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König Nala's Frühlingshofhalt

(Aus dem »Nalodaya«.)

So ward nun einzige Lust zuteil
      In seinem Hause Nala dem Erkämpfer
      Des einzigen geliebten Weibs,
      Dem herrlichen Feindübermutesdämpfer.

Als ein Kraftmeer strahlt der König,
       Und sie schimmert wonnefeucht;
       Und der Frühling kranichtönig
       Zieht nun auf mit Lustgeleucht.

Die wie vor Scham am Grund sich barg,
       Die Wasserlilie richtet auf der Morgen
       Mit reisährblanker Strahlenhand,
       Darum sind nun die Bienen ohne Sorgen.

Das Gefilde vom Krächzen der Kraniche tönt,
       Da bekrönt sich mit Grün der Geranienstrauch;
       Das Gewässer, von reinen Nymphäen verschönt,
       Zu bezaubern, o wen denn vermag es nicht auch?

Aus Winterschnee-Eismassen brach
       Hervor die übermächtige Macht der Sonne;
       Vor ihr und vor'm Glutschlangenpfeil
       Des Kâma flieht der Held ins Haus der Wonne.

Von Kâmas Nadel, die das Herz
       Der Welt durchbohrt, brach auf die Campakblüte;
       Sie hegte solche Pein, wie hegt
       Getrennter Gatten sehnendes Gemüte.

Am dünn und hochbelaubten Zweig
       Quoll die Palâshablüte blutgerötet,
       Dem Fleische gleich des Wandrers, den
       Voll Gier der schnöde Dämon Kâma tötet.

Brunstschrei heben, von des Lenzes Kraft durchgoren,
       Jetzt die mächtigen Elefanten;
       Ihre Zähne, Mondsicheln gleich, durchbohren
       Jeden jetzt vom Weib verbannten.

Wer einem holden Weibe nun
       Schmerzbringend, seine eigne Lust verstöret,
       Verzweifelt, wenn wie Vorwürf' er
       Im Blütenstrauch die Bienen summen höret.

Nun zu Kâmas Kampfplatz schmückt sich
       Das Gefild, wo Kranich tönt;
       Seiner hohen Herrschaft bückt sich
       Alles, was nach Liebe stöhnt.

»Vom Frühling angeregt, wie kann
       Ein Mann, der liebt, nun leben fern vom Weibe?«
       Denkt eine Schön' und nippet Wein;
       Was tut man nicht, daß man den Gram vertreibe!

Wo den Liebsten nun die Schöne
       Spröde meidet, horch, ihr grollt
       Kokila, der seine Töne
       Liebeszornig gurgelnd rollt.

Der kühle Mond strahlt Glanz und Reif,
       Das Lied des Kokila macht Âmras reifen.
       Trägt nicht der Pfau im Tanz den Schweif?
       Und läßt er rings nicht seine Rufe schweifen?

Wer trägt zur Zeit, wo Mangos blühn,
       Der Trennung Schmerz? und welches Weib gedenket
       Beim lieben Freund des Wörtleins nun,
       Das an mit »Ha« hebt und mit »der« sich senket?

In Kâmas Dienste schwärmt von Baum
       Zu Baum ein Schwarm liebschwärmerischer Immen,
       Nippt Süßes und gibt süßen Ton,
       Davon des Lenzes Süßen frisch erglimmen.

Zu seinem stolzen Herzgespiel
       Sucht nun den Weg ein Liebender, verwirrt
       Vom Frühlingshimmel, der umwölkt
       Vom regen Bienenschwarmgewimmel schwirrt.

Wer irgend nun gehet vom Hause der Braut,
       Und hat nicht ein stilles Verlangen gestillt;
       Es wird ihm, von grauser Umnachtung umgraut,
       Begegnen ein Gegner, der Tod, der ihm gilt.

Die Törin, die statt zu dem Freunde zu gehn,
       Nun schmollend beim Flechten von Kränzen verweilt,
       Wird, von ihm geschieden, bestrafet sich sehn,
       Mit Reueverstummung vom Himmel ereilt.

»Weit schaust du mit blühenden Augen im Raum,
       O Baum auf der Höh', den kein Kummer befiel!
       Erblickst du den Liebsten, so sag' ihm, o Baum:
       Hier spielet im blühenden Lenz dein Gespiel.«

So zum Baume tretend sprach sie,
       Der zurück ihr gab kein Wort;
       Nur der Liebe Schlange stach sie,
       Nicht den Liebsten fand sie dort.

