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Politica

 

 

Seltsam ist Prophetenlied,
Doppelt seltsam, was geschieht.

 

 

Was die Großen Gutes taten,
Sah ich oft in meinem Leben;
Was uns nun die Völker geben,
Deren auserwählte Weisen
Nun zusammen sich beraten,
Mögen unsre Engel preisen,
Die's erleben.

*

Und wenn man auch den Tyrannen ersticht,
Ist immer noch viel zu verlieren.
Sie gönnten Cäsaren das Reich nicht
Und wußten's nicht zu regieren.

*

Fürstenregel

Sollen die Menschen nicht denken und dichten,
Müßt ihr ihnen ein lustig Leben errichten;
Wollt ihr ihnen aber wahrhaft nützen,
So müßt ihr sie scheren und sie beschützen.

*

Verfluchtes Volk! kaum bist du frei,
So brichst du dich in dir selbst entzwei.

*

Zeit und Zeitung

A. Sag mir, warum dich keine Zeitung freut?
B. Ich liebe sie nicht, sie dienen der Zeit.

*

Das Zeitungs-Geschwister,
Wie mag sich's gestalten,
Als um die Philister
Zum Narren zu halten?

*

Was ist ein Philister?
Ein hohler Darm,
Mit Furcht und Hoffnung ausgefüllt,
Daß Gott erbarm!

*

Wer hätte auf deutsche Blätter acht,
Morgens, Mittag, Abend und Mitternacht,
Der wäre um all seine Zeit gebracht,
Hätte weder Stunde noch Tag noch Nacht
Und wär ums ganze Jahr gebracht;
Das hätt' ich ihm gar sehr verdacht!

*

Ich bin so sehr geplagt
Und weiß nicht, was sie wollen,
Daß man die Menge fragt,
Was einer hätte sollen.

*

Die gute Sache kommt mir vor
Als wie Saturn, der Sünder;
Kaum sind sie an das Licht gebracht,
So frißt er seine Kinder.

Daß du die gute Sache liebst,
Das ist nicht zu vermeiden,
Doch von der schlimmsten ist sie nicht
Bis jetzt zu unterscheiden.

*

Alt-Tümer sind ein böses Ding,
Ich schätze sie aber nicht gering;
Wenn nur Neu-Tümer, in allen Ehren,
Auch um so vieles besser wären.

*

Verschon' uns, Gott, mit deinem Grimme,
Zaunkönige gewinnen Stimme.

*

Was waren das für schöne Zeiten:
In Ecclesia mulier taceat!
Jetzt, da eine Jegliche Stimme hat,
Was will Ecclesia bedeuten?

Was die Weiber lieben und hassen,
Das wollen wir ihnen gelten lassen;
Wenn sie aber urteilen und meinen,
Da will's oft wunderlich erscheinen.

Ich ehre mir die Würde der Frauen;
Aber damit sie Würde hätten,
Sollten sie sich nicht alleine betten,
Sollten sich an Männerwürde erbauen.

*

Gleich zu sein unter Gleichen,
Das läßt sich schwer erreichen:
Du müßtest, ohne Verdrießen,
Wie der Schlechteste zu sein dich entschließen.

*

Der schlimmste Neidhart ist in der Welt,
Der jeden für seinesgleichen hält.

*

Ich habe gar nichts gegen die Menge;
Doch kommt sie einmal ins Gedränge,
So ruft sie, um den Teufel zu bannen,
Gewiß die Schelme, die Tyrannen.

*

Willst du noch die Teufel bannen
Mit dem Fluch aus deutschem Herzen,
Da Tyrannen nach Tyrannen
Mark erdrücken und verscherzen?

*

»Warum denn wie mit einem Besen
Wird so ein König hinausgekehrt?«
Wären's Könige gewesen,
Sie stünden alle noch unversehrt.

*

Was ich mir gefallen lasse?
Zuschlagen muß die Masse,
Dann ist sie respektabel;
Urteilen gelingt ihr miserabel.

