätzen mit Freude fremdes Verdienst.

*

Das Schlechte kannst du immer loben;
Du hast dafür sogleich den Lohn:
In deinem Pfuhle schwimmst du oben
Und bist der Pfuscher Schutzpatron.

Das Gute schelten? – Magst's probieren!
Es geht, wenn du dich frech erkühnst;
Doch treten, wenn's die Menschen spüren,
Sie dich in Quark, wie du's verdienst.

*

Der Würdige, vom Rhein zum Belt
Reist er, die Natur zu ergründen!
Er reise durch die ganze Welt:
Seine Meinung wird er finden.

*

Das Größte will man nicht erreichen,
Man beneidet nur seinesgleichen;
Der schlimmste Neidhart ist in der Welt,
Der jeden für seinesgleichen hält.

*

Der Pfau schreit häßlich, aber sein Geschrei
Erinnert mich ans himmlische Gefieder,
So ist mir auch sein Schreien nicht zuwider;
Mit indischen Gänsen ist's nicht gleicherlei,
Sie zu erdulden ist unmöglich;
Die Häßlichen, sie schreien unerträglich.

*

Wie gerne säh' ich jeden stolzieren,
Könnt' er das Pfauenrad vollführen.

*

Ein Kranz ist gar viel leichter binden,
Als ihm ein würdig Haupt zu finden.

*

Was einer kühn geleistet,
Gar mancher sich erdreistet.

*

Wie etwas sei leicht,
Weiß, der es erfunden und der es erreicht.

*

's g'schieht wohl, daß man an einem Tag
Weder Gott noch Menschen leiden mag!
Will nichts dir nach dem Herzen ein!
Sollt's in der Kunst wohl anders sein?
Drum hetz' dich nicht zur schlimmen Zeit,
Denn Füll' und Kraft ist nimmer weit;
Hast in der bösen Stund' geruht,
Ist dir die gute doppelt gut.

*

Willst du dir aber das Beste tun,
So bleib nicht auf dir selber ruhn,
Sondern folg' eines Meisters Sinn;
Mit ihm zu irren ist dir Gewinn.

*

»Ich hielt mich stets von Meistern entfernt;
Nachtreten wäre mir Schmach!
Hab' alles von mir selbst gelernt.« –
Es ist auch darnach!

*

Den Originalen

Ein Quidam sagt: «Ich bin von keiner Schule;
Kein Meister lebt, mit dem ich buhle;
Auch bin ich weit davon entfernt,
Daß ich von Toten was gelernt.«
Das heißt, wenn ich ihn recht verstand:
»Ich bin ein Narr auf eigne Hand.«

*

Ich begegnet' einem jungen Mann,
Ich fragt' ihn um sein Gewerbe;
Er sagt: ich sorge, wie ich kann,
Daß ich mir, eh' ich sterbe,
Ein Bauerngütchen erwerbe.
Ich sagte: das ist sehr wohl gedacht;
Und wünschte, er hätt' es so weit gebracht,
Da hört' ich: er habe vom lieben Papa
Und ebenso von der Frau Mama
Die allerschönsten Rittergüter.

Das nenn' ich doch originale Gemüter.

*

Vom Vater hab ich die Statur,
Des Lebens ernstes Führen,
Vom Mütterchen die Frohnatur
Und Lust zu fabulieren.
Urahnherr war der Schönsten hold,
Das spukt so hin und wieder,
Urahnfrau liebte Schmuck und Gold,
Das zuckt wohl durch die Glieder.
Sind nun die Elemente nicht
Aus dem Komplex zu trennen,
Was ist denn an dem ganzen Wicht
Original zu nennen?

*

Sprache

Was reich und arm! Was stark und schwach!
Ist reich vergrab'ner Urne Bauch?
Ist stark das Schwert im Arsenal?
Greif milde drein, und freundlich Glück
Fließt, Gottheit, von dir aus!
Fass an zum Siege, Macht, das Schwert,
Und über Nachbarn Ruhm!

*

Ein reiner Reim wird wohl begehrt,
Doch den Gedanken rein zu haben,
Die edelste von allen Gaben,
Das ist mir alle Reime wert.

*

Allerlieblichste Trochäen
Aus der Zeile zu vertreiben
Und schwerfälligste Spondeen
An die Stelle zu verleiben,
Bis zuletzt ein Vers entsteht,
Wird mich immerfort verdrießen.
Laß die Reime lieblich fließen,
Laß mich des Gesangs genießen
Und des Blicks, der mich versteht!