Welch reizend Weib erträgt den Gott,
       Der Blumenpfeile schießt und wohnt in Herzen?
       Am Tage, wo den Frühling fühlt
       Die Bien' und summet ihre Liebesschmerzen!

Er, dessen Feinde Toren sind,
       Fürst Nala, frauenliebeslustgegattet,
       Vom Liebesgott gekettet, geht
       Zum Garten, von Mandâren überschattet.

Ihm, dem ruhmreich hochgewichtigen,
       Lacht die Gattin mild und rein,
       Ihm, dem mondgleich-angesichtigen
       Im gleichparadiesigen Hain.

»O kehr hierher den hellen Blick!«
       So ruft den gartenwallenden Frau'ngestalten
       Je Freund und Freund, den spangenreich
       Geschmückten, deren Fülle schwoll in Falten.

Dort die gekränkte Stolze will
       Nicht gehn in blütenbaumbewachsnen Gründen;
       Jedoch für reiche Blumenspend'
       Empfängt der Freund Vergebung seiner Sünden.

Eine Vermittlerin spricht:

»Gepriesene Schönheit, o Kind, dir sei kund,
       Wie zehrend dein leichterer Zorn auf ihm liegt.
       Soll hier sein verbleichender blühender Mund
       Verhauchen den Geist, dir zu Füßen geschmiegt?

»O komm, eh des Frühlings fröhliche Frucht
       Die Frische verlieret, o komme du jetzt
       Zum Garten, und Köstliches kost' auf der Flucht!
       Im Lenze zuletzt sich zu letzen, verletzt.«

Der listigen Lockerin lauschte mit Lust,
       Die Stirn vom gelösten Gelocke geschwärzt,
       Das Mädchen, und suchte mit klopfender Brust
       Den Freund, der nun fröhlich im Grünen sie herzt.

»Am Rande des Weihers still und hell,
       Mit Blütensaugern und mit ruhenden Kran'chen,
       Was soll dein Stolz?« – so zog sein Freund
       Die Liebste nach mit Schmeichelwörtchen manchen.

Am Baume stand ein andres Weib
       Und wollte pflücken seine roten Blüten;
       Die roten Blüten wurden blaß,
       Als ihres Lächelns weiße Lichter sprühten.

Zum Bassin tritt eine Schlanke,
       Das des Baumes Fuß benetzt;
       Selbst wie eine Schlingblütranke
       Schlingt sie um den Baum sich jetzt.

Vom Wuchs der Rankgewächs' umrankt,
       Ward lange nicht vom Freund erkannt die Schöne,
       Bis sie verriet der Freundinnen
       Gelächter und der Bienen Lustgetöne.

Zur Heilung ihres kranken Aug's,
       Das Blütenstaub getrübt im Aufwärtsblicken,
       Stellt eine nah vor'm Freund sich hin,
       Mit Antlitzstreifung schlau ihn zu bestricken.

Zwar schuldbewußt weiß jener sich
       Der Unschuld Schein durch Redekunst zu geben;
       Und sie, die Gute, zürnet ihm
       Nicht länger, den sie liebt als wie ihr Leben.

Ein andrer macht von Schuld sich frei,
       Da er in Staunen wandelt das Erboßen
       Der Schönen, wie er so gewandt
       Den Frühlingswald beschreibt ohn' anzustoßen.

Von der stolzen Glanzgeschmückten,
       Die er ewig lieben muß,
       Wird zuteil dem Hingebückten
       Auf das Haupt der Tritt vom Fuß.

Fraun, die schönstes Haus bewohnen,
       Lockt es nun zur Flur hinaus,
       Wo hoch in Tamâlakronen
       Weht Malayalüftesaus.

Die Männer frohlustwandelnd so
       Mit jenen durch des Haines Blütenprangen,
       Nun mit den Schönen kamen sie
       Zum lotosüberblühten Teich gegangen.

»Was gehst du hin zum Teich, o du
       Mein Himmelshulden-Nektarmeer-Gestade!«
       Rief Nala, der verliebte Fürst,
       Und folgt zum Teiche Damayantîs Pfade.

Des Edlen Sinn gefangen nahm
       Der reine Glanz am ungetrübten Weiher,
       Dazu die laute Wasserschar,
       Schwan, Möwe, Kranich, Pelikan und Reiher.

»Was ist da für Gefahr am Rand
       Der schmalen leicht bewegten Flut zu kosen?
       Was zittern scheue Kinder so
       Zu nah'n dem Wasser hier dem walfischlosen?'

