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Sechs Jahre fast waren verflossen, seit der Kommodore Garibaldi mit der Vernichtung seiner eigenen Schiffe den Kampf auf dem ihm seit der Jugend vertrauten Element Valet gesagt und mit seinen Getreuen sich in die Pampas und die Einöden des Paraguay und Uruguay geworfen hatte, als Gaucho den blutigen Kampf mit den Gauchos fortsetzend.
Mit wechselndem Glück war seither von den Föderalisten und Unitariern fortgekämpft worden, Oribe hatte Nuñez geschlagen und war bei Villaguay am 22. November 1842 unterlegen, machte die Niederlage aber durch den großen Sieg bei Arroyo grande vergessen, nach welchem er an sechshundert Gefangene auf das Grausamste massakrieren ließ. Montevideo rüstete sich zu verzweifelter Verteidigung, viele Ausländer selbst griffen zu den Waffen, und alle Sklaven wurden frei gegeben, um im Heere zu dienen.
Jetzt mischten sich England und Frankreich aufs neue in den Streit, um ihre Handelsinteressen auf dem La Plata zu vertreten. Im Februar 1843 hatte Oribe Montevideo von der Landseite eingeschlossen; durch das ganze Gebiet wütete der Guerillakrieg, in dem sich Garibaldi mit seiner italienischen Legion vielfach auszeichnete. Tapfer focht er bei dem mißglückten Sturm auf das Dorf Cerro Largo und in der Niederlage von India Muerta, wo Urquiza das Heer Riveras zerstreute. Mit Silveira warf er sich in die Gebirge von Maldonado, nachdem der Sieger die empörende Menschenschlächterei an neunhundert wehrlosen Gefangenen wiederholt hatte, kämpfte mit den Madariagas am 4. Februar 1846 bei Laguna Limpia und machte seinen Namen durch die heldenmütige Verteidigung Saltos nicht bloß in ganz Südamerika, sondern selbst in Europa berühmt und gefürchtet. Nach dem Sieg von San Antonio ließ die provisorische Regierung von Montevideo seinen Namen und den Jahrestag der Schlacht mit goldenen Lettern auf die Fahne der italienischen Legion schreiben.
Aber Aprilwetter, Spiel, Frauengunst und Kriegsglück, sagen die Sprichwörter aller Nationen, sind veränderlich! Frankreich und England hatten zwar Buenos-Ayres den Krieg erklärt, die kleine Flotte des Diktators Rosas, der einst Garibaldi so heldenmütig widerstanden, bei Punta Obligado vernichtet, und hielten den La Plata geschlossen; allein infolge eines Streites mit dem Präsidenten von Montevideo, Dom Joaquin Suarez, hob Lord Howden die englische Blockade auf. Graf Walewski, der französische Gesandte und eifrige Beschützer Garibaldis, verließ im Juni 1847 Montevideo, und die französische Unterstützung wurde täglich geringer. Ribera hatte sich über die brasilianische Grenze flüchten müssen, und nur wenige Scharen unter entschlossenen Führern unterhielten noch den Guerillakrieg im Binnenland gegen Oribe und Urquiza.
So war der Stand der öffentlichen Angelegenheiten, als an einem schönen Morgen Ende März des Jahres 1848 eine wohl an tausend Mann starke Schar von Reitern und Fußvolk jenseits des Rio Negro durch die auslaufenden Thäler des San Gabriel-Gebirges in der Richtung des Uruguay und der brasilianischen Grenze dahinzog.
Die Schar schien mehr der Kenntnis ihrer Führer, als den kaum sichtbaren Spuren eines gebahnten Pfades zu vertrauen, die sich oft gänzlich in der Wildnis verloren. Das Thal, durch das sie zog, war ziemlich breit und der von einem kleinen Bach durchflossene Grund offen, nur hin und wieder von Palmengruppen unterbrochen. Die Algarova breitete dort ihre weitschattende Krone, und wie ein leichter, zierlicher Federstrauß wogte der luftige Gipfel der Jaguapalme im Windhauch. Wo der kleine Bach sich schlammige Buchten im fetten Urboden wühlte, dehnten sich kolossale Affenbrotbäume und streckte der gewaltige Händebaum die ungeheuren knorrigen Äste mit dem zartwolligen Laube und den duftenden Purpurblumen, aus um die, wie fliegende Edelsteine, niedliche Kolibris schwirrten.
Von Strecke zu Strecke trat an den Abhängen von Norden her der Urwald mit seinen Ausläufern ins Thal, üppig grüne Quebradas Waldschluchten. mit den ungeheuren Stämmen der Mahagoni- und Wollbäume und den silberblättrigen Cecropien. Um die Riesen des Waldes flattert das duftige Laub der Demanthusarten, das sich wie welkend zusammenzieht, wenn der Arras mit dem bunten Gefieder hindurchschlüpft und sich zu seinen Gefährten aufschwingt, die aus der Krone der stolzen Piritupalme ihr kreischendes Geschrei ertönen lassen und mit den krummen Schnäbeln die gelbroten Äpfel ihrer reichen Fruchttraube hacken. Im Gipfel der breitastigen Bertholletia thront ein alter bärtiger Brüllaffe; unter ihm, die Augen auf ihn gerichtet, der dunkle Chor der werten Gesippen, hoffnungsvolle Affenjünglinge, zärtliche Mütter des Miripigeschlechts mit süßen haarigen Säuglingen auf dem Rücken. Der Patriarch erhebt die drohende Stimme und alle fallen ein, daß stundenweit der Wald ertönt. Der Traueraffe mit dem weißen Haarkranz um das fahle Gesicht, hängt, mit dem Wickelschwanz sich haltend, an einem Zweig des Wollbaums und horcht dem entsetzlichen Konzert, dem das Faultier mit widrigem Klagelaut beistimmt. Die Schar der Hockhühner flattert durch das Dickicht der Farnkräuter und seltsam gebildeten Erichteen. Behutsam auf den Ästen sich hinschwingend, sucht der Cuguar den eifrigen Konzertisten sich zu nähern, die indes der scharfe Schrei des wachsamen gaukelnden Sagouins zeitig noch warnt. Augenblicklich verstummt der laute Chor und ist verschwunden. Der gierige Verfolger weiß, daß das Nachsetzen durchaus fruchtlos sein würde, und drückt sich grimmig knurrend, in die Gabel der Äste, das Frühstück zu erlauern, das zu erschleichen ihm nicht gelang. Aber ein anderer Laut macht ihn stutzen; sein feiner Geruch, sein scharfes Auge wittert das Nahen des größeren Räubers, des Menschen, und eilig springt er von seinem Sitz und flüchtet in die Tiefen des Waldes.
Voran dem Zug, in der Entfernung von etwa fünfhundert Schritt, ritt ein kleiner Haufe von etwa zehn Personen in der Bewaffnung und der Kleidung der Gauchos, mit breiten Sombreros, die Flinte über der Schulter, die Beine durch die dicken Ledergamaschen gegen die langen Stacheln des Feigenkaktus geschützt, das Messer in den Riemen der Gamasche und den Poncho auf dem Sattel. Nur zwei Personen machten eine Ausnahme: ein junger Mann von etwa achtzehn Jahren in einem Samtkollett und gleichen, bis an die Knie reichenden, zur Seite geschlitzten Calzoneras, unter denen ein anschließendes Lederbeinkleid bis in den kurzen Stiefel reichte. Ein grauer Filzhut mit roten Flamingofedern saß auf dem schwarzen Lockenhaar, welches das braune, frische Gesicht mit den kecken Augen und kühnen Zügen einrahmte. Die Rechte hielt einen gezogenen Karabiner schußfertig auf den Schenkel gestützt, während er mit der Linken sicher das feurige Pferd lenkte, dessen Bewegungen man es ansah, daß es noch nicht lange die wilde Cavallada verlassen hatte.
Der zweite war ein riesiger Neger; statt anderer Waffen nur mit einer überaus langen Lanze versehen.
»Beu der großen Obih-Schlange,« sagte La Muerte, denn er war der Schwarze, der mit dem Jüngling einige Schritte vorausgeritten war, »wir sind nun drei Tage durch die Ebenen und die Thäler gezogen, und müßten den Fluß längst erreicht haben. Was denken Massa Franzisco dazu?«
»Was ich denke, Schwarzer? ich hoffe nur, daß wir die föderalistischen Schurken bald vor dem Lauf unserer Büchsen haben werden. Wind und Wetter! es war kurzweiliger, auf dem Top der alten Itaparika Wache zu halten, als ewig hier durch die Bäume und Sträucher nach einem Feinde auszuspähen, der sich auf die Schnelligkeit seines Pferdes verläßt.«
Der Mohr lachte grinsend vor sich hin. »Massa Kommodore sprechen noch neulich zur Señora, Klein Massa Franzisco säßen jetzt auf dem Recado Gauchosattel. so fest, wie sonst auf der Raa, und wären grad' so gut, wie geborner Gaucho!«
»Ei potz Sturmsegel und Bramstenge,« lachte der geschmeichelte Jüngling, »ich bin gerade kein schlechter Reiter, und das Leben gefällt mir auch sonst ganz gut. Für Abwechselung sorgen der Bluthund Urquiza und der Kommodore. Aber was ich eigentlich sagen wollte – Du mußt das verwetterte Mestizen-Gesicht länger kennen, als ich, und so frag' ich Dich, was hältst Du von seiner Nachricht?«
Der Schwarze warf einen flüchtigen Blick zurück auf die Spitze der nachfolgenden Kolonne, dann schüttelte er besorgt den Kopf. »La-Muerte,« sagte er, »waren viele Jahre gut Freund mit Manuelo, aber ein Pardo haben kein weißes und kein schwarzes Herz, haben viel Haß in dem seinen.«
»Aber er ist ein Freund oder Verwandter der Señora, wie ich gehört. Der Zank in der Quinta, dessen ich mich noch recht wohl erinnere, mag Ursach' sein, daß er so lange fern blieb.«
»Massa Franzisco kennen Seele von Pardo nicht,« meinte der Neger. »La-Muerte wird ein scharfes Auge auf ihn haben.«
»Der Brief, den er dem Kommodore vom Oberst Silveira brachte, war unzweifelhaft echt, und er selbst erbot sich, die Schar dem Feinde in den Rücken zu führen. Ich hörte seine Versicherung, daß er die Gegend genau kenne, und die Señora verbürgte sich für seine Treue.«
»Massa Manuelo sein ein Gambusino. Wenn er uns führen will recht, kennt er mit verbundenen Augen jeden Schritt. Die Lanze La-Muertes ist lang, wenn der Pardo ein Verräter. Was da sehen Massa Franzisco?«
Der junge Mann hatte sein Pferd angehalten und schaute aufmerksam nach einem Felsstück weiter hinauf im Thal, das sich jetzt mehr und mehr zu verengern begann.
Am Fuß einer mächtigen Ceder, die sich auf dem Felsgrat erhob, sah man die Gestalt eines Mannes gleich einer Bildsäule am lichten Horizont sich abzeichnen. Selbst das Näherkommen des Zuges schien weder ihre Neugierde noch ihre Furcht zu erregen, so unbeweglich stand die Gestalt, die, wie man jetzt bemerkte, sich auf einen langen Bogen stützte, und deren glattgeschorenes Haupt nur mit drei aufrecht stehenden Geierfedern geschmückt war. Der Fremde trug ein indianisches Jagdhemd, und mit Perlen und Federn verzierte Mokassins. Als man näher kam, bemerkte man, daß er zu dem Geschlecht der alten Bewohner des Landes gehörte und noch ein Jüngling, kaum von dem Alter des jungen Franzosen an des Mohren Seite, war. Er mußte sich auf der Jagd befunden haben, denn ein Hirsch, von seinem Pfeil durchbohrt, lag zu seinen Füßen.
Der kleine Reitertrupp hielt am Fuße des Felsblocks an, und einer der eingeborenen Soldaten, der die Sprache der Stämme der Puelches-Indianer etwas verstand, rief ihm zu, herunter zu kommen, um mit ihnen zu reden.
Während der junge Indianer schweigend gehorchte, kam der Hauptzug des kleinen Heeres herbei.
An der Spitze desselben befand sich der kühne Condottieri, dessen Ruf und Name der Schrecken der Liberados geworden war, mit seiner Gattin, Señora Aniella, die ihn seit jener schrecklichen Nacht auf dem La Plata keinen Augenblick verlassen und alle seine Gefahren und Entbehrungen mutig geteilt hatte. An ihrer Seite ritt der Pardo, den sie einst verschmäht, und der den Dolch auf das Herz des Mannes gezückt hatte, der so rasch ihre Liebe gewonnen. Die Falten und Züge seines grauen Gesichts waren noch schärfer und härter, das Auge noch rastloser geworden. Seine Kleidung zeigte nichts mehr von dem frühern Glanz und der Eitelkeit, sondern war im Gegenteil unscheinbar, ja dürftig. Nur das Pferd, das er ritt, war von auffallender Schönheit und von der kräftigsten und ausdauerndsten Indianerrasse.
Der Kommodore trug, wie früher, den weißen Mantel über der roten Bluse, die seine kräftige Gestalt umkleidete, und den grauen Hut mit den Straußfedern. Man sah ihm an, daß der Befehl seine Gewohnheit, der unwiderrufliche, rasche Entschluß seine innerste Natur geworden war. Diesen Ernst, diese Strenge milderte allein der freundliche Ausdruck seines großen Auges, wenn es sich mit Zärtlichkeit und Stolz auf die junge Frau wandte, die in kurzem Reitrock, einen leichten Kavalleriesäbel an der Seite, Pistolen in der roten Seidenschärpe um ihre schlanke Taille, auf einem kleinen grauen Pferde an seiner Seite ritt, auf dem Knopf ihres Sattels einen Bastkorb, der zwischen einer Wiege und einer Hängematte die Mitte hielt und in dem ein Kind von etwa einem Jahre lag.
Eine Schar von wohl zweihundert Reitern, nach Willkür gekleidet und bewaffnet, Abenteurer aus jedem Lande Europas und Amerikas, alle kühne, trotzige Gestalten, schloß sich an den Führer. Ein ziemlich disziplinierter Haufen von Fußsoldaten, von Sacchi kommandiert, folgte, und eine zweite Schar von Reitern bildete die Nachhut. Die Krieger der Pampas und der Savannen beschweren sich nicht mit vielem Gepäck; der Poncho dient ihnen zur Decke und zum Lager, ein Säckchen mit Pemmican und ihre Flinten sichern ihnen den Unterhalt.
Des Kommodore Falkenauge hatte schon von fern den Indianer bemerkt; als er herankam, winkte er, ihn herbei zu führen. Der ganze Zug der Soldaten hielt, und viele der Fußgänger benutzten die Gelegenheit, sich auf den Boden zu werfen, denn man war bereits seit vier Stunden marschiert.
Der Indianer stand jetzt vor dem Anführer. Er war hoch und schlank gewachsen, sein Gesicht war von heller Kupferfarbe und nicht entstellt durch die Sitte des Tätowirens oder wilde Malereien. Während er die wollene Decke um Schulter und Brust zusammenzog, streifte sein Auge ruhig über den Halbkreis, der ihn umgab, und blieb dann mit offenbarer Bewunderung auf dem lieblichen Antlitz der jungen Mutter hangen.
Der Kommodore übernahm selbst das Verhör. »Verstehst Du Spanisch oder Portugiesisch?« fragte er.
»Der rote Mann hat gelernt, mehr als eine Zunge im Munde zu haben, seit sein weißer Bruder über das Weltmeer gekommen,« sagte der Indianer tut besten Spanisch. »Frage, und Mato-Topah wird Dir antworten.«
»Von welchem Stamm bist Du, und wohnst Du in dieser Gegend?«
»Der Adler der Weißen fragt viel auf einmal. Mato-Topah ist der letzte vom Blute der Aroges, die einst die Gebieter waren von den Quellen der Parana bis zum großen Fluß. Wenn der ›Junge Kondor‹ zu dem Land seiner Väter gegangen ist, wird keine Brust mehr das Zeichen seines Stammes tragen.« Er schlug mit einer leichten Bewegung die Decke zurück und den Augen der Europäer zeigte sich auf der Brust des Jünglings das in heller blauer Farbe tätowierte Bild eines Geierkopfes.
»Mein junger Bruder hat meine zweite Frage noch nicht beantwortet,« sagte der Kommodore. »Ist er ein Bewohner dieser Gegend, und kennt er sie genau?«
Der Jüngling wies nach dem Hirsch auf dem Felsblock. »Mato-Topah ist auf der Jagd,« antwortete er ausweichend, »der Jäger kennt die Fährten des Wildes.«
»Kannst Du uns sagen, wie weit wir noch vom Uruguay entfernt sind?«
»Ehe die Sonne den Mittag erreicht, könnte Dein Pferd aus seinen gelben Wellen trinken. Aber es wird ihn niemals sehen. Die weißen Männer sind Thoren, ihre Weiber dorthin zu führen, wo der Tod ihrer harrt.«
»Was willst Du damit sagen? Befinden sich Feinde zwischen hier und dem Fluß?«
»Wenn mein Vater so weise wäre, wie er tapfer ist, würde er wissen, daß die ›blutige Hand‹ Der indianische Name Urquiza's ihn erwartet, wo sein Pfad schmal wird.«
Die Nachricht war überraschend. Man hatte geglaubt, nach den Nachrichten, die der Pardo als Bote des Obersten Silveira gebracht, daß der General der Föderalisten sich im Gebiet von Entre-Rios jenseits des Flusses befände und mit einer Bedrohung der Stadt Concordia beschäftigt sei, die sich unter dem Obersten für die Sache der Banda Oriental erklärt hatte, und der der Kommodore zu Hilfe ziehen wollte. Dennoch hegte der tapfere Führer keinen Verdacht gegen den Mann, der nach so langen Jahren zum erstenmale wieder bei seiner Milchschwester und ihrem Gatten erschienen war; denn der Brief, den er überbrachte, war unzweifelhaft echt.
Concordia mußte daher gefallen oder Urquiza aus irgend einem Grunde über den Uruguay zurückgegangen sein.
»Bist Du dessen gewiß, Knabe, was Du sagst?«
»Das Auge Mato-Topahs ist scharf. Es hat die Weißen gezählt, als die Sonne aufging.«
Ein Verdacht fuhr durch die Seele des Italieners. »Wie kommt es, daß Du die Sprache der Spanier so geläufig sprichst?«
Der junge Mann lächelte. »Wenn der weiße Adler es vorzieht, mit dem Kinde der Berge in der Sprache der Franken zu reden,« sagte er in gleich geläufigem Französisch, »wird der junge Kondor ihm in dieser antworten.«
Das Erstaunen des Kommodore über diese Fertigkeit hier in der Einöde des Urwaldes war groß. »Wie kommst Du zu solcher Kenntnis, Jüngling? Hast Du in Montevideo gelebt?«
»Mato-Topah hat niemals die Städte der Weißen besucht. Er liebt den Wald und ist sein Kind. Was er weiß, hat sein weißer Vater ihn gelehrt, in dessen Toldo seine Schwester wohnt.«
Der Anführer hätte gern weiter geforscht, aber er fühlte, daß jetzt Wichtigeres zu erfahren ihm oblag. »Wie hoch schlägst Du die Stärke unserer Feinde an?«
»Sie sind zahlreich, wie die Cedern des Urwalds. Die roten Kinder der Pampas sind bei der ›blutigen Hand‹ und dem ›Gierigen Auge‹. Wenn der weiße Adler auf jenen Felsen steigt, kann er sie sehen vor und hinter sich.«
Was keiner der tapfern Krieger bisher gewußt: daß sie von schlauen Feinden schon längst verfolgt worden und jetzt gänzlich umzingelt waren, hatte der junge Sohn der Wildnis ohne Mühe erspäht.
Der Kommodore warf einen flammenden Blick auf den Pardo, aber die ruhige, unbesorgte Haltung desselben unterdrückte seinen Verdacht. Er sprang eilig vom Pferde und erklomm den Felsen. Ein Blick von dessen Höhe überzeugte ihn, daß der Indianer die Wahrheit gesprochen. Am Ende des Thales zeigten sich dunkle Haufen von Reitern, über die Höhen, die sie vor einer Stunde passiert, galoppierten dichte Scharen heran; durch das Glas, welches er bei sich führte, erkannte er deutlich Massen der wilden Puelches-Indianer, untermischt mit den Scharen der Gauchos und regulären Soldaten. Der Feind mußte ihm mindestens um das Vierfache überlegen sein. Noch bevor er den Felsen verließ, wimmelten alle Höhen von Reiterzügen und ihr höllisches Geschrei drang durch die dünne, klare Luft bis zu seinem Ohr.
Im Nu war er. zurück und im Sattel seines Rosses. Die Trompete und das Schützenhorn gab das Signal, zu sammeln, und die einzelnen Reiter und Soldaten, die sich von dem Hauptzug entfernt, kamen schon bei dem Anblick der Gefahr, die bald keinem mehr verborgen blieb, eilig herbei und stellten sich in die Glieder.
Kommodore Garibaldi hatte die einzelnen Führer schnell um sich versammelt; eine kurze Beratung reichte hin, sie zu überzeugen, daß man um jeden Preis vordringen und den Uruguay oder wenigstens eine bessere Position erreichen müsse, wo man hoffen könne, sich mit Erfolg gegen die Übermacht des Feindes an Reiterei zu verteidigen.
Der offene, ehrliche Charakter des Kommodore wies auch jetzt noch jeden Glauben an einen Verrat, und daß der Pardo von den veränderten Bewegungen des Feindes Kenntnis gehabt habe, zurück. Während seine Unteranführer mit der Ausführung seiner raschen und entschlossenen Befehle beschäftigt waren, wandte er sich noch einmal zu dem jungen Indianer. Dessen Augen folgten noch immer mit höchstem Interesse allen Bewegungen der jungen Frau, deren Antlitz keine Spur von Furcht, sondern Mut und unbedingtes Vertrauen auf ihren Gatten bekundete.
»Mein Sohn ist noch zu jung, um auf dem Pfade eines indianischen Kriegers gewandelt zu sein,« sagte Garibaldi in der Sprache der Stämme des Ostens, »aber wenn er in dieser Gegend bekannt ist, kann er uns dennoch vielleicht einen Rat erteilen.«
Der junge Wilde sah ihn mit einem raschen funkelnden Blick an. »Die ›Große Medizin‹ wollte aus Mato-Topah eine Taube machen, aber der junge Geier vergißt nicht, daß er Schwingen zum Fliegen und Krallen für seine Feinde hat. Der Vater des jungen Kondor hat den Schnee der Anden und das Herzblut der feigen Aripones gesehen, – er war ein großer Krieger! – Mato-Topah wird das Haus des weißen Mannes verlassen, in dem seine Schwester wohnt, und ein Krieger werden, wie sein Vater.«
»Ich hoffe es, Jüngling. Jetzt höre mich wohl an. Du siehst die Zahl unserer Feinde und wirst begreifen, daß wir bei allem Mut ihrer Übermacht in diesem offenen Grunde nicht widerstehen können. Glaubst Du, daß wir das Ufer des Uruguay erreichen können, oder weißt Du einen Ort in der Nähe, wo eine tapfere Schar sich mit Erfolg gegen eine Menge verteidigen kann?«
Eine rasche Antwort schwebte sichtbar dem Wilden auf der Zunge, aber er unterdrückte sie eben so schnell. In seinem Innern schien ein Kampf vor sich zu gehen zwischen dem Wunsch, den Kriegern gegen die Bundesgenossen der ihm verhaßten Puelches und Aripones zu helfen, und einer Rücksicht, die ihm Schweigen empfahl.
»Die ›Große Medizin‹« sagte er endlich, »ist ein Freund des Friedens. Alle, die in seiner Nähe wohnen, haben die Streitaxt begraben. Sechzehn Jahre war er der Vater des ›jungen Kondor‹ und der ›schlanken Palme‹ – ich möchte nicht Kummer und Blut bringen auf sein weißes Haupt, noch die Flamme in seine friedliche Hütte.«
»Wenn es ein weißer Mann ist, von dem Du sprichst, Knabe,« meinte unmutig der Italiener, »so wird er es Dir Dank wissen, wenn Du tapfere Krieger seiner Farbe nicht machtlos in die Hände ihrer Feinde fallen läßt. Aber ich habe schon zu viel der kostbaren Zeit mit Dir verloren. Laß zwei Züge Deiner Reiter vorrücken, Freund Sacchi, und wirf jene Schurken zurück, die uns zu nahe kommen. Begieb Dich in den Schutz der Infanteristen, Aniella, und Du, mein Junge, hier her zu mir, wenn ich Dich brauche!«
Der junge Franzose war rasche an seiner Seite, aber statt dem Befehl ihres Gatten zu gehorchen, wandte die Señora ihr Pferd zu dem jungen Indianer.
»Wenn mein Bruder ein Krieger werden will,« sagte sie mit sanfter Stimme, seine früheren Worte wiederholend, »so hat er die Pflicht, den Schwächeren und Bedrängten zu helfen. Will der ›junge Kondor‹ daß eine Frau und ihr Kind in die Hände jener Mörder fallen, wenn ein Wort von ihm sie retten kann?«
Der Jüngling streckte rasch den Arm nach einer Hügelreihe in nordwestlicher Richtung aus. »Wenn der ›singende Vogel‹ mit seinen Männern nach jener Seite sich wendet, wird er in das Thal des Friedens kommen und die Mission von San Dolores finden. Die Mauern sind stark und mögen ihn schützen gegen alle Feinde!«
Ein Laut, wie eine unterdrückte Verwünschung, folgte den Worten des jungen Mannes. Als die Señora sich umschaute, hatte der Pardo, ihr Milchbruder, sich auf den Hals seines Pferdes gebeugt und machte sich mit dem Sattelzeug zu schaffen.
Die Entdeckung, daß eine der alten Missionen, welche sich über ganz Südamerika bis tief hinein in die Steppen und Urwälder erstrecken, sich in der Nähe befand, war so überraschend als wichtig. Diese oft weitläufigen und von Stein errichteten Gebäude sind größtenteils noch ein Werk des frommen christlichen Eifers vergangener Jahrhunderte und gleichsam die ersten Vesten der Civilisation, mit denen die Patres der Gesellschaft Jesu in die Einöden vordrangen, um den Indianern das Christentum zu bringen und zugleich vorteilhafte Handelsstationen unter ihnen zu gründen. Der Kommodore erfuhr jetzt rasch auf seine Fragen, die der Indianer nach der einmal erfolgten Entdeckung ohne weiteres beantwortete, daß die Mission in einem Seitenthal, kaum eine Legua entfernt, sich befand und aus einem großen massiven Gebäude, mit halbverfallenen Mauern umgeben, bestand. Die Missionare hatten das »Thal des Friedens«, wie der Jüngling den Ort nannte, schon zur Zeit der ersten Unabhängigkeitskriege verlassen, und die Gebäude waren seit etwa fünfzehn Jahren bloß von einem alten weißen Mann bewohnt, den Mato-Topah als die »Große Medizin« bezeichnete, und dem kleinen Rest eines untergegangenen friedlichen Indianerstammes, den der Greis in Ackerbau und Gartenzucht unterrichtet hatte. Der weiße Vater dieser kleinen Gemeinde stand durch sein Wissen, durch seine medizinischen Kenntnisse und seine Güte und Milde rings umher in einem Ruf, der Weiße und Indianer abhielt, den Frieden seines Asyls auf irgend eine Weise zu stören.
Die Gefahr war jedoch zu dringend, die Pflicht als Führer der ihm vertrauenden Schar zu gebietend für den tapfern Condottieri, um andere Gedanken obwalten zu lassen. Sobald er sich von der Lage des Orts genügend unterrichtet, erteilte er seine Befehle, und die ganze Truppe setzte, von ihren Reiterpiketts flankiert, mit möglichster Schnelle ihren Marsch das Thal entlang fort.
Bereits erfüllte der Lärm der einzelnen Reiterscharmützel die Thalebene. Mit geschickter Benutzung der kleinen Baumgruppen und aller Terrainvorteile fochten die vorgeschobenen Reiterhaufen beider Parteien, der Knall der Flinten dröhnte von allen Seiten, der Pulverdampf wirbelte rings umher empor, und das gellende Kriegsgeschrei der bald vordringenden, bald fliehenden Wilden brach sich an den breiten Thalwänden.
Noch waren die Hauptscharen des Feindes von beiden Seiten des Thales her nicht ins Gefecht getreten, aber die dunklen Kolonnen kamen näher und näher, die Menge der Verfolger wuchs mit jedem Augenblick, und Marochetti, der Führer der Fußsoldaten, war bereits zweimal genötigt gewesen, seine Kolonne Halt machen zu lassen und den ungestümen Anprall einer indianischen Reiterschar mit einer allgemeinen Salve zurückzuweisen.
Als jedoch der Kommodore der von dem Indianer als Eingang des Thales bezeichneten Stelle sich näherte, erkannte er leicht, daß er seinen Rückzug nicht ohne entscheidenden Kampf werde bewirken können. Eine vorspringende steile Anhöhe teilte den Eingang in Hufeisenform. Dahinter erhob sich das Gelände in Form einer langgestreckten Hügelwand, in deren Rücken, wie Mato-Topah berichtete, das Thal des Friedens und die Ruinen der Mission San Dolores sich befanden.
Die Streitmacht des Feindes, die den Montevideern den Weg nach dem Uruguay versperrte, langte in demselben Augenblick an dem westlichen Eingang des Thales an, wo die Reiter Sacchis, bei denen sich jetzt der Kommodore befand, die östliche Öffnung erreichten.
»Reite zu Marochetti zurück, Franzisco,« befahl der Kommodore seinem jungen Adjutanten, »er soll sofort nach der Mission vordringen und die Zugänge besetzen, indes wir ihm jene Schurken vom Leibe halten, und nimm diesen Burschen mit Dir, ihnen den Weg zu zeigen.«
Der junge Franzose wandte sein Pferd. Seit er erfahren, daß der Indianer seine Muttersprache redete, hatte er eine große Vorliebe für ihn.
»Dort läuft ein Pferd, junger Kondor,« sagte er, »fang' es und folge mir.«
»Mato-Topahs Fuß ist so schnell, wie die weiße Stute der Pampas. Er wird dem ›springenden Damhirsch‹ zur Seite bleiben.«
In der That rannte der Indianer ohne Anstrengung neben dem galoppierenden Pferde des jungen Franzosen her, der rasch seinen Auftrag vollführte und dann zu der Vorhut zurückkehrte.
Diese war bereits im Kampf mit den Gauchos und Indianern. Da jedes Einzelgefecht bei der Übermacht der Gegner ihnen Verderben bringen mußte, hatte der Führer das Signal zum Sammeln gegeben und führte seine Reiter in langer Front im Galopp gegen den Feind. Die bessere Bewaffnung der italienischen Legion und ihre bessere Taktik und Ordnung waren allerdings gefährlich, aber die Reitergewandtheit ihrer Gegner glich den Übelstand wieder aus. Die Italiener und Franzosen sind nie vollendete Reiter gewesen, während die Kinder der Pampas mit ihren Pferden ein Leib und eine Seele werden. Eine Strecke weit durch den Anprall zurückgeworfen, öffneten sich ihre Haufen zu beiden Seiten und kehrten mit Blitzesschnelle auf den Flanken zum Angriff zurück. Der Lasso wirbelte mit nie fehlender Sicherheit durch die Luft, die lange Indianerlanze traf im Fluge ihr Opfer, während der Reiter, zur Seite des Pferdes hängend, dem Gegner fast unsichtbar blieb.
Die kleine Schar des Kommodore wurde zurückgedrängt, und nur mit Mühe gelang es dem Führer, durch den westlichen Zugang des Thales sich zurückzuziehen und auf dem Gelände seine Leute in fester Phalanx zu sammeln.
Marochetti, unterstützt von den Reitern des Nachtrabs, hatte unterdes, trotz der wütenden Angriffe auf seine Schar, den Befehl des Kommodore ausgeführt und glücklich von der anderen Seite das Hochland erreicht, hinter dessen Abhang, etwa zweitausend Schritt noch entfernt, das Thal des Friedens sich erstreckte.
Urquiza, denn der grausame General der Liberalisten selbst war zur Vernichtung seines gefürchteten Feindes und Nebenbuhlers um den Ruhm des kühnsten Guerilla Südamerikas ausgezogen, bemerkte mit Wut im Herzen, daß jener im Begriff war, der ihm gelegten Schlinge zu entgehen und einen Vorteil zu gewinnen, der das kleine Heer noch vor der Vernichtung retten konnte. Er sandte dem »schwarzen Raben«, so hieß der Kazik der Puelches, den Befehl, mit seinen Reitern den Weg über den Hügelrücken dem unitaristischen Fußvolk abzuschneiden, und warf sich mit den Gauchos auf den Kommodore, während die dichten Scharen der Aripones sich gegen die kleine, aber entschlossene Phalanx stürzten.
Der aufsteigende Hügelrücken bildete jetzt ein einziges Schlachtfeld. Die Infanterie-Kolonne, von den sichern Kugeln der Feinde dezimiert, hatte sich in ein Carré formiert und rückte langsam vorwärts, während die wilden Reiter sie auf allen Seiten umschwärmten, an die Seiten ihrer Pferde gepreßt, bis fast an die Spitzen ihrer Bajonette heranjagten, ihre Pfeile oder Karabiner abschossen und dann eben so unsichtbar davon flogen. Das Feld war mit Leichen bedeckt, die Luft schien von dem gellenden Kriegsgeschrei der Wilden zu erbeben und der Pulverdampf wirbelte hoch empor in den Äther, aus dem die Sonne jetzt glühende Strahlen herabschoß.
Unter den Reitergeschwadern der Indianer befand sich ein Trupp der wilden Milizen von Buenos-Ayres. Ihr Führer war ein Kreole, ein Mann von etwa sechsundvierzig Jahren und gedrungenem, kräftigen Wuchs. Zweimal, als er mit seinen Reitern nahe heran kam, begegneten sich die Augen des Pardo mit den seinen, und er deutete mit leichtem Wink auf die Gattin des Kommodore, die er in der Mitte des Carrés an seiner Seite hielt, in dem einen Arm das Kind, das sie vor den Kugeln und Pfeilen hinter dem Kopf des Pferdes schützte, an der anderen Hand den leichten Säbel hängend, während ihr Auge über das Schlachtfeld nach der Seite schweifte, wo ihr kühner Gemahl für ihren Rückzug kämpfte, indem er selbst mit dem Rest seiner Tapferen sich langsam nach seiner Infanterie zurückzog. La-Muerte und der junge Indianer waren an ihrer anderen Seite.
Die Lage des Kommodore wurde mit jedem Augenblick mißlicher und gefährlicher; er selbst focht wie der geringste seiner Reiter, deren kaum noch fünfzig um ihn versammelt waren, während die anderen gefallen oder in einzelnen Trupps über den Hügelabhang zerstreut kämpften.
»Zu Hilfe, Marochetti, zu Hilfe Ihrem General – er unterliegt!« rief plötzlich die Señora. »Lassen Sie die Reihe öffnen, daß wir ihn befreien!« Sie reichte das Kind in wilder Hast dem Pardo. »Nimm, Manuela! Schütze es mit Deinem Leben! Zu Hilfe dem Kommodore!«
Ihr Ruf galt dem stürzenden Gatten. Sein Federbusch war in dem wogenden Getümmel verschwunden, sein weißer Mantel flatterte zu Boden, über ihn hinweg Pferde und Menschen, blitzende Säbel, geschwungene Büchsen –
Marochetti faßte den Zügel ihres Pferdes. »Keine Unbesonnenheit, Señora! Ihre Sicherheit ist mir anvertraut!« Aber er hatte keine Zeit, sich weiter darum zu kümmern, denn in demselben Augenblick stürmten in einer dichtgeschlossenen Schar wohl fünfhundert indianische Reiter von zwei Seiten gegen das Carré, von dem »Schwarzen Raben« selbst und dem Milizmajor geführt, und diesmal alle gewöhnlichen Listen des Schutzes verschmähend, offenbar entschlossen, das Carré zu sprengen. Zugleich stieß der Pardo seinem kräftigen Pferde die Sporen tief in die Flanken und ein rotes Tuch, die Farbe der Liberalisten, aus seiner Jacke ziehend und es durch die Luft schwenkend, warf er mit einem gewaltigen Sprung seines Rosses die vor ihm Stehenden zu Boden, durchbrach die Seite des Carrés und flog mit dem Ruf: » Viva el federación!« in die Reihe der Anstürmenden, die den Verräter mit Jubelschrei begrüßten und sich wie ein überflutender Gebirgsstrom in die von ihm geöffnete Lücke stürzten.
Die Verwirrung war furchtbar und von den schlimmsten Folgen. Mit starrem Auge hatte die Señora den Verrat ihres Milchbruders gesehen, über dessen plötzliche Rückkehr nach sechs Jahren sie sich gefreut, und für dessen Zuverlässigkeit sie sich bei ihrem Gemahl verbürgt hatte. Denn der Brief, den er überbracht, war in der That von der Hand des Obersten Silveira, der wahre Bote aber in die Hände Urquizas gefallen, der sofort den Plan entworfen hatte, seinen tapfern Gegner damit in eine Falle zu locken. Der Gambusino, der sich gerade in dem Lager Urquizas befand, als der Bote Silveiras kam, hatte lange nach einer günstigen Gelegenheit gespäht, sich für die Verschmähung Aniellas und den Triumph des Kommodore zu rächen. Mit dem raschen Übergang der heißblütigen südlichen Charaktere haßte er jetzt Aniella so gewaltig, wie er sie sonst geliebt, und selbst das Bewußtsein fabelhafter Reichtümer, mit dem er am Ufer des La Plata vor dem Neger geprahlt und nach denen er nur die Hand auszustrecken brauchte, war nichts für ihn, ehe er nicht seine Rache gekühlt. Nach jener Nacht, in der ihn die Hand La-Muertes von seinen Banden befreit, war er in die Hände der Gauchos gefallen, als einer der Begleiter der Montevideer bei ihrem Eindringen in die Kapelle erkannt worden und mit Mühe dem Tode entgangen. Seine Diamanten retteten ihm zwar das Leben, aber er wurde nach Buenos-Ayres geschleppt und dort in einen Kerker geworfen, wo er Jahrelang schmachtete. Ein Zufall erst verschaffte ihm die Freiheit wieder, aber nur, um mit Gewalt in die Schar der Milizen gesteckt zu werden, die der Diktator von Zeit zu Zeit aushob, um die Truppen seines Generals zu verstärken. In dem Führer der Milizen des Generals fand der Mestize einen Mann, den er auf der Quinta de los dias entretenidos gekannt; dieser machte ihn sofort zu seinem Alferez und verbürgte sich für ihn, als er sich erbot, den Brief an den Kommodore zu überbringen und ihn in die Falle zu locken.
Einen Augenblick schwankte die junge Frau, ob sie dem Verräter und ihrem Kinde folgen oder ihrem Gatten zu Hilfe eilen sollte. Sie wandte sich mit rascher Entschlossenheit zu dem Schwarzen an ihrer Seite. »Hinter ihm d'rein, La-Muerte! und bringe mir mein Kind oder sein verräterisch Herz, wenn Du je Aniella geliebt!« Dann spornte sie ihr Pferd nach jener Seite, wo sie ihren Gatten fallen gesehen, und schwang ihren Säbel: »Für Garibaldi und Uruguay!« Aber ihr Heldenmut sollte sie selbst ins Verderben stürzen. Die Bewegung ihres Pferdes hatte sie von den Ihren getrennt, die einen Kampf der Verzweiflung Mann gegen Mann fochten oder in der Richtung nach der Mission flohen. Ein grimmiges Antlitz, mit gräßlicher Malerei bedeckt, erschien vor ihrem Auge, die mächtige Keule des »Schwarzen Raben« schwebte zum zerschmetterndem Schlage über ihrem Haupte, als der Jüngling Mato-Topah an ihrer Seite, der allein ihr gefolgt war, den Schlachtruf seines Stammes hören ließ und schnell wie der Blitz seinen Bogen spannte. Der Pfeil drang durch das linke Auge des grimmigen Wilden in sein Gehirn, und rückwärts auf die Croupe seines Pferdes stürzend, stieß der »Schwarze Rabe« sein letztes Wutgeheul aus. Der Tod ihres berühmten Führers unterbrach einige Augenblicke den wütenden Angriff der Puelches, und Marochetti benutzte die augenblickliche Pause des Kampfes, um mit einem Teil seiner Tapferen die Höhe des Hügelrückens zu gewinnen. Aber ehe Aniella ihm folgen konnte oder sich zu den Reitern ihres Gatten durchzuschlagen vermochte, fühlte sie sich von kräftigen Armen umschlungen und den Säbel ihrer Hand entwunden. »Schöne Doña,« sagte eine Stimme, »ich habe ein altes Recht an Sie; sträuben Sie sich nicht, Sie sind meine Gefangene!«
»Señor Don Estevan!« rief die Dame, in dem Kapitän der Milizen den Genossen des schamlosen Adeodato erkennend, »lassen Sie mich los, Schändlicher!« Doch der Sieger lachte ihrer Anstrengung. »Das Kriegsglück soll Sie mir diesmal fester halten, als das Glück der Karten,« spottete er. »Ich muß Entschädigung haben für den Kolbenschlag Ihres schwarzen Schurken, der mir damals fast den Schädel zermalmt und der, wenn ich nicht irre, dort hinter meinem Leutnant galoppiert. Hierher, Cabaleros, und nehmt die Dame in Eure Hut, Ihr bürgt mir mit Eurem Kopf für den guten Fang.«
Der Señora wurden rasch von den Reitern des Majors die Arme mit ihrer eigenen Schärpe gebunden und zwei Mann führten sie aus dem Getümmel. Aber die Gefangene hob dankend die Augen zum Himmel empor, denn ein letzter Blick auf das Gewirr des Kampfes hatte ihr wieder den flatternden weißen Mantel und den Federbusch des Kommodore auf der Höhe des Hügels gezeigt, wie er den Rest seiner Tapferen um sich sammelte und mit ihnen hinter der Höhe verschwand.
Aus verzweifelter Lage, hatte den kühnen Führer der Montevideer der junge Franzose und ein rascher Angriff Sacchis mit einer gesammelten Schar befreit. Der junge Franzose focht mit Gewandtheit und Kraft über dem Körper seines, durch den Schlag eines Volo vom Pferde geworfenen Generals, bis es ihm gelang, ihm Raum zu schaffen und ihn wieder in den Sattel zu bringen. Die Gefahr des geliebten Anführers, dessen Schwertarm durch eine Wunde machtlos geworden, trieb die Freischaren zu einer letzten energischen Anstrengung; über die stürzenden Gauchos hinweg hieben sie sich Bahn zu der Höhe des Hügels; eine Salve der Schützen, mit denen sie sich hier vereinten, trieb die Feinde zurück, und ehe Urquiza oder Don Estevan aufs neue sie erreichen konnten, hatten sie die Mission erreicht und von ihr Besitz genommen. Es waren etwa drei- bis vierhundert Mann, denen es geglückt war, den Schutz der Gebäude zu erreichen, aber ihre Zahl und die rasch entschlossenen Befehle des Kommodore reichten hin, fürs erste diese Stellung gegen den Feind zu halten.
Die Mission bestand aus einem viereckigen, einen Hof umgebenden, klosterartigen Gebäude, um das sich im Kreise eine halb verfallene Ringmauer zog. Das Hauptgebäude selbst hatte außer dem Erdgeschoß nur ein Stockwerk und nach spanischer Weise ein flaches Dach. An jeder der vier Ecken erhob sich ein kleines Türmchen, von der Macht der Jahrhunderte jetzt gebrochen und zerbröckelnd. Selbst die Mauern des Hauses waren an vielen Stellen verfallen, und im obern Stock gähnten die engen Fenster zu breiten Spalten und Öffnungen, aber die kleine Kirche, welche die eine Seite des Vierecks nach den Hügeln zu eingenommen, und der breite viereckige Turm, welcher den Haupteingang bildete, waren in ihrem massiven Mauerwerk noch ziemlich wohl erhalten, und das Ganze bekundete, daß die Mission schon bei ihrer ersten Anlage zu einer Veste und zur Verteidigung der Bewohner gegen die wilden Stämme bestimmt gewesen, die damals noch die Savannen und Wälder diesseits des Uruguay bewohnten.
Ein Bach mit hohem Ufer, im nahen Urwald entspringend, durchfloß in geringer Entfernung von der Mission das Thal und wandte seinen Lauf dem Flusse zu, der nach seiner Vereinigung mit dem Paraguay den La Plata bildet. An dem Ufer dieses Baches und dem Saum des Waldes erhoben sich vielleicht zehn oder fünfzehn einfache Hütten, zierlicher und fester gebaut, als die gewöhnlichen Wigwams der Indianer, und von Brotbäumen und schlanken Palmen beschattet. Kleine Gärten mit Mais- und Weizenfeldern und Blumen, von Kaktushecken eingezäunt, zeigten die friedliche Beschäftigung der Bewohner, und das Thal schien mit Recht den Namen » válle de páz« zu tragen, denn es bot einen sehr lieblichen Anblick.
Ängstlich waren bei dem Lärm der Schlacht die Bewohner der Hütten in den Schutz der Mission geflohen. Jetzt stürzten von allen Seiten die flüchtenden Montevideer herbei und drangen mit den armen Indianern zugleich durch das Thor, das diese vergeblich zu sperren suchten.
Der Kommodore sprengte herbei und hielt, von seinen Reitern umgeben, vor der Pforte, während Marochetti mit seinen Schützen bereits im Schutz der verfallenen Umfassungsmauer ein wohlgezieltes Heckenfeuer gegen den nachstürmenden Feind unterhielt. Noch immer eilten flüchtige Krieger herbei und sammelten sich um ihren Führer. Auch der junge Indianer, der so tapfer bei seinen neuen Freunden ausgehalten, erschien jetzt bei ihnen und blieb neben dem Kommodore stehen. Seine Haltung war ruhig, in seinem Auge glänzte ein unterdrückter Triumph.
Unter dem Thor der Mission stand bei dem Heransprengen des Kommodore und seiner Reiter ein alter Mann, ein Greis, nach der Ehrerbietung, die ihm seine Umgebung erwies, offenbar der Herr oder Besitzer des Ortes. Er mußte weit über siebzig Jahre alt sein; sein spärliches Haar fiel in langen, weißen Locken um die breite Stirn. Sein Gesicht zeigte, trotz des hohen Alters, noch Frische und Rüstigkeit. Nur seine dunklen Augen drückten Ängstlichkeit, Zweifel und Kummer aus, und Teilnahme kämpfte in ihnen mit Furcht und Ärger, während er sie bald auf dem Kommodore und seinen Begleitern, bald auf dem jungen Indianer haften ließ. Er trug nach der Sitte der Eingeborenen einen Poncho von feiner, weißer Lamawolle über seinen Schultern und einen Sombrero auf dem Haupt. An seiner Schulter lehnte ein junges, schönes Indianerweib, dessen freundliches Gesicht offenbare Ähnlichkeit mit den Zügen Mato-Topahs erwies.
»Wer sind Sie und was wollen Sie in meinem Hause, daß Sie mit der Gewalt der Waffen hier eindringen und dies friedliche Thal mit dem Geräusch und Blut der Schlacht erfüllen?« fragte der Greis streng.
»Señor,« entgegnete der Kommodore, »es ist jetzt keine Zeit zu Erklärungen und Entschuldigungen. Die Not, die große Gebieterin, drängt uns; von diesem Jüngling erfuhr ich zu unserm Glück die Nähe der Mission, und da Sie ein Europäer zu sein scheinen, werden Sie Ihren bedrängten Landsleuten die Hilfe nicht versagen!«
»Dieser Knabe hat thöricht gehandelt, indem er Sie hierher führte. Möge er es nicht schwer zu bereuen haben!«
Mato-Topah, der anfangs sein Haupt gebeugt, erhob es jetzt stolz. »Der junge Kondor«, sagte er, »ist ein Mann geworden und er ist der Bruder tapferer Krieger. Die heilige Mariam verbietet ihm, den Skalp eines Feindes zu nehmen, aber die großen Krieger der Aroges, die im Himmel sind, werden sich freuen, wenn sie in seinem Haar die Feder des ›Schwarzen Raben‹ sehen.«
»Unglücklicher! was hast Du gethan?«
»Mato-Topah hat den Mörder seines Vaters erschlagen. Ich habe in dem Buch der Bücher gelesen: Auge um Auge und Zahn um Zahn! Der junge Kondor ist ein Krieger geworden und wird seine Schwester und die ›Große Medizin‹ beschützen.«
»Wir haben keine Zeit zu weiteren Erörterungen, Señor,« unterbrach ihn der Kommodore; »das Recht des Krieges kennt keine Rücksicht. Geben Sie Raum meinen Leuten, und sagen Sie mir, wo meine Frau sich befindet.«
»Ihre Gattin? ich kenne sie nicht!«
»Mein Weib, ja. Wo ist sie? Aniella, wo ist mein Kind?«
»Es befindet sich, so viel ich weiß, keine Dame und kein Kind in der Mission.«
Der tapfere Nizzanese war trotz seiner Wunde mit einem Satz von seinem Pferde; sein Antlitz wurde fahl bei dem Gedanken, daß dem Weibe seines Herzens ein Unglück begegnet sein könne. Seit sechs Jahren hatte sie ihm in jeder Gefahr zur Seite gestanden, manchen Kampf, manches kühne Abenteuer bestanden; er hatte sich an den Gedanken gewöhnt, daß das Unheil dieser teuren Gestalt gegenüber keine Macht habe.
Desto entsetzlicher überfiel ihn jetzt die Furcht des Verlustes, denn er hatte mit Sicherheit darauf gerechnet, sie im Schutz Marochettis bereits in der Mission zu finden.
Wenige Fragen überzeugten ihn, daß sein Weib sich nicht unter denen befand, welchen der Rückzug in den Schutz der Mission gelungen war. Keiner, selbst Marochetti nicht, wußte Gewisses über das Schicksal der unglücklichen Frau. Nur über den Verrat des Pardo, über seine Flucht und die Verfolgung durch den treuen Schwarzen erhielt der Kommodore Gewißheit. Das Ereignis war unter dem Angriff der Abiponen in so wilder Eile vor sich gegangen, daß Marochetti gar nicht die Übergabe des Kindes an den Pardo bemerkt, und nur wußte, daß Aniella im Augenblick der Sprengung des Carrés ihrem Gatten zu Hilfe geeilt war.
»Fluch über meine Thorheit, daß ich ihr Leben fremdem Schutz anvertraut,« schrie der unglückliche Mann. »Laßt mich fort, Weib und Kind zu suchen, da kein Freund an ihrer Seite war, sie zu schützen!«
Die Männer standen stumm und traurig um ihren Führer, sogar die Bewohner der Mission waren erschüttert von der Verzweiflung des Helden und vergaßen des Schicksals, das ihrer selbst harrte. Mato-Topah berührte leicht den Arm des Kommodore.
»Der Schmerz macht meinen tapfern Bruder ungerecht,« sagte er ruhig. »Der ›junge Kondor‹ war an der Seite des ›Singenden Vogels‹.«
»Wie, Jüngling! und Du wagtest nicht, ihr beizustehen?«
»Ein Krieger spricht nicht zweimal. Mato-Topah hat gesagt, daß er den ›Schwarzen Raben‹ der Puelches erschlug, als dessen Hand über dem ›Singenden Vogel‹ schwebte.«
»Segen über Dich, Knabe! aber wo ist sie?«
»Die weißen Männer sperren die gefiederten Sänger des Waldes in ihre Gitter von Eisen. Der Mann mit dem bösen Blick hat den Nestling entführt, denn er ist ein Verräter, aber der böse Geist ist auf seinen Fersen. Mato-Topah ist ein Mann geworden, und er wird den ›Singenden Vogel‹ zurückführen zu dem großen Kaziken der weißen Krieger.«
Das Scharmützel an den Mauern der Mission hatte während dieser kurzen Scenen seinen Fortgang genommen, aber die Truppen Urquizas sowohl wie ihre Verbündeten hatten sich nicht weiter vorgewagt, als sie den Rest ihrer Gegner im Schutz einer guten Position sahen. Sie begnügten sich, die versprengten Flüchtlinge zu verfolgen und sich unter ihren Führern zu sammeln, um einen erfolgreichen Angriff gegen die Mission unternehmen zu können.
Der Kommodore fühlte, nachdem er die Nachricht erhalten, daß seine Gattin nicht getötet, sondern gefangen in den Händen der Feinde sei, daß ihm eine andere heilige Pflicht zu erfüllen bleibe, die Sorge für die, deren Führer er war, und die er durch das zu große Vertrauen auf die Botschaft Silveiros der Niederlage ausgesetzt hatte. Mit dem Gedanken an diese Pflicht kehrte sofort seine volle Energie zurück. Ein leichter Verband genügte für die Verletzungen, die er bei dem Sturz erhalten, und den Arm in der Binde, ordnete er rasch alle Verteidigungsmaßregeln an, besetzte die weitläufigen Mauern der Mission und ließ die Zugänge verbarrikadieren. Eine rasche Zählung ergab, daß sich an vierhundert Mann glücklich in die Mauern gerettet hatten; der Rest war erschlagen, gefangen genommen oder zerstreut.
Überall, wohin der Kommodore eilte, war der junge Indianer an seiner Seite. Er zeigte ihm die innere Einrichtung des Gebäudes und bekundete trotz seiner Jugend besondern Scharfblick für die schwachen Punkte der Verteidigung. Der Greis hatte sich mit seinem jungen Weibe in eines der unteren Gemächer zurückgezogen. Alle erwarteten hier in trauerndem Schweigen das Resultat der Ereignisse, die auf so plötzliche Weise ihren stillen Frieden gestört hatten.
Der Sturm ließ in der That nicht lange auf sich warten. Unter Urquizas eigener Leitung kamen die Gauchos heran, während die Büchsen und Bogen ihrer wilden Genossen jede Öffnung des Gebäudes, jede Lücke der verfallenen Mauer bedrohten, um die Mission zu erstürmen. Der grausame General der Föderation achtete seinen Sieg und seinen Triumph nicht vollständig, so lange sein berühmter Gegner noch am Leben und an der Spitze einer Handvoll seiner kühnen Abenteurer stand. Aber wie bei dem furchtbaren Sturm auf Salto stand ihm die feste Ruhe und Entschlossenheit des geprüften Kriegers entgegen, und nach einem mörderischen Kampf von fast einer halben Stunde, bei dem das Messer und die Büchse wütete, wurden die Gauchos zurückgetrieben, ohne mehr als den Besitz der äußern Mauer erreicht zu haben, wo sie den sicheren Kugeln ihrer Gegner ausgesetzt waren. Das Mauerwerk der Mission war so fest, jede der schmalen Fensteröffnungen des unteren Geschosses so wohl vergittert, und das massive Thor von schwerem, selbst dem Feuer unzugänglichen Eisenholz so kräftig verteidigt, daß Urquiza einsah, nur der Hunger oder Artillerie könne ihm die Vernichtung seiner Gegner sichern.
Auf flüchtigen Pferden eilten die Überbringer seiner Befehle davon. Unterdes besetzten seine Truppen das ganze Thal und umgaben die Mission mit einem lebendigen Wall. Selbst der Weg zum Bach war den Belagerten versperrt, ein um so empfindlicherer Schlag für sie, als bei der Nähe dieses Wassers die Mission selbst keinen Brunnen enthielt, und der brennende Durst der großen Menschenzahl bald den kleinen Wasservorrat im Gebäude aufgezehrt hatte. Unter Thränen und Wehklagen sahen die Bewohner des Thales von dem Dach der Mission ihre Felder und Gärten verwüstet, ihre friedlichen Hütten in Flammen aufgehen.
Die Erschöpfung, der nach dem schweren Doppelkampf beide Parteien unterlagen, vermehrt durch die jetzt eingetretene Sonnenglut des Mittags, erzwang eine Art von Waffenstillstand. Der Kommodore benutzte die Zeit, um alle Chancen für den Widerstand oder das Entkommen seiner kleinen Schar zu prüfen; aber, wohin er auch seinen Blick wendete, welchen Plan er auch fassen mochte, nirgends bot sich ihm die Aussicht des Gelingens. Der Versuch, mit seinen vierhundert Mann sich durch die vierfache Übermacht des fast ganz aus Reiterei bestehenden Feindes durchzuschlagen, konnte nur von der offenbaren Verzweiflung eingegeben werden; dennoch war es das einzige, was unternommen werden konnte, da jeder Proviant und selbst genügende Munition zum langen Widerstand in der Mission fehlten.
Als die glühende Mittagshitze vorüber, und die Sonne sich im Westen über die majestätischen Wipfel der Riesen des Urwaldes niedersenkte, der das Thal einschloß, begannen die Feindseligkeiten wieder. Doch beschränkten sich die Belagerer darauf, durch ihre Schützen die Gegner in Bewegung zu halten. Der Kommodore erkannte, daß ein Gefahr drohender Plan dieser Haltung zu Grunde liegen müsse, und mit finsterer Ahnung beobachtete er die Posten, die der Feind am Ufer des Baches entlang stromabwärts, soweit das Auge seinem Lauf folgen konnte, aufgestellt hatte.
Die Wahrheit der Befürchtung sollte sich bald kundgeben. Die Sonne war kaum hinter dem Uruguay gesunken und die kurze Dämmerung hatte dem Dunkel Platz gemacht, das sofort durch einen Kreis von hundert Feuern rings um die belagerte Mission her erhellt wurde, als wildes Triumphgeschrei vom Ufer des kleinen Flusses her herauf gellte und die Aufmerksamkeit der Belagerten fesselte. Man sah Reiter mit brennenden Holzfackeln auf beiden Seiten herauf galoppieren und ihnen zwei große schwer beladene Pirogueen Pirogueen sind aus einem Baumstamm gearbeitete große Ruderboote der Indianer Südamerikas und der Südsee-Insulaner. Sie sind auch zum Segeln eingerichtet. Um das Umschlagen zu verhüten, giebt man ihnen ein Gegengewicht durch Auslieger. D. H. auf dem Wasser folgen. Das Rätsel dieser Fracht löste sich bald, es waren zwei leichte Feldgeschütze, die auf den Befehl des Generals auseinander genommen und vom Uruguay zu dem Lagerplatz der Gauchos transportiert worden waren. Unter Leitung der Offiziere war die Mannschaft alsbald beschäftigt, die kleinen Kanonen auszuladen und zusammenzusetzen, und sie dem verbarrikadierten und der bisherigen Angriffe spottenden Thor der Mission gegenüber aufzustellen.
Da die Artillerie in den Reiter- und Schützenkriegen der Pampas und der Gebirge nur sehr selten Verwendung findet, ist die moralische Wirkung ihrer Anwendung um so größer, und wenn auch die Schar des Kommodore größtenteils aus europäischen Abenteurern bestand, so befanden sich doch auch viele Eingeborene der Banda Oriental darunter, und selbst auf die Kühnsten der Europäer machte die Ankunft der Geschütze in ihrer verzweifelten Lage einen entmutigenden Eindruck.
Der Kommodore stand auf dem flachen Dach und beobachtete finster die Anstalten des Feindes, als eine Hand sich leicht auf seinen Arm legte. Umschauend erkannte er den jungen Indianer, der bei der Abwehr des Sturmes auf die Mission tapfer mitgefochten hatte.
»Der große Kazike der weißen Krieger zählt seine Feinde,« sagte der Jüngling ernst, »und er findet, daß ihrer zu viele sind für seine Tapferen. Wenn die Wölfe den Bären überfallen, ist es keine Schande für ihn, zu fliehen, denn ihre Zahl ist wie die der Bäume in den Wäldern.«
Der Condottieri schüttelte trübe den Kopf. »Das ist leichter gesagt, wie gethan. Bleiben ist ebenso gewisser Untergang, wie der Versuch der Flucht. Es ist keine Aussicht, der Übermacht zu entrinnen, und uns bleibt nur übrig, als Männer zu sterben.«
»Warum redet der tapfere Häuptling nicht mit der ›Großen Medizin‹? Das Haar meines Vaters ist weiß wie der Schnee der Anden und sein Rat weise.«
»Das mag sein, Jüngling, aber er ist kein Krieger. Was sollte ein Greis uns helfen, wo Männer, gewohnt, dem Tode ins Auge zu schauen, ratlos sind!«
Der junge Mann wiegte bedeutsam sein Haupt. »Ein Vogel hat Mato-Topah ins Ohr gesungen, daß die ›Große Medizin‹ alle die Tapferen in die Wälder führen könne, wenn sie wollte, und die Hunde von Abiponen würden vergeblich ihre Spur suchen.«
»Wenn der Alte dies vermöchte, wäre es eine Schmach, seine Landsleute der Wut dieser blutigen Schurken preiszugeben. Überdies würden sie bei dem Sturm schwerlich ihn und die Seinen schonen.«
»Die ›Große Medizin‹ liebt den Frieden, aber sie hat ein Herz für die Freunde. Der Häuptling möge seine Rettung von meinem alten Vater fordern im Namen seines großen Freundes, der in Deinem Lande wohnt weit über dem Wasser.«
»Wer kann dies sein?«
Der Indianer zog ein Buch unter seiner Decke hervor und reichte es dem Kommodore. »Die Zunge des ›jungen Kondors‹ vermag den Namen nicht zu sprechen. Hier steht er geschrieben.«
Garibaldi nahm neugierig das Buch und trat zu dem nächsten Posten, der, seine Cigarre dampfend, den Feind beobachtete. Im Schutz der Balustrade zündete er aus seinem Taschenfeuerzeug ein kleines Wachslicht an und besah das Buch. Es war der » Essai politique sur l'isle de Cuba.« Auf dem Titelblatt stand eine kurze Widmung in enger, kaum leserlicher Handschrift und französischer Sprache. Aber der Name war deutlich: Alexander von Humboldt.
Das Buch und den Namen des großen Gelehrten hier in der Wildnis des Uruguay zu finden, überraschte den Piemontesen. Waren doch bereits mehr als vierzig Jahre verstrichen, seit der Naturforscher Südamerika durchwandert hatte, während das Buch erst im Jahre 1826 in Paris erschienen war! Der Eigentümer war also wahrscheinlich ein Europäer und seine Bekanntschaft mit dem berühmten Naturforscher stammte aus Europa. Die seltsamen Umstände bewogen ihn, den Rat des jungen Mannes nicht unbeachtet zu lassen und wenigstens einen Versuch zu machen, sei es auch nur, um näheres über seinen unfreiwilligen Wirt zu erfahren. Nachdem er Sacchi den Auftrag gegeben, die Barrikadierung des Thores so viel als möglich zu verstärken, ließ er sich von dem jungen Indianer nach der Wohnung der »Großen Medizin« führen.
Das Gemach, das er betrat, im Parterre der Mission gelegen und früher wahrscheinlich das Refektorium oder die Bibliothek derselben, zeigte auf den ersten Blick, daß hier ein in diesen wilden Einöden seltener Geist hause. Rings an den Wänden liefen lange Regale, von Mahagoni- oder Cedernholz, roh gezimmert, und gefüllt mit den Mappen großer Herbarien, Bündeln von Kräutern und Mineralien. Ausgestopfte Tiere und Schlangen, Insekten- und Käfersammlungen, kurz, alle Schätze der wissenschaftlichen Forschung vieler Jahre waren überall aufgehäuft, hingen von der Decke und lagen auf dem Boden oder auf großen rohen Tischen zwischen Büchern, physikalischen Instrumenten und Papieren. Indianische Waffen, Jagd- und Ackergeräte standen in den Ecken. Unter all diesen Gegenständen saß der greise Sammler mit seinem jungen indianischen Weibe, das er mehr wie eine Tochter zu lieben und zu behandeln schien, in finsterm Schweigen, während die Indianer der Mission ab- und zugingen und Botschaften brachten von dem Stande des Kampfes.
»Señor,« sagte der Kommodore bei seinem Eintritt, »nur mit Bedauern störe ich Sie auch hier in Ihrer Einsamkeit, nachdem das Kriegsglück uns gezwungen hat, von Ihrer Wohnung zu unserer Verteidigung Besitz zu nehmen und die Stille Ihres Thales mit dem Lärm der Schlacht zu erfüllen. Aber die hohe Pflicht, für das Leben mehrerer hundert tapferer Männer einzustehen, das einem nichtswürdigen Verrat zum Opfer fallen soll, zwingt mich, jede Rücksicht zu opfern. General Urquiza hat Kanonen aus seinem Lager erhalten; vielleicht schon diese Nacht, jedenfalls mit dem Anbruch des Tages wird er die Beschießung dieses Gebäudes beginnen, und es ist nicht möglich, auch wenn es der Mangel an Wasser und Vorräten gestattete, den Kugeln seiner Geschütze und der Übermacht zu widerstehen. Ein Ergeben dagegen hieße bei einem solchen Feinde, dem Messer des Mörders überliefern, was dem Kampfe entgangen ist. So bleibt uns denn nichts, als ein ehrlicher Soldatentod, und ich komme, Sie von dem Schicksal in Kenntnis zu setzen, das uns allen droht; denn ich fürchte, General Urquiza und seine wilden Krieger werden auch die Unbeteiligten nicht schonen.«
»An dem Leben eines Greises ist wenig gelegen, Herr,« entgegnete der Alte nicht ohne Bitterkeit; »ich vergebe Ihnen als Christ, was mir auch geschehen möge. Schwerer aber wird die Schuld auf Ihnen lasten, das Leben dieser Schuldlosen solcher Gefahr ausgesetzt und die Wissenschaft um die Erfahrungen vieler Mühen und Jahre gebracht zu haben.«
»Ich bin ein Mann des Schwertes,« sagte der Kommodore stolz, »als solcher muß ich handeln und habe das Teuerste, was ich hatte, mein Weib und mein Kind geopfert – Sie leiden nicht schwerer, als ich selbst. Ich kenne Ihren Namen nicht, aber mancherlei Umstände lassen mich schließen, daß Sie nicht ein geborener Südamerikaner, daß Sie ein Europäer sind, wie die Mehrzahl von uns. Bei dem Andenken an die alte Welt, bei den Erinnerungen alter Liebe und Freundschaft, die Sie vielleicht noch an jene knüpfen, bei Ihrer Freundschaft zu Alexander von Humboldt frage ich Sie, wissen Sie einen Ausweg, vierhundert Ihrer Landsleute Freiheit, Ehre und Leben zu retten?«
Der alte Mann war bei der Nennung des Namens mit sichtlicher Erregung auf ihn zugetreten. »Kennen Sie ihn? was wissen Sie von Humboldt? – Lebt er noch?«
»Ich könnte Sie täuschen,« sagte der Italiener, »aber ich mag es nicht. Ihren Freund kenne ich nur, wie jeder gebildete Mann Europas ihn kennt und verehrt. Aber ich habe gehört, daß er mit ungeschwächtem Geist lebt, ausgezeichnet und geschätzt, und daß er bei dem Monarchen, dem er dient, stets die Sache der Freiheit vertreten hat. Für diese haben wir hier gekämpft, und wenn Sie uns helfen können und es verweigern, weil es Sie das Opfer Ihrer Ruhe kostet, so können Sie nie der Freund eines großen Menschen gewesen sein.
Der Greis schaute ihn mit sanftem, vorwurfsvollem Auge an. »Ich werde versuchen, Sie zu retten,« sagte er, »da Gott das Mittel in meine Hand gelegt hat. Aber Sie müssen mir ein Gelöbnis thun.«
»Jedes, Señor, das sich mit meiner Ehre verträgt.«
»Ich gehe bereits seit einiger Zeit mit dem Wunsch und Gedanken um, dies Land zu verlassen, das sechzehn Jahre mir Schutz und Frieden gegeben, aber jetzt der Schauplatz von Mord und Raub ist, der auch dies Asyl meiner letzten Tage schon wiederholt bedroht hat. Ich will in die Stille jener Urwälder zurückkehren, in denen ich einen Teil meiner jüngeren Jahre verlebt, und dort mein Grab suchen. Aber ich hoffte, alle diese Schätze, die ich gesammelt, der Wissenschaft zu erhalten. Diese Hoffnung muß ich aufgeben, denn es ist unmöglich, sie mit uns fortzuschaffen, und wenn der wilde Urquiza Sie nicht mehr hier findet, wird er selbst die toten Mauern seiner Rache opfern. Deshalb, Señor, werden ich und die Meinen Sie auf der Flucht begleiten und mit Ihnen ziehen, bis unsere Wege sich hoffentlich für immer scheiden. Was ich von Ihnen fordere, ist das: Ihr Ehrenwort, daß Sie dies Manuskript an Humboldt befördern wollen, sei es von Montevideo, sei es, wenn Sie einst nach Europa zurückkehren.«
»Ich gebe Ihnen das Ehrenwort eines Soldaten darauf.«
Der Greis nahm aus einem Kästchen ein eng beschriebenes Heft und reichte es dem Kommodore. »Nehmen Sie; es ist die Frucht vieler einsamer Jahre und angestrengter Forschungen. Möge es in seinen Werken der Welt einst zu gute kommen oder ihn wenigstens an den Mann erinnern, der in der schönen Jugend seine Gefahren und seine Mühen teilen durfte.«
»Aber Ihren Namen, Herr, Ihren eigenen Namen?«
»Ich heiße Aimé Bonpland.«
»Wie? der berühmte Reisegefährte Humboldts? Der große Gelehrte, den der Tyrann Francia so lange in Paraguay der civilisierten Welt entzog, die ihn wie seinen großen Freund bewunderte?«
Der Greis lächelte. »Doktor Francia, lieber Herr,« sagte er freundlich, »hatte von seinem Standpunkt nicht so ganz unrecht, und jedenfalls war er ein großer Mann, wenn er auch ein Tyrann war. Doch gehen wir Zu wichtigerem. Verstehen Sie italienisch?«
Der Kommodore lachte. »Ich sollte es meinen, Señor, da es meine Muttersprache ist. Aber soll sie uns vielleicht helfen, die Soldaten Urquizas blind zu machen, damit sie unsere Flucht nicht bemerken?«
Aimé Bonpland hatte aus seinem Kästchen eine zweite Rolle genommen und entfaltete sie. Es war ein Pergament, anscheinend älter als hundert Jahre, und von eckiger Mönchshand in italienischer Sprache beschrieben.
»Ich verstehe zu wenig die angenehmen Klänge Ihrer Heimat,« sagte er, »und konnte daher nur oberflächlich, so weit mir mein Latein und Französisch zu Hilfe kam, den Inhalt dieser Schrift entziffern, die ich mit anderen alten Büchern in einem verborgenen Mauerschrank der ehemaligen Bibliothek gefunden habe. So viel ich ersehen, schreibt der alte Jesuit, ihr Verfasser, Pater Xaverio aus Bologna, von einem geheimen Gang, den die Brüder Missionare aus diesem Hause anlegten, um im Fall der Überwältigung durch die wilder Indianerstämme entfliehen zu können. Aber das nähere, wie gesagt, war mir nicht genau verständlich.«
Der Kommodore bemächtigte sich hastig des wichtigen Manuskripts. Je weiter er las, desto mehr klärte sich seine kummerbelastete Stirn. »Das ist ein höchst glücklicher Fund; ich wollte nur, mein armes Weib könnte an unserer Rettung teilnehmen. Es ist, wie Sie annahmen, ein breiter, gewölbter und daher hoffentlich noch wohl erhaltener Gang vorhanden, der von der Kapelle aus an der Stelle in das Bett des Baches führt, wo dieser aus der Quebrada ins Thal tritt.«
»Unter dem Hochaltar. Drei eingehauene Kreuze zeichnen die Steintafel, die sich entfernen läßt.«
»Ich dachte mir's fast. Nun, Señor, mögen Sie sich, wenn die Feinde nicht so weit hinauf lagern, was ich nicht glaube, für gerettet ansehen. Ich will jetzt den Weg so gut finden, als hätte ich ihn hundertmal gemacht. Treffen Sie Ihre Anstalten, ich will die meinen vorbereiten. In einer Stunde können wir im Schutz des Waldes sein!«
Der Kommodore legte traurig die Hand an die Stirn. »Mein Weib! mein armes Weib! Wenn ich von hier entfliehe, bleibt sie völlig schutzlos der Willkür dieser Schurken ausgesetzt, ohne zu erfahren, wohin ich mich gewendet!«
Mato-Topah, der bisher ruhig an dem Eingang gelehnt hatte, ohne sich in die Unterredung der beiden Europäer zu mischen, trat jetzt näher.
»Der ›Weiße Adler‹ möge unbesorgt sein, Mato-Topah hat versprochen, über dem ›Singenden Vogel‹ zu wachen. Er wird ihm die Worte seines Gatten ins Ohr flüstern und ihn zu diesem führen. Wenn der große Krieger in die Wälder geht, wird Mato-Topah den Pfad des Spähers betreten und die Spur der Gefangenen verfolgen.«
Der Kommodore reichte ihm die Hand. »Jüngling, wenn Du das thust, möge der Himmel Dich dafür lohnen. Ich werde Dir einige Zeilen an Aniella geben; bald hoffe ich imstande zu sein, gegen ihren grausamen Entführer einen Schlag zu thun und ihre Freiheit zu gewinnen. Bis dahin möge sie standhaft sein. Aber jetzt, meine Freunde, laßt uns untersuchen, ob jenes Manuskript Wahrheit enthält, und ob der darin bezeichnete Gang auch noch passierbar ist.«
Der Kommodore, Bonpland, der junge Indianer und zwei oder drei der unitaristischen Offiziere machten sich sofort auf den Weg nach der Kapelle, in der eine Anzahl von Soldaten trotz des drohenden Schicksals mit ungebrochenem Mut, wenn auch in verzweifelter Resignation lagerte. Der Greis schritt sogleich zum Altar, ging um denselben herum und hieß Mato – Topah, der eine Holzfackel trug, leuchten.
»Wenn es seine Richtigkeit hat mit dem, was Sie gelesen, Monsieur,« sagte er, »so muß es dieser Stein sein, denn hier finden sich noch die Spuren der beschriebenen Zeichen.«
In der That erblickte man bei dem Licht der Fackel auf einer großen aufrecht stehenden Granitplatte die rohe, halb verwischte Form von drei Kreuzen.
»Das Zeichen ist da, aber wie sollten wir den Stein fortschaffen? He! Leute herbei! versucht Äxte und Hacken hierher zu bringen!«
»Nicht doch, Monsieur, wenn dieser Stein den Gang bedeckt, muß es ein Mittel geben, ihn fortzuheben oder in seinen Angeln zu bewegen.«
»Sie haben Recht!« Der Kommodore rüttelte an dem Stein und versuchte ihn zur Seite zu schieben oder hineinzudrücken – vergeblich! Sein bereits von der Hoffnung gerötetes Antlitz entfärbte sich, große Schweißtropfen standen ihm auf der Stirn, vergebens vereinten die Offiziere ihre Anstrengungen mit den seinen.
»Es ist umsonst! wir müssen ihn mit Gewalt herausbrechen und uns Gewißheit verschaffen, aber ich fürchte, es wird alles vergeblich und der Weg längst verschüttet sein.«
Der junge Indianer, der bisher den Anstrengungen geleuchtet, trat ruhig zu dem Stein.
»Der ›Weiße Adler‹ möge mir erlauben, den Versuch zu machen, und seine Augen öffnen.«
Er hielt die Flamme der Fackel an die Fugen des Steins und fuhr langsam an diesen entlang.
Plötzlich sahen alle, die dem Versuch mit gespannter Erwartung folgten und sofort dessen Absicht begriffen, die Flamme wie von einem starken Luftzug heftig nach außen flackern.
»Der Gang ist da und nicht verschüttet,« sagte der Jüngling, »und hier ist der Weg, ihn zu öffnen.« Er ergriff eines der herbeigebrachten Beile, steckte die Klinge an einer etwas breitern Stelle in die untere Fuge, nachdem er diese von Staub und Schmutz gereinigt hatte, und drückte mit aller Kraft dagegen.
Ein Freudenruf erhob sich; der Stein gab nach, man hörte ein schweres Knarren, und die mächtige Platte bewegte sich gleich einer Fallthür in einer obern Angel, öffnete sich nach innen und zeigte einen dunklen Schlund, aus dem ein kalter, ziemlich frischer Luftstrom hervorbrach.
Stufen führten in die verhängnisvolle Tiefe, die nicht zum Grabe, sondern zum Wege des Lebens werden sollte.
Selbst das Auge des Kommodore, dessen eherne Ruhe nur selten bewegt wurde, funkelte freudiger über den Erfolg. »Knabe,« sagte er, »wir alle, die dem Blutbade der Schlacht entronnen sind, danken Dir das Leben und jetzt auch den Weg zur Freiheit. Sacchi, geschwind die besten Schützen! und laß aus den Fenstern und vom Dach ein einzelnes Feuer auf die Bedienung der Kanonen eröffnen, um sie so lange wie möglich aufzuhalten. Francois, sammle die Leute und führe sie, mit Ausnahme der Posten, hierher. Die Pferde müssen zurückbleiben; nur Waffen und Munition dürfen mitgenommen werden. Treffen Sie Ihre Anstalten, Señor Bonpland, in einer halben Stunde muß alles zum Aufbruch bereit sein. Wer will mit mir den Weg rekognoscieren?«
Zehn – zwanzig boten sich an; der Kommodore wählte den jungen Indianer und einen Italiener. Während seine Befehle zur Verteidigung des Gebäudes ausgeführt wurden, machten sie sich bereit, den gefährlichen Gang zu wagen. Eine kleine Lampe wurde herbeigebracht und so sorgfältig geschirmt, daß ihr Schein nicht von unberufenen Augen entdeckt werden konnte; dann, die Pistole in der Hand, den Säbel unterm Arm, folgte der Kommodore dem Jüngling, der, mit der Lampe vorangehend, den Führer machte.
Nachdem sie etwa fünfundzwanzig Stufen hinabgestiegen, sahen sich der Kommodore und sein Begleiter in einem gewölbten Gange, etwas über Manneshöhe und etwa zwei Meter breit, in dem sie rasch auf ebenem Boden fortschreiten konnten. Derselbe war infolge der Jahreszeit trocken und die Luft darin, wenn auch schwül, doch ziemlich rein und wurde von Strecke zu Strecke durch einen frischen Strom unterbrochen. Nachdem sie mit der nötigen Vorsicht etwa fünf Minuten vorgeschritten waren, hörten sie über ihren Häuptern deutlich die Schritte von Menschen, das Galoppieren von Pferden und Lärmen und Schreien.
Immer weiter drangen sie vor, und der Gang schien allmählich in die Höhe zu steigen. Das Geräusch der lagernden Feinde war zwar verstummt, aber ein anderes, anscheinend vor ihnen, ließ sich mit jedem Schritt immer näher und näher hören.
Die Männer hielten eine kurze Beratung, dann blieben der Kommodore und der Soldat zurück, während der junge Indianer im Dunkel vorwärts ging.
Nach wenigen Minuten kam er zurück und winkte dem Kommodore. Schweigend führte er ihn dem Geräusch zu, das sich immer mehr zu einem Rauschen und Brausen gestaltete. Ein frischer, kühler Luftstrom kam ihnen entgegen, ein feuchter Dunst wehte ihnen an, und als der Gang plötzlich einen Winkel machte und der Kommodore um die Ecke trat, sah er vor sich eine eigentümliche Dämmerung, einen beweglichen Schleier, durch den in der Ferne feurige Lichter zu flimmern schienen.
»Der tapfere Kazike der weißen Männer befindet sich außer dem Bereich seiner Feinde,« sagte Mato-Topah. »Wir sind in der Quebrada, und diese ewige Hülle, die der große Geist der weißen und roten Männer vor das Werk der frommen Brüder gebreitet hat, ist der Iguassy der aus dem Urwald kommt und über die Felsen in das Thal strömt. Der ›weiße Adler‹ sieht durch den Schleier des Wassers die Feuer der ›Blutigen Hand‹ vor der Mission.«
»Aber wie sollen wir aus dieser Höhle kommen?«
»Die Liane rankt von den Ufern ihr dichtes Netz, bis sie die Wellen des Baches küssen. Es muß ein Ausweg sein durch die Gebüsche.«
Eine kurze Untersuchung genügte ihm in der That, diesen zu finden. Obschon der Jüngling seit seiner Kindheit vielleicht tausendmal am Fuß und in der Nähe des kleinen Wasserfalls gewesen war und jeden Fußbreit des Thals und seiner Umgebung kannte, hatte doch selbst das scharfe Auge eines Indianers den Ausgang nicht entdeckt, da die fast tropische Üppigkeit des Pflanzenwuchses seit der langen Reihe von Jahren, daß er nicht benutzt worden, die Lianen- und Kaktuswand, welche ihn bedeckte und bildete, zu einer undurchdringlichen Mauer geformt hatte. Der Scharfsinn des Indianers und seine Kenntnis der äußern Umgebung ließen ihn jedoch alsbald erraten, wo der frühere Ausgang war.
In diesem Augenblick rollte der Donner eines schweren Schusses zwischen den Knattern des Flintenfeuers aus dem Thale herauf – die Föderalisten hatten den ersten Versuch mit ihren Kanonen gemacht. Wildes Geschrei folgte ihrer Entladung.
»Der ›Weiße Adler‹ möge eilen und die Seinen hierher führen, ehe die große Büchse den Zugang des Hauses öffnet,« sagte der Jüngling. »Es sind rote Männer genug in der Mission, um die Spur der Tapferen für diese Nacht zu verbergen. Mato-Topahs Beil wird unterdes den Pfad für ihren Fuß öffnen.«
Während der Kommodore rasch zurückeilte und ihm den Legionär zum Beistand sandte, machte sich der junge Indianer rasch ans Werk, von der Felsenplatte unter dem Wasserstrom hinweg einen Ausweg durch die Mauer des dichten stacheligen Pflanzenwuchses zu hauen. Der tapfere Anführer der Freischar wußte, daß es eines mehrmaligen Abfeuern der leichten Geschütze, selbst wenn die Geschicklichkeit der Artilleristen Urquizas eine größere gewesen wäre, bedürfen würde, um das Thor der Mission oder einen Teil der Mauer zu einer gangbaren Bresche zu verwandeln; dennoch beeilte er seinen Schritt und wurde bei seinem Erscheinen in der Kapelle von den Harrenden, die schon um ihn besorgt waren, mit Jubel empfangen.
Der größte Teil der Legionäre, die Familie des greisen Naturforschers mit dem wertvollsten ihrer Habe und die armen Indianer waren bereits in der Kapelle versammelt, während der Rest der Schar aus den Fenstern der Mission das Feuer gegen die triumphierenden Gauchos unterhielt.
Nachdem der Kommodore Bonpland den Erfolg der Rekognoszierung mitgeteilt, sandte er unter Marochettis Leitung die Versammelten truppweise in den Gang voraus, dann eilte er selbst nach dem Eingang der Mission, gegen den das Feuer der Kanonen gerichtet war.
Da die Büchsen der Belagerten die Bedienungsmannschaft gezwungen hatten, sich außerhalb ihrer Tragweite zu halten, war das Schießen um so unsicherer, und die ersten Schüsse hatten nur die Mauern der Mission getroffen. Als der Kommodore jedoch bei den Verteidigern ankam, traf eine Kugel den Thorweg und sprengte ihn auf. Das Triumphgeschrei der Gauchos, die sofort zum Angriff herbeiströmten, wurde aber durch den Anblick der Barrikade, die Sacchi unter dem Thor errichtet, und durch eine wirksame Büchsensalve unterbrochen, mit der die zurückgebliebenen Verteidiger sie empfingen, und sie zogen sich hastig nach ihren Kanonen zurück, deren Feuer es überlassend, das Hindernis ihres Vordringens weiter zu zerstören.
Der Kommodore wußte, daß, nachdem die Artilleristen jetzt die Distanze gefunden, zwei oder drei weitere Schüsse hinreichen mußten, den Zugang der Mission frei zu machen; er sah den General Urquiza unter seinen Leuten umhersprengen, sie zum Sturm anzufeuern. Kern Augenblick war zu verlieren; er gab das Zeichen zum Rückzug, und unbemerkt von ihren Gegnern verschwanden die Verteidiger der Mauern von ihren Posten und eilten zur Kapelle. Wenige Minuten darauf hatten sie sich in den Gang zurückgezogen, die Granittafel hinter sich geschlossen und mit mehreren großen Steinblöcken von innen versperrt, die zu diesem Zweck seit der Erbauung des Ganges auf den obersten Stufen der Treppe aufgehäuft waren. In dem Augenblick, wo sie in die Erde hinabstiegen, hörten sie das Krachen der einschlagenden Vollkugeln und das Geheul der Gauchos und Wilden, die von allen Seiten gegen die Mission zum Angriff heranstürmten.
Eine Stunde später standen auf der Höhe der Quebrada am Rande des Urwalds drei Männer, der greise Bonpland, der Kommodore und Mato-Topah, und schauten zurück auf das Thal, während die Nachhut einer dunklen Menschen-Kolonne sich die Schlucht entlang immer tiefer in den Wald hineinwand, und ein zweiter kleinerer Trupp von Männern, Frauen und Kindern unter den hohen Bäumen harrte.
Aus der Mitte des Thales, von der Stelle, wo die Mission sich befand, wälzte sich eine glühende Feuerwolke hinauf in den Nachthimmel und sandte ihren falben Schein bis zur entfernten Höhe, wo die drei Flüchtlinge im Schutz der Sausohecke standen. Sie durften sich hier sicher glauben, denn die Gauchos konnten unmöglich vor dem Morgen die Spuren ihres Abzuges im Walde finden, selbst wenn sie überhaupt auf den Gedanken kamen, daß es ihnen gelungen sei, sich zu retten. Es war vielmehr wahrscheinlich, daß die Gauchos, als sie bei dem Sturm auf die Mission diese leer und nur die Pferde ihrer Gegner gefunden, geglaubt hatten, daß die Menschen in irgend ein geheimes Versteck des weitläufigen Gebäudes geflüchtet wären, und da sie dies nicht finden konnten, die Mission angezündet hatten, um so ihren Feinden den sichern Untergang zu bereiten.
Mit tiefem Schmerz sah der Greis auf den Flammen die dunklen Mauern sich abzeichnen, die so lange seine friedliche Heimat gewesen waren, die alle Schätze seines Sammelns und Forschens bargen, und in deren Nähe er sein Grab zu finden gehofft hatte. Es war im Jahre 1832 gewesen, als Aimé Bonpland auf dem Wege von Buenos – Ayres in die Wildnisse Paraguays in der Nähe des Zusammenflusses der beiden mächtigen Ströme die Tupah eines Indianerhäuptlings, der ihn und Humboldt einst nach den Anden geleitet, zerstört, ihn selbst und die Seinen erschlagen und nichts von der Familie übrig fand, als die beiden Enkel des alten Häuptlings, ein Mädchen von zehn und einen Knaben von zwei Jahren, die sich bei der Vernichtung ihres Stammes in die Wälder geflüchtet hatten. Der Gelehrte nahm sie mit sich und schlug in der verfallenen, herrenlosen Mission San Dolores nahe der brasilianischen Grenze seinen Wohnsitz auf, wo er einsam und von der civilisierten Welt gänzlich geschieden, seinen Forschungen und der Erziehung der Kinder lebte und das Mädchen nach einigen Jahren zu seinem Weibe machte, um ihr den Schutz dieses Namens und sich die Pflege eines dankbaren Herzens zu sichern. Es war im Jahre 1840 gewesen, als er zum letztenmal durch Reisende, die zufällig in seine Abgeschiedenheit gerieten, von seinem berühmten Freunde gehört und ihm eine Nachricht von seinem Leben gegeben hatte.
»Es ist Zeit, daß wir scheiden, Monsieur,« sagte der alte Mann, »Sie müssen diesem Orte fern sein, wenn die Sonne über jenen Wäldern sich erhebt. Unser Weg führt nach Norden – der Ihre nach Westen. Gott sei mit Ihnen und den Ihren; denn wenn Sie auch schweres Leid über mich gebracht, Sie haben die Erinnerungen meiner alten Brust geweckt und unser beider Heimat ist jenseits des Weltmeeres! So vergebe ich Ihnen von Herzen all den Schmerz, den Ihre Nähe mir gebracht, und beschwöre Sie nur, erfüllen Sie das Versprechen, das Sie mir gegeben, wenn Sie Europa wieder sehen.«
»Sie haben mein Wort, Señor,« sagte der Kommodore. »Warum aber wollen Sie in unserm Schutz nicht noch eine Strecke bleiben, bis Sie vor jeder Gefahr sicher sind?«
Der alte Mann schüttelte das Haupt. »Ich bin schon zu lange in Ihrer Nähe gewesen. Es ist nicht zu besorgen, daß die Gauchos uns in den Urwald verfolgen, und in zwei Tagen erreichen wir die brasilianische Grenze und San Gabriel. Leben Sie wohl, Monsieur, Gott geleite Sie und gebe Ihnen bald Ihr Weib zurück. Laß uns aufbrechen, mein Sohn, die Stunde ist da.«
Der Jüngling beugte sich vor dem alten Mann mit der Ehrerbietung, welche die indianische Jugend stets dem Alter zollt. »Die ›Große Medizin‹ scheint die Stimme des ›jungen Kondors‹ nicht vernommen zu haben,« sagte er achtungsvoll. »Die Skalfedern des ›Schwarzen Raben‹ zieren sein Haupt.«
»Was soll's, Knabe? was soll's? Es ist schlimm genug, daß Du Menschenblut vergießen mußtest.«
»Wenn die Schwingen des Kondors gewachsen sind, verläßt er das Nest,« fuhr der junge Mann unbewegt fort. »Mato-Topah fühlt, daß er ein Mann geworden, und er hat dem ›Weißen Adler‹ sein Wort verpfändet, den ›Singenden Vogel‹ zu suchen.«
»Knabe! um des Himmelswillen! es kann nicht Dein Ernst sein. Dich in diese neue Gefahr zu stürzen und uns zu verlassen. Bedenke, Du bist der letzte Deines Namens!«
»Der Aroge ist ein Krieger; das weiße Haar meines Vaters hat den Kondor zu lange von dem Flug abgehalten, der ihm gebührt. Mato-Topah wird zum Wigwam der ›Großen Medizin‹ zurückkehren, wenn sein Name der Schrecken der Feinde geworden!«
Der alte Mann fühlte, daß die stolze Natur des Indianers in seinem Pflegesohn erwacht war, daß jedes Widerstreben vergebens sein würde; er bedeckte sein Gesicht mit den Händen.
»Lassen Sie den jungen Adler seine Schwingen Prüfen, Señor,« sagte nicht ohne Bewegung der Kommodore. »Wen die Natur zum Krieger bestimmt hat, der findet nicht Raum am friedlichen Herd. Jedem Menschen ist sein Los zugeteilt, dem Weißen wie dem Roten. Du aber, Jüngling, nimm den Händedruck eines Mannes, dem Du sein Teuerstes retten willst und der Dir gelobt, einen Krieger aus Dir zu machen, dessen Name mit Ehren genannt wird, wie der des weisesten Forschers! Nimm dies Blatt für mein Weib! Wohin wir uns durchschlagen, weißt Du, und Gott helfe Dir!«
Er reichte ihm das Blatt aus seiner Brieftafel, auf das er vor dem Verlassen der Mission einige flüchtige Worte geschrieben hatte, und drückte ihm die Hand; als er sie dem Greise zum Abschied bot, wandte dieser sich von ihm. »Gehen Sie, Herr,« sagte er finster; »dort brennt mein Haus, hier geht der Sohn meiner Sorge für Sie in den Tod, es ist genug! Wo Ihr Fuß hintritt, wird er Blut und Elend säen! Du aber, junger Thor, geh' in Dein Verderben; mein weißes Haar hätte mich größere Weisheiten lehren sollen, als aus dem jungen Kuguar ein Lamm machen zu wollen.«
Er schritt festen Trittes zu der Gruppe der harrenden Indianer; einige Worte zu seinem Weibe, und mit dem blinden Gehorsam der indianischen Frau, die nur das Gebot des Gatten kennt, hob die »Schlanke Palme« das Packet, das den Rest ihrer Habe barg, auf den Kopf, und die kleine Schar verlor sich in der Finsternis des Urwaldes.
Wenige Augenblicke darauf trennten sich auch der Kommodore und sein neuer Freund. Der Condottieri eilte seiner Schar am! Rande der Quebrada nach, der junge Indianer aber warf die Flinte über die Schulter, die er so sicher zu führen verstand, wie den Bogen, fühlte nach dem Beil in seinem Gürtel und verschwand mit unhörbarem Tritt in der Richtung des Ortes, wo am Mittag die Schlacht getobt.