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Im neuen Jahre Glück und Heil,
Auf Weh und Wunden gute Salbe!
Auf groben Klotz ein grober Keil,
Auf einen Schelmen anderthalbe!
Wir reiten in die Kreuz und Quer
Nach Freuden und Geschäften;
Doch immer kläfft es hinterher
Und bellt aus allen Kräften.
So will der Spitz aus unserm Stall
Uns immerfort begleiten,
Und seines Bellens lauter Schall
Beweist nur, daß wir reiten.
*
Als Knabe nahm ich mir's zur Lehre,
Welt sei ein allerliebster Spaß,
Als wenn es Vater und Mutter wäre;
Dann – etwas anders fand ich das.
*
Soll man dich nicht aufs schmählichste berauben.
Verbirg dein Geld, dein Weggehn, deinen Glauben.
*
Den Zudringlichen
Was nicht zusammengeht, das soll sich meiden;
Ich hindr' euch nicht, wo's euch beliebt, zu werden:
Denn ihr seid neu und ich bin alt geboren,
Macht was ihr wollt: nur laßt mich ungeschoren!
*
Den Guten
Laßt euch einen Gott begeisten,
Euch beschränket nur mein Sagen,
Was ihr könnt, ihr werdet's leisten,
Aber müßt mich nur nicht fragen.
*
Wenn man auch nach Mekka triebe
Christus Esel, würd' er nicht
Dadurch besser abgericht',
Sondern stets ein Esel bliebe.
*
»Was schnitt dein Freund für ein Gesicht?«
Guter Geselle, das versteh ich nicht.
Ihm ist wohl sein süß Gesicht verleidet,
Daß er heut saure Gesichter schneidet.
*
Du Kräftiger, sei nicht so still,
Wenn auch sich andere scheuen.
Wer den Teufel erschrecken will,
Der muß laut schreien.
*
Man soll sich nicht mit Spöttern befassen;
Wer will sich zum Narren halten lassen?
Darüber muß man sich aber zerreißen,
Daß man Narren nicht darf Narren heißen.
*
Wer der Menschen töricht Treiben
Täglich steht und täglich schilt,
Und wenn andre Narren bleiben,
Selbst für einen Narren gilt,
Der trägt schwerer, als zur Mühle
Irgendein beladen Tier.
Und, wie ich im Busen fühle,
Wahrlich, so ergeht es mir.
*
Und auf den Höhen der indischen Lüfte
Und in den Tiefen ägyptischer Grüfte
Hab' ich das heilige Wort nur gehört:
Töricht, auf Bess'rung der Toren zu harren!
Kinder der Klugheit, o habet die Narren
Eben zum Narren auch, wie sich's gehört.
*
Sich im Respekt zu erhalten,
Muß man recht borstig sein;
Alles jagt man mit Falken,
Nur nicht das wilde Schwein.
*
Sag' mir doch, von deinen Gegnern
Warum willst du gar nichts wissen?
Sag' mir doch! ob du dahintrittst,
Wo man in den Weg gesch...?
*
Übers Niederträchtige
Niemand sich beklage;
Denn es ist das Mächtige,
Was man dir auch sage.
In dem Schlechten waltet es
Sich zu Hochgewinne,
Und mit Rechten schaltet es
Ganz nach seinem Sinne.
Wandrer! – Gegen solche Not
Wolltest du dich sträuben?
Wirbelwind und trocknen Kot
Laß sie drehn und stäuben.
*
Trüge gern noch länger des Lehrers Bürden,
Wenn Schüler nur nicht gleich Lehrer würden.
*
Die holden jungen Geister
Sind alle von einem Schlag:
Sie nennen mich ihren Meister
Und gehn der Nase nach.
*
Wer uns am strengsten kritisiert?
Ein Dilettant, der sich resigniert.
*
»Warum nur die hübschen Leute
Mir nicht gefallen sollen?«
Manchen hält man für fett,
Er ist nur geschwollen.
*
Gesellschaft
Aus einer großen Gesellschaft heraus
Ging einst ein stiller Gelehrter zu Haus.
Man fragte: »Wie seid Ihr zufrieden gewesen?«
»Wären's Bücher,« sagt' er, »ich würd' sie nicht lesen.«
*
»Warum willst du das junge Blut
So schnöde von dir entfernen?«
Sie machen's alle hübsch und gut,
Aber sie wollen nichts lernen.