Weggeflogen ist die Biene
       Vom Nymphäen-Düftestaub
       Weil sie blühende Frauenmiene
       Lüstern macht nach süßerem Raub.

Vom Nalafrauenchorgeleit
       Dem lusterglühten, spielend umgewendet,
       Hat mancher stille Lotosbusch
       Verstörtes Bienensummen ausgesendet.

Eingetaucht im Flutenglanze,
       Überfällt die zarten Frau'n
       Vor des Sees vom Lotostanze
       Angeregter Well' ein Graun.

Alsdann aus schaumbekrönter Flut,
       Wie Göttinnen aus sternbekränztem Himmel,
       Aus kranichlautdurchtönter Flut
       Ans Ufer stieg das weibliche Gewimmel.

In der Reize Fülle schwankend,
       Alle Bienen lockend nach,
       Hell wie Abendsonne wankend,
       Suchen sie das Wohngemach.

»Gib Lieb', eh' Liebe stirbt mit mir!
       Krank macht mich Lieb' am Leben und am Leibe!«
       So trat ins liebgeweihte Haus,
       Ins himmelgleiche, Nala mit dem Weibe.

Die Sonne war zum Abendrot
       Gelangt, dem Lotos war sein Glanz entwichen;
       Zur Diebin ward sie offenbar
       An ihm, den ihre Strahlenhand beschlichen.

All von wannen, all von wannen
       Wonn'ges Sonngefunkel wich,
       All von dannen, all von dannen
       Dehnte düstres Dunkel sich.

Nun hat den Sonnenuntergang
       Gebracht der Abend, Vogelsang verbreitend,
       Den Himmel wie ein Baldachin
       Bestirnend, und den Herden Ruh bereitend.

Nun erglänzt die Luft vom Strahle
       Dessen, der dem Meer entsteigt,
       Und sich gleich der Silberschale
       Zum Spendeopfer Kâma's zeigt.

Ihm, der mit dunkeln Flecken schmückt
       Sein Antlitz – welches Weib, vom Freund getrennet,
       Vermag ihn anzusehn, den Mond,
       Der Nacht für Nacht verliebte Wandrer brennet?

Nun die Welt mit Glanz bedeckend,
       Träufelnd nachtgekühlten Tau,
       Weiße Wasserlilien weckend,
       Wacht der Mondschein auf der Au.

Wie mit Kunst die Männer werben
       Flehentlich um Frauengunst,
       Durch Erniedrungen erwerben
       Sie Erwiderungen der Brunst.

Die in Liebesflammen ächzten,
       Alle nun mit Scherzetausch,
       Wie nach Amrit Götter lechzten,
       Lechzen sie nach Trank und Rausch.

Spröde weich, die Weichen machte
       Spröde das genossne Naß;
       Neuen Liebesglanz entfachte
       Den verwirrten Scharen das.

Vom süßen, bien'umschwärmten Saft,
       Der Kraft hat, jeden Liebanstoß zu glätten,
       Genetzt nun und geletzt entrafft
       Die eil'ge Schar sich zu gewölbten Betten.

Lose Freundeshände lösen
       Unter mancher Nagelspur,
       Lässiges Frau'ngewand und bloßen
       Lustvollschwellende Lendenflur.

Den Schönen, deren Schönheitsruhm
       Im meerumschäumten Erdenrund erschollen,
       Den jungen Frau'n und Jünglingen
       Ist volle Lust bei Kâma's Fest entquollen.

Als wie im Tanz, mit Wonnausruf,
       Schwoll hier die Fülle lustbewegter Glieder;
       Auf Freundesbrust klang Frauenspang'
       Und floß des Haar's gelöster Perlstrang nieder.

Aber ihr, der falschelosen,
       Sich in Wonne wiegenden,
       Weihte Nala minn'ges Kosen,
       Ihr, der Shrî-besiegenden.

Sie, ohne Sorgen, ohne Trug,
       Begehrte sittig Nalas Lustbegehren;
       Er, ihrem Willen willig, war
       Bestrebt ihr hohes Freudenspiel zu mehren.

So lebte, bis die Kali-Macht
       Ihn traf mit unheilschweren Truggewalten,
       Der König froh in Glückes Kraft
       Der reichen Schätze seines Reichs zu walten.

Hoher Herrschaft Hort und Hüter,
       Durch der Gattin Wahl beglückt,
       Thront er wie der Gott der Güter,
       Wie Kuvera, glanzgeschmückt.


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