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So ward nun einzige Lust zuteil
In seinem Hause Nala dem Erkämpfer
Des einzigen geliebten Weibs,
Dem herrlichen Feindübermutesdämpfer.
Als ein Kraftmeer strahlt der König,
Und sie schimmert wonnefeucht;
Und der Frühling kranichtönig
Zieht nun auf mit Lustgeleucht.
Die wie vor Scham am Grund sich barg,
Die Wasserlilie richtet auf der Morgen
Mit reisährblanker Strahlenhand,
Darum sind nun die Bienen ohne Sorgen.
Das Gefilde vom Krächzen der Kraniche tönt,
Da bekrönt sich mit Grün der Geranienstrauch;
Das Gewässer, von reinen Nymphäen verschönt,
Zu bezaubern, o wen denn vermag es nicht auch?
Aus Winterschnee-Eismassen brach
Hervor die übermächtige Macht der Sonne;
Vor ihr und vor'm Glutschlangenpfeil
Des Kâma flieht der Held ins Haus der Wonne.
Von Kâmas Nadel, die das Herz
Der Welt durchbohrt, brach auf die Campakblüte;
Sie hegte solche Pein, wie hegt
Getrennter Gatten sehnendes Gemüte.
Am dünn und hochbelaubten Zweig
Quoll die Palâshablüte blutgerötet,
Dem Fleische gleich des Wandrers, den
Voll Gier der schnöde Dämon Kâma tötet.
Brunstschrei heben, von des Lenzes Kraft durchgoren,
Jetzt die mächtigen Elefanten;
Ihre Zähne, Mondsicheln gleich, durchbohren
Jeden jetzt vom Weib verbannten.
Wer einem holden Weibe nun
Schmerzbringend, seine eigne Lust verstöret,
Verzweifelt, wenn wie Vorwürf' er
Im Blütenstrauch die Bienen summen höret.
Nun zu Kâmas Kampfplatz schmückt sich
Das Gefild, wo Kranich tönt;
Seiner hohen Herrschaft bückt sich
Alles, was nach Liebe stöhnt.
»Vom Frühling angeregt, wie kann
Ein Mann, der liebt, nun leben fern vom Weibe?«
Denkt eine Schön' und nippet Wein;
Was tut man nicht, daß man den Gram vertreibe!
Wo den Liebsten nun die Schöne
Spröde meidet, horch, ihr grollt
Kokila, der seine Töne
Liebeszornig gurgelnd rollt.
Der kühle Mond strahlt Glanz und Reif,
Das Lied des Kokila macht Âmras reifen.
Trägt nicht der Pfau im Tanz den Schweif?
Und läßt er rings nicht seine Rufe schweifen?
Wer trägt zur Zeit, wo Mangos blühn,
Der Trennung Schmerz? und welches Weib gedenket
Beim lieben Freund des Wörtleins nun,
Das an mit »Ha« hebt und mit »der« sich senket?
In Kâmas Dienste schwärmt von Baum
Zu Baum ein Schwarm liebschwärmerischer Immen,
Nippt Süßes und gibt süßen Ton,
Davon des Lenzes Süßen frisch erglimmen.
Zu seinem stolzen Herzgespiel
Sucht nun den Weg ein Liebender, verwirrt
Vom Frühlingshimmel, der umwölkt
Vom regen Bienenschwarmgewimmel schwirrt.
Wer irgend nun gehet vom Hause der Braut,
Und hat nicht ein stilles Verlangen gestillt;
Es wird ihm, von grauser Umnachtung umgraut,
Begegnen ein Gegner, der Tod, der ihm gilt.
Die Törin, die statt zu dem Freunde zu gehn,
Nun schmollend beim Flechten von Kränzen verweilt,
Wird, von ihm geschieden, bestrafet sich sehn,
Mit Reueverstummung vom Himmel ereilt.
»Weit schaust du mit blühenden Augen im Raum,
O Baum auf der Höh', den kein Kummer befiel!
Erblickst du den Liebsten, so sag' ihm, o Baum:
Hier spielet im blühenden Lenz dein Gespiel.«
So zum Baume tretend sprach sie,
Der zurück ihr gab kein Wort;
Nur der Liebe Schlange stach sie,
Nicht den Liebsten fand sie dort.
Welch reizend Weib erträgt den Gott,
Der Blumenpfeile schießt und wohnt in Herzen?
Am Tage, wo den Frühling fühlt
Die Bien' und summet ihre Liebesschmerzen!
Er, dessen Feinde Toren sind,
Fürst Nala, frauenliebeslustgegattet,
Vom Liebesgott gekettet, geht
Zum Garten, von Mandâren überschattet.
Ihm, dem ruhmreich hochgewichtigen,
Lacht die Gattin mild und rein,
Ihm, dem mondgleich-angesichtigen
Im gleichparadiesigen Hain.
»O kehr hierher den hellen Blick!«
So ruft den gartenwallenden Frau'ngestalten
Je Freund und Freund, den spangenreich
Geschmückten, deren Fülle schwoll in Falten.
Dort die gekränkte Stolze will
Nicht gehn in blütenbaumbewachsnen Gründen;
Jedoch für reiche Blumenspend'
Empfängt der Freund Vergebung seiner Sünden.
»Gepriesene Schönheit, o Kind, dir sei kund,
Wie zehrend dein leichterer Zorn auf ihm liegt.
Soll hier sein verbleichender blühender Mund
Verhauchen den Geist, dir zu Füßen geschmiegt?
»O komm, eh des Frühlings fröhliche Frucht
Die Frische verlieret, o komme du jetzt
Zum Garten, und Köstliches kost' auf der Flucht!
Im Lenze zuletzt sich zu letzen, verletzt.«
Der listigen Lockerin lauschte mit Lust,
Die Stirn vom gelösten Gelocke geschwärzt,
Das Mädchen, und suchte mit klopfender Brust
Den Freund, der nun fröhlich im Grünen sie herzt.
»Am Rande des Weihers still und hell,
Mit Blütensaugern und mit ruhenden Kran'chen,
Was soll dein Stolz?« – so zog sein Freund
Die Liebste nach mit Schmeichelwörtchen manchen.
Am Baume stand ein andres Weib
Und wollte pflücken seine roten Blüten;
Die roten Blüten wurden blaß,
Als ihres Lächelns weiße Lichter sprühten.
Zum Bassin tritt eine Schlanke,
Das des Baumes Fuß benetzt;
Selbst wie eine Schlingblütranke
Schlingt sie um den Baum sich jetzt.
Vom Wuchs der Rankgewächs' umrankt,
Ward lange nicht vom Freund erkannt die Schöne,
Bis sie verriet der Freundinnen
Gelächter und der Bienen Lustgetöne.
Zur Heilung ihres kranken Aug's,
Das Blütenstaub getrübt im Aufwärtsblicken,
Stellt eine nah vor'm Freund sich hin,
Mit Antlitzstreifung schlau ihn zu bestricken.
Zwar schuldbewußt weiß jener sich
Der Unschuld Schein durch Redekunst zu geben;
Und sie, die Gute, zürnet ihm
Nicht länger, den sie liebt als wie ihr Leben.
Ein andrer macht von Schuld sich frei,
Da er in Staunen wandelt das Erboßen
Der Schönen, wie er so gewandt
Den Frühlingswald beschreibt ohn' anzustoßen.
Von der stolzen Glanzgeschmückten,
Die er ewig lieben muß,
Wird zuteil dem Hingebückten
Auf das Haupt der Tritt vom Fuß.
Fraun, die schönstes Haus bewohnen,
Lockt es nun zur Flur hinaus,
Wo hoch in Tamâlakronen
Weht Malayalüftesaus.
Die Männer frohlustwandelnd so
Mit jenen durch des Haines Blütenprangen,
Nun mit den Schönen kamen sie
Zum lotosüberblühten Teich gegangen.
»Was gehst du hin zum Teich, o du
Mein Himmelshulden-Nektarmeer-Gestade!«
Rief Nala, der verliebte Fürst,
Und folgt zum Teiche Damayantîs Pfade.
Des Edlen Sinn gefangen nahm
Der reine Glanz am ungetrübten Weiher,
Dazu die laute Wasserschar,
Schwan, Möwe, Kranich, Pelikan und Reiher.
»Was ist da für Gefahr am Rand
Der schmalen leicht bewegten Flut zu kosen?
Was zittern scheue Kinder so
Zu nah'n dem Wasser hier dem walfischlosen?'
Weggeflogen ist die Biene
Vom Nymphäen-Düftestaub
Weil sie blühende Frauenmiene
Lüstern macht nach süßerem Raub.
Vom Nalafrauenchorgeleit
Dem lusterglühten, spielend umgewendet,
Hat mancher stille Lotosbusch
Verstörtes Bienensummen ausgesendet.
Eingetaucht im Flutenglanze,
Überfällt die zarten Frau'n
Vor des Sees vom Lotostanze
Angeregter Well' ein Graun.
Alsdann aus schaumbekrönter Flut,
Wie Göttinnen aus sternbekränztem Himmel,
Aus kranichlautdurchtönter Flut
Ans Ufer stieg das weibliche Gewimmel.
In der Reize Fülle schwankend,
Alle Bienen lockend nach,
Hell wie Abendsonne wankend,
Suchen sie das Wohngemach.
»Gib Lieb', eh' Liebe stirbt mit mir!
Krank macht mich Lieb' am Leben und am Leibe!«
So trat ins liebgeweihte Haus,
Ins himmelgleiche, Nala mit dem Weibe.
Die Sonne war zum Abendrot
Gelangt, dem Lotos war sein Glanz entwichen;
Zur Diebin ward sie offenbar
An ihm, den ihre Strahlenhand beschlichen.
All von wannen, all von wannen
Wonn'ges Sonngefunkel wich,
All von dannen, all von dannen
Dehnte düstres Dunkel sich.
Nun hat den Sonnenuntergang
Gebracht der Abend, Vogelsang verbreitend,
Den Himmel wie ein Baldachin
Bestirnend, und den Herden Ruh bereitend.
Nun erglänzt die Luft vom Strahle
Dessen, der dem Meer entsteigt,
Und sich gleich der Silberschale
Zum Spendeopfer Kâma's zeigt.
Ihm, der mit dunkeln Flecken schmückt
Sein Antlitz – welches Weib, vom Freund getrennet,
Vermag ihn anzusehn, den Mond,
Der Nacht für Nacht verliebte Wandrer brennet?
Nun die Welt mit Glanz bedeckend,
Träufelnd nachtgekühlten Tau,
Weiße Wasserlilien weckend,
Wacht der Mondschein auf der Au.
Wie mit Kunst die Männer werben
Flehentlich um Frauengunst,
Durch Erniedrungen erwerben
Sie Erwiderungen der Brunst.
Die in Liebesflammen ächzten,
Alle nun mit Scherzetausch,
Wie nach Amrit Götter lechzten,
Lechzen sie nach Trank und Rausch.
Spröde weich, die Weichen machte
Spröde das genossne Naß;
Neuen Liebesglanz entfachte
Den verwirrten Scharen das.
Vom süßen, bien'umschwärmten Saft,
Der Kraft hat, jeden Liebanstoß zu glätten,
Genetzt nun und geletzt entrafft
Die eil'ge Schar sich zu gewölbten Betten.
Lose Freundeshände lösen
Unter mancher Nagelspur,
Lässiges Frau'ngewand und bloßen
Lustvollschwellende Lendenflur.
Den Schönen, deren Schönheitsruhm
Im meerumschäumten Erdenrund erschollen,
Den jungen Frau'n und Jünglingen
Ist volle Lust bei Kâma's Fest entquollen.
Als wie im Tanz, mit Wonnausruf,
Schwoll hier die Fülle lustbewegter Glieder;
Auf Freundesbrust klang Frauenspang'
Und floß des Haar's gelöster Perlstrang nieder.
Aber ihr, der falschelosen,
Sich in Wonne wiegenden,
Weihte Nala minn'ges Kosen,
Ihr, der Shrî-besiegenden.
Sie, ohne Sorgen, ohne Trug,
Begehrte sittig Nalas Lustbegehren;
Er, ihrem Willen willig, war
Bestrebt ihr hohes Freudenspiel zu mehren.
So lebte, bis die Kali-Macht
Ihn traf mit unheilschweren Truggewalten,
Der König froh in Glückes Kraft
Der reichen Schätze seines Reichs zu walten.
Hoher Herrschaft Hort und Hüter,
Durch der Gattin Wahl beglückt,
Thront er wie der Gott der Güter,
Wie Kuvera, glanzgeschmückt.