*
Mit seltsamen Gebärden
Gibt man sich viele Pein;
Kein Mensch will etwas werden,
Ein jeder will schon was sein.
*
»Da reiten sie hin! wer hemmt den Lauf!«
Wer reitet denn? »Stolz und Unwissenheit.«
Laß sie reiten! da ist gute Zeit,
Schimpf und Schade sitzen hinten auf.
*
Sonst: wie die Alten sungen,
So zwitscherten die Jungen;
Jetzt: wie die Jungen singen.
Soll's bei den Alten klingen.
Bei solchem Lied und Reigen
Das Beste – ruhn und schweigen.
*
Bedingung
Ihr laßt nicht nach, ihr bleibt dabei,
Begehret Rat, ich kann ihn geben;
Allein, damit ich ruhig sei,
Versprecht mir, ihm nicht nachzuleben.
*
Das junge Volk, es bildet sich ein,
Sein Tauftag sollte der Schöpfungstag sein.
Möchten sie doch zugleich bedenken,
Was wir ihnen als Eingebinde schenken.
*
Will einer in die Wüste pred'gen,
Der mag sich von sich selbst erled'gen;
Spricht aber einer zu seinen Brüdern,
Dem werden sie's oft schlecht erwidern.
*
Mit der Welt muß niemand leben,
Als wer sie brauchen will;
Ist er brauchbar und still,
Sollt' er sich lieber dem Teufel ergeben,
Als zu tun, was sie will.
*
Mit dieser Welt ist's keiner Wege richtig;
Vergebens bist du brav, vergebens tüchtig,
Sie will uns zahm, sie will sogar uns nichtig!
*
O Welt, vor deinem häßlichen Schlund
Wird guter Wille selbst zunichte.
Scheint das Licht auf einen schwarzen Grund,
So sieht man nichts mehr von dem Lichte.
*
Grenzlose Lebenspein,
Fast, fast erdrückt sie mich!
Das wollen alle Herren sein,
Und keiner ist Herr von sich.
*
Warum mir aber in neuester Welt
Anarchie gar so wohl gefällt?
Ein jeder lebt nach seinem Sinn,
Das ist nun also auch mein Gewinn.
Ich lass' einem jeden sein Bestreben,
Um auch nach meinem Sinne zu leben.
*
»Du gehst so freien Angesichts,
Mit muntern offnen Augen!«
Ihr tauget eben alle nichts,
Warum sollt' ich was taugen?
*
Den Dichter könnt ihr mir nicht nehmen,
Den Menschen geb' ich euch preis;
Auch der darf sich nicht schämen.
Greift doch an
euren Steiß.
*
»Was hat dich nur von uns entfernt?«
Hab' immer den Plutarch gelesen.
»Was hast du denn dabei gelernt?«
Sind eben alles Menschen gewesen.
*
Cato wollte wohl andre strafen;
Selbander mocht' er gerne schlafen.
*
Gern hören wir allerlei gute Lehr',
Doch Schmähen und Schimpfen noch viel mehr.
*
Wer mag denn gleich Vortreffliches hören?
Nur Mittelmäßige sollten lehren.
*
Wer dem Publikum dient, ist ein armes Tier;
Er quält sich ab, niemand bedankt sich dafür.
*
Ja! wer eure Verehrung nicht kennte:
Euch, nicht ihm, baut ihr Monumente.
*
Befindet sich einer heiter und gut,
Gleich will ihn der Nachbar peinigen;
Solang der Tüchtige lebt und tut,
Möchten sie ihn gerne steinigen.
Ist er hinterher aber tot,
Gleich sammeln sie große Spenden,
Zu Ehren seiner Lebensnot
Ein Denkmal zu vollenden;
Doch ihren Vorteil sollte dann
Die Menge wohl ermessen!
Gescheiter wär's, den guten Mann
Auf immerdar vergessen.
*
Wie es dir nicht im Leben ziemt,
Mußt du nach Ruhm auch nicht am Ende jagen.
Denn bist du nur erst hundert Jahr berühmt,
So weiß kein Mensch mehr was von dir zu sagen.
*
»Was du dem Publikum gesagt,
Hat ihnen drum nicht alles behagt.«
Sie sollten nicht vergessen,
Einem geschenkten Gaul
Sieht man nicht ins Maul;
Und wer einen Korb voll Äpfel verschenkt,
Nicht just dran denkt,
Ob
einen der Wurm hat angefressen.
*
In des Weinstocks herrliche Gaben
Gießt ihr mir schlechtes Gewässer!
