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I.
Bemerkungen über Khevenhiller und die Quellen seines Berichtes.

Seit Jahrhunderten spielten die Khevenhiller eine bedeutende Rolle unter dem Adel von Inner-Oesterreich. Sie waren reich, was sie hauptsächlich dem Eisenbau verdankten, wie denn die noch heute blühenden Werke in der Krems von einem Consortium herrühren, an dem sie Antheil hatten. Wir finden sie in unaufhörlichem Gütererwerb begriffen: zugleich aber widmen sie sich dem Dienste des Hofes und den Angelegenheiten des Landes in hohen Stellungen; es schadet ihnen nicht, daß sie meistens zu dem Protestantismus neigen.

Im sechszehnten Jahrhundert theilten sie sich in zwei Linien, die Frankenburger und die Hohen-Osterwitzer.

Von der ersten lebten zu Ende des sechszehnten und am Anfang des folgenden Jahrhunderts die Brüder Johann und Bartholomä. Der erste war von 1572 bis 1606 kaiserlicher Gesandter in Spanien: in dem Archiv zu Wien bewahrt man noch seine Correspondenz mit Rudolf II., dessen Aufträge sich auch auf Erwerbung von Kunstgegenständen bezogen; der Gesandte berichtet ihm über deren Ausführung. Wie die Herrengeschlechter in Böhmen und Mähren, so hatten auch die österreichischen eine lebendige Ader für allgemeine Cultur. Was hätte wohl aus ihnen werden können, wenn sie mit der Gegenreformation verschont geblieben wären! Eine sehr merkwürdige Gestalt ist Bartholomä, der in seiner Jugend weite Reisen machte, und zwar immer in eifrigen Studien begriffen. In Padua hat er den Livius, in Toulouse den Thucydides gelesen. In Orleans studirte er mit seinem Begleiter Fabian Stoßer, einem geborenen Preußen, die Bibel, eben als dort die Hugenottenverfolgungen begannen. Ein Ausflug nach Spanien wäre ihnen beinahe schlecht bekommen; denn da sie sich nicht eben rechtgläubig erwiesen, geriethen sie mit der Inquisition in Händel, die ihnen leicht das Leben hätten kosten können. In der äußersten Bedrängniß hat Bartholomä das Gelübde gethan, wenn er gerettet werde, eine Reise nach Jerusalem zu unternehmen, was er dann in Gesellschaft vieler anderer Mitglieder vornehmer Geschlechter, die sich in drei Compagnien, eine kaiserliche, eine schwäbische und eine fränkische theilten – so zahlreich waren sie –, zur Ausführung brachte. Eine der letzten großen Pilgerfahrten, ähnlich den ersten, wie sie einst im elften Jahrhundert unternommen worden waren. Nach seiner Rückkehr konnte Bartholomä als das Haupt der kärnthnerischen Protestanten, der dortigen Stände überhaupt betrachtet werden: er war Landoberster und Erblandstallmeister. Nicht selten haben die Erzherzoge mit ihren Damen seine Gastfreundschaft in Anspruch genommen. Im Jahre 1597 hat Bartholomä Khevenhiller im Namen der Stände dem Erzherzog Ferdinand den Huldigungseid abgelegt Czerwenka: die Khevenhiller, S. 237..

Bartholomä war dreimal vermählt und hatte, wenn man recht zählt, achtzehn Kinder. Aus seiner zweiten Ehe mit einer Gräfin von Thurn stammt Franz Christoph, der Autor der Annalen. Für den aber traten nun andere Zeiten ein. Schon der Vater hatte noch viel mit der Gegenreformation zu kämpfen, welche Erzherzog Ferdinand in Gang brachte: der Sohn schloß sich ihr an; er war ein Freund der Jesuiten; wir finden ihn an Wallfahrten nach Alt-Oettingen Theil nehmen. Bald nachdem er zu seinem Erbe gelangt war, entfernte er auf seinen Patronats-Pfarren die evangelischen Prediger, die sein Vater begünstigt hatte. Nicht als ob er den extremen Meinungen gehuldigt hätte: er war ungefähr gesinnt wie Klesel, dem er seine Gesandtschaft in Madrid verdankte; aber selbst dies diplomatische Verhältniß machte ihm jede Abweichung von der kirchlichen Haltung des Hofes unmöglich. Unter Ferdinand II. wurde es Khevenhillers vornehmstes Geschäft, die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Höfen zu erneuern und zu verstärken. Mißtrauen in seine Rechtgläubigkeit wäre für seine Mission verderblich gewesen. Er war der vornehmste Vermittler bei der Vermählung zwischen Ferdinand III. und der Infantin Maria; er wurde dafür durch eine hohe Bedienung an ihrem Hofe belohnt; lange Jahre hindurch war er Mitglied des geheimen Rathes und hat einst, als Assistenzrath des Erzherzogs Leopold Wilhelm, der in Abwesenheit des Kaisers dessen Stelle vertrat, fast den vornehmsten Platz in der Administration eingenommen. Seine individuelle Lage stimmte in so fern mit der kaiserlichen überein, als der oberösterreichische Bauernaufruhr gegen ihn selbst so gut wie gegen den Kaiser gerichtet war, die empörten Bauern aber mit der protestantischen Bewegung und König Gustav Adolf selbst zusammenhingen. Eigentlich auf seiner Herrschaft Frankenburg ist die Empörung bei Gelegenheit der Installation eines katholischen Pfarrers, die sein Pfleger unternommen, zum Ausbruch gekommen: um sie zu dämpfen, hat der friedliche Diplomat und Hofmann selbst einmal zu den Waffen gegriffen. Seine Hingebung gegen das Haus, dem er diente, war so vollkommen und tiefgewurzelt, daß selbst die Gewaltsamkeiten, welche die protestantischen Mitglieder seiner Familie bei ihrer gezwungenen Auswanderung erfuhren, und die auf ihn selbst zurückwirkten – denn er hätte wohl Ansprüche auf ihre Güter, die man confiscirte, gehabt –, ihn darin nicht irre machten.

Von dem nun rühren die Annales Ferdinandei her.

In den Khevenhiller war der Sinn für historische Aufzeichnungen gleichsam erblich. In den letzten Worten, welche Bartholomä an seinen Sohn Franz Christoph richtete, hat er ihn an das Beispiel ihrer Ahnherren gemahnt, »ihre eigenen und andere Geschichten aufzuzeichnen, dem er selbst und sein Bruder nachgefolgt sei, und dem nun auch der Sohn nachfolgen möge« Stülz: Jugend und Wanderjahre Khevenhillers, im Archiv österreichischer Geschichtsquellen IV, 342.. Eigene und andere Geschichten, sagte der Vater: der Sohn faßt das allgemeiner. Schon im Jahre 1614 finden wir ihn beschäftigt, Nachrichten über die Vorkommenheiten desselben zusammenzutragen. Er unternahm dann, ein annalistisches Werk, dessen Mittelpunkt Kaiser Ferdinand II. sein sollte, von der Geburt bis zum Tode desselben auszuarbeiten, ungefähr wie Sandoval die Geschichte Carls V. und Cabrera die Geschichte Philipps II. mit dem Geburtsjahr dieser Fürsten beginnen. Die Vergleichung zeigt jedoch auch den Unterschied. Das subjectiv historiographische Moment, das namentlich bei Cabrera den Stoff überwiegt, verschwindet bei Khevenhiller. Er reiht nur die Materialien aneinander, die er aus den bekanntesten und geläufigsten Autoren herübernimmt, aber mit Aktenstücken und Relationen vermehrt, die ihm selbst in seiner amtlichen Stellung zu Händen kamen. Das Originalste darin sind die Aufzeichnungen seines Oheims Johann, die ihm als Erbtheil zufielen, und seine eigenen über ihre Gesandtschaften in Spanien; denn er hielt seine Tagebücher auf das fleißigste. Schon im Jahre 1636 trat er mit einem Prodromus hervor, den er dem Kaiser Ferdinand III. widmete. Vom Jahre 1640 bis 1646 sind dann neun Bände des gesammten Werkes erschienen, eingeschlossen die beiden ersten, welche die Porträts und Lebensbeschreibungen enthalten. Die Auflage war aber so gering, daß das Werk doch so gut wie unbekannt blieb. Dem Wiederabdruck desselben in Leipzig wurden die nur handschriftlich vorhandenen Theile, welche die Geschichte bis zum Tode Ferdinands II. führen, aus dem Nachlaß des Autors hinzugefügt. Man verdankt es dem wohlbekannten Minister Grafen Sinzendorf, daß Kaiser Carl VI. die Erlaubniß dazu gab. Auch die Publikation wurde in dem Sinne der tiefsten Devotion gegen das Haus Oesterreich ausgeführt, wie die Dedication zeigt, in der die damals schwebende Angelegenheit der pragmatischen Sanction eine Rolle spielt.

Wollte sich Jemand heut zu Tage ein Verdienst um das Werk erwerben, so würde es darin bestehen müssen, das aus anderen Autoren Herübergenommene und sonst Bekannte auszuscheiden, dagegen aber den originalen Theil, vor allem die Erinnerungen aus jenen Gesandtschaften, zusammenzustellen; diese würden sich noch sehr vermehren lassen, wie sich denn in späteren Mittheilungen Berichte und Botschaften von Bedeutung finden, welche in den Annalen fehlen. Man würde Denkwürdigkeiten der beiden Khevenhiller erhalten, die ein nicht geringes Interesse haben dürften.

Für die historische Benutzung ist aber noch ein anderes Verfahren nöthig.

Man muß die einzelnen Theile auseinandernehmen und die Glaubwürdigkeit selbst der originalen Stücke prüfen. Eine Arbeit von größtem Umfang, die wir hier nicht unternehmen. Was uns beschäftigt, ist nur die Beschaffenheit der zu unserem Gegenstand gehörigen Abschnitte und des urkundlichen Materials, das dabei zu Grunde gelegt worden ist.

Ich fange mit einem Aktenstück an, welches noch vor der Katastrophe liegt, aber sie begründet.

1. Angebliche Capitulation bei Wallensteins Wiedereintritt im Jahr 1632.

Eine besondere Erörterung, an der ich hier vorbeigehe, verdient das Verhältnis zwischen Gualdo Priorato's Historia di Ferdinando III. imperatore, 1672, mit Khevenhiller. Manche Berichte, die sich in den Annalen finden, muß Gualdo, lange ehe sie gedruckt waren, in den Händen gehabt haben. Zuweilen aber scheint es, als ob Nachrichten und Aktenstücke von Gualdo in echterer Gestalt mitgetheilt worden seien, unter anderem bei der Geschichte der Abdankung. Bei der Wiederannahme des Generalates ist Gualdo von dem, was er in der historia delle guerre mitgetheilt hatte, selbst abgewichen, um sich dem anzuschließen, was Khevenhiller berichtet hatte. Auch Abweichungen kommen vor; doch ist es nicht mehr der Mühe werth, sie aufzuzählen, da man doch weder bei dem Einen noch bei dem Andern das wirklich Vorgekommene, wie es die später bekannt gewordenen Aktenstücke herausstellen, erfährt.

In Einem Punkte stimmen sie wörtlich zusammen: die Bedingungen, unter welchen Wallenstein das Generalat angenommen habe, kommen bei Gualdo genau ebenso vor, wie bei Khevenhiller. Gerade die Aufzählung dieser Bedingungen aber bietet große Schwierigkeiten dar.

Gehen wir davon aus, daß der deutsche Text, wie ihn Khevenhiller mittheilt, in der Sammlung Aretins (Wallenstein, Urkunden-Anhang Nr. 19) unter dem Titel: » Contenta deren Conditionen, vf welche der herzog zu Fridlandt das ... Generalat reacceptiert vnd wider angenommen,« im Allgemeinen gleichlautend erscheint. Doch finden sich einige Abweichungen, und man kann zweifelhaft darüber sein, welcher Text der bessere ist. Denn wenn im Art. 4 bei Aretin von einer Assecuration auf ein österreichisches Erbland als einem extraordinari Recompens und im Art. 5 von der zu occupirenden Länder höchstem Regal nochmals als einem extraordinari Recompens die Rede ist, so hat es offenbar mehr Sinn, wenn bei Khevenhiller das Zugeständniß nr. 4 als ordinari Recompens, nr. 5 als extraordinari Recompens bezeichnet wird. Dagegen ist es ein Irrthum bei Khevenhiller, wenn es heißt, I. Kais. Majest. solle nicht persönlich bei der Armada sein; – I. K. M. bedeutet ohne Zweifel Königl. Maj. und bezieht sich auf den König von Ungarn und Böhmen.

Vor Kurzem ist eine italienische Fassung dieser Artikel aus den Mittheilungen des venezianischen Residenten Antelmi bei Gliubich ( Gli ultimi succesi di Alberto di Waldstein, Archiv für österreichische Geschichtsquellen, Bd. XXVIII) bekannt geworden: » Copia delle condizioni, con le quali il duca di Michelburgo e Fridland ha accettato la carica di Generalissimo.« Dieser Text ist correcter, als die beiden deutschen, und das Eine und das Andere läßt sich erst aus ihm verstehen. Z. B. jenes auffallende Zugeständniß einer kaiserlichen Assecuration auf ein österreichisches Erbland, welches man wohl so verstanden hat, als sei dem General im voraus ein Erbland zuerkannt worden, hat etwas Verständliches im Italienischen: un assicuration sopra i paesi ereditarii, – denn man sieht, daß nur von der Anweisung auf eine Zahlung aus den Einkünften der Erblande die Rede war. Der folgende Satz nr. 6: von den [zu] occupirenden Ländern das höchste Regal im röm. Reich, wird durch die Worte erklärlich: uno dei maggiori regali; man mag damit das Salzregal, das damals sehr einträglich wurde, oder das Bergregal gemeint haben.

So läßt sich das wenigstens denken: die Concession wird auf ein möglichstes Maß beschränkt.

Einmal stößt man auf eine Abweichung in einem die Ansprüche verstärkenden Sinne. Wenn es in den deutschen Artikeln heißt, der Herzog von Friedland solle des Hauses Oesterreich und der Krone Spanien Generalissimus sein und verbleiben, so liest man über das Wort »verbleiben« hinweg; in dem Italienischen sieht man erst, wie es verstanden werden konnte und wahrscheinlich verstanden wurde. Es heißt da: mentre vive, Generalissimo non solamente di Cesare, ma anche di tutta la Casa d'Austria e della Corona di Spagna. Man sieht: auf ein lebenslängliches Generalat war es abgesehen; ein solches wird nach dem italienischen Text sehr ausdrücklich, nach dem deutschen mit einem Wort, das wenigstens dahin gedeutet werden kann, schon als zugestanden bezeichnet. Sehr möglich und selbst wahrscheinlich, daß die Absicht Wallensteins dahin gerichtet war: nimmermehr aber konnte es zugestanden werden. Die Artikel haben überhaupt mehr die Form von Vorschlägen, als von Festsetzungen. Wie sollte in eine Capitulation, die dem Kaiser zur Genehmigung vorgelegt werden mußte, ein Motiv aufgenommen worden sein, wie es in dem Artikel über die Confiscationen vorkommt: daß der Kaiser zu mild sei, um sie ihm selbst zu überlassen, da er jedem verzeihe, und dadurch der Soldateska ihren Unterhalt entziehe?

In Dudiks »Waldstein« findet sich S. 478 noch eine halb italienische, halb deutsche Fassung desselben Inhaltes, die deutschen Worte erscheinen als nachträglicher Zusatz. Bei dem Artikel über die Recompens z. B. hat das Italienische nur: gli sara assicurata una ricompensa – bei dem Artikel über die Confiscationen kommt jenes wunderliche Motiv nicht vor –, alles ist kürzer, allgemeiner. Und aus den ersten Worten sieht man, daß noch nicht von einer geschehenen Verständigung die Rede war, sondern nur von vorbereitenden Verhandlungen darüber; es heißt: l'Imperatore tratta col Friedland per fargli ripigliare il Generalato, il quale egli accetta a cotali condizioni. Das Wort accetta wird dahin zu verstehen sein, daß Friedland sich bereit erklärt hatte, das Generalat unter den dann folgenden Bedingungen anzunehmen. Sie enthalten, daß er 1) zugleich General des Königs von Spanien sein, 2) daß er eine vollkommene, durch keine Anwesenheit des Kaisers oder des Königs beschränkte Autorität haben, 3) daß ihm eine Recompens zugesichert werden, 4) daß ihm das Recht der Confiscation zustehen solle. Böhmen sollte durch Marradas gegen Rebellionen gesichert werden und das gesammte erbländische Gebiet zum Besten des Heeres offen bleiben. Dieses Document, das einzige, das sich, wiewohl vielleicht zufällig, in dem Kriegsarchiv zu Wien über die Sache findet, dürfte als die erste echte Vorlage Friedlands bei der Verhandlung betrachtet werden können: die anderen Texte dürften nur Erweiterungen desselben sein. Ob sie jemals vorgelegt worden sind, bleibt freilich zweifelhaft; mit Bestimmtheit aber wage ich auszusprechen, daß keiner von allen, auch nicht der im Kriegsarchiv vorhandene, angenommen worden ist. Denn davon, daß die Krone Spanien den Herzog von Friedland als ihren Generalissimus auch nur widerruflich anerkannt hätte, kann gar nicht die Rede sein. Der im höchsten Vertrauen von Spanien nach Wien im Jahre darauf abgeschickte Botschafter Oñate erklärt in einem seiner Berichte: er kenne die mit Friedland geschlossene Capitulation nicht, er habe noch keine Zeit gehabt, sich danach zu erkundigen. Wie wäre es aber denkbar, daß ihm eine so wichtige Bestimmung, wenn sie stattgehabt hätte, unbekannt geblieben wäre: und ein solches war das Verhältniß des Wiener Hofes zu dem Madrider nicht, daß er eine Sache dieser Art, ohne anzufragen, hätte bewilligen können. Der spanische Hof hatte an sich kein Bedenken, Feria als seinen General im Elsaß aufzustellen, und nicht deshalb erhob Wallenstein Schwierigkeiten dagegen, weil er Generalissimus der Krone Spanien sei. Das Zugeständniß, das ihm der kaiserliche Hof gemacht hatte, war ein anderes. Man hatte ihm versprochen, daß innerhalb der Gebiete des deutschen Reiches kein anderer General neben ihm commandiren solle. Diese Zusage setzte der kaiserliche Hof den Wünschen der Spanier entgegen, welche sich denn auch fürs erste fügten. Genug, des Hauses Oesterreich und der Krone Spanien Generalissimus in absolutissima forma ist Wallenstein nie gewesen. Die Capitulation ist in den Formen, wie die Artikel sie andeuten, niemals angenommen worden. Wie diese Artikel vieles enthalten, was nicht bewilligt worden, so wurden dem General Concessionen gemacht, die darin nicht vorkommen. Eine ist eben die, deren wir gedachten, daß ihm innerhalb des Reiches das ausschließende Commando zustehen solle; einer andern gedenkt er in den Verhandlungen mit Sachsen. Sie besteht darin, sein Recompens sei ihm zugesichert worden auch für den Fall, daß er es nur zu einem annehmbaren Frieden bringe. Dazu, den Frieden zu schließen, bekam er eine sehr ausgedehnte Vollmacht; eine Entschädigung für Mecklenburg ließ er sich blos in einem unbestimmten Artikel zusichern; sie wurde ihm durch Glogau unmittelbar zu Theil. Vielleicht die wichtigste von allen lag in dem Versprechen des Kaisers, dem Beichtvater in diesen Angelegenheiten kein Gehör zu geben. Von alledem schweigen die Artikel. In der freilich nicht sehr zuverlässigen Schrift, deren gleich zu gedenken ist, dem Chaos perduellionis, geschieht auch dieser Verhandlungen Erwähnung; der Abkunft über Glogau gedenkt dieser Autor; auch spricht er richtig nur von einem Regal, das dem General verheißen worden sei ( unum ex majoribus regalibus); zu wiederholten Malen aber erwähnt er, Friedland habe sich ausdrücklich ausgemacht, daß er seine Winterquartiere fünf Jahre hintereinander in den österreichischen Erblanden nehmen dürfe. Ich weiß nicht, ob sich dies so verhält, und wir wollen statt des Unrichtigen nicht etwas ebenfalls Ungewisses in die Geschichte einführen. Nur soviel ist augenscheinlich, daß die Artikel, welche bei Khevenhiller, Aretin und Antelmi vorliegen, nicht als die Grundlage der Verhältnisse zwischen dem kaiserlichen Hof und dem Herzog von Friedland betrachtet werden können. Wahrscheinlich sind die Versprechungen, die er allerdings erhielt, niemals in eine förmliche Capitulation zusammengefaßt worden.

2. Friedensvorschläge, Anfang Juni 1633.

Gewiß ist, daß Ende Mai alten, Anfang Juni neuen Styles von Wallenstein Vorschläge zu einem allgemeinen Frieden gemacht worden sind – es geschah bei seinem Zusammentreffen mit den sächsisch-brandenburgischen und schwedischen Heerhaufen –; welche aber waren dies? Nach Khevenhiller ( Ann. Ferd. XII, 578) begann Friedland mit der Versicherung, wenn der Kaiser den Frieden nicht so, wie man ihn schließe, eingehen wolle, solle er dazu gezwungen werden. Die Concessionen, die er anbietet, sind dann folgende: Erneuerung aller Privilegien, Herstellung der böhmischen Emigranten in ihre Besitzthümer, Entfernung der Jesuiten aus dem Reich, Verwerfung des Axioms haereticis non est servanda fides, wogegen Sachsen und Brandenburg ihrerseits auf keine Entschädigung dringen sollen. Mit den Schweden soll über die Erstattung ihrer Kriegsunkosten Festsetzung getroffen werden. »Unterdessen aber sollten sie alle die Oerter, welche sie als Festungen eingenommen und inne hatten, zu ihrer Sicherheit behalten,« unter der Garantie von England und Frankreich. Das gesammte Kriegsvolk sollte alsdann gegen die Türken geführt werden. Auch Chemnitz, das Theatrum Europaeum, und Pufendorf theilen diese Vorschläge mit, die ersten gleichlautend, der letzte in entsprechendem lateinischem Excerpt. Die eigentliche Quelle dafür ist doch wohl das Theatrum Europaeum, dessen dritter Band, in welchem sie pag. 71 stehen, schon 1639 erschienen ist. Chemnitz hat sie wahrscheinlich eben daher. Denn wiewohl er hier wie sonst eigenthümliche Nachrichten beibringt, so stimmen diese doch nicht mit den Artikeln überein; namentlich wird behauptet, daß Wallenstein dem Obersten Fels den Antrag gemacht habe, sich mit der Krone Schweden auf ewig zu verbinden und ihr allezeit mit ein paar tausend Mann zu Hülfe zu kommen. Aus Chemnitz nahm sie Pufendorf ohne weitere Kritik.

Zieht man sie nun aber, wie sie vorliegen, in Betracht, so muß es das größte Erstaunen erregen, daß sie das Verhältniß der beiden Confessionen im Reiche übergehen und dagegen von den Nebendingen handeln, der Entfernung der Jesuiten und der Verwerfung ihres Satzes über das Recht, den Ketzern das gegebene Wort nicht zu halten. Wie soll dem General beigekommen sein, England und Frankreich als Garanten einer rein deutschen Abkunft zu bezeichnen? wie soll er gleich in dem ersten Artikel, wie es hier heißt, gedroht haben, den Kaiser mit Gewalt zu nöthigen die Friedensbedingungen zu unterschreiben, »wozu er dann schon gute Mittel wüßte?« Höchstens im Eifer des Gesprächs kann er dies geäußert haben. Ueberdies bleibt bei diesen Bedingungen und Vorschlägen die Hauptsache, auf die es ankam, der Widerruf des Restitutionsedictes, unberührt.

Glücklicherweise haben wir einen andern Bericht, der, auf der Stelle aufgesetzt, die vorgeschlagenen Bedingungen glaubwürdig mittheilt und sich auch über die Gespräche, die dabei vorkamen, verbreitet. Ich theile ihn aus dem Magdeburger Provinzial-Archiv mit.

Nach Erwähnung kleiner Kriegsvorfälle heißt es dort weiter:

Bei wehrenden Scharmützel hatt Hr. General Leuttenant (Arnim) vf begehren des Generals, Fürsten von Friedlant, zu ihme auf eine vnterredung hienüber kommen sollen, welcher es aber abgeschlagen, es ist aber der Graff Terzki herüber kommen, mit den General Leuttenant gessen Sesyma kennt dies Mittagsmahl; Arnim gab eine schriftliche Antwort auf den Antrag; bei der Zusammenkunft sprach der General mit Arnim und Burgsdorf, »Wir aber sind nit weit davon gestanden«., vnd vngeacht, es schwer zugangen ihn doch dahin disponiret, das er neben Obr. Burgsdorff, vnd Herrn von Felß zu dem General mit hienüber geritten, da den der General von Wallenstein wieder ihn zu reden angefangen; Demnach es seinem Keyser vnd den Fürsten des Reichs an mitteln ermangeln wollte, den Krieg ferner zu Continuiren, auch bei Gott nicht verantwortlich mehr Christen blut zu vergießen, als wolte er einen solchen friede schließen helffen, bei welchen die Jhenigen puncta, alle, so sie selbst vorschlagen würden, eingegangen werden solten, hat auch hierzu selber, die nachfolgende puncta fürzuschlagen angefangen

1. Das in den ganzen Röm. Reich ein allgemeiner durchgehender Friede soll beschloßen und getroffen werden..

2. Das alle die religionen menniglich frey gelassen, vnd vnperturbiret bleiben sollen.

3. Das alle und iede, so von den ihrigen veriagt vnd vertrieben worden, genzlichen restituiret, vnd wieder eingesetzt werden sollen.

4. Das die Chron Schweden, sintemahln dieselbe zu rettung der teutschen libertet vnd wieder erlangung des Religion vnd Prophan frieden, merkliche vnd hohe Spesen auffgewendet, mit ansehnlichen Örttern, vnd stattlichen recompens Contentirt werden sollte, wofür nicht alleine, das gantze Röm. Reich pro Asssecuratione stehen, sondern auch wieder alle vnd iede, so ermelte Chron zu Offendiren gesonnen, manuteniren helffen solltenn.

Hierauf hatt der Obr. Burgsdorff excipiret, es wehre zwar nichts gewüntschders, als wen ein gutter vnd bestendiger friede köntte getroffen werden, weil aber das einzige Fundament, dergleichen Contractus auf Trew vnd Glauben bestünde, hingegen aber notorisch und weltkündich, das von Catholischer seite ganz vor keine Sünde geachtet, wan den Evangelischen dem vorsprechen zuwieder, iz einmahl zugesaget worden retractiret würde, vnd also die Evangelische, von den Catholischen sich keiner bestendigen versicherung zugetrösten hetten. Der General Wallenstein geantworttet, will dan der Herr die Catholischen von den Evangelischen, so gar ausschließen, welchen der Obr. Burgsdorff wieder geantworttet, er meine nicht die altte Cathol. mit denen man vor dieser Zeit wohl friedlich leben können, sondern nuhr die Jesuiter, welche offentlich statuirten, das den Kätzern kein glaube zu halten sey, worauff der Wallensteiner gesagt, Gott schendt, weis der Herr nicht, wie ich den Huntsfüttern den Jesuitern, so gram bin, ich wollte, das der Teuffel die Huntsfütter lengest geholet hette, ich will die Huntsfütter alle aus dem Reich zum teuffel iagen, item, er bezeuge es mit Gott, so war er wünschen thet, ein kint Gottes zu sein, ia das Gott kein theil an seiner Seele haben sollte, wann er anders in seinen Hertzen meine, als die wort lautteten, vnd will der Keyser nicht friede machen, vnd die Zusage haltten, so will ich ihn darzu zwingen, der Bayerfürst, der Bayerfürst hat das spiel angefangen, ich will ihm keine Assistenz leisten, wollte das die Herren allbereit sein ganzes lant ruiniret hetten, das weder Henne, noch Han, noch einiger mensch mehr drinnen zu finden sey, vnd wollte, das er lengst todt wehre, würt er nicht friede machen wollen, so will ich ihn selbst helffen bekriegen, den ich will einen ehrlichen, aufrichtigen, bestendigen frieden im Reich stifften, vnd nachmals mit beyderley Armeen gegen dem Turcken gehen, vnd den Huntsfutt alles nehmen, was er von Europa entzogen, das andere mag er behaltten.

Als sie nuhn von einander gezogen, hatt Hr. General leuttenant alle diese puncta auff pappier gebracht, vnd Hr. General Wallenstein wieder hienüber geschickt, mit vermeldung, er wollte hiemit Ihr. Fürstl. Gn. die mündtliche proponirte friedens puncta schrifftlichen zuuerstehen, geschickt haben, ob etwan ein oder der ander von ihme nicht recht wehre verstanden, oder angenommen worden, damit dieselbe nach dero beliebung emendiret, davon ab oder zuthun wollte, auf dieses hat der General Wallenstein ihme wieder zu entbieten laßen, es wehren alle diese puncta also abgefaßet, wie es von ihme an vnd vorgebracht, wüste darinnen nicht das geringste zu endern, wollte auch dem Hrn. General Leuttenant frey gestellet haben, was er etwa noch mehres dabey zu erinnern, vnd darzu zu setzen vermeinte.

Der Bericht unterscheidet, wie wir sehen, zwischen den Expektorationen Friedlands, die seine Art und Weise recht eigen vergegenwärtigen, und den Bedingungen, die er vorschlägt. Wir haben auch diese nicht eben in bündigster Fassung; jedoch ist darin wirklich von den wichtigsten Dingen die Rede, der Freiheit des Bekenntnisses, der Herstellung der des Ihren Entsetzten, d. h. doch vor allem der aus den geistlichen Stiftern durch das Restitutionsedict Verjagten. In dem vierten Artikel wird die Erneuerung des Religionsfriedens ausdrücklich erwähnt und den Schweden für ihr Verdienst um dieselbe eine stattliche Vergütigung und der Besitz ansehnlicher Oerter verheißen; damit war aber nach allem Vorangegangenen doch nur die Abtretung eines und des andern Seehafens gemeint; von einer Versicherung für die einstweilige Ueberlassung der von ihnen besetzten Plätze, die sich allenthalben im Reiche fanden, war nicht die Rede, noch auch von einer Garantie fremder Mächte. Das ganze Reich sollte dafür gut stehen und mit den Schweden in Bund treten, wie die Nachricht des schwedischen Obersten bei Chemnitz ausdrücklich sagt. Nach meinem Dafürhalten muß man hienach die sieben Punkte, wie sie vorliegen, verwerfen; doch ist ihr Verhältniß zu dem, was wirklich vorkam, merkwürdig und für diese Art von Mittheilungen unterrichtend. Was Wallenstein im Gespräch mit gewohnter Aufwallung gesagt hatte, wurde förmlich in Artikel gefaßt und zwar mit einer Uebertreibung und Ungenauigkeit, welche alles verunstaltet.

Eine ähnliche Bewandtniß wird es mit den folgenden vier Artikeln über die persönlichen Ansprüche Wallensteins haben. Welchen Sinn hat es, daß er im dritten Artikel dem Baierfürsten das demselben versetzte Land ob der Enns wegnehmen will? Maximilian hatte es schon längst aufgegeben und anderweitige Entschädigung dafür erhalten. Chemnitz hat die Vorsicht, sie als ausgesprengt zu bezeichnen; sie sind ohne Zweifel vollkommen erdichtet.

3. Sesyma Raschin.

Ich kehre zur Lebensgeschichte Wallensteins zurück. Von allen Fragen, die dabei zur Sprache kommen, ist keine wichtiger, als die auf die Glaubwürdigkeit des Berichtes von Sesyma Raschin bezügliche. Ich deutete schon den Ursprung desselben an. Im Jahre 1635, als man bei Hofe und in dem Publikum über die Schuld Wallensteins noch immer Zweifel äußerte, erschien ein böhmischer Exulant des Namens Kustosch in Wien, der, um zu seiner Begnadigung zu gelangen, zum Katholicismus zurücktrat, nachdem er bei Pater Lamormain gebeichtet hatte; indem er einige Nachrichten über Wallenstein, welche den Anklägern sehr willkommen waren, mittheilte, machte er sie zugleich auf einen seiner Bekannten aufmerksam, von dem noch mehr zu erfahren sein würde. Es war Jaroslav Sesyma Raschin, aus einer der Terzka'schen Herrschaften im Königingrätzer Kreise gebürtig, der bei den ersten Verfolgungen mit seiner Familie nach Sachsen ausgewandert und dann hauptsächlich als Zwischenträger zwischen Wallenstein und den Schweden gedient hatte. Da nach dem Prager Frieden seines Bleibens in Sachsen nicht mehr war, wollte er sich zu den Schweden wenden, die ihm die besten Versprechungen gemacht hatten, als er durch Kustosch, seinen Freund, die Aufforderung erhielt, ebenfalls um seine Begnadigung nachzusuchen. Er bedachte sich eine Weile, entschloß sich aber dazu. Die Bedingung seiner Begnadigung war aber vornehmlich Mittheilung alles dessen, was er im Dienste Terzka's und Wallensteins über ihre Verhältnisse mit den Feinden erfahren hatte: nicht ohne daß er dabei von Seiten der Regierung an Eines und das Andere erinnert worden wäre, wovon sie selbst einige Kunde besaß. Er hat seinen Bericht ursprünglich böhmisch abgefaßt; ein Concipist der böhmischen Hofkanzlei hat ihn hierauf ins Deutsche übersetzt; Raschin hat ihn dann noch einmal durchgesehen und einige Veränderungen angebracht, die aber von geringer Bedeutung sind, wie die Vergleichung des Originals zeigt. Slawata, der die Sache vermittelt hatte, ist über den Inhalt der Mittheilung höchlichst erfreut: denn wer könne nun noch an der Verrätherei Wallensteins zweifeln? Er zögerte nicht, ihn dem Kaiser vorzulegen, der die Veröffentlichung billigte, wenn er in eine bessere Form gebracht sei.

Bisher war dieselbe nur ungenügend geschehen: Khevenhiller hat den Bericht aufgenommen – wir werden noch darauf kommen, wie –; in lateinischer Übersetzung war er Senkenberg bekannt und von Murr zum Druck befördert worden; dieser Druck aber stimmte wieder mit Khevenhiller nicht recht zusammen und war kaum verständlich. Man kann sich so sehr nicht wundern, daß er kein besonderes Zutrauen erweckte: Friedrich Förster, der von der Schuldlosigkeit Wallensteins durchdrungen war, hat ihn für ein Gewebe von absichtlichen Lügen erklärt. Allein seitdem haben sich so viel einzelne Thatsachen gefunden, welche die Meldungen Sesyma's bestätigen, daß ihre Glaubwürdigkeit unmöglich so ins Allgemeine geleugnet werden darf. Die Tage, die er angiebt, stimmen mit anderweit bekannt gewordenen Daten zusammen: man hat Briefe des Grafen Thurn gefunden, welche die Verhandlungen bestätigen, in die er verflochten war; auch aus den Prozeß-Akten sind Aussagen bekannt geworden, welche keinen Zweifel an der Art und Weise seiner Thätigkeit, wie er sie schildert, übrig lassen. Ich erwähnte soeben, wie genau er über kleine Einzelheiten bei den Friedensunterhandlungen mit Sachsen unterrichtet ist. Erst vor Kurzem in: Fr. Dvorsky, Historické doklady k zámerum Albrechta z Valdstyna (Prag 1867) ist der Bericht in der ursprünglichen Gestalt, deutsch, wie er dem Kaiser vorgelegt wurde, veröffentlicht worden; er macht den Eindruck einer gewissen Naivität und Wahrhaftigkeit. Von der Hand zu weisen ist er durchaus nicht; man muß ihn aber darauf ansehen, was er denn eigentlich enthält.

Der Bericht zerfällt, der Zeit nach, in drei Abschnitte. Der erste beschäftigt sich mit den nach der Abdankung Wallensteins und vor dessen Wiedereintritt vorgekommenen Annäherungen zwischen ihm und Gustav Adolf. Sesyma trug die Botschaften hin und her: er sah den König und Wallenstein selbst. Was er erzählt, ist das Denkwürdigste, was über die Beziehungen zwischen diesen beiden großen Heerführern überhaupt bekannt geworden ist, und trägt das Gepräge der Wahrhaftigkeit. Wallenstein, der damals nicht im Dienste war und nur seinen Anspruch an Mecklenburg zu retten suchte, wird dadurch noch nicht zum Hochverräter gestempelt, obwohl er einen sehr bedenklichen Weg einschlägt. Ich denke, man darf alles glauben, was da berichtet wird, da es ein persönlich Erlebtes enthält. Der zweite Theil umfaßt, was vor Nürnberg im September 1632 und während des Feldzuges von 1633 vorgekommen ist. Da ist Sesyma minder authentisch: er ist erst durch Mittelspersonen unterrichtet, wobei denn mancherlei Irrthümer vorkommen konnten. Wenn er z. B. versichert, Wallenstein habe dem Reichskanzler melden lassen, er denke sich der Krone von Böhmen zu bemächtigen, so ist sein Zeugniß doch dafür nicht genügend, da er Wallenstein selbst nicht zu sprechen bekam. Die Sache, die Sendung Bubna's, ist unbezweifelt. Sie wird in den Berichten des englischen Gesandten Curtius erwähnt, dem Oxenstierna sagte, Wallenstein habe ihm seinen Wunsch ausgesprochen, die Emigranten nach Böhmen zurückgeführt und das Wahlrecht der Böhmen wiederhergestellt zu sehen. Ich habe die Stelle oben in einer Note eingeschaltet und nur eben dies annehmen zu dürfen geglaubt. Es ist leicht zu erklären, wenn die Emigranten, welche ihre Herstellung jetzt von Wallenstein, der zum König erhoben werden müsse, erwarteten, das Eine mit dem Andern vermischten und das Eine für das Andere nahmen. Für das, was unter diesen vorging, ist Sesyma immer von vielem Werth. Man entnimmt aus ihm, daß Thurn, der stets für die Annahme der Krone war, und Friedland, der die Sache, wenn er ja daran dachte, ins Weite schob, sich darüber mit einander entzweiten.

In dem dritten Abschnitt berichtet Sesyma über die im Dezember 1633 und seitdem gepflogenen Unterhandlungen. Er sah auch damals den Fürsten – so heißt der Herzog von Friedland bei ihm schlechthin – nicht selbst; er wiederholt nur, was er von Kinsky und hauptsächlich was er von Terzka gehört hat. Das sind wieder die Gedanken und Entwürfe, mit denen sich die Emigranten trugen, nunmehr durch die wiederaufgenommenen Verhandlungen mit Frankreich belebt; ohne Zweifel besprachen sich Terzka und Kinsky viel über die Bestimmungen über die böhmische Krone, bei Lebzeiten Wallensteins und über sein Leben hinaus; – hätte Sesyma zu Wallenstein selbst Zutritt gehabt, so würden wir auch die Modifikationen wahrnehmen, in denen diese Pläne von ihm selbst behandelt wurden. An dem Auftrag, den Sesyma empfing, und den Umständen, unter denen er denselben vollzog, kann kein Zweifel obwalten.

Nach dem allen bildet der Aufsatz einen authentischen und werthvollen Beitrag zu der Geschichte Wallensteins und der damaligen Zeit, wiewohl er unter Einwirkungen entstanden ist, durch die er verdächtig werden könnte.

Khevenhiller nun hat ihn zwar aufgenommen, aber als seine eigene Erzählung und auf seine Weise.

Um den Unterschied zu bemerken, vergleiche man Annalen XII, S. 1123 mit der entsprechenden Stelle des Originals; man sieht erst in diesem, wovon die Rede ist, und fühlt sich erleichtert, daß man über die beschwerliche Khevenhillersche Ausdrucksweise hinwegkommt. Aber die Hauptsache ist, daß bei Khevenhiller einige Stellen weggefallen sind und zwar solche, welche zur Auffassung der Verhältnisse wesentlich beitragen. Da tritt namentlich die Unverbindlichkeit der gewechselten Entwürfe deutlich hervor, z. B. wenn es S. 32 heißt: »Dann er Oxenstierna hat besorget, er Friedland möchte ihn eben also wie seinen König betruegen.« Damit wird das Gravirende in den Beziehungen zu Gustav Adolf gutentheils verwischt. In der lateinischen Uebersetzung findet sich die Stelle: ich hatte sie bemerkt, als mir der originale Druck durch die Güte Gindely's zu Händen kam, der dann vollends alle Zweifel hob. Am auffallendsten ist, daß die ganze Erzählung von dem Mißvergnügen des Grafen Thurn über die Zurücklegung des Projectes auf die böhmische Krone und den darüber zwischen ihm und dem Friedländer entstandenen Mißhelligkeiten weggeblieben ist.

Sollten aber diese Weglassungen in dem vorliegenden Texte zufällig sein? – Es ist nicht anzunehmen. Gewiß erscheint die Schuld Wallensteins bei Khevenhiller größer und zweifelloser, als bei Sesyma.

4. Ausführlicher vnd Gründlicher Bericht, Der vorgewesten Friedländischen vnd seiner Adhaerenten abschewlichen Prodition, was es damit für eine eigentliche Beschaffenheit gehabt, vnd was für boshaftige Anschläg allbereit gemacht worden, etc. Alles aus denen einkommenen Glaubwirdigen Relationibus, Original Schreiben, vnnd andern Briefflichen Urkunden, wie auch der dißfalls Verhafften gethanen gütlichen Außsagen. Mit Röm. Käys. Mayt. Freyheit Zu Wien gegeben, vnd nach selben Original p. Hs. Jb. Kleinhansen Kayserl. Postverwaltern in Hamburg, Verlegt. MDCXXXV. Ich gebe den Titel des vor mir liegenden Exemplares genau und vollständig wieder. In Murrs Beiträgen geht ihm die lateinische Aufschrift voran: V. Alberti Fridlandi perduellionis Chaos, welche einer andern Schrift, deren wir sogleich gedenken wollen, angehört; dann folgt nach dem Worte Außsagen ein weiterer Zusatz, nach welchem der Druck »Auff sonderbaren der Röm. Kays. Mayest. Allergnädigsten Befehl« von Albert Curtius besorgt worden sein soll.

Die eigentlich offizielle Schrift, die, wie wir erfahren, den Beschwerden entgegengesetzt wurde, welche selbst die früheren Feinde Wallensteins über dessen Execution erhoben. In der Vorrede wird der »ungleichen und unwahrhaftigen Discursen, der boshaften Urtheile« gedacht, nach welchen dem Haupte der Conspiration Gewalt angethan und großes Unrecht geschehen sei; aber, so heißt es, nach allen vernünftigen Rechten und den Satzungen des heiligen Reiches werde in Fällen dieser Art, in denen der Verzug das gemeine Wesen gefährden würde, kein weiterer Prozeß gefordert; die Execution sei instar sententiae.

Der Inhalt dieser Schrift ist durch Khevenhiller allgemein bekannt geworden: erörtern wir, an das Vorangehende anknüpfend, zuerst das Verhältniß beider Texte.

Die erste Frage wird sein, ob Khevenhiller den »Gründlichen Bericht«, wie wir ihn besitzen, vor sich hatte; da er seinen Auszug wieder unterbricht und einige kleine Verbesserungen und Zusätze beibringt, so könnte es scheinen, als habe ihm eine der gedruckten vorausgegangene Copie vorgelegen. Bei weiterer Nachforschung ergiebt sich doch das Gegentheil. Man muß es schon bei der Erörterung über sich gewinnen, den Wortlaut der Texte zu vergleichen. Auf S. 1144 (Bd. XII) kommt eine ganz unverständliche Stelle vor, wo es nach einer dem Bericht wörtlich entnommenen Erwähnung des kaiserlichen Hofes heißt: »den er mit Friedens-Tractaten zu unterhalten und schläfrig zu machen worden, und zu diesem Ende einen Kayserl. Assistenz-Rath ... begehrt.« In dem Bericht liest man: »Entzwischen ist es Friedland Vorhabens gewesen, den Kayserlichen Hof mit allerhand Listen, und vornemblich unter dem Deckmantel weiterer Friedenshandlungen, mit guter Hoffnung ... zu interteniren und zu speisen, wie er dann zu mehrerem Schein, auch wiederumb einen Kayserlichen Rath zu ihme fürderlich solcher Tractation halber zu schicken, inständig begehrt.« Man sieht, nur das Original giebt einen Sinn. Eine ähnliche Stelle ist Seite 1144, bei Erwähnung der Generale, welche Wallenstein von seinem Vorhaben abzubringen suchten. In dem Original heißt es: (sie haben) »bei sich selbsten betrachtet, wie stark Sie mit ihrer Ehr und reputation hiebey interessiret, vnd mit was hohen Eydspflichten der Kay. Mayest. Sie verbunden, als haben sie zwar anfangs, vnter sich selbsten, allerhand Consilia communicirt.« Khevenhiller springt, sei es mit Absicht oder ohne solche, von dem »bei sich selbst« auf das »unter sich selbst« über und läßt den Mittelsatz weg. Ich gehe hier nicht auf den Inhalt ein; ich wollte nur zeigen, daß der ursprüngliche Text dem Verfasser der Annalen vorlag. Auch das Wort »zwar« könnte man nicht entbehren; denn darauf bezieht sich das folgende »doch aber«, mit dem bei Khevenhiller sehr unrichtig ein neuer Satz beginnt.

Ist nun aber dies Verhältniß unleugbar, so gewinnen die Auslassungen aus dem ursprünglichen Text, welche man in den Annalen bemerkt, Bedeutung.

Unter anderem knüpft Khevenhiller, Seite 1135, an die Erwähnung der ausschweifenden Entwürfe, die er dem Original folgend dem Friedländer zuschreibt, die Worte an: »Dieses alles nun in das Werk zu setzen, hat der Herzog alle Commendanten ohne alles Ihr. Maj. Vorwissen oder Erinnern zu sich nach Pilsen beschrieben,« – gleich als sei es bei der Zusammenkunft von Anfang an auf eine Verschwörung abgesehen gewesen. Der Verfasser des Berichtes verschweigt nicht, daß Wallenstein einigen Grund hatte, Besorgnisse zu hegen, einmal wegen der für Baiern aus Oberösterreich und aus Böhmen angeordneten Hülfe und sodann wegen des Antrags, an den spanischen Infanten 6000 Pferde abzugeben: das habe »bey dem Friedländer allerhandt widrige gedancken erweckt, vnd in die sorg gestellt, daß dergestalt ihme alle kräfften benommen, und er alsdann desto leichter von seinem Charigo wiederumb abgesetzt werden möchte.« Unter anderem Schein hat er dann die Obersten und Commandanten »abermalen, ohne alles Ihrer Kayserl. Maytt. Vorwissen oder Erindern zu sich nacher Pilsen beschrieben.« Die Worte sind in den Annalen möglichst beibehalten; aber das entschuldigende Motiv ist weggefallen. So fehlt daselbst auch was in dem urkundlichen Bericht zu lesen ist, daß die Absicht Wallensteins gewesen sei, erst im Frühjahr loszubrechen, nachdem er mit den Feinden »das ganze Werk verglichen« haben würde; denn darin läge eine Unbestimmtheit der Anschläge, die als definitiv gefaßt erscheinen sollen. Die Absicht liegt hier, wie bei den Auszügen aus Sesyma, am Tage: Wallenstein schuldiger erscheinen zu lassen, als diese Nachrichten ausweisen.

Augenscheinlich ist, daß man in allen zweifelhaften Fragen von den Annalen auf deren Quellen zurückgehen muß.

Für die Nachricht, der Kaiser habe den Befehl gegeben, Friedland lebendig oder todt einzubringen, hat man meistens Khevenhiller verantwortlich gemacht und allerlei Einwendungen hervorgesucht, um sein Zeugniß zu entkräften. Er folgte aber nur dem Ausführlichen Bericht, den er hier wörtlich abschreibt. Aus seiner Wiederholung desselben wächst ihrer Erzählung keine neue Beglaubigung zu. Ohne die Frage selbst nochmals zu erörtern, will ich mir nur eine Bemerkung über den Wortlaut in dem Gründlichen Bericht erlauben. Es heißt da nämlich: Ihre Maj. »haben sich resolvirt vnd vnterschiedlichen dero vornember Kriegs-Commendanten Befehl auffgetragen, daß sie, auff thunliche Weiß und Weg, ihne Friedlanden, wie auch seine fürnehmste zween Adhärenten, den Illo und Tertzka, in gefängliche Verhafftung und an ein solches sicheres Orth bringen solten, allda er gehört werden und sich vber alles dieses gnugsamb defendiren und purgiren möge, oder doch sich seiner lebendig oder todt zu bemächtigen, diß wichtige Werk auch dextre vnnd mit solcher Fürsichtigkeit moderirn und anstellen, damit Ihrer Kays. May. Intention erreicht, das gemeine Wesen, wie auch die Reichs Constitutiones, dero Kayserliche Authoritet, und ihr hauß, für dem machinirten Untergang conservirt würden.« Welch ein abenteuerlicher Satz! Wallenstein soll verhaftet und an einen sichern Ort gebracht werden, wo er gehört werden und sich vertheidigen kann, und dann: man soll sich seiner lebendig oder todt bemächtigen. Der Satz hat Zusammenhang, wenn man dies Einschiebsel wegläßt, mit demselben keinen. Auch ist der Anlaß, auf welchen es geschehen sein mag, nicht unbekannt. Wie berührt, vor dem Druck war die Schrift dem König von Ungarn mitgetheilt worden; der aber machte die Einwendung, daß es rathsam sei, wider die Verräther sententiam post mortem zu publiciren. Man ersieht das aus Mailath (österreich. Gesch. III, 382), der bereits daraus argumentirt, daß der angebliche Ausspruch des Kaisers nachträglich eingeschaltet sei. Das hat in der That auch sonst einiges für sich. In der Vorrede heißt es, die Execution sei instar sententiae: ein sehr gewagter Satz, in so fern nicht wenigstens ein Befehl der Execution von der höchsten Gewalt vorlag. Ein solcher aber läge in den eingeschalteten Worten. Die historische Frage bleibt, in wie fern Oñate, auf den sich Piccolomini bezieht, von dem Kaiser ermächtigt war. Ich neige mich zu der Meinung, daß beide mehr der allgemeinen Ansicht folgten, als einer besonderen Ermächtigung. Der Kaiser hat auf das feierlichste in Abrede gestellt, eine solche gegeben zu haben. Aber sie konnte nicht entbehrt werden. Der Bericht schaltet sie ein, so gut es eben anging.

Auch diese alten Zeiten haben ihre blauen oder gelben, d. i. in die Parteifarbe getauchten Bücher.

An sich darf man der officiellen Publication deshalb, weil sie das ist, keineswegs eine volle Originalität zuschreiben. Der Verfasser bezieht sich auf die eingekommenen glaubwürdigen Relationen; welche aber sind dies? Ich finde ihrer besonders zwei: einen von Baiern eingegangenen » Discours vber des Friedlands Actiones vnd gegebne vngleiche ordonanzen, Ao. 1632 et 33« Aretin, Bayerns auswärt. Verhältnisse I, Urkunden S. 337., und das wirkliche » Perduellionis Chaos«, das schon im Frühjahr 1634 erschienen war. Der Verfasser folgt ihnen von vornherein wechselsweise.

Aus dem Chaos entnimmt er, daß Wallenstein mit dem König von Schweden schon vor dessen Expedition in Verständniß gestanden und aus diesem Grund Pommern nur mangelhaft in Vertheidigungsstand gesetzt habe. Das Chaos sagt ( pag. 155 bei Murr): Maris Baltici insulas finitimaque oppida et civitates tam levi praesidio munitas obvia Raptori reliquit, ipse procul abinde Oceano Germanico in Sueviam ad Alpes prope usque se obtulit; – der Gründliche und Ausführliche Bericht: Indem er Friedländer nicht allein die Pommerischen Insulen vnd Meerhafen sehr schlecht providirt verlassen, sondern auch sich selbst weit von denen örten in Schwaben ... begeben. In dem Chaos wird auch Arnim von vornherein als einverstanden mit Friedland betrachtet; über das Gespräch in Kaunitz heißt es ( pag. 160): Quatuor duntaxat horis ambo soli egere, cautiusque visum est, Generalatum summa cum potestate Fridlando recuperare; – ebenso in dem Gründlichen und Ausführlichen Bericht: Als aber Arnheimb auch dahin kommen vnd in die vier stunde alleine mit ihme geredt, hat er denselben ... dahin persuadirt, daß er Friedland auf alle weiß dahin trachten solle, damit ihme die Käyserliche Armada wieder vntergeben werde. Ich will die Stellen nicht häufen; wenn man den Gründlichen Bericht von S. 209 bis 214 (bei Murr) mit dem Chaos vergleicht, so sieht man, daß er allenthalben auf demselben beruht, obwohl er einiges aus anderer Kunde hinzugefügt. Auf S. 214 aber geht er zu seiner andern Quelle über.

Discours

Als Anno 1632 im martio weilant der graue von Tilli seliger den Schwedischen Veldtmarschal Horn bei Bamberg geschlagen, vnd darauf der König in Schweden sich mit ganzer macht von dem Rhein vnd Mainstromb herauf in Frankhen vnd gegen Bayern gewendet, haben Ire Curf. Dl. in Bayern etc. des Herzogen zu Mechlburg und Fridlandts frl. Gn. sowol durch schreiben als aigen abordnung vnderschidlich mal umb soccors ersuecht.

Gründlicher Bericht.

Anfänglich, als im Martio des 1632. Jahres Weyland Herr Graff von Tilli See. den Schwedischen Feld-Marschalck Horn bey Bamberg geschlagen, darauf der König in Schweden sich mit ganzer Macht von dem Rhein- und Maynstrom herauff in Franken vnd gegen Bayern gewendet, haben Ihre Churf. Durchl. von Bayern demselben zu begegnen vnd der Orten ab- vnd wiederumb zuruck zu treiben, mit welchem auch der ganze Thonawstrom were versichert worden, durch viel vnterschiedliche Abschickungen vnnd bewegliche Schreiben einen Succurß begert.

Ganz so geht es nun allerdings nicht weiter. Der Gründliche Bericht ist meistens nur ein Auszug aus dem Bairischen Discours; er fällt mehr als einmal, aber selten wieder mit ihm wörtlich zusammen. Bei der Erzählung der Unterhandlung in Schlesien kommt der Verfasser aufs neue auf das Perduellionis Chaos zurück, aus dem er z. B. die Klage, daß dem kaiserlichen Bevollmächtigten Trautmannsdorf »von seinen vorgehabten Traktaten nichts eigentliches communicirt« – der andere hat: ex aula missis nihil, in quo momentum esset, communicavit – herübernimmt. Von umfassender eigener Information ist hier überall nicht die Rede.

Bei dieser Beschaffenheit des Berichts fällt es nun besonders ins Gewicht, daß er für gewisse Ereignisse in dieser Geschichte, die seit Reproduction derselben durch Khevenhiller allgemein angenommen sind, die vornehmste Quelle ausmacht. Was über die Zusammenkunft in Pilsen und den dort unterzeichneten doppelten Revers in alle Geschichtsbücher eingedrungen ist, beruht zunächst auf dieser Schrift. Darin heißt es S. 247 bei Murr: Ilow habe die Formel einer Obligation vorgelegt, »darinnen aber auch sonderlich diese Clausula begriffen gewesen, so lang er Friedland in Ihrer Kays. May. Diensten verbleiben und zu befürderung deroselben Diensten sie gebrauchen würde, es ist aber dieses alles mit fleiß auff einem vormittag gleich vor dem Essen tractirt worden, damit inmittels die Zeit gewunnen, vnnd Illo darauff alle Commendanten bey dem vorhero schon zugerichteten Pancket bey sich behalten, da dann der vorhero abgelesene Schluß wiederumb umgeschrieben, die vorbemerkte substantial Clausula außgelassen, und nach auffgehobener Tafel, da die mehrsten mit dem Wein ziemlich beladen gewesen, zum vnterschreiben fürbracht,« u. s. w. Das ist nun fast der controverseste Punkt der friedländischen Geschichte und einer der wichtigsten. Die Vertheidiger Wallensteins haben freilich die Sache einfach geleugnet; auch einer seiner Gegner, Aretin, nimmt an, die Clausel habe wohl nie in dem Reverse gestanden: damit ist aber die Sache nicht abgethan. In dem Verhöre eines der Angeklagten, Mohr von Waldt, ist ausführlich davon die Rede. Mohr, der eine hohe Stelle in der Armee bekleidete, sagt, Neumann habe ein Concept des Reverses verfaßt, worin des Kaisers keine Meldung geschehen: »er selbst Feldmarschall-Lieutenant Mohrwald habe Ilow gefragt, »warumb die Wort, daß Ihre Kays. Maj. Dienst angesehen, nicht darin bemeldt seien«, was Ilow damit entschuldigt habe, daß es sich von selbst verstehe. Man sieht unwidersprechlich, daß von dieser Differenz die Rede gewesen ist. (Vgl. Archiv der österr. Geschichtsquellen Bd. XXV.) Doch dürfte man daraus nicht schließen, daß es mit der Erzählung von den verschiedenen Formeln der Verpflichtung, von denen die eine vor Tisch vorgelesen, die andere nach Tisch zur Unterschrift vorgelegt worden sei, seine vollkommene Richtigkeit habe. Die größte Beachtung verdient ohne Zweifel der Bericht des spanischen Gesandten Oñate – derselbe, der am Schluß gedruckt ist. Oñate erzählt: Wallenstein selbst habe in der schriftlichen Obligation die Clausel, daß das Versprechen nur so lange gültig sein solle, als er im Dienste des Kaisers sei, nicht dulden wollen und sie ausgestrichen; darüber sei dann große Bewegung entstanden, denn Vielen sei die Auslassung dieser Clausel unangenehm gewesen: endlich aber, bei einem großen Banket des Oberst Ilow, sei die Obligation ohne die Clausel unterzeichnet worden. Ich will auch das nicht unbedingt annehmen; nur so viel geht daraus hervor, daß von der Differenz schon vor dem Banket die Rede gewesen ist. Und das stimmt nun sehr wohl mit der Aussage Mohrwaldts überein. Alles, was dieser von seinem Gespräch mit Ilow erzählt, ist vor Tisch geschehen, unmittelbar nach der Verhandlung mit dem Herzog. Dann wurde das von Neumann nach Anweisung Friedlands verfaßte Concept, in welchem die Clausel nicht enthalten war, vorgelegt, und man unterschrieb es auf der Stelle. Einige Unterschriften scheinen noch bei Tisch erfolgt zu sein.

Demnach trage ich kein Bedenken, die viel wiederholte Erzählung zu verwerfen.

Die Frage ist nur, wie sie in den Gründlichen Bericht, der hier sonst mancherlei Gutes hat, gekommen ist. Ich nehme unbedenklich an, daß sie der Verfasser aus dem Chaos perduellionis schöpfte, das er so oft copirt. Da heißt es (S. 147): Sed hoc notandum est, quod primae literae, quae subscriptae fuere, clausulam continuerint, quamdiu Fridlandus in Caesareae Majestatis fide permanserit Caesarisque servitia curaverit. Sed bene jam potis (ducebantur quippe statim post subscriptionem ad paratum eo fine convivium) subjecta fuerunt alia ad subscribendum exemplaria, quod pluribus opus esset. Omissam vero clausulam cum nonnulli adverterent, excusabat loquax Iloius, parum interesse: sufficientem enim Caesareae Majestatis mentionem in principio contextus fieri. Das ist eben dasselbe, was der Gründliche Bericht hat, nur daß es hier noch etwas weiter ausgeschmückt worden ist. Der eigentliche Autor der Erzählung ist der Verfasser des Chaos. Ich werde sogleich ihm in diesem Werkchen noch einen besondern Artikel widmen. Zur Sache bemerke ich nur noch, daß in dem ersten Theile des Chaos (S. 141, 142) von dem Ereigniß in Pilsen bereits die Rede war und zwar auf sehr eingehende Weise, wobei von dem Widerspruch, der sich bei der Unterschrift der Obligation erhoben, die Rede ist, nicht jedoch von dem Banket, noch von der Verwechselung der Formeln. Das ist eine nachträgliche Erfindung. Man sagte im Publikum, wie sich das auch in einem Berichte nach München findet: bei dem Banket, wo es tumultuarisch herging, seien auch noch Unterschriften erfolgt. Daraus und aus der verworren bekannt gewordenen Notiz, daß Friedland eine in die Obligation aufgenommene Clausel wieder beseitigt habe, ist dann diese Erzählung durch die populäre Phantasie gebildet worden.

Kommen wir nun wieder auf Khevenhiller, so würde von dessen Zusätzen die Rede sein müssen, von denen wenigstens einer zumeist Glauben gefunden hat.

Nachdem er (XII, 1128) von dem Bericht Sesyma's zu einer Wiederholung des Gründlichen Berichtes übergegangen ist, und zwar ohne allen Absatz, folgt er diesem auf der nächsten Seite noch, dann aber flicht er eine Erzählung über die Sendung Quiroga's ein, an die sich eine Erwähnung des Verhältnisses zwischen Wallenstein und seinem Neffen Maximilian knüpft, die wir beide in dem Bericht nicht finden.

Von Pater Quiroga wird berichtet, er sei von den beiden in Wien anwesenden Gesandten, Castañeda und Oñate, nach Pilsen geschickt worden, um ihnen Auskunft über das Thun und Treiben Wallensteins zu verschaffen; der habe nun durch geistliche Vermittelung das verrätherische Vorhaben Wallensteins erkundet und dann in Wien den beiden Herren Meldung gethan in der höchsten Stille und sub juramento.

Aber wir wissen, daß die beiden Gesandten wetteifernd mit einander längst ihre eigenen Erkundigungen eingezogen hatten; von einem spanischen Agenten im Lager hatten sie so viel erfahren, daß sie keinen Zweifel mehr hegten. Wir haben den ziemlich ausführlichen Bericht Quiroga's und theilen ihn unten mit; darin ist jedoch kein Wort davon enthalten und eigentlich kein Raum dafür.

Von dem jüngeren Wallenstein meldet Khevenhiller, er habe sich mit seinem Oheim entzweit: trotz der Gefahr, seine Expectanz auf die Nachfolge zu verlieren, habe er sich nicht zu dem geringsten Präjudiz seines Kaisers verstanden. Das soll noch vor der ersten Pilsener Zusammenkunft geschehen sein. Aber selbst dies Factum ist mehr als zweifelhaft. Nach einem Schreiben Castañeda's vom 22. Januar, zehn Tage nach der Zusammenkunft, war er erst damals abgefertigt worden: » viene esser depachado«. In einem späteren Schreiben Oñate's heißt es dann: der Herzog rede seinem Neffen viel von seinem Gehorsam gegen den Kaiser vor und betrüge ihn dadurch.

Diesen authentischen Nachrichten gegenüber kann sich die Erzählung Khevenhillers gewiß nicht behaupten.

Wie aber? einer der höchsten kaiserlichen Staatsbeamten, der mit dem spanischen Botschafter auf das genaueste bekannt war, soll alle diese Falschheiten geglaubt und erzählt haben?

Man verzeihe mir, daß ich daran zweifele. Ich meine, daß diese Excerpte mit ihren Weglassungen und Zuthaten von den Unterarbeitern herrühren, welche den annalistischen Stoff sammelten und ihn zugleich in einem der kaiserlichen Politik angemessenen Sinne bearbeiteten.

Khevenhiller, der Staatsmann, hat daran schwerlich persönlichen Antheil genommen. Was hätte er alles sagen können, wenn er gewollt hätte? Oñate erwähnt ihn unter den Mitgliedern des geheimen Rathes, welche ihm nach dem Fall Wallensteins die definitiven Vorschläge zur Vereinigung der spanischen und deutschen Streitkräfte machten, die danach befolgt worden sind. Von Dingen dieser Art aber schweigen die Annalen.

5. Alberti Fridlandi perduellionis chaos ingrati animi abyssus, cum licentia superiorum anno MDCXXXIV. (am Schluß unterzeichnet mense Martio.)

Wenn man so oft genöthigt ist, wie von den späteren Darstellungen auf den Gründlichen Bericht, so von diesem auf das Perduellionis chaos zurückzukommen: welche Bewandtniß hat es mit dieser Schrift?

In der Vorrede versichert der Autor, wie oben berührt, daß er nur das melde, was er als Privatmann gesehen, gehört und erfahren habe: denn der Kaiser halte es noch nicht für rathsam, das Geheimere mittheilen zu lassen, vielleicht auch deshalb nicht, weil er lieber zurückhalten, als noch mehr aufreizen wolle. Sein Werkchen besteht aus drei Abschnitten, von denen die zwei ersten die verschiedenartigsten Materien in einander mischen. Da ist viel von den Zügen Teuffenbachs im Jahre 1631 und 32 die Rede; zwischen denen wird eine Erzählung über die erste Zusammenkunft in Pilsen eingeflochten; dann folgt wieder eine Anmahnung an den Kaiser und eine Notiz, die das Datum des 24. Januar 1634 trägt: man fühlt sich versucht, das Eine mit dem Andern zu verwerfen und bei Seite zu legen.

Darin thäte man jedoch Unrecht; denn etwas Echtes liegt dabei doch zu Grunde, wenn es auch ursprünglich eine andere Gestalt gehabt haben mag.

In der angeführten kleinen Sammlung von Dvorsky findet sich unter anderen Briefauszügen aus den Papieren Slawata's eine Mittheilung mit dem Titel: Aliud ex Bohemia 1634, welche wörtlich mit den Chaos perduellionis übereinstimmt. Ich will nur die Stelle über die Zusammenkunft von Pilsen anführen, welche, wie wir sahen, von Bedeutung ist. Da heißt es nun

in dem Chaos:

in dem Briefexcerpt, Aliud ex Bohemia :

Duodecim in mensa coram omnibus
ostensarum Epistolarum originalibus
probari, inquit Iloius,
consilia Principes cum Imperii
libertate opprimendi et haereditariam
Monarchiam machinandi.
Dictatoris sui acta in Aula cavillari.
Illi toxicum, Exercitui interitum
cogitari et parari ab iismet,
pro quorum laribus et focis vitam
suam et fortunas omnes exponant.

Duodenis ostensarum epistolarum
originalibus probari consilia
principes cum imperii libertate
opprimendi et haereditariam monarchiam
machinandi: imperatoris
sui acta cavillari, illi toxicum,
exercitui interitum cogitari ab
iis, pro quorum laribus et focis
vitam suam et fortunam exponant.

Ex Questenbergeri ab Aula
missi instructione additisque Caesaris
litteris omnia perspicue demonstrari.
Ob quas aliasque enormes
injurias, diversas offensiones,
et contra eum machinationes, velit
Generalissimus et debeat Caesari
resignare Imperatoriam potestatem.

Questenbergeri instructionem
et prassentes literas omnia docere,
ob quas aliasque injurias et machinationes
velit et debeut caesari
resignare imperatoriam potestatem.

In beiden folgt die Sendung der Obersten an den General, der nicht übel als exorabiliter inexorabilis bezeichnet wird, und dessen Zusage alsdann die Unterschrift des Reverses herbeiführt, »welche manchem sehr schwer wird«; aber sie geschieht. Es werden fünf Exemplare desselben ausgefertigt; alles ist vollendet; dann schreitet man zum Banket: magna convivia magnum diem excerpere. Das Chaos hat einige Zusätze; z. B. wird darin ein nach Schlesien bestimmtes Exemplar erwähnt, welches das Schaffgotschische sein könnte, wovon in dem Briefexcerpt nichts steht; dieses hat wieder die Namen der an Friedland abgeschickten Deputierten, die im Chaos fehlen; der Brief war mit einer Rücksicht auf Friedland geschrieben, die in dem Chaos wegfällt, wogegen hier wieder andere Rücksichten auf die noch Lebenden eingetreten sind. Von einer Verwechselung der Reverse bei dem Banket ist aber in beiden nicht allein nicht die Rede, sondern sie wird durch den Verlauf der Erzählung ausgeschlossen; ebensowenig von dem Plane Friedlands auf die böhmische Krone; dessen Absichten sind Herstellung der Emigranten in ihre Güter, der Prediger in ihre Stellen, Aufhebung des kaiserlichen Edictes, Verbindung mit den Churfürsten zu diesem Zweck; für diese Handlungen verspricht man ihm die Unsterblichkeit. Locis suis restitutis exulibus, delubris praedicantibus, sublato caesareo edicto et electorum obtento exercitu – so heißt es in beiden Texten. Bemerkenswerth dürfte noch eine Abweichung sein, die sich auf den Papst bezieht. Bei den Vorrichtungen zu einer neuen Zusammenkunft und neuen Gelagen in Prag heißt es in dem Brief: Pacem convivia dabunt, sed pacem non pacem, cui nec Roma in caput suum contradicet, etsi religio decrescat, dum Austria nimirum non crescat. Der Schreiber hat offenbar die Meinung, daß man in Rom allenfalls bewogen werden könne, auf die Verhandlungen Friedlands einzugehen, und zwar aus Abneigung gegen Oesterreich. Das Chaos drückt sich hierüber etwas glimpflicher aus; nach den Worten non pacem heißt es: cui licet Roma Patresve patrati non contradicerent, vera pax tamen non erit. Sed decrescat non nihil Religio, dicet aliquis, dummodo Austria non crescat amplius. Der Verfasser will nicht Wort haben, daß der Papst selbst diese Meinung hegen könne: von Oesterreich ist er fest überzeugt, es werde auch im Unglück triumphiren.

Kommen wir nun auf den dritten Abschnitt, bei weitem den wichtigsten und den einzigen, den man bisher benutzt hat. Er führt die besondere Ueberschrift: Fridlandus, ultimus Machiavelli partus; denn den Machiavell habe Wallenstein mehr studirt, als Alexander der Große den Homer.

Da wird nun die Meinung, daß Wallenstein in den letzten Jahren auf nichts als Verrath gesonnen, umständlich ausgeführt. Der Autor nimmt an, Gustav Adolf habe schon vor seiner Ueberkunft nach Deutschland in Verbindung mit Wallenstein gestanden; er würde sich sonst gar nicht dazu entschlossen haben; zwischen ihnen habe ein Bündniß bestanden, in Folge dessen, nachdem Gustav Adolf der Oder Meister geworden, er sich nicht gleich nach den Erblanden begeben habe – non absque foedere –; statt seiner sei Arnim auf den Grund einer förmlichen Aufforderung nach Böhmen gekommen, und dann bei der Zusammenkunft in Kaunitz sei zwischen ihm und Wallenstein ausgemacht worden, daß dieser das Generalat wieder annehmen solle, und zwar unter Einräumung einer diktatorischen Gewalt. Die Kriegshandlungen erscheinen nur als Spiegelfechterei befreundeter Feinde, nicht allein das Zusammentreffen bei Nürnberg, sondern auch die Schlacht bei Lützen. Selbst der Sieg von Steinau wird einer vorangegangenen Uebereinkunft zwischen Arnim und Friedland zugeschrieben, damit der Kaiser hinter das Licht geführt werde. Eigentlich ist es dieser Autor, der die Auffassung aufgebracht hat, die seitdem in so vielen Büchern wiederholt worden ist. Ihm ist Wallenstein maximus generis humani impostor.

Einige Beachtung möchte seine Schrift nur auf den letzten Seiten verdienen, welche die Katastrophe in Pilsen und in Eger behandeln. Unter anderem zeigt sich, daß er über den Obersten Beck und dessen Erlebnisse in Pilsen gut unterrichtet war. Was er erzählt, stimmt fast wörtlich mit dem überein, was in einem erst durch Förster bekannt gewordenen Briefe zu lesen ist; z. B. wenn das Chaos sagt: Beckius a Fridlandio vocatus insuetis rituum honorum verborumque lenociniis mulcebatur, so heißt es in dem Briefe Becks an Gallas: »hat mich Friedland zu sich aufgefordert und mich angefangen zu caressiren, so ich nicht von gewohnt«. Ich behaupte nicht, daß der Brief dem Autor vorgelegen habe; seine Relation ist selbst ausführlicher als der Brief; er wird mit Beck gesprochen haben, der die Vorgänge von ihm vernommen hat. Wir beschäftigen uns hier mit untergeordneten Hervorbringungen, die kaum noch zur Literatur gehören; aber auch aus denen läßt sich zuweilen noch etwas lernen. Unser Autor theilt über die Vorgänge in Prag, in dem Augenblick, als sich die Garnison für den Kaiser erklärte – so weit reichte seine Kenntniß –, bemerkenswerthe Notizen mit, die man nicht verwerfen kann. Aber über die eben vorangegangene zweite Zusammenkunft in Pilsen ist er sehr schlecht unterrichtet. Er läßt da einen Vortrag halten, der nach seiner eigenen Erzählung bei der ersten Zusammenkunft vorgekommen war. Bei der zweiten war von Questenberg und Quiroga nicht mehr die Rede, sondern, wie er angiebt, von ganz anderen Dingen.

Die Frage über die Glaubwürdigkeit des Autors tritt besonders noch bei einem Moment von historischer Bedeutung hervor, der Ermordung Friedlands in Eger. Der zweifelhafte Punkt ist folgender. Nach der Erzählung des Gründlichen Berichtes haben sich die Obersten bereits am 24. Februar, als sie der Verhandlungen Wallensteins mit den Schweden und den protestantischen Nachbarn inne wurden, zu der Ermordung Wallensteins entschlossen. Butler weist das kaiserliche Patent und eine von Gallas empfangene »Ordinantz« vor; Gordon und Leßley verbinden sich mit ihm, weil sonst die Conjunction Wallensteins mit dem Feinde binnen zwei Tagen geschehen könne und es kein anderes Mittel gebe sie zu verhindern, als ihn und seine Genossen als entdeckte Verräther an der Majestät umzubringen; sie vereinigen sich dazu mit einem körperlichen Jurament. Am 25. früh haben sie noch eine Audienz bei Friedland. Durch das, was sie da hören, bewogen, gehen sie zu Rathe, wie sie »ihre hievor geschöpfte Resolution zur Execution bringen möchten«, und beschließen zu dem Ende, Ilow, Terzka, Kinksky, Neumann auf die Burg zu Gaste zu laden.

Etwas verschieden lautet die Darstellung in der Schrift, welche die betheiligten Obersten unmittelbar nach der Handlung selbst herausgegeben haben.

Apologia. Kurtze doch gründliche Ausführung, wie vnd auß was Ursachen von etlichen redlich vnd getrewen Käys. Kriegs Obristen und Cavalieren ... Albrecht von Friedland sonsten Wallensteiner genandt, mit seinen ... Adhaerenten ... den 25. diß zu Nachts zwischen 9 vnd 10 Vhr auß dem Mittel geraumet ... worden.

Dieser ihrer eigenen Erzählung zufolge nahmen Gordon und Leßley am 24. allerdings wahr, daß Friedland in den gefährlichsten Verbindungen stehe. Sie fürchteten besonders für Ellenbogen und beschlossen, den Hauptmann dieses Postens aufzufordern, denselben in guten Vertheidigungszustand zu setzen, damit die Getreuen dahin ihre Zuflucht nehmen könnten: weiter wären sie damals noch nicht gegangen. Am 25. haben sie die erwähnte Audienz. Erst auf die Aufforderung, dem Kaiser unbedingt abzusagen, nach alledem, was dann weiter vorkam, nähern sie sich dem Oberst Butler, »welchem sie anfangs noch nicht ... trauten«; erst dann, sagen sie, »seien sie schlüssig worden, sich mit einander zu verschwehren, heut zwischen 9 und 10 Uhr selbige alle aus dem Mittel zu raumen, darzu ihnen ... wohl gedienet, daß auf den Abend sie sich selbst zu Gordon in die verschlossene Burg zu Gast gebeten«. Die Differenz ist in so fern nicht unwichtig, als die Motive ihrer Weigerung, sich von dem Kaiser zu trennen, dunkel bleiben, und selbst zweifelhaft, wenn sie den Beschluß schon früher gefaßt haben. Wie verhält sich nun der Autor des Chaos dazu? Er läßt Butler den beiden Protestanten schon am 24. den kaiserlichen Befehl, Friedland und seine Anhänger todt oder lebendig einzubringen, vorlegen. Leßley tritt ihm bei, Gordon ist noch zweifelhaft. Nach der Audienz aber tritt auch der bei, und sie entschließen sich gleichsam durch göttlichen Antrieb, die Rebellen hinzuschlachten: Deo feruntur ad mactandos perduelles. Er versichert, sie hätten das kaiserliche Patent zwar empfangen, aber noch nicht gelesen. Ich denke, es kann kein Zweifel sein, daß wir der Erzählung der Betheiligten zu folgen haben; diese allein macht die Handlung verständlich, sie sind in ihrer Sache die besten Zeugen. Die historische Methode fordert es ohnehin gebieterisch. Wenn der Gründliche Bericht davon abweicht, so beruht das wohl auf der Erzählung des Chaos selbst. Einige Momente, die der Bericht über die Audienz demjenigen einfügt, was wir aus der Apologia erfahren, stammen ebenfalls aus dem Chaos. Der Gründliche Bericht vereinigt diese Nachrichten, hat aber dadurch der Wahrheit Eintrag gethan; denn wie in alledem, was er nicht vor sich sah und erlebte, ist der Autor des Chaos auch hier unzuverlässig.

Wir sehen, welch eine Rolle er in dieser Geschichte spielt; auf ihn führen sich einige allgemein angenommene Erzählungen zurück; für die verrätherischen Umtriebe Friedlands ist er die vornehmste Quelle; er hat die spätere Auffassung in ihren Grundzügen beherrscht. Wer aber war nun dieser Autor? Im Jahre 1629 war er selbst in Madrid; einige seiner Bemerkungen stimmen wörtlich mit dem überein, was wir in den Depeschen des spanischen Gesandten finden; damals lebte er in Prag. Wir wollen keine Vermuthung über seinen Namen wagen: auf den Namen kommt so viel nicht an: schon genug, wenn wir ungefähr seine Stellung kennen. Uebrigens war er ein gelehrter Mann, wie seine Erinnerungen aus der alten Geschichte, die er häufig einflicht, beweisen, selbst mit einer gewissen Ostentation Nachahmer des Tacitus. Das Vorkommen seiner Briefe in den Papieren Slawata's beweist, daß er mit diesem in naher Verbindung stand. In denke, der intellektuelle Urheber des großen Verschwörungs-Chaos zur Erwerbung der böhmischen Krone ist Slawata gewesen, der nächste Verwandte und bitterste Feind Wallensteins. Feindschaft wird durch den Tod nicht aufgehoben.


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