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Vierter Aufzug

Die Gascogner Kadetten

Der Posten, welchen die Kompanie Carbons bei der Belagerung von Arras einnimmt. Eine Böschung schließt den Hintergrund ab; jenseits derselben sieht man den ebenen Horizont und das mit Belagerungszurüstungen bedeckte Land. In weiter Ferne die Mauern von Arras, dessen Giebel sich wie Silhouetten vom Himmel abheben.   Zelte; umherliegende Waffen; Trommeln usw.   Tagesanbruch.   Schildwachen, in Zwischenräumen aufgestellt; Lagerfeuer.   Die Kadetten schlafen, in ihre Mäntel gewickelt. Carbon und Le Bret wachen. Sie sind sehr bleich und abgemagert. Christian schläft, inmitten der übrigen, gleichfalls in seinen Mantel gewickelt, im Vordergrund; sein Gesicht wird von einem Feuer beschienen. Tiefe Stille.

Erster Auftritt

Christian. Carbon. Le Bret. Die Kadetten. Später Cyrano.

Le Bret.
's ist greulich!

Carbon.
Ja. Nichts mehr!

Le Bret.
Mordius!

Carbon.
Fluch leise!
Du weckst sie mir. (Zu den Kadetten.) Schlaft ruhig!
(Zu Le Bret.) Schlaf ist Speise.

Le Bret.
Wer wacht, der wird von diesem Trost nicht satter.
O diese Hungersnot!
(Man hört in der Ferne ein paar Schüsse.)

Carbon.
Verwünscht Geknatter!
Sie wecken meine Kinder! (Zu den Kadetten, welche die Köpfe emporheben.)
Schlaft!
(Sie legen sich wieder hin. Neue Schüsse, etwas näher.)

Ein Kadett
(beunruhigt). Es knallt
Schon wieder!

Carbon.
Nur Cyrano kehrt zurück.  
Schlaft!
(Die emporgestreckten Köpfe legen sich abermals wieder hin.)

Eine Schildwache
(hinter der Bühne).
Wer da?

Stimme Cyranos.
Bergerac!

Die Schildwache
(welche auf der Böschung steht).
Potz Wetter! Wer da? Halt!

Cyrano
(auf dem Kamm der Böschung erscheinend).
Bergerac, Schafskopf!
(Er steigt herab.)

Le Bret
(eilt ihm besorgt entgegen).
Solch ein Wagestück!

Cyrano
(ihm bedeutend, daß er niemanden wecken soll).
Sei still!

Le Bret.
Bist du verletzt?

Cyrano.
Du weißt, sie pflegen
Vorbeizuschießen.

Le Bret.
Unerhört! Seit Wochen
Begehst du täglich eines Briefes wegen
Die Tollkühnheit ...

Cyrano
(vor Christian stehenbleibend).
Ich hab's ihr ja versprochen.
(Ihn betrachtend.)
Wie bleich er ist. Und dennoch hübsch wie je!
Wenn sie jetzt wüßte, daß er am Verhungern!

Le Bret.
Geschwind! Geh schlafen!

Cyrano.
Brumme nicht, Le Bret!
Vernimm, daß auf dem Weg, den ich beschritt,
Stets nur betrunkne spanische Posten lungern.

Le Bret.
Und dennoch bringst du nichts zu beißen mit?

Cyrano.
Nur leichte Ladung schlüpft hindurch. Indessen,
Mir scheint, falls ich soeben richtig sah,
Daß wir noch heute sterben oder essen.

Le Bret.
Erzähle!

Cyrano.
Warten wir, ob ich geirrt!

Carbon.
O Schmach! Wir, die Belagerer, hungern!

Le Bret.
Ja,
Weiß Gott, die Rollen haben sich verwirrt.
Wir schlossen Arras ein, um rings umstellt
Von spanischen Truppen selber abzumagern.

Cyrano.
Nun müßte wieder jemand sie belagern.

Le Bret.
Ach, scherze nicht!

Cyrano.
Hoho!

Le Bret.
Welch tolles Treiben,
Daß täglich du dein Leben führst ins Feld,
Damit ein Brief ...
(Er sieht, daß Cyrano auf ein Zelt losschreitet.)
Wohin?

Cyrano.
Den nächsten schreiben.
(Er hebt den Zeltvorhang auf und geht hinein.)

Zweiter Auftritt

Vorige ohne Cyrano.

Es ist etwas heller geworden. Rötliches Licht. Die Türme
und Giebel von Arras werden von der aufgehenden
Sonne vergoldet. Man hört einen Kanonenschuß, auf den
unmittelbar ein Trommelwirbel folgt, links in der Ferne.
Andere Trommeln antworten, erst etwas näher, dann dicht
hinter der Szene, dann wieder in größerer Entfernung,
scheinbar das ganze Lager durcheilend. Das Geräusch der
Reveille. Ferne Kommandorufe.

Carbon
(mit einem Seufzer).
Nahrhafter Schlaf, ade!
(Die Kadetten regen sich in ihren Mänteln und wickeln sich aus.)
Ich weiß voraus
Ihr erstes Wort.

Ein Kadett
(sich aufrecht setzend). Mich hungert!

Ein anderer.
Ich bin tot!
Alle. O weh!

Carbon.
Steht auf!

Dritter Kadett.
Ich kann nicht.

Vierter Kadett.
Bald ist's aus.

Erster Kadett
(ein Küraßstück als Spiegel benützend).
Ganz dürr ist meine Zunge. Schlimme Zeiten!

Ein anderer.
Mein Freiherrnwappen für ein Stückchen Brot!

Ein anderer.
Wenn man nicht bald mir etwas liefern will,
Womit ich Magensaft mir kann bereiten,
Dann schließ ich mich ins Zelt ein   wie Achill.

Carbon
(geht zum Zelt, in dem sich Cyrano befindet; halblaut).
Cyrano!

Andere.
Brot! Wir sterben!

Carbon
(stets halblaut, am Eingang des Zeltes).
Komm herzu!
Hilf mir! Erzähl etwas den armen Schelmen!
Dein Wort ermuntert sie.

Zweiter Kadett
(auf den ersten losstürzend, der etwas kaut).
Was knaupelst du?

Erster Kadett.
Ein bißchen Werg, wie man es schmort in Helmen,
Um einzufetten die Kanonenachse.
Denn weil's an Wildbret hier vor Arras mangelt ...

Ein anderer Kadett
(auftretend).
Ich war auf Jagd.

Ein anderer
(auftretend). Ich hab im Fluß geangelt.

Alle
(springen auf und umringen die Ankömmlinge).
Was bringt ihr mit?   Zeigt her!   Rebhühner?   Lachse?
Laßt sehen!

Der Fischer.
Einen Gründling.

Der Jäger.
Einen Spatzen.

Alle
(verzweifelt).
Es geht nicht mehr!

Carbon.
Cyrano, komm herzu!
(Es ist inzwischen heller Tag geworden.)

Dritter Auftritt

Vorige. Cyrano.

Cyrano
(tritt ruhig aus dem Zelt, eine Feder hinterm Ohr, ein Buch in der Hand).
Hier bin ich. Nun?  
(Pause. Zum ersten Kadetten.)
Was schneidest du für Fratzen?

Erster Kadett.
Mich drückt etwas in meinem linken Schuh.

Cyrano.
Was denn?

Erster Kadett.
Der Magen.

Cyrano.
Ei, mich auch, mein Bester.

Erster Kadett.
Beugt dich das nicht?