Ich soll immer unrecht haben.
Und weiß es besser.
*
»Sag' uns doch, warum deine Galle
Immerfort ins Ferne weist?«
Gefühl habt ihr alle,
Aber keinen Geist.
*
»So sei doch höflich!« – Höflich mit dem Pack?
Mit Seide näht man keinen groben Sack.
*
Sechsundzwanzig Groschen gilt mein Taler!
Was heißt ihr mich denn einen Prahler?
Habt ihr doch andre nicht gescholten,
Deren Groschen einen Taler gegolten.
*
Ihr Bestien, ihr wolltet glauben,
Ich sollte höflich sein?
Der Hund, der seine Steine kennt,
Er sch... auch auf den Stein.
*
Dümmer ist nichts zu ertragen,
Als wenn Dumme sagen den Weisen,
Daß sie sich in großen Tagen
Sollten bescheidentlich erweisen.
*
In keiner Gilde kann man sein,
Man wisse denn zu schultern fein;
Das, was sie lieben, was sie hassen,
Das muß man eben geschehen lassen;
Das, was sie wissen, läßt man gelten,
Was sie nicht wissen, muß man schelten,
Althergebrachtes weiter führen,
Das Neue klüglich retardieren;
Dann werden sie dir zugestehn,
Auch nebenher deinen Weg zu gehn.
*
Sie täten gern große Männer verehren,
Wenn diese nur auch zugleich Lumpe wären.
*
Du wirkest nicht, alles bleibt so stumpf,
Sei guter Dinge!
Der Stein im Sumpf
Macht keine Ringe.
*
Zum starren Brei erweitert
Sah ich den See gar eben;
Ein Stein, hineingeschleudert,
Konnte keine Ringe geben.
*
Freigebiger wird betrogen,
Geizhafter ausgesogen,
Verständiger irregeleitet,
Vernünftiger leer geweitet,
Der Harte wird umgangen,
Der Gimpel wird gefangen –
Beherrsche diese Lüge,
Betrogener, betrüge!
*
Viele Köche versalzen den Brei;
Bewahr' uns Gott vor vielen Dienern!
Wir aber sind, gesteht es frei,
Ein Lazarett von Medizinern.
*
Dem Arzt verzeiht! Denn doch einmal
Lebt er mit seinen Kindern.
Die Krankheit ist ein Kapital,
Wer wollte das vermindern!
*
Annonce
»Ein Hündchen wird gesucht,
Das weder murrt noch beißt,
Zerbrochne Gläser frißt
Und Diamanten sch...«
*
Es wäre schön, was Guts zu kauen,
Müßte man es nur nicht auch verdauen;
Es wäre herrlich, genug zu trinken,
Tät einem nur nicht Kopf und Knie sinken;
Hinüber zu schießen, das wären Possen,
Würde nur nicht wieder herüber geschossen;
Und jedes Mädchen wär gern bequem,
Wenn nur eine andre ins Kindbett käm'!
*
O Freiheit süß der Presse!
Nun sind wir endlich froh;
Sie pocht von Messe zu Messe
In dulci jubilo:
Kommt, laßt uns alles drucken
Und walten für und für:
Nur sollte keiner mucken,
Der nicht so denkt wie wir.
*
Wolltet ihr in Leipzigs Gauen
Denkmal in die Wolken richten.
Wandert, Männer all und Frauen,
Frommen Umgang zu verrichten!
Jeder werfe dann die Narrheit,
Die ihn selbst und andre quälet,
Zu des runden Haufens Starrheit,
Nicht ist unser Zweck verfehlet.
Ziehen Junker auch und Fräulen
Zu der Wallfahrt stillem Frieden,
Wie erhabne Riesensäulen
Wachsen unsre Pyramiden.
*
Amerika, du hast es besser
Als unser Kontinent, der alte,
Hast keine verfallene Schlösser
Und keine Basalte,
Dich stört nicht im Innern
Zu lebendiger Zeit
Unnützes Erinnern
Und vergeblicher Streit.
*
Vergebliche Müh!
Willst du der getreue Eckart sein
Und jedermann vor Schaden warnen,
's ist auch eine Rolle, sie trägt nichts ein;
Sie laufen dennoch nach den Garnen.
*
»Sage, wie es dir nur gefällt,
Solch zerstückeltes Zeug zu treiben?«
Seht nur hin: für gebildete Welt
Darf man nichts anders beginnen und schreiben!