*

Was doch die größte Gesellschaft heut?
Es ist die Mittelmäßigkeit.

*

Wer sich in den Pöbel zu schicken sucht,
Der hat sein ganzes Jahr verflucht.

*

Vielrat

Spricht man mit jedermann,
Da hört man keinen,
Stets wird ein andrer Mann
Auch anders meinen.
Was wäre Rat sodann
Vor unsern Ohren?
Kennst du nicht Mann für Mann,
Du bist verloren.

*

Jemand lieb' ich, das ist nötig;
Niemand haß ich; soll ich hassen,
Auch dazu bin ich erbötig,
Hasse gleich in ganzen Massen.

*

So war es schon in meinen Tagen,
Ein jeder schlägt gar hoch sich an,
Und würdest du sie alle fragen:
Das Wichtigste hat er getan.

*

Am Flusse kannst du stemmen und häkeln;
Überschwemmung läßt sich nicht mäkeln.

*

Laßt euch mit dem Volk nur ein,
Popularischen! Entschied' es:
Wellington und Aristides
Werden bald beiseite sein.

*

Wenn der Redner zum Volke spricht,
Da, wo er kraut, da juckt's ihn nicht.

*

»Geld und Gewalt, Gewalt und Geld,
Daran kann man sich freuen;
Gerecht- und Ungerechtigkeit
Das sind nur Lumpereien.«

*

Bei einer großen Wassersnot
Rief man zu Hilfe das Feuer,
Da ward sogleich der Himmel rot,
Und nirgend war es geheuer:
Durch Wälder und Felder kamen gerannt
Die Blitze zu flammenden Rotten –
Die ganze Erde sie war verbrannt,
Noch eh' die Fische gesotten.

Und als die Fische gesotten waren,
Bereitet' man große Feste;
Ein jeder brachte sein Schüsselein mit,
Groß war die Zahl der Gäste;
Ein jeder drängte sich herbei,
Hier gab es keine Faule;
Die Gröbsten aber schlugen sich durch
Und fraßen's den andern vom Maule.

*

Lug oder Trug?

Darf man das Volk betrügen?
Ich sage: nein!
Doch willst du sie belügen,
So mach' es nur nicht fein.

*

Ein jeder kehre vor seiner Tür,
Und rein ist jedes Stadtquartier,
Ein jeder übe sein' Lektion,
So wird es gut im Rate stohn.

*

Warum denn aber bei unsern Sitzen
Bist du so selten gegenwärtig?
Mag nicht für langer Weile schwitzen,
Der Mehrheit bin ich immer gewärtig.

*

Überall will jeder obenauf sein,
Wie's eben in der Welt so geht.
Jeder sollte freilich grob sein,
Aber nur in dem, was er versteht.

*

»Entferne dich nicht ganz und gar;
Beruhige dich in unserm Orden!«
Es ist alles noch wie es war.
Nur ist es verworrener geworden!
Und was man für bedeutend hält,
Ist alles auf schwache Füße gestellt.

*

Wie auch die Welt sich stellen mag,
Der Tag immer belügt den Tag.

*

Das Weltregiment – über Nacht
Seine Formen hab' ich durchgedacht.
Den hehren Despoten lieb' ich im Krieg,
Verständigen Monarchen gleich hinter dem Steg;
Dann wünscht' ich jedoch, daß alle die Trauten
Sich nicht gleich neben und mit ihm erbauten.
Und wie ich das hoffe, so kommt mir die Menge,
Nimmt hüben und drüben mich derb ins Gedränge;
Von da verlier' ich alle Spur. –
Was will mir Gott für Lehre draus gönnen?
Daß wir uns eben alle nur
Auf kurze Zeit regieren können.

*

Mit Narren leben wird dir gar nicht schwer,
Versammle nur ein Tollhaus um dich her.
Bedenke dann – das macht dich gleich gelind –
Daß Narrenwärter selbst auch Narren sind.