Cyrano.
O nein, mich richtet's auf.

Zweiter Kadett.
Mein Rachen klafft.

Cyrano.
Dann beißt er um so fester.

Ein dritter.
Mein Bauch klingt hohl.

Cyrano.
Wir trommeln Sturm darauf.

Ein anderer.
Mir saust's im Ohr wie Donnern der Geschütze.

Cyrano.
Dein Magen füllt dein Ohr und ist doch leer.

Ein anderer.
Gebt Futter!

Cyrano
(nimmt ihm die Mütze ab und gibt sie ihm in die Hand).
Iß das Futter deiner Mütze!

Ein anderer.
Was könnt' ich jetzt verschlingen?

Cyrano
(wirft ihm das Buch zu, das er in der Hand gehalten).
Den Homer.

Ein anderer.
Der Kardinal darf prassen in Paris!

Cyrano.
Soll er dir Wildbret schicken?

Der Kadett.
Ja! Und Wein!

Cyrano.
Herr Richelieu, Burgunder, if you please!

Der Kadett.
Durch einen Mönch ...

Cyrano.
Mit einem Heil'genschein.

Ein anderer.
Gebt was zum Nagen!

Cyrano.
Nag am Hungertuche!

Erster Kadett
(achselzuckend).
Du spielst mit Worten.

Cyrano.
Ja, mein Lieblingsspiel,
Bis ich dereinst, an meiner Tage Ziel,
Auf meinen Tod ein schönes Sprüchlein suche.  
Oh, sterben, eh' vor Alter ich verdorrt,
Dem Feind, der meiner würdig, unterlegen,
Ruhmvoll im Herzen den geschliffnen Degen
Und auf den Lippen ein geschliffnes Wort!

Alle.
Brot! Brot!

Cyrano
(die Arme kreuzend).
Ei, nur ans Essen denkt ein jeder?  
Komm, Bertrandou der Pfeifer, alter Hirt!
Heraus dein Pfeifchen aus dem Sack von Leder!
Hier sind gefräß'ge Schlemmer: sei der Wirt!
Spiel ihnen jene sanften Heimatweisen,
Drin jeder Ton ein schwesterlicher Hauch
Geliebter Stimmen, die das Herz mit leisen
Gewalten rühren, traulich, wie der Rauch,
Der von den Dächern steigt in Abendröte,
Und schollenduftig wie das Ackerland.
(Der Alte setzt sich und holt seine Flöte hervor.)
Heut soll sich deine kriegerische Flöte
Erinnern, während deine flinke Hand
Ein Menuett drauf tanzt, daß sie zuvor
Nicht Ebenholz war, sondern schlichtes Rohr;
Soll staunend lauschen, wie im eignen Liede
Zurückkehrt ihrer Seele Jugendfriede.
(Der Alte beginnt Volksweisen der Languedoc zu spielen.)
Hört ihr? Gascogner?   Dies ist nicht der grimme
Schlachtruf, der Lagerpfeife greller Schrei;
Dies ist der Wälder süße Flötenstimme,
Der Ziegenhirten liebliche Schalmei.
Hört ihr? Dies ist das Tal, der Forst, die Weide,
Das Schaukeln auf den Fluten der Dordogne,
Rotmützig Volk auf immergrüner Heide ...
Hört ihr, Gascogner? Dies ist die Gascogne!
(Alle Häupter haben sich herabgeneigt; die Augen blicken traumverloren. Tränen werden heimlich abgewischt, mit einem Ärmelaufschlag oder einem Mantelzipfel.)

Carbon
(leise zu Cyrano).
Du bringst sie ja zum Weinen!

Cyrano.
Doch ihr Leid
Ist nicht mehr Hunger: Heimweh weckt die Tränen!
Von einer niedern Qual sind sie befreit
Und ausgefüllt von einem edlen Sehnen.

Carbon.
Wer einmal weich geworden, wird auch zag.

Cyrano
(winkt einen Trommler herbei).
Laß nur! Ihr Heldentum flammt schnell empor.
Dazu genügt ...
(Er macht ein Zeichen. Der Trommler schlägt einen Wirbel.)

Alle
(springen auf und eilen zu ihren Waffen).
He?   Holla?   Was geht vor?

Cyrano
(lächelnd).
Du siehst, dazu genügt ein Trommelschlag.
Heimat und Leid und Jugendtraum verweht ...
Die Trommel scheucht, was der Schalmei entsprang.

Ein Kadett
(im Hintergrund).
Da kommt Graf Guiche!

Alle Kadetten
(murmelnd). Huh!

Cyrano
(lächelnd). Herzlicher Empfang!

Ein Kadett.
Er langweilt uns!

Ein anderer.
Auf seiner Rüstung bläht
Ein Spitzenkragen sich, wie bei den Gecken.

Ein anderer.
Leinwand auf Stahl   als ob's ein Spiel betreffe.

Der erste.
Er will vielleicht ein Halsgeschwür verstecken.

Der zweite.
Noch immer Höfling!

Ein anderer.
Seines Onkels Neffe!

Carbon.
Er ist Gascogner!

Der erste.
Doch ein echter schwerlich!
Die richtigen sind allesamt verrückt:
Vernünftige Gascogner sind gefährlich.

Le Bret.
Bleich ist er.

Ein anderer.
Weil auch ihn der Hunger drückt.
Doch da von lauter Gold sein Panzer starrt,
Drum blitzt sein Magenkrampf im Sonnenlichte.

Cyrano
(schnell).
Zeigt keine Spur des Leidens im Gesichte!
Spielt! Raucht!
(Alle lagern sich schnell, um Karten und Würfel zu spielen, auf Trommeln, Schemeln und auf ihren am Boden ausgebreiteten Mänteln, und setzen ihre langen Tabakspfeifen in Brand.)
Und ich will lesen   Im Descartes.
(Er geht auf und ab und liest in einem kleinen Buche, das er aus der Tasche gezogen hat.   Pause.   Graf Guiche tritt auf. Alle scheinen beschäftigt und zufrieden. Er ist sehr blaß, geht zu Carbon.)

Vierter Auftritt

Vorige. Guiche.

Guiche
(zu Carbon).
Ah, guten Morgen!
(Sie betrachten einander. Für sich, mit Genugtuung.)
Er ist gelb.

Carbon
(ebenso). Die Knochen
Kann man ihm zählen.

Guiche
(zu den Kadetten).
Meine Herrn, seit Wochen
Erfahr ich, daß die Jünglinge von Adel,
Krautjunkerlein und ländliche Barone
Mich, ihren Oberst, in gehäss'gem Tone
Bekritteln und mit scharf gewürztem Tadel
Mich Höfling nennen, ja noch obendrein,
Weil ich mir einen Spitzenkragen gönne,
Die Möglichkeit in Zweifel ziehn, man könne
Gascogner und trotzdem kein Bettler sein.
(Stillschweigen. Die Kadetten spielen und rauchen.)
Laß ich durch euren Hauptmann euch bestrafen?
Nein.

Carbon.
Wen ich strafen will, das steht mir frei.

Guiche.
Ach?

Carbon.
Ich besolde sie. Drum dem Herrn Grafen
Gehorch ich nur in Kriegsbefehlen.

Guiche.
Ei?!  
Nun gut.
(Zu den Kadetten.)
Verachten kann ich euren Hohn:
Man sah mich oft genug im Kugelregen.
Noch gestern, bei Bapaume, griff ich verwegen
Die Spanier dreimal an, bis ihre Reihen flohn,
Gehetzt von meiner wilden Meute.