*

Etymologie

(Spricht Mephistopheles)

Ars Ares wird der Kriegesgott genannt,
Ars heißt die Kunst und A... ist auch bekannt.
Welch ein Geheimnis liegt in diesen Wundertönen.
Die Sprache bleibt ein reiner Himmelshauch,
Empfunden nur von stillen Erdensöhnen.
Fest liegt der Grund, bequem ist der Gebrauch,
Und wo man wohnt, da muß man sich gewöhnen.
Wer fühlend spricht, beschwätzt nur sich allein.
Wie anders, wenn der Glocke Bimbam bammelt,
Drängt alles zur Versammlung sich hinein!
Von Können kommt die Kunst, die Schönheit kommt vom Schein:
So wird erst nach und nach die Sprache fest gerammelt,
Und was ein Volk zusammen sich gestammelt,
Muß ewiges Gesetz für Herz und Seele sein.

*

Die Sprachreiniger

Gott Dank! daß uns so wohl geschah!
Der Tyrann sitzt auf Helena!
Doch ließ sich nur der eine bannen,
Wir haben jetzt hundert Tyrannen,
Die schmieden, uns gar unbequem,
Ein neues Continental-System.

Deutschland soll rein sich isolieren,
Einen Pest-Kordon um die Grenze führen,
Daß nicht einschleiche fort und fort
Kopf, Körper und Schwanz vom fremden Wort,
Wir sollen auf unsern Lorbeeren ruhn,
Nichts weiter denken als was wir tun.

*

Das mußt du als ein Knabe leiden,
Daß dich die Schule tüchtig weckt.
Die alten Sprachen sind die Scheiden,
Darin das Messer des Geistes steckt.

*

Wem ich ein besser Schicksal gönnte?
Es sind die erkünstelten Talente:
An diesem, an jenem, am Besten gebricht's,
Sie mühen und zwängen und kommen zu nichts.

*

Wisse, daß mir sehr mißfällt,
Wenn so viele singen und reden!
Wer treibt die Dichtkunst aus der Welt?
Die Poeten!

*

Ein kluges Volk wohnt nah dabei,
Das immerfort sein Bestes wollte;
Es gab dem niedrigen Kirchturm Brei,
Damit er größer werden sollte.

*

Das geht so fröhlich
Ins Allgemeine!
Ist leicht und selig,
Als wär's auch reine.
Sie wissen gar nichts
Von stillen Riffen;
Und wie sie schiffen,
Die lieben Heitern,
Sie werden wie gar nichts
Zusammen scheitern.

*

Jung' und Alte, groß und klein,
Gräßliches Gelichter!
Niemand will ein Schuster sein,
Jedermann ein Dichter.

Alle kommen sie gerennt,
Möchten's gerne treiben;
Doch wer keinen Leisten kennt.
Wird ein Pfuscher bleiben.

Willst du das verfluchte Zeug
Auf dem Markte kaufen,
Wirst du, eh' es möglich deucht,
Wirst du barfuß laufen.

*

Die Frösche

Ein großer Teich war zugefroren;
Die Fröschlein in der Tiefe verloren,
Durften nicht ferner quaken und springen.
Versprachen sich aber, im halben Traum,
Fänden sie nur da oben Raum,
Wie Nachtigallen wollten sie singen.
Der Tauwind kam, das Eis zerschmolz,
Nun ruderten sie und landeten stolz.
Und saßen am Ufer weit und breit
Und quakten wie vor alter Zeit.

*

Den Besten

Die Abgeschiedenen betracht' ich gern,
Stünd' ihr Verdienst auch noch so fern;
Doch mit den edlen lebendigen Neuen
Mag ich, wetteifernd, mich lieber freuen.

*

Mag's die Welt zur Seite weisen,
Wenig Schüler werden's preisen,
Die an deinem Sinn entbrannt,
Wenn die Vielen dich verkannt.

*

Wer das Dichten will verstehen,
Muß ins Land der Dichtung gehen;
Wer den Dichter will verstehen,
Muß in Dichters Lande gehen.

*

Gedichte

Gedichte sind gemalte Fensterscheiben!
Sieht man vom Markt in die Kirche hinein,
Da ist alles dunkel und düster;
Und so sieht's auch der Herr Philister:
Der mag denn wohl verdrießlich sein
Und lebenslang verdrießlich bleiben.

Kommt aber nur einmal herein!
Begrüßt die heilige Kapelle;
Da ist's auf einmal farbig helle,
Geschicht' und Zierat glänzt' in Schnelle,
Bedeutend wirkt ein edler Schein;
Dies wird euch Kindern Gottes taugen,
Erbaut euch und ergötzt die Augen!

*

Homer wider Homer

Scharfsinnig habt ihr, wie ihr seid,
Von aller Verehrung uns befreit,
Und wir bekannten überfrei,
Daß Ilias nur ein Flickwerk sei.

Mög' unser Abfall niemand kränken;
Denn Jugend weiß uns zu entzünden,
Daß wir ihn lieber als Ganzes denken,
Als Ganzes freudig ihn empfinden!

*

Herrlich ist der Orient
Übers Mittelmeer gedrungen,
Nur wer Hafis liebt und kennt,
Weiß, was Calderon gesungen.

*

Ursprüngliches

A. Was widert dir der Trank so schal?
B. Ich trinke gern aus dem frischen Quall.
A. Daraus kam aber das Bächlein her!
B. Der Unterschied ist bedeutend sehr;
's wird immer mehr fremden Schmack gewinnen;
Es mag nur immer weiter rinnen.

*

Was in der Zeiten Bildersaal
Jemals ist trefflich gewesen,
Das wird immer einer einmal
Wieder auffrischen und lesen.
Nicht jeder wandelt nur gemeine Stege;
Du siehst, die Spinnen bauen luft'ge Wege.

*

Überall trinkt man guten Wein,
Jedes Gefäß genügt dem Zecher;
Doch soll es mit Wonne getrunken sein,
So wünsch' ich mir künstlichen griechischen Becher.

*

Soll denn doch getrunken sein,
Trinke nur vom besten Wein!
Doppelt wärest du ein Ketzer,
In Verdammnis um den Krätzer.

*

Begeisterung

Fassest du die Muse nur beim Zipfel,
Hast du wenig nur getan;
Geist und Kunst, auf ihrem höchsten Gipfel,
Muten alle Menschen an.

*

So ist's mit aller Bildung auch beschaffen.
Vergebens werden ungebund'ne Geister
Nach der Vollendung reiner Höhe streben.

*

Wer Großes will, muß sich zusammenraffen.
In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister,
Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben.

*

Märchen, noch so wunderbar,
Dichterkünste machen's wahr.

*

Durch Vernünfteln wird Poesie vertrieben,
Aber sie mag das Vernünftige lieben.

*

Der Philosoph, dem ich zumeist vertraue,
Lehrt, wo nicht gegen alle, doch die meisten,
Daß unbewußt wir stets das Beste leisten;
Das glaubt man gern und lebt nun frisch ins Blaue.

*

»Wie hast du's denn so weit gebracht?
Sie sagen, du habest es gut vollbracht!«
Mein Kind! ich hab' es klug gemacht;
Ich habe nie über das Denken gedacht.

*

All unser redlichstes Bemühn
Glückt nur im unbewußten Momente.
Wie möchte denn die Rose blühn.
Wenn sie der Sonne Herrlichkeit erkennte?

*

»Die Flut der Leidenschaft, sie stürmt vergebens
Ans unbezwungne feste Land.«
Sie wirft poetische Perlen an den Strand,
Und das ist schon Gewinn des Lebens.

*

Jüngling, merke dir in Zeiten,
Wo sich Geist und Sinn erhöht,
Daß die Muse zu begleiten,
Doch zu leiten nicht versteht.

*

»Was schmückst du die eine Hand denn nun
Weit mehr, als ihr gebührte?«
Was sollte denn die linke tun,
Wenn sie die rechte nicht zierte?

*

Zart Gedicht, wie Regenbogen,
Wird nur auf dunklem Grund gezogen;
Darum behagt dem Dichtergenie
Das Element der Melancholie.

*

Zu unsres Lebens oft getrübten Tagen
Gab uns ein Gott Ersatz für alle Plagen,
Daß unser Blick sich himmelwärts gewöhne:
Den Sonnenschein, die Tugend und das Schöne.

*

Die Schönheit hatte schöne Töchter,
Der Geist erzeugte dumme Söhne.
So war für einige Geschlechter
Der Geist nicht ewig, doch das Schöne.

Der Geist ist immer Autochthone.
So kam er wieder, wirkte, strebte
Und fand, zu seinem höchsten Lohne,
Die Schönheit, die ihn frisch belebte.

*

»Die Jahre nahmen dir, du sagst, so vieles:
Die eigentliche Lust des Sinnespieles,
Erinnerung des allerliebsten Tandes
Von gestern; weit und breiten Landes
Durchschweifen frommt nicht mehr; selbst nicht von oben
Der Ehren anerkannte Zier, das Loben,
Erfreulich sonst; aus eignem Tun Behagen
Quillt nicht mehr auf, dir fehlt ein dreistes Wagen!
Nun wüßt' ich nicht, was dir Besondres bliebe.«
Mir bleibt genug! Es bleibt Idee und Liebe!

*

Wenn mit jugendlichen Scharen
Wir beblümte Wege gehn,
Ist die Welt doch gar zu schön.
Aber wenn bei hohen Jahren
Sich ein Edler uns gesellt,
Oh, wie herrlich ist die Welt!

*

Modernes

»Wie aber kann sich Hans van Eyck
Mit Phidias nur messen?«
Ihr müßt, so lehr' ich, allsogleich
Einen um den andern vergessen.
Denn wär't ihr stets bei Einer geblieben,
Wie könntet ihr noch immer lieben?
Das ist die Kunst, das ist die Welt,
Daß eins ums andere gefällt.

*

Was frommt die glühende Natur
An deinem Busen dir?
Was hilft dich das Gebildete
Der Kunst rings um dich her?
Wenn liebevolle Schöpfungskraft
Nicht deine Seele füllt
Und in den Fingerspitzen dir
Nicht wieder bildend wird?

*

Glaube mir gar und ganz,
– Mädchen, laß deine Bein' in Ruh! –
Es gehört mehr zum Tanz
Als rote Schuh'!

*

Abwege

Künstler, wird's im Innern steif,
Das ist nicht erfreulich;
Auch der vagen Züge Schweif
Ist uns ganz abscheulich;
Kommst du aber auf die Spur,
Daß du's nicht getroffen:
Zu der wahren Kunstnatur
Ist der Pfad schon offen.

*

Typus

Es ist nichts in der Haut,
Was nicht im Knochen ist.
Vor schlechtem Gebilde jedem graut,
Das ein Augenschmerz ihm ist.

Was freut denn jeden? Blühen zu sehn,
Das von innen schon gut gestaltet;
Außen mag's in Glätte, mag in Farben gehn;
Es ist ihm schon voran gewaltet.

*

Grundbedingung

Sprichst du von Natur und Kunst,
Habe beide stets vor Augen:
Denn was will die Rede taugen
Ohne Gegenwart und Gunst!

*

Bilde Künstler, rede nicht!
Nur ein Hauch sei dein Gedicht.

*

Gott hat den Menschen gemacht
Nach seinem Bilde;
Dann kam er selbst herab,
Mensch, lieb und milde.

Barbaren hatten versucht,
Sich Götter zu machen;
Allein sie sahen verflucht,
Garstiger als Drachen.

Wer wollte Schand' und Spott
Nun weiter steuern,
Verwandelte sich Gott
Zu Ungeheuern?

*

Und so will ich, ein für allemal,
Keine Bestien in dem Götter-Saal!
Die leidigen Elefanten-Rüssel,
Das umgeschlungene Schlangen-Genüssel,
Tief Ur-Schildkröt' im Welten-Sumpf,
Viel' Königs-Köpf' auf einem Rumpf,
Die müssen uns zur Verzweiflung bringen,
Wird sie nicht reiner Ost verschlingen.

*

Nicht jeder kann alles ertragen:
Der weicht diesem, der jenem aus;
Warum soll ich nicht sagen:
Die indischen Götzen, die sind mir ein Graus?

Nichts schrecklicher kann den Menschen geschehn.
Als das Absurde verkörpert zu sehn.

*

Dummes Zeug kann man viel reden,
Kann es auch schreiben,
Wird weder Leib noch Seele töten,
Es wird alles beim alten bleiben.
Dummes aber vors Auge gestellt
Hat ein magisches Recht;
Weil es die Sinne gefesselt hält,
Bleibt der Geist ein Knecht.

*


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