*

Mich freuen die vielen Guten und Tücht'gen,
Obgleich so viele dazwischen helfen.
Die Deutschen wissen zu bericht'gen,
Aber sie verstehen nicht nachzuhelfen.

*

Habt ihr gelogen in Wort und Schrift,
Andern ist es und euch ein Gift.

*

Ein kluges Volk wohnt nah dabei,
Das immerfort sein Bestes wollte;
Es gab dem niedrigen Kirchturm Brei,
Damit er größer werden sollte.

*

Nativität

Der Deutsche ist gelehrt,
Wenn er sein Deutsch versteht;
Doch bleib' ihm unverwehrt,
Wenn er nach außen geht.
Er komme dann zurück,
Gewiß um viel gelehrter;
Doch ist's ein großes Glück,
Wenn nicht um viel verkehrter.

*

Und wo sich die Völker trennen
Gegenseitig im Verachten,
Keins von beiden wird bekennen,
Daß sie nach demselben trachten.

*

Stämme wollen gegen Stämme pochen,
Kann doch einer, was der andre kann!
Steckt doch Mark in jedem Knochen,
Und in jedem Hemde steckt ein Mann.

*

Die Deutschen sind ein gut Geschlecht!
Ein jeder sagt: Will nur, was recht;
Recht aber soll vorzüglich heißen,
Was ich und meine Gevattern preisen;
Das übrige ist ein weitläufig Ding,
Das schätz' ich lieber gleich gering.

*

Niemand muß hereinrennen
Auch mit den besten Gaben;
Sollen's die Deutschen mit Dank erkennen,
So wollen sie Zeit haben.

*

Wenn auch der Held sich selbst genug ist,
Verbunden geht es doch geschwinder;
Und wenn der Überwundne klug ist,
Gesellt er sich zum Überwinder.

*

»Ich zieh' ins Feld!
Wie macht's der Held?«
Vor der Schlacht hochherzig,
Ist sie gewonnen, barmherzig,
Mit hübschen Kindern liebherzig;
Wär' ich Soldat,
Das wär' mein Rat.

*

Nicht größern Vorteil wüßt' ich zu nennen,
Als des Feindes Verdienst zu erkennen.

*

Hatte sonst einer ein Unglück getragen,
So durft' er es wohl dem andern klagen;
Mußte sich einer im Felde quälen,
Hatt' er im Alter was zu erzählen.
Jetzt sind sie allgemein die Plagen,
Der einzelne darf sich nicht beklagen;
Im Felde darf nun niemand fehlen:
Wer soll denn hören, wenn sie erzählen?

*

Frisches Ei, gutes Ei

Enthusiasmus vergleich ich gern
Der Auster, meine lieben Herrn,
Die, wenn ihr sie nicht frisch genoßt,
Wahrhaftig ist eine schlechte Kost.
Begeistrung ist keine Heringsware,
Die man einpökelt auf einige Jahre.

*

Manches Herrliche der Welt
Ist in Krieg und Streit zerronnen;
Wer beschützet und erhält,
Hat das schönste Los gewonnen.

*

»Gib eine Norm zur Bürger-Führung!«
Hinieden
Im Frieden
Kehre jeder vor seiner Tür;
Bekriegt,
Besiegt,
Vertrage man sich mit der Einquartierung.

*

Was mich tröstet in solcher Not:
Gescheite Leute sie finden ihr Brot,
Tüchtige Männer erhalten das Land,
Hübsche Mädchen verschlingen das Band,
Wird dergleichen noch ferner geschehn,
So kann die Welt nicht untergehn.

*

Das Schlimmste, was uns widerfährt,
Des werden wir vom Tag gelehrt.
Wer in dem Gestern Heute sah,
Dem geht das Heute nicht allzu nah,
Und wer im Heute sieht das Morgen,
Der wird sich rühren, wird nicht sorgen.

*


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