Cyrano
(ohne von seinem Buch aufzusehen).
Und Ihre weiße Schärpe?

Guiche
(angenehm überrascht).
Ah, Sie wissen?
Als ich mit einer Schwenkung meine Leute
Gesammelt, um von neuem Sturm zu laufen,
Ward ich von einem wirren Flüchtlingshaufen
Dicht an die Front des Feindes fortgerissen.
Ich lief Gefahr, daß man als guten Fang
Mich füsilierte; schnell gefaßt beizeiten,
Ließ ich die Schärpe drum zu Boden gleiten,
Die Zeugnis gab von meinem hohen Rang.
So konnt' ich unbemerkt die Feindeskette
Verlassen, und mit meiner ganzen Macht
Zurückgekehrt, gewann ich nun die Schlacht.  
War das nicht klug?
(Die Kadetten tun, als ob sie nicht zuhörten; aber sie halten die Karten und Würfelbecher in der Luft; sie vergessen, den Rauch der Pfeifen auszustoßen.)

Cyrano.
Heinrich der Vierte hätte,
Wenn auch bedrängt von einem ganzen Heere,
Sich nie des weißen Federbuschs entschlagen.
(Vergnügtes Schweigen. Karten und Würfel sinken herab; der Rauch entweicht.)

Guiche.
List führte mich zum Sieg!

Cyrano.
Man soll der Ehre,
Zielscheibe sein zu dürfen, nicht entsagen.
(Wachsende Aufmerksamkeit und Freude der Kadetten.)
Was mich betrifft: wär' ich dabei gewesen,
Dann hätt' ich flink zum Schmuck der eignen Brust
Die Schärpe mir vom Boden aufgelesen.

Guiche.
Gascogner Prahlsucht!

Cyrano.
Prahlsucht? Nun, ich bitte,
Die Schärpe mir zu leihn. Ich will mit Lust
Beim Sturm sie tragen in des Feindes Mitte.

Guiche.
Gascogner Vorschlag! Wollen Sie vielleicht
Sie suchen, dort, wo tausend Schlünde dröhn
Und rings Kartätschenhagel niederstreicht?
Von dort holt niemand sie!

Cyrano
(zieht aus der Tasche die weiße Schärpe und reicht sie ihm).
Hier ist sie schon.
(Pause. Die Kadetten ersticken ihr Lachen in den Karten und Würfelbechern. Guiche wendet sich um und sieht sie an. Sofort finden sie ihre Würde wieder und spielen. Einer pfeift gleichgültig die vorher gespielte Volksweise.)

Guiche
(die Schärpe nehmend).
Schön' Dank! Ich werde sie sogleich verwenden
Für ein Signal ... das ich bis jetzt verschob.
(Er geht zur Böschung, klettert hinauf und winkt mehrmals mit der Schärpe.)

Alle.
Wie?

Die Schildwache
(auf der Böschung).
Jener Mann, der dort ins Weite stob ...!

Guiche
(herabsteigend).
Ein falscher spanischer Spion. Wir senden
Ihn selbst zum Feind, dem er berichten muß,
Was wir zuvor ihm aufgetragen.
So lenken wir den spanischen Entschluß.

Cyrano.
Ein Schuft!

Guiche
(sich nachlässig die Schärpe umbindend).
Ein nützlicher.   Was wollt' ich sagen? ...
Ja, richtig!     Hört! Der Marschall zog in Waffen
Heut nacht verstohlen gegen Dourlens fort,
Um mit Gewalt uns Proviant zu schaffen;
Des Königs Marketender trifft er dort.
Damit man ihm den Rückzug nicht verwehre,
Hat er so viele Truppen sich gesellt,
Daß, wenn der Spanier heut uns überfällt,
Wir ihm entgegenstehn mit halbem Heere.

Carbon.
Ja, wenn die Feinde das erführen, dann
Wär's schlimm bestellt.

Guiche.
Sie haben's schon erfahren.
Uns winkt ein Angriff ihrer ganzen Scharen.

Carbon.
Ah!

Guiche.
Der Spion sprach so zu mir: »Ich kann
Verfügen; geben Sie mir zu verstehn,
An welchem Punkt der Angriff soll geschehn!
Ich werde sagen, der sei schlecht bewacht.«
»Sehr gut«, versetzt' ich ihm. »Geh vor die Wälle:
Wo du mich winken sehen wirst, hab acht;
Denn dies Signal bezeichnet dir die Stelle.«

Carbon
(zu den Kadetten).
Macht euch bereit!
(Alle erheben sich. Geklirr von Degen und Gehängen, welche umgeschnallt werden.)

Guiche.
In einer Stunde.

Erster Kadett.
Gut!
(Alle setzen sich wieder und nehmen ihre unterbrochenen Spiele wieder auf.)

Guiche
(zu Carbon).
So, bis der Marschall kommt, gewinn ich Zeit.

Carbon.
Deshalb!?

Guiche.
Deshalb ist's Ihre Schuldigkeit,
Daß Sie sich töten lassen.

Cyrano.
Also Rache?

Guiche.
Fühlt' ich für Sie besondre Liebesglut,
Dann hätt' ich andre wohl zu dieser Sache
Gewählt; doch da man Ihren Mut bewundert,
Konnt' ich damit zugleich dem König dienen.

Cyrano.
Herr Graf, von ganzem Herzen dank ich Ihnen.

Guiche.
Sie schlagen gern sich, einer gegen hundert:
Heut können Sie dem edlen Trieb genügen.
(Er geht mit Carbon nach hinten.)

Cyrano
(zu den Kadetten).
Unser Gascogner Wappen hatte nur
Bisher sechs Felder, golden und azur;
Nun gilt's, ein blutigrotes einzufügen!
(Guiche spricht im Hintergrund leise mit Carbon. Befehle werden erteilt, Verteidigungszurüstungen getroffen. Cyrano geht zu Christian, welcher mit gekreuzten Armen unbeweglich dasteht.)

Cyrano
(ihm die Hand auf die Schulter legend).
Christian?

Christian
(den Kopf schüttelnd).
Roxane!

Cyrano.
Ja!

Christian.
Wie gern noch riefe
Ich Lebewohl ihr zu in einem schönen Briefe!

Cyrano.
Ich sah voraus, was heute kommt ...
(ein Billett aus seinem Wams ziehend)
und schrieb
Dein Lebewohl.

Christian.
Zeig her!  

Cyrano.
Du willst?  

Christian
(ihm den Brief abnehmend). So gib!
(Er öffnet ihn, liest und stutzt.)
Ei!

Cyrano.
Was?

Christian.
Der Fleck ...?

Cyrano
(nimmt ihm schnell den Brief wieder ab und betrachtet ihn scheinbar unbefangen).
Ein Fleck?

Christian.
's ist eine Träne.

Cyrano.
Ja ... mich ergriff mein eignes Werk. Mir scheint,
Weil ich als Dichter mich beteiligt wähne,
Drum ward mein Auge feucht.

Christian.
Du hast geweint?

Cyrano.
Ja ... daß wir sterben, stört uns nicht die Ruh' ...
Doch sie nicht wiedersehn ... o Schreckenswort!
Denn niemals werd ich ...
(Christian sieht ihn an)
werden wir ... (rasch)
wirst du ...

Christian
(ihm den Brief entreißend).
Gib mir den Brief!
(Man hört entfernten Lärm.)

Stimme einer Schildwache.
Halt! Wer da?
(Schüsse. Lärm. Schellengeläut.)

Carbon.
Wer ist dort?

Die Schildwache
(auf der Böschung).
Ein Wagen!
(Alle eilen neugierig hinauf.)

Stimmen.
Hier im Lager?   Er biegt ein!  
Er kommt gewiß vom Feind!   Gebt Feuer!   Nein!
Der Kutscher schrie!   Was schrie er denn?   Er schrie:
Im Dienst des Königs!
(Alle stehen auf der Böschung und blicken hinaus. Das Schellengeläut nähert sich.)

Guiche.
Dienst des Königs! Wie?  
(Die Kadetten steigen herab, stellen sich in Reih und Glied.)

Carbon.
Entblößt das Haupt!

Guiche
(ruft in die Kulisse).
Macht Platz, damit im Fahren
Die Schwenkung würdevoll gelingen mag!
(Der Wagen fährt im Trab herein. Er ist mit Schmutz und Staub bedeckt. Die Vorhänge seiner Fenster sind geschlossen. Zwei Lakaien stehen hinten. Er hält an.)

Carbon
(kommandiert).
Laßt trommeln!
(Trommelwirbel. Alle Kadetten stehen barhäuptig.)

Guiche.
Senkt das Trittbrett!

(Zwei Leute gehorchen eiligst. Der Wagenschlag öffnet sich.)

Roxane
(aus dem Wagen springend). Guten Tag!
(Der Klang einer Frauenstimme richtet wie mit einem Zauberschlag all diese niedergedrückten Gestalten auf.   Höchste Verblüffung.)

Fünfter Auftritt

Vorige. Roxane.

Guiche.
Im Dienst des Königs   Sie?

Roxane.
Des einzig wahren:
Des Königs Amor!

Christian
(auf sie zueilend). Du?!

Roxane.
Das Kriegstreiben
Hat mir zu lang gedauert.

Cyrano
(ist beim Klang ihrer Stimme wie festgenagelt stehen geblieben und wagt nicht, sie anzusehen).
Gott, ich wanke!  

Christian.
Du kamst...!

Roxane.
Nachher!

Guiche.
Hier können Sie nicht bleiben.

Roxane
(heiter).
Doch! Doch!   Ich bitt um eine Trommel.
(Man bringt ihr eine Trommel in den Vordergrund; sie setzt sich darauf.) Danke!
(Stolz.)
Eine Patrouille schoß auf meinen Wagen!  
Sieht er nicht aus wie das Gespann im Märchen:
Ein Kürbis, hintenauf ein Rattenpärchen?
(Sie wirft Christian eine Kußhand zu; dann, sich umschauend.)
Ihr schaut nicht fröhlich drein.   Ich muß euch sagen:
Arras ist furchtbar weit.
(Sie bemerkt Cyrano.)
Vetter, grüß Gott!

Cyrano
(vortretend)
Erklären Sie...

Roxane.
Bedarf es der Erklärung,
Daß ich das Lager fand? Ich fuhr im Trott,
Wohin den Weg mir zeigte die Verheerung.
Ach, fürchterlich! Kaum traut' ich meinen Augen!
Ja, meines Königs Dienst scheint mehr zu taugen
Als der des euren.

Cyrano.
Unerhörte Dinge!
Von wo sind Sie hindurchgeschlüpft?

Roxane.
Von wo?
Nun, bei den Spaniern.

Erster Kadett.
Weiberlist!

Guiche.
Wieso
Durchbrachen Sie des Feindes dichte Ringe?

Le Bret.
Das war gewiß nicht leicht!

Roxane.
Es war nicht schwer.
Ich fuhr ganz einfach mitten durch ihr Heer.
Kam ein Hidalgo, dann aus meinem Wagen
Hab ich mein schönstes Lächeln ihm gesandt.
Ja, meine Herrn, ich kann mich nicht beklagen:
Die Spanier waren überaus galant.

Carbon.
Fürwahr, dies Lächeln ist ein Reisepaß!
Doch, fragte man Sie nicht an jedem Platze,
Wohin der Weg Sie führt?

Roxane.
Ohn' Unterlaß.
Und ich erwiderte: »Zu meinem Schatze.«  
Der grimmste Spanier schloß dann ungebeten
Die Wagentür mit einer Handbewegung,
Die selbst ein König säh' mit Neidesregung,
Entfernte die schon zielenden Musketen,
Verneigte sich in stolz graziöser Weise,
Stand stramm wie seine Spitzenkrause, zog
Den Schlapphut, daß im Wind die Feder flog,
Und sagte: »Señorita, gute Reise!«

Christian.
Jedoch ...

Roxane.
Vergib! Ich sprach: »Mein Schatz«   aus List.
Hätt' ich gesagt: »Mein Mann«, sie hätten nie
Mich durchgelassen.

Christian.
Aber jetzt ...

Roxane.
Was ist?

Guiche.
Sie müssen fort!

Roxane.
Ich?

Cyrano.
Schleunigst!

Le Bret.
Eilen Sie!

Christian.
Ja!

Roxane.
Doch weshalb?

Christian
(verlegen). Weil ...

Cyrano
(ebenso). Bald ...

Guiche
(ebenso). Es wäre gut ...

Carbon
(ebenso). Wenn ...

Le Bret
(ebenso). Daß ...

Roxane.
Es steht ein Kampf bevor. Ich bleibe.

Alle.
Nein!

Roxane
(sich in Christians Arme stürzend).
Sei im Tod vereint mit deinem Weibe!

Christian.
Dein Auge flammt.

Roxane.
Ahnst du, von welcher Glut?

Guiche
(verzweifelt).
Dies ist der schlimmste Platz!

Roxane
(sich umwendend). Der schlimmste?

Cyrano.
Hätten wir
Ihn sonst erhalten?

Roxane
(zu Guiche). Ah, damit man mir
Den Gatten raubt!  

Guiche
(protestierend). Mein Wort ...!

Roxane.
Ich halte stand!
Ich muß!   Und außerdem ist's amüsant.

Cyrano.
Will die Preziöse Heldin sein?

Roxane.
Das Blut
Der Bergerac   mir eignet es nicht minder!

Ein Kadett.
Wir alle schützen Sie!

Roxane
(mehr und mehr in Fieber versetzt).
Das glaub ich, Kinder!

Ein anderer
(berauscht).
Das ganze Lager riecht nach Iris!

Roxane.
Dieser Hut
Wird, denk ich, in der Schlacht mich trefflich kleiden.
(Sie sieht nach Guiche hin.)
Doch der Herr Graf muß jetzt vielleicht uns meiden?
Die Pflicht ...

Guiche
(verärgert).
Oh, sehr verbunden! Ich durchstreife
Das Lager und bin bald zurück. Ich mahne
Sie nochmals zur Vernunft!

Roxane.
Nein, nein!
(Guiche geht ab.)

Sechster Auftritt

Vorige ohne Guiche.

Christian
(flehentlich). Roxane?

Erster Kadett
(zu den andern).
Sie bleibt!

Alle
(rennen durcheinander, machen sich zurecht).
Wo ist ein Kamm?   Mein Wams ist leck!
Gebt Zwirn und Nadel!   Einen Spiegel!   Seife!  
Dein Schnurrbarteisen!   Ein Rasierbesteck!

Roxane
(zu Cyrano, der sie abermals bittet).
Ich weiche nicht!

Carbon
(nachdem er wie die andern sich gegürtet, seine Kleider und seinen Hut abgebürstet, dessen Feder zurechtgestrichen und seine Manschetten hervorgezogen hat, sich Roxane nähernd, zeremoniell) .
Da Sie darauf bestehn,
So möcht' ich Ihnen ein paar Edelleute
Vorstellen, welche hochgeehrt sind, heute
Vor Ihren Augen in den Tod zu gehn.
(Roxane neigt zustimmend das Haupt und wartet stehend, am Arm Christians. Carbon stellt vor.)
Baron von Crabioules auf Colignac!

Der Kadett
(mit Verbeugung).
Madame ...

Carbon
(fortfahrend).
Baron Lésbas d'Escarabiot
Von Malgouyre.   Chevalier von Casterac.  
Von Antignac-Juzet.   Baron Hillot
Von Blagnac-Saléchan und Peyrescous ...

Roxane.
So viele Namen haben Sie?

Baron Hillot.
Noch mehr!

Carbon
(zu Roxane).
Nun lassen Sie dies Schnupftuch frei!

Roxane
(läßt das Schnupftuch fallen). Wozu?
(Die ganze Kompanie schickt sich an, darauf loszustürzen, um es aufzuheben.)

Carbon
(es schnell aufhebend).
Wir hatten keine Fahne! Wir besitzen
die schönste nun im ganzen Heer!

Roxane
(lächelnd).
Sie ist ein wenig klein.

Carbon
(bindet das Schnupftuch an seine Hauptmannslanze).
Jedoch aus Spitzen.

Ein Kadett
(zu den andern).
Dies holde Lärvchen ist das Sterben wert,
Und wär' ich nicht vor Hunger wie besessen ...

Carbon
(der dies gehört hat, entrüstet).
Wer spricht vor einer solchen Frau vom Essen?

Roxane.
Ich finde selbst: die Luft des Lagers zehrt.
Drum bitt ich, mir das Frühstück aufzutragen:
Pasteten, Fleisch und Wein.
(Bestürzung.)

Ein Kadett.
Das Frühstück!

Ein anderer.
Ach,
Wo nehmen wir das her?

Roxane
(ruhig). Aus meinem Wagen.

Alle.
Was?!

Roxane.
Uns bedienen soll ein Mann vom Fach.
Betrachtet meinen Kutscher in der Näh':
Er ragt hervor im Kochen und im Schwärmen
Und ist bereit, die Soßen aufzuwärmen!

Die Kadetten
(zum Wagen rennend).
's ist Ragueneau!
(Sie umringen ihn mit Beifallsjubel.)

Roxane
(folgt ihnen mit den Augen). Die Ärmsten!

Cyrano
(ihr die Hand küssend). Güt'ge Fee!

Ragueneau
(auf dem Bock stehend wie ein Marktschreier).
Ihr Herrn!
(Enthusiasmus.)

Die Kadetten.
Hoch! Hoch!

Ragueneau.
Laßt uns den Spanier preisen!
Er ließ die Schönheit reisen   samt den Speisen.
(Beifall.)

Cyrano
(leise, zu Christian).
Hm, Christian!

Ragueneau.
Von Roxanens Reizen warm,
Nahm er nicht wahr ...
(Er zieht unter seinem Sitz eine Schüssel hervor und hebt sie hoch.)
die kalte Platte!
(Beifall. Die Schüssel geht von Hand zu Hand.)

Cyrano
(leise zu Christian). He!
Ein Wort!

Ragueneau.
Venus beschäftigte den Schwarm,
Damit Diana retten konnt' ...
(er schwingt eine Rehkeule) ihr Reh!
(Enthusiasmus. Die Keule wird von zwanzig ausgestreckten Händen ergriffen.)

Cyrano
(leise zu Christian).
Ich muß dich sprechen!

Roxane
(zu den Kadetten, welche zurückkommen, beladen mit Lebensmitteln).
Stellt dies auf die Erde!
(Sie breitet das Tischzeug auf dem Boden aus, unterstützt von den zwei unerschütterlich würdigen Lakaien, welche auf dem Wagen gestanden.)

Roxane
(zu Christian, in dem Augenblick, wo Cyrano ihn beiseite ziehen will).
Komm! Hilf mir!
(Christian gehorcht. Cyrano macht eine Bewegung der Besorgnis.)

Ragueneau.
Pfau mit Trüffeln!

Erster Kadett
(kommt fröhlich nach vorn, sich ein großes Stück Schinken abschneidend). Höllenschlund!  
So krieg ich doch, eh' ich des Teufels werde,
Noch was ins Maul ...
(Sich beim Anblick Roxanens schnell verbessernd.)

Verzeihung! in den Mund!

Ragueneau
(wirft ihnen die Wagenkissen zu).
Die Kissen sind voll Wachteln.
(Tumult. Die Kissen werden aufgeschlitzt. Freudiges Lachen.)

Dritter Kadett.
Alle Wetter!

Ragueneau
(wirft ihnen Flaschen voll Rotwein zu).
Rubinflut! (Ebenso Flaschen voll Weißwein.)
Und Topasflut   für den Durst!

Roxane
(wirft Cyrano ein gefaltetes Tischtuch an den Kopf).
Hop! Rollen Sie dies Tischtuch auf, Herr Vetter!

Ragueneau
(schwingt eine Wagenlaterne, die er abgerissen hat).
Jede Laterne ist ein Speiseschrank!

Cyrano
(leise zu Christian, während sie gemeinsam das Tischtuch auseinanderfalten).
Eh' du sie sprichst, muß ich mit dir noch sprechen!

Ragueneau
(immer lyrischer).
Mein Peitschenstiel ist eine Leberwurst!

Roxane
(schenkt Wein ein und serviert).
Mordius, wer sterben soll, braucht Speis' und Trank!
Greift zu, Gascogner! Ihr allein sollt zechen!
Und kommt Graf Guiche, dann lädt ihn niemand ein!
(Von einem zum andern gehend.)
Eßt nicht so hastig!   Nehmt euch ruhig Zeit!  
Trinkt aus!   Ihr weint? Warum?

Erster Kadett.
Vor Seligkeit.  

Roxane.
Still!   Etwas Fleisch?   Weiß' oder roten Wein?  
Ein Brot für Herrn Carbon!   Wer Teller braucht,
Der sag's.   Geflügel?  

Cyrano
(ihr folgend, mit Schüsseln beladen und ihr helfend; für sich).
Himmelsangesicht!

Roxane
(geht zu Christian).
Du?

Christian.
Nichts.

Roxane.
Dies Biskuit, in Muskat getaucht!

Christian
(versucht, sie zurückzuhalten).
O sage mir, warum du kamst?

Roxane.
Jetzt nicht.
Wenn jene satt ...

Le Bret
(der nach hinten gegangen war, um auf einer Lanzenspitze der Schildwache auf der Böschung ein Brot zu reichen).
Graf Guiche!

Cyrano.
Verbergt ihm klüglich,
So schnell ihr könnt, die Flaschen, Schüsseln, Teller,
Als wäre nichts geschehn!
(Zu Ragueneau.) Und du, noch schneller
Spring auf den Bock zurück!
(In einem Augenblick ist alles in den Zelten, den Kleidern, Mänteln und Hüten versteckt.   Guiche tritt schnell ein. Plötzlich stutzt er und schnuppert.   Pause.)

Siebenter Auftritt

Vorige. Guiche.

Guiche.
Hier riecht's vorzüglich.

Ein Kadett
(vergnügt trällernd).
Tralla!

Guiche
(bleibt stehen und sieht ihn an).
Was haben Sie?   Sie sind ganz rot!

Der Kadett.
Ich?   Nichts. Die Kriegslust bringt mein Blut zum Sieden.

Ein anderer.
Bum   bum  

Guiche
(sich umwendend). Was ist denn das?

Der Kadett
(leicht angeheitert). O nichts! Ich singe.

Guiche.
Mein junger Freund, Sie scheinen sehr zufrieden!

Kadett.
Aus Kampfbegier!

Guiche
(ruft Carbon, um ihm einen Befehl zu erteilen).
Herr Hauptmann! ...
(Er stutzt und sieht ihn an.) Mord und Tod!
Sie sind ja gleichfalls äußerst guter Dinge!

Carbon
(dunkelrot im Gesicht, verbirgt eine Flasche hinter seinem Rücken).
Ich ...

Guiche
(zeigt in die Kulisse).
Die Kanone pflanzt' ich auf den Kamm,
Um Ihrer Leute Wehrkraft zu verstärken.

Ein Kadett
(sich hin und her wiegend).
Oh, wie besorgt!

Ein anderer
(ihm liebenswürdig zulächelnd).
Wie rührend aufmerksam!

Guiche.
Ein Narrenhaus!   (Trocken fortfahrend.)
Doch sollen sie sich merken,
Daß sie beim Schuß zurückprallt.

Erster Kadett.
Puff!

Guiche
(geht wütend auf ihn zu). Wer pufft?

Erster Kadett.
Kein Rückprall droht, wenn die Gascogner schossen!

Guiche
(packt ihn beim Arm und schüttelt ihn).
Sind Sie berauscht?   Wovon?

Erster Kadett
(stolz). Vom Pulverduft!

Guiche
(läßt ihn achselzuckend los und geht schnell zu Roxane).
Madame, Sie sind nun hoffentlich entschlossen?

Roxane.
Ich bleibe!

Guiche.
Fliehn Sie!

Roxane.
Nimmermehr!

Guiche.
Nun gut.
Gebt ein Gewehr mir.

Carbon.
Wie?

Guiche.
Dann bleib auch ich.

Cyrano.
Endlich ein Zug von echtem Heldenmut!

Erster Kadett.
Sind Sie Gascogner trotz dem Spitzenkragen?

Guiche.
Ich lasse kein gefährdet Weib im Stich.

Zweiter Kadett
(zum ersten).
Was meinst du? Geben wir ihm was zu nagen?
(Alle Lebensmittel werden plötzlich wieder sichtbar.)

Guiche
(dessen Augen zu leuchten beginnen).
Wie?! Mundvorrat?

Ein dritter Kadett.
Jawohl, hier ward gezecht!

Guiche
(sich bezwingend, mit Würde).
Glaubt ihr, ich nähre mich von euren Resten?

Cyrano
(mit einer Verbeugung).
Hochachtung!

Guiche.
Nüchtern schlägt man sich am besten!

Erster Kadett
(mit einem Freudenausbruch).
's ist unser Landsmann!

Guiche
(lachend). Freilich.

Erster Kadett.
Er ist echt!
(Alle Kadetten beginnen zu tanzen.)

Carbon
(ist kurz vorher hinter die Böschung gegangen und erscheint nun auf ihrem Kamm).
Die Truppen stehn in Front.
(Er zeigt auf eine Reihe von Lanzenspitzen, welche hinter der Böschung hervorragen.)

Guiche
(zu Roxane, mit Verbeugung). Sie zu beschaun,
Dürft' ich an meinem Arme Sie geleiten?
(Sie nimmt seinen Arm. Sie steigen die Böschung hinan. Alle Kadetten nehmen die Hüte ab und folgen.)

Christian
(zu Cyrano gehend, rasch).
Sprich!
(Im Augenblick, wo Roxane auf dem Kamm erscheint, werden die Lanzen zur Begrüßung gesenkt, so daß sie verschwinden. Ein Ruf erhebt sich; sie dankt mit einer Verneigung.)

Die Truppen
(draußen). Hoch!

Christian.
Was hattest du mir zu vertrau'n?

Cyrano.
Falls dir Roxane ...

Christian.
Nun?

Cyrano.
Von deinen Briefen spricht ...

Christian.
Jawohl, ich weiß! ...

Cyrano.
Begeh die Dummheit nicht,
Erstaunt zu sein ...

Christian.
Wie?

Cyrano.
Laß dich vorbereiten!  
Es fuhr mir durch den Sinn, als sie heut kam,
Daß du ...

Christian.
So sprich doch!

Cyrano
... ihr weit öfter schriebst,
Als du vermutest.

Christian.
Wie?

Cyrano.
Ich übernahm,
Dolmetsch zu sein, wie glühend du sie liebst,
Und nicht von jedem Brief gab ich dir Kunde.

Christian.
Aha.

Cyrano.
Sehr einfach   nicht?

Christian.
Doch seit dem Tag,
Da man uns einschloß ...?

Cyrano.
In der Dämmerstunde
Schlüpft' ich hindurch ...

Christian
(die Arme kreuzend).
Sehr einfach, in der Tat!
Wie oftmals schrieb ich in der Woche?   Sag!
Zwei-, dreimal?

Cyrano.
Öfter.

Christian.
Täglich?

Cyrano.
Zweimal täglich.

Christian
(heftig).
Und das beglückte dich so ganz unsäglich,
Daß du dem Tode trotztest ...

Cyrano
(sieht, daß Roxane zurückkommt).
Schweig! Sie naht!
(Er geht schnell in sein Zelt.)

Achter Auftritt

Roxane. Christian. Die Kadetten, im Hintergrund ab- und zugehend. Carbon und Guiche erteilen Befehle.

Roxane
(eilt zu Christian).
Und jetzt gehör ich dir!  

Christian
(ihre Hände fassend). Und jetzt erkläre:
Warum durch tausend Schrecken, durch die Tiefe
Der Nacht, durch Kriegesnot und Feindesheere
Du mich hier suchtest?

Roxane.
Wegen deiner Briefe.

Christian.
Wirklich?

Roxane.
Ja, sie berauschten mich und trieben
Mich in Gefahr. Bedenke nur, wieviel
Du mir seit einem Monat hast geschrieben,
Und immer schönre!

Christian.
Nur ihr schöner Stil
Bestimmte dich ...

Roxane.
O schweig! Was kannst du wissen?
Wohl liebt' ich dich an jenem Abend schon,
Da deine Reden unter dem Balkon
Mit nie geahnter Macht mich hingerissen.
Nun klang aus jedem Brief, den du gesendet,
Die Stimme wieder, die mit Lust und Weh
Damals mein Herz bezaubert und gewendet!
So wurd' ich toll! Hätt' an Penelope
Ulysses so geschrieben, traun, sie wäre,
Wie Helena von Leidenschaft bezwungen,
Verlassend ihren Webstuhl, Zwirn und Schere
Geradeswegs nach Troja durchgedrungen!  

Christian.
Jedoch ...

Roxane.
Ich las, las wieder, ward nicht satt.
In meinem Schoße häuftest du zusammen
Die Blüten deiner Seele, Blatt auf Blatt.
Man fühlt aus jedem kleinsten Wort die Flammen
Der tiefen, reinen Liebe ...

Christian.
Tief und rein?
Das fühlt man?  

Roxane.
Ja, man fühlt's   wie Sonnenschein!

Christian.
Drum kamst du?  

Roxane.
Christian, o mein Held, ich kam  
Wenn du mir nicht erlaubst, vor dir zu knien,
So wisse: meine Seele kniet in Scham
Und steht nicht wieder auf, bis du verziehn  
Ich kam, zu flehn: Verzeih   und nicht verschieben
Soll man Verzeihung bei des Todes Nahn  
Verzeih, daß einst ich dir den Schimpf getan,
Nur wegen deiner Schönheit dich zu lieben!

Christian
(angstvoll).
Roxane!

Roxane.
Dann, als ich gerechter dich geschätzt,
Dem Vogel gleich, der hüpft, bevor er fliegt,
Blieb ich von deiner Schönheit zwar besiegt;
Doch deine Seele siegte mit.

Christian.
Und jetzt?

Roxane.
Jetzt, weil der stärkre Reiz den schwächeren vertrieb,
Jetzt hab ich nur noch deine Seele lieb.

Christian
(zurückweichend).
Roxane!

Roxane.
Freue dich!   Geliebt zu sein
Um eines Gutes willen, das vergänglich,
Erfüllt ein edles Herz mit bittrer Pein.
Kaum noch erblick ich deine Wohlgestalt:
Durch deines Geistes liebliche Gewalt
Ward ich für deine Schönheit unempfänglich.

Christian.
Oh!

Roxane.
Kannst du deinen Sieg noch nicht ermessen?

Christian
(schmerzvoll).
Roxane!

Roxane.
Glaub an ihn und sei beglückt!

Christian.
Oh, nichts von solcher Liebe! Laß mich denken,
Daß ich geliebt bin wegen ...

Roxane.
Wegen dessen,
Wodurch du sonst die Frauen schnell berückt?
Ich will dir eine beßre Liebe schenken!

Christian.
Nein, die von einst war besser.

Roxane.
Glaub mir doch!
Erst jetzt hat meine Liebe Kraft und Fülle.
Nur deinem Selbst, nicht deiner äußern Hülle
Bin ich ergeben.

Christian.
Still!

Roxane.
Ich würde noch
Dich lieben, wenn die Schönheit dir entschwunden.

Christian.
Ich bitte, sag das nicht!

Roxane.
Ich sag es.

Christian.
Oh!  

Roxane.
Ich schwör es!

Christian.
Himmel!

Roxane.
Macht es dich nicht froh?

Christian
(mit erstickter Stimme).
Ja, ja.

Roxane.
Was hast du?

Christian
(sie sanft abwehrend).
Nichts. Nur zwei Sekunden ...

Roxane.
Doch ...

Christian
(zeigt auf eine Gruppe von Kadetten im Hintergrund).
Jenen armen Burschen dort entwich
Dein Lächeln; geh und mach sie wieder reich!

Roxane
(gerührt).
Liebster!
(Sie geht nach hinten, zu den Kadetten, welche sie ehrerbietig und diensteifrig umringen.)

Neunter Auftritt

Christian. Cyrano. Roxane im Hintergrund, im Gespräch
mit Carbon und einigen Kadetten.

Christian
(nach dem Zelte Cyranos hin rufend).
Cyrano!

Cyrano
(erscheint wieder, gewappnet für die Schlacht).
Nun?   Warum zu bleich?

Christian.
Sie hat mich nicht mehr lieb!

Cyrano.
Wie?

Christian.
Sie liebt dich!

Cyrano.
Nein!

Christian.
Denn in mir liebt sie nur deine Seele.

Cyrano.
Nein!

Christian.
Ja! sie liebt dich   und du sie.

Cyrano.
Ich?

Christian.
Hehle
Mir's nicht.

Cyrano.
's ist wahr.

Christian.
Du liebst sie.

Cyrano.
Unermeßlich!

Christian.
Dann sag's ihr!

Cyrano.
Nein!

Christian.
Warum?

Cyrano.
Schau mein Gesicht!

Christian.
Sie würde mich noch lieben, wenn ich häßlich.

Cyrano.
Das sagt sie?

Christian.
Ja.

Cyrano.
Fürwahr, das tut mir wohl!
Doch nein, es ist ja Wahnsinn; glaub es nicht!
Daß sie's gesagt, freut mich als ein Symbol;
Doch laß dir raten: nimm sie nicht beim Wort!
Nur wenn du hübsch bleibst, liebt sie meine Seele.

Christian.
Das soll sich nun entscheiden.

Cyrano.
Nein!

Christian.
Sie wähle!
Bekenn ihr alles!

Cyrano.
Nichts bekenn ich ihr!

Christian.
Nur weil ich hübsch, nahm ich dein Glück dir fort.
Ist das gerecht?

Cyrano.
Und ich soll deins begraben,
Nur weil der Zufall mir verliehn die Gaben,
Das auszudrücken ... was du fühlst gleich mir?

Christian.
Sag's ihr!

Cyrano.
Hinweg, Versucher!

Christian.
Oder soll
Ich in mir selbst den Nebenbuhler tragen?

Cyrano.
Christian!

Christian.
Nein, unsern Pakt werd ich zerschlagen,
Wenn wir heut überleben!

Cyrano.
Du bist toll!

Christian.
Werd ich um meinetwillen nicht geliebt,
Dann besser gar nicht!   Von dem Rand des Walles
Will nach dem Feind ich ausspähn. Sag ihr alles,
Und dann entscheide sie, wem sie den Vorzug gibt.

Cyrano.
Dir!

Christian.
Hoffentlich. (Er ruft.) Roxane!

Cyrano.
Nein!

Roxane
(schnell nach vorn kommend.) Sofort!

Christian.
Cyrano wird was Ernstes dir berichten.
(Sie geht schnell zu Cyrano. Christian ab.)

Zehnter Auftritt

Roxane. Cyrano. Dann Le Bret, Carbon, die Kadetten,
Ragueneau, Guiche usw.

Cyrano
(bestürzt). Er geht!

Roxane.
Was Ernstes?  

Cyrano.
Oh, mitnichten!
Oft schien ihm ernst, was mir sehr harmlos schien.

Roxane
(schnell).
Ich weiß, er zweifelt noch an meinem Wort!

Cyrano
(ihre Hand ergreifend).
Sie sprechen wahr?

Roxane.
Ja, lieben würd' ich ihn,
Selbst wenn ... (Sie stockt.)

Cyrano
(traurig lächelnd).
Sie fürchten, daß mich's kränken kann,
Dies Wort?

Roxane.
O nein ...

Cyrano.
Ich hör es unverdrossen!  
Selbst wenn er häßlich?

Roxane.
Ja!
(Man hört eine Gewehrsalve.)
Man hat geschossen.

Cyrano
(glühend).
Abschreckend wüst?

Roxane.
Auch dann!

Cyrano.
Entstellt?

Roxane.
Auch dann!

Cyrano.
Grotesk?

Roxane.
Für mich wird er das nimmer sein!

Cyrano.
Sie liebten ihn auch dann?

Roxane.
Mehr als zuvor!

Cyrano
(den Kopf verlierend, für sich).
Vielleicht ... vielleicht schwebt nun das Glück empor!
(Zu Roxane.)
Roxane ... ich ...

Le Bret
(kommt eiligst, ruft mit gedämpfter Stimme).
Cyrano!

Cyrano
(sich umwendend). Was?

Le Bret.
Still!
(Er flüstert ihm etwas zu.)

Cyrano
(die Hand Roxanens loslassend, mit einem Aufschrei).
Nein!

Roxane.
Was gibt's?

Cyrano
(in starrem Entsetzen, für sich).
Vorbei!
(Neue Schüsse.)

Roxane.
Was geht denn vor? Das Schießen? ...
(Sie geht nach hinten, um hinauszusehen.)

Cyrano.
Auf ewig muß ich's nun in mir verschließen!

Roxane
(will fortstürzen).
Was geht hier vor?

Cyrano
(sie schnell aufhaltend). Nichts!
(Kadetten kommen, eine Last tragend, welche sie verbergen, und bilden darum einen Kreis, durch den Roxane verhindert wird, sich zu nähern.)

Roxane.
Was wird dort getragen?

Cyrano
(sie entfernend).
Ich bitte Sie ...

Roxane.
Was wollten Sie mir sagen?

Cyrano.
Ich Ihnen?   Nichts! Doch ich bekenne frei:
(Feierlich.)
Christian, an Geist und Körper gleich begnadet,
War ... (sich erschrocken verbessernd) ist so würdig ...

Roxane.
War?!
(Mit einem lauten Aufschrei.) O Gott!
(Sie läuft nach hinten und drängt die Kadetten beiseite.)

Cyrano.
Vorbei!

Roxane
(sieht Christian auf seinem Mantel ausgestreckt).
Christian!

Le Bret
(zu Cyrano).
Dahingestreckt vom ersten Schuß!
(Roxane wirft sich nieder und umklammert Christian. Neue Schüsse. Getümmel, Lärm und Trommeln.)

Carbon
(mit gezücktem Degen).
Der Feind! Greift zu den Waffen!
(Gefolgt von den Kadetten, übersteigt er die Böschung.)

Roxane.
Christian!

Stimme Carbons
(hinter der Böschung). Ladet!

Roxane.
Christian!

Carbon.
Richt' euch!
(Ragueneau eilt herbei, in einem Helme Wasser bringend.)

Christian
(mit ersterbender Stimme). Roxane!

Cyrano
(ihm schnell ins Ohr flüsternd, während Roxane in Verzweiflung ein Stück Leinwand, das sie von ihrer Brust gerissen, ins Wasser taucht, um ihn zu verbinden) .
Höre mich!
Ich sagt' ihr alles, und sie liebt nur dich!
(Christian schließt die Augen.)

Roxane.
Geliebter!

Carbon.
Ladstock hoch!

Roxane
(zu Cyrano). Nicht wahr, er muß
Nicht sterben?

Carbon.
Angeschlagen!

Roxane.
Mir will scheinen,
Daß seine Wange kalt wird an der meinen!  
Ein Brief auf seiner Brust! (Sie öffnet ihn.)
Für mich!

Cyrano
(beiseite). Mein Brief!

Carbon.
Gebt Feuer!

Cyrano
(will seine Hand losmachen, welche von der knienden Roxane festgehalten wird).
Ich muß zum Kampf!

Roxane
(ihn zurückhaltend). Noch nicht! Nun ist er tot.
Sie kannten ihn. Auch Ihnen war er teuer.
(Sie weint sanft.)
Welch süßen Zauber seine Seele bot,
Sie wußten's!

Cyrano
(stehend, mit entblößtem Haupt).
Ja, Roxane.

Roxane.
Denn er war
Ein Dichter.

Cyrano.
Ja.

Roxane.
Sein Geist so fein und klar!

Cyrano.
Gewiß.

Roxane.
Und alles Niedrige, Profane
Blieb seinem Herzen ferne.

Cyrano
(fest). Ja, Roxane.

Roxane
(wirft sich über Christians Leiche).
Er starb!

Cyrano
(für sich, den Degen ziehend).
Und ihm zu folgen ist mein Sehnen,
Da sie mich ahnungslos in ihm beweint!

Guiche
(erscheint auf der Böschung, zerzaust, mit einer Wunde auf der Stirn und ruft mit donnernder Stimme).
Hört ihr das Zeichen? Das ist nicht der Feind!
Mit Lebensmitteln kehrt der Marschall wieder.
Drum haltet aus!

Roxane.
Sein Brief voll Blut und Tränen!

Eine Stimme
(hinter der Bühne).
Ergebt euch!

Viele Kadetten.
Nein!

Ragueneau
(welcher vom Kutschbock aus über die Böschung sehend die Schlacht verfolgt).
's wird schlimm!

Cyrano
(zu Guiche, auf Roxane deutend).
Ich muß in Ihrer Hut
Sie lassen.

Roxane
(den Brief küssend, mit schwacher Stimme).
Seine Tränen und sein Blut!

Ragueneau
(springt vom Wagen herab, um zu ihr zu eilen).
Sie taumelt!

Guiche
(auf der Böschung, den Kadetten wild zurufend).
Haltet aus!

Eine Stimme
(hinter der Bühne). Die Waffen nieder!

Viele Kadetten.
Nein!

Cyrano
(zu Guiche). Sie bewiesen Ihres Mutes Größe:
(Auf Roxane deutend.)
Fliehn Sie mit ihr!

Guiche
(eilt zu Roxane und hebt sie auf).
Sei's drum! Weicht nicht zurück!
Bald kommt ja Hilfe.

Cyrano.
Gut!
(Zur ohnmächtigen Roxane hinüberrufend, welche von Guiche unter Ragueneaus Beistand fortgeschafft wird.)
Leb wohl, Roxane!
(Lärm. Verwundete Kadetten erscheinen und sinken hin. Cyrano, der sich in den Kampf stürzen will, wird auf dem Kamm der Böschung von dem blutbefleckten Carbon aufgehalten.)

Carbon.
Wir wanken! Ich empfing zwei Lanzenstöße.

Cyrano
(den Kadetten laut zurufend).
Vorwärts, Gascogner!
(Zu Carbon, welchen er stützt.)
Unbesorgt, mein Treuer!
Zwei Tote räch ich: Christian und mein Glück!
(Er steigt mit ihm herab und schwingt die Lanze, an welche Roxanens Schnupftuch gebunden ist.)
Nun flattre lustig, du geliebte Fahne!
(Er pflanzt sie auf den Boden. Zu den Kadetten.)
Drauflos! (Zum Pfeifer.) Spiel deine Weisen!
(Der Pfeifer spielt. Verwundete erheben sich wieder. Kadetten eilen die Böschung herab und scharen sich um Cyrano und die kleine Fahne. Andere steigen in und auf den Wagen, der, von Waffen starrend, nun einer Schanze gleicht.)

Ein Kadett
(erscheint, rückwärts gehend und dabei fechtend, auf dem Kamm und schreit).
Sie ersteigen
Den Wall! (Er fällt tot hin.)

Cyrano.
Man wird sie grüßen!
(Die Böschung ist im Nu mit Feinden angefüllt. Die großen Standarten der Kaiserlichen tauchen auf.)

Cyrano.
Feuer!
(Salve der Kadetten.)

Stimme
(in den Reihen der Feinde). Feuer!
(Gegensalve. Viele Kadetten fallen.)

Ein spanischer Offizier
(sichtbar werdend).
Wer sind sie, die dem Tod die Stirne zeigen?

Cyrano
(im Kugelregen deklamierend).
Das sind die Gascogner Kadetten;
Ihr Hauptmann ist Castel-Jaloux.
Sie raufen und lügen und wetten.
(Er dringt auf die Feinde ein, gefolgt von den wenigen Überlebenden.)
Das sind die Gascogner Kadetten ...
(Der Schlachtlärm übertönt das Weitere.   Der Vorhang fällt